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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 21.07.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 83/04
Rechtsgebiete: WEG, ZPO


Vorschriften:

WEG § 45 Abs. 3
ZPO § 767
1. Der Einwand des Schuldners, die Gläubigerbezeichnung in einem gegen ihn gerichteten Titel sei nicht eindeutig genug und der Titel damit nicht vollstreckungsfähig, ist kein materiell-rechtlicher Einwand gegen den titulierten Anspruch und kann daher nicht nach § 767 Abs. 1 ZPO geltend gemacht werden.

2. Die Zwangsvollstreckung ist nicht unzulässig, wenn im Vollstreckungstitel als Gläubiger die Wohnungseigentümer nur mit einer Sammelbezeichnung angegeben sind, sofern der zu vollstreckende Anspruch auf eine an die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich zu erbringende Leistung gerichtet ist und die Gläubiger bei der Vollstreckung durch den Verwalter vertreten werden (wie BayObLG NJW-RR 1986, 564).


Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.

Auf Antrag der jetzigen Antragsgegner erließ das Wohnungseigentumsgericht am 15.1.2002 einen Beschluss, der den hiesigen Antragsteller zur Zahlung von 8.156,35 EURO nebst Zinsen an die Antragsgegner zu Händen der Hausverwalterin verpflichtete. Im Rubrum dieses Beschlusses sind die damaligen Antragsteller mit "WEG S.-Straße, A." bezeichnet. Die sofortige Beschwerde des damaligen Antragsgegners wurde im Wesentlichen zurückgewiesen. Im Rubrum des landgerichtlichen Beschlusses sind die damaligen Antragsteller mit "Wohnungseigentümer der Wohnanlage L., S.-Straße, A. gemäß Liste (ohne den Antragsteller)" bezeichnet. Die sofortige weitere Beschwerde des damaligen Antragsgegners hat der Senat am 9.7.2002 zurückgewiesen (2Z BR 42/02). Den damaligen Antragstellern wurde am 19.6.2002 eine vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses des Amtsgerichts verbunden mit dem Beschluss des Landgerichts und der daran angehefteten Eigentümerliste erteilt.

Des Weiteren erging am 8.10.2002 zu Lasten des Antragstellers ein Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts über 2.476,81 EURO zuzüglich Zinsen. Als Antragstellerin ist die "WEG S.-Straße, A." mit Namen und Anschrift der Verwalterin ausgewiesen. Der Verfahrensbevollmächtigten der damaligen Antragstellerseite wurde eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt.

Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, sämtliche Vollstreckungsmaßnahmen in dem vorangegangenen Verfahren einzustellen. Er hat sein Begehren dahin klargestellt, dass es sich um einen Vollstreckungsabwehrantrag handelt. Im Wesentlichen hat er diesen damit begründet, dass die der Vollstreckung zugrunde liegenden gerichtlichen Titel unbestimmt seien, die bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft nicht beteiligtenfähig sei und die eigentlichen Gläubiger nicht identifizierbar seien. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 3.11.2003 den Antrag abgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht am 9.3.2004 zurückgewiesen. Mit der sofortigen weiteren Beschwerde begehrt der Antragsteller, die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts vom 8.10.2002 für unzulässig zu erklären.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

1. Das Landgericht hat, soweit noch erheblich, ausgeführt:

Von einem weiter bestehenden Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers sei auszugehen; auch wenn die maßgeblichen Titel zurückgegeben worden seien, könne eine Erledigung der Zwangsvollstreckung nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Berücksichtigt werden könnten im Rahmen von § 767 ZPO jedoch nur solche Einwendungen, die sich gegen den materiellen Anspruch an sich richten. Solche seien nicht vorgebracht. Der Einwand, der Titel sei unwirksam wegen fehlender Konkretisierbarkeit der Gläubiger und fehlerhafter Benennung der Eigentümer, sei formeller Natur. Um einen Gestaltungsantrag auf Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung wegen Unwirksamkeit des Titels handele es sich bei dem Vollstreckungsabwehrantrag nach § 767 ZPO gerade nicht. Selbst wenn aber den Rügen im Rahmen des erhobenen Antrags nachzugehen wäre, blieben sie ohne Erfolg. Denn es sei für Wohnungseigentümer auf der Gläubigerseite ausreichend, wenn sie im Titel unter einer Sammelbezeichnung angegeben und durch ihren Verwalter vertreten würden. Voraussetzung sei lediglich, dass sich die einzelnen Wohnungseigentümer ermitteln ließen und der zu vollstreckende Anspruch auf eine an die Wohnungseigentümergemeinschaft gemeinschaftlich zu erbringende Leistung gerichtet sei. Diese Voraussetzungen lägen vor.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers besteht im Hinblick auf die unbestritten noch eingetragene Zwangssicherungshypothek fort. Der Senat hat im Rahmen des Beschwerdeantrags nur noch darüber zu entscheiden, ob der gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss gerichtete Vollstreckungsabwehrantrag (§ 767 ZPO i.V.m. § 794 Abs. 1 Nr. 2, § 795 ZPO) zulässig und begründet ist. Soweit sich der Antrag ursprünglich auch gegen den der Kostenfestsetzung zugrunde liegenden Hauptsachetitel richtete, wird er jedenfalls im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht weiter verfolgt.

a) Der Antragsteller rügt, die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss sei unwirksam, weil der Gläubiger nicht eindeutig genug bestimmt sei. Damit macht er keinen Einwand nach § 767 Abs. 1 ZPO geltend. Die Vorschrift ist zwar auch für Titel im wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren entsprechend anwendbar, deren Abs. 2 allerdings nicht für Anträge, die sich gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse richten (BayObLG NJW-RR 1990, 26; NZM 2000, 304). Der Einwand des Antragstellers ist jedoch nicht materiell-rechtlicher Art und richtet sich auch nicht gegen den titulierten Anspruch selbst, sondern betrifft die Frage der prozessualen Ordnungsmäßigkeit des Titels. Diese ist jedoch im Verfahren entsprechend § 732 ZPO zu klären (BGH DNotZ 2004, 464; siehe auch Musielak/Lackmann ZPO 3. Aufl. § 767 Rn. 19 und 25 "Unbestimmtheit"). Etwas anderes gilt nur, wenn mit dem formellen Einwand, der titulierte Anspruch sei nicht vollstreckungsfähig, zugleich weitere materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Titel selbst verbunden werden (vgl. BGH NJW-RR 2004, 472). Solche hat der Antragsteller nicht erhoben. Schon deshalb ist sein Antrag unbegründet.

b) Überdies hat das Landgericht zu Recht ausgeführt, dass auch die formellen Einwände des Antragstellers gegen den Titel dessen Vollstreckbarkeit nicht in Frage stellen. Der Senat hat in seinen den Beteiligten bekannten Beschlüssen vom 16. und 21.6.2004 (2Z BR 085/04 und 2Z BR 086/04) ausgeführt, dass jedenfalls für die wirksame Verfahrenseinleitung die vereinfachte und unmissverständliche Kurzbezeichnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft genügt, ohne dass alle Wohnungseigentümer einzeln und namentlich aufgeführt zu werden brauchen (siehe auch BGH NJW 1977, 1686 f.; WE 1990, 84). Notwendig und ausreichend ist, die Partei (die Beteiligten) so klar zu bezeichnen, dass keine Zweifel an ihrer Stellung und Identität aufkommen können und dass aus der Bezeichnung für jeden Dritten die betreffende Partei ermittelbar ist (BGH NJW 1977, 1686). Auch im Zwangsvollstreckungsverfahren genügt die hier gewählte Kurzbezeichnung jedenfalls für die Wohnungseigentümer als Gläubiger, selbst wenn dem Titel eine Eigentümerliste nicht beigeheftet ist. Gläubiger sind dann die bei Verfahrensbeginn im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümer (Niedenführ/Schulze WEG 6. Aufl. § 45 Rn. 74) mit Ausnahme des Antragstellers als Schuldner der Wohngeldforderung (siehe BGH FGPrax 1998, 216; BGHZ 142, 290). Insoweit ist das Rubrum berichtigungsfähig. Es kann auch noch nachträglich um eine Eigentümerliste ergänzt werden, die diejenigen Personen namentlich ausweist, die die Wohnungseigentümer waren, als der Antrag anhängig gemacht wurde (vgl. BayObLG NJW-RR 1986, 564 f.). Der Anspruch richtet sich auf eine an die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich zu erbringende unteilbare Leistung (vgl. § 432 BGB; siehe auch BGHZ 142, 290). Deshalb ist es auch nicht notwendig, die Miteigentumsanteile der einzelnen Wohnungseigentümer aufzuführen.

3. Der Senat hält es nach § 47 WEG für angemessen, dass der in allen Rechtszügen unterlegene Antragsteller die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt.

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Sie ergibt sich aus dem Interesse an der Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus einem über eine bestimmte Geldsumme lautenden Titel (vgl. Thomas/Putzo ZPO 25. Aufl. § 767 Rn. 32).

Ende der Entscheidung

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