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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 26.09.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 86/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 22
Die Umgestaltung einer Grundstücksoberfläche durch Begradigung eines abschüssigen Hanges kann eine bauliche Veränderung sein.
Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.

Zur Wohnung der Antragsgegnerin gehört als Sondernutzungsfläche ein Teil des Gartens; dieser weist zum Haus hin ein - nicht sehr ausgeprägtes - Gefälle auf. Auf einem an der Grundstücksgrenze gelegenen Teil der Sondernutzungsfläche standen ursprünglich mehrere Fichten, die die Antragsgegnerin mit Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer entfernte.

Im Anschluss an die Beseitigung der Bäume begradigte die Antragsgegnerin die Teilfläche, auf der diese gestanden hatten. Die durch die Umgestaltung entstandene Böschung bepflanzte die Antragsgegnerin und baute zwei Holzstufen ein, über die man vom übrigen Garten zur begradigten Fläche gelangt.

Der Antragsteller hat beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die natürliche Neigung des Geländes wiederherzustellen und die Terrassierung sowie die Stufen zu beseitigen. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 7.12.2001 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat am 1.8.2002 auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und die Antragsgegnerin antragsgemäß verpflichtet. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Veränderung des Gartens stelle eine bauliche Veränderung dar. Diese sei auch für den Antragsteller nachteilig, weil die Antragsgegnerin den begradigten Teil des Gartens nunmehr besser nutzen könne. Insbesondere bestehe die Möglichkeit, dort Tische, Stühle oder Bänke sowie einen Grill aufzustellen. Bislang sei dies wegen des abschüssigen Geländes nur eingeschränkt möglich gewesen. Allein die Möglichkeit einer intensiveren Nutzung genüge; es komme somit nicht darauf an, ob diese auch tatsächlich beabsichtigt sei. Abgesehen davon liege in der Aufschüttung der Gartenteilfläche und in dem Einbau der beiden Holzstufen eine nachteilige optische Beeinträchtigung.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Antragsgegnerin ist nach § 1004 BGB verpflichtet, die vorgenommene nachteilige bauliche Veränderung im Sinn des § 22 Abs. 1 WEG zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.

Bauliche Veränderungen sind auch die Umgestaltung der Grundstücksoberfläche, z.B. wie hier durch Begradigung eines abschüssigen Hangs und den Einbau von zwei Stufen in die gebildete Böschung (vgl. Palandt/Bassenge BGB 61. Aufl. § 22 WEG Rn. 2).

Die Umgestaltung geht über eine ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinaus. Unstreitig ist das Gefälle des Geländes nicht sehr ausgeprägt. Der Vortrag der Antragsgegnerin, die Begradigung der Teilfläche sei zur Vermeidung eines Erdrutsches nach Entfernung der Fichten erforderlich gewesen, kann nicht überzeugen.

Die Beurteilung, ob der Antragsteller durch die Umgestaltung des Gartens über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt wird, obliegt in erster Linie dem Tatrichter.

Nach den vom Landgericht rechtsfehlerfrei und damit für das Rechtsbeschwerdegericht bindenden Feststellungen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 ZPO n.F.) ist dies nicht der Fall. Erhöht nämlich eine bauliche Veränderung die Nutzbarkeit gegenüber dem unveränderten Zustand, so kann schon in der Möglichkeit einer intensiveren Nutzung - ohne Berücksichtigung der Nutzungsabsicht - ein Nachteil im Sinn von § 14 Nr. 1 WEG liegen (Staudinger/Bub WEG § 22 Rn. 78 m. w. N.). Davon ist hier das Landgericht zutreffend ausgegangen. Es hat nämlich festgestellt, dass die Antragsgegnerin aufgrund der vorgenommenen Umgestaltung in der Lage sei, Tische, Stühle, Bänke oder einen Grill auf der begradigten Gartenfläche aufzustellen und dass dies bislang uneingeschränkt nicht möglich gewesen sei. Soweit die Antragsgegnerin mit der Rechtsbeschwerde vorträgt, in dem Gartenbereich, der an die begradigte Teilfläche angrenze, sei es schon bisher möglich gewesen, Tische, Stühle oder einen Grill aufzustellen, kann dies als neuer Sachvortrag im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht berücksichtigt werden.

Ein Sondernutzungsrecht gewährt als solches nicht das Recht zur Vornahme baulicher Veränderungen (BayObLG WE 1986, 26). Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin enthält die Erlaubnis der Wohnungseigentümer zur Beseitigung der Fichten nicht zugleich die Genehmigung zur Umgestaltung des Gartens, wie sie die Antragsgegnerin im Anschluss an das Fällen der Bäume vorgenommen hat. Wie ausgeführt war nach dem Fällen der Bäume zur Instandsetzung des Gartens weder eine solche Maßnahme erforderlich, wie sie die Antragsgegnerin vorgenommen hat, noch kann die Genehmigung zum Entfernen der Bäume so ausgelegt werden, dass die Wohnungseigentümer damit der Antragsgegnerin eine erweiterte Nutzungsmöglichkeit des Gartens durch Aufstellen von Tischen, Bänken und ähnlichem ermöglichen wollten.

Offenbleiben kann, ob in der Umgestaltung des Gartens auch eine nachteilige optische Veränderung liegt, wie das Landgericht angenommen, aber nicht näher begründet hat.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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