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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 06.10.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 87/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 2032
BGB § 2111
1. Der Nacherbe und der Alleinerbe des Vorerben können nicht eine Erbengemeinschaft nach dem Vorerben sein.

2. Erhält ein nicht befreiter Vorerbe im Zug einer Erbauseinandersetzung Alleineigentum an einem zum Nachlass gehörenden Grundstück, so setzt sich die Nacherbenbindung an dem Grundstück fort, sofern die Miterben bei der Auseinandersetzung unter Mitwirkung der Nacherben nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart haben.


Gründe:

I.

A., der Vater des Beteiligten zu 1, war ursprünglich Alleineigentümer eines und Miteigentümer zu 1/4 eines weiteren Grundstücks. Am 10.3.1978 schloss er mit B., seiner zweiten Ehefrau, einen Erbvertrag, in dem er diese und den Beteiligten zu 1 als Erben zu gleichen Teilen einsetzte, B. allerdings nur als nicht befreite Vorerbin. Nacherbe sollte der Beteiligte zu 1 sein. Der Nacherbfall sollte mit dem Tod oder der Wiederverheiratung von B. eintreten. Für den Fall, dass der Beteiligte zu 1 ohne Hinterlassung von Abkömmlingen oder einer Witwe sterben sollte, sollte er lediglich befreiter Vorerbe sein. Nacherbe für diesen Fall sollte der Beteiligte zu 2, ein Neffe von B., sein. Ferner enthält der Erbvertrag Teilungsanordnungen für die Immobilien.

Nach dem Tod von A. am 3.6.1989 wurden B. und der Beteiligte zu 1 für das Grundstück und den Miteigentumsanteil als Eigentümer in Erbengemeinschaft eingetragen. Zugleich wurde auf Grund eines Erbscheins vom 1.11.1991 ein Nacherbenvermerk bezüglich des Erbteils von B. im Grundbuch eingetragen.

Am 20.7.1990 schlossen B. und der Beteiligte zu 1 einen notariellen Grundstücks-Erbteilungsvertrag, durch den sie die Immobilien des A. nach dessen Anordnung unter sich aufteilten. Demgemäß wurden das Grundstück und der Miteigentumsanteil an B. aufgelassen. Sie wurde am 6.9.1990 als Alleineigentümerin bzw. Miteigentümerin zu 1/4 eingetragen. Ein Nacherbenvermerk wurde nicht eingetragen.

Am 21.12.2001 verstarb B. Laut Erbschein vom 29.4.2002 wurde sie vom Beteiligten zu 2, ihrem Neffen, als befreiter Vorerbe allein beerbt. Zugleich wurde vom zuständigen Nachlassgericht der Erbschein vom 1.11.1991 eingezogen und dem Beteiligten zu 1 ein Erbschein erteilt, der ihn als nunmehrigen Alleinerben des A. ausweist und die bedingte Nacherbfolge hinsichtlich 1/2 des Nachlasses feststellt. Aufgrund dieser Erbscheine hat das Grundbuchamt die Beteiligten zu 1 und 2 als Eigentümer und als Miteigentümer zu 1/4, jeweils in Erbengemeinschaft, eingetragen.

Am 6.12.2002 hat der Beteiligte zu 1 beim Grundbuchamt beantragt, das Grundbuch dahin zu berichtigen, dass er Alleineigentümer des Grundstücks und alleiniger Miteigentümer zu 1/4 als befreiter Vorerbe geworden sei. Das Grundbuchamt hat die Berichtigungsanträge mit Beschluss vom 27.3.2003 abgewiesen und der Beschwerde des Beteiligten zu 1 mit Beschluss vom 9.4.2003 nicht abgeholfen. Das Landgericht hat auf die Beschwerde mit Beschluss vom 28.11.2003 das Grundbuchamt angewiesen, an den beiden Grundbuchstellen zugunsten des Beteiligten zu 1 einen Amtswiderspruch gegen die Eintragung der beiden Beteiligten in Erbengemeinschaft einzutragen. Dieser Widerspruch wurde jeweils am 18.12.2003 eingetragen. Mit der weiteren Beschwerde vom 15.3.2004 erstrebt der Beteiligte zu 2 die Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts und die Löschung der Amtswidersprüche.

II.

Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Beschwerde sei entsprechend § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO mit der Maßgabe statthaft, dass mit ihr lediglich die Eintragung eines Amtswiderspruchs betrieben werden könne. Die Beschwerde sei auch begründet, da sich die angegriffenen Eintragungen als unrichtig erwiesen; deshalb sei das Grundbuchamt zur Eintragung eines Widerspruchs gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO anzuweisen.

Das Grundbuch sei unrichtig, wenn sein Inhalt in Ansehung eines Rechts am Grundstück mit der wirklichen Rechtslage nicht in Einklang stehe (§ 894 BGB). Dieser Fall liege hier vor. Bei den verfahrensgegenständlichen Grundstücken seien am 14.11.2002 die Beteiligten zu 1 und 2 als Eigentümer in Erbengemeinschaft ins Grundbuch eingetragen worden. In Wirklichkeit sei jedoch der Beteiligte zu 1 alleiniger Eigentümer bzw. Miteigentümer der Grundstücke. Dies ergebe sich aus dem Erbvertrag zwischen dem Vater des Beteiligten zu 1 und der Stiefmutter des Beteiligten zu 1 vom 10.3.1978. Danach seien nach dem Tod des A. am 3.6.1989 der Beteiligte zu 1 und seine Stiefmutter B. Miterben zu je 1/2 geworden, B. jedoch nur als unbefreite Vorerbin. Zum Nacherben sei der Beteiligte zu 1 eingesetzt worden. Der Nacherbfall sollte bei Wiederverheiratung oder Tod der B. eintreten. Diese Erbrechtslage werde durch den gemeinschaftlichen Erbschein vom 1.11.1991 bestätigt. Mit dem Tode von B. am 21.12.2001 sei schließlich der Nacherbfall hinsichtlich ihres Erbteils eingetreten. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2 habe auch noch nach dem Grundstücks-Erbteilungsvertrag vom 20.7.1990 das gesamte im Eigentum von B. stehende Grundstück der Nacherbenbindung unterstanden. Gleiches gelte für den 1/4 Miteigentumsanteil. Der Grundstücks-Erbteilungsvertrag vom 20.7.1990 habe nicht die Übertragung eines - nicht existenten - Teilrechts am Grundstück vom Beteiligten zu 1 auf B. bezweckt, sondern eine Teilerbauseinandersetzung unter Befolgung der getroffenen Teilungsanordnungen. A. habe verfügt, dass B. das Grundstück und den dazu gehörigen Miteigentumsanteil erhalten solle. Das sei als eine Teilungsanordnung auszulegen, die jedoch keine dingliche Wirkung entfalte, sondern den Miterben nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Auseinandersetzung entsprechend der Teilungsanordnung verschaffe. Zwar habe die Vollziehung der Erbauseinandersetzung das Ausscheiden des Nachlassgegenstands aus dem Gesamthandsvermögen bewirkt. Das ändere aber nichts daran, dass sich die Nacherbenanordnung weiterhin auf das gesamte Grundstück bzw. den gesamten Miteigentumsanteil erstrecke. Dass der Beteiligte zu 1 und B. die Nacherbenanordnung nicht als gegenstandslos behandelt hätten, ergebe sich eindeutig aus dem Erbteilungsvertrag, in dem ausdrücklich auf die angeordnete Nacherbfolge Bezug genommen werde und die Auflassung "gemäß der Maßgabe" erklärt werde.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Die Eintragung der Beteiligten zu 1 und 2 als Eigentümer in Erbengemeinschaft ist schon deshalb unrichtig, weil zwischen den Beteiligten hinsichtlich des Grundstücks und des Miteigentumsanteils keine Erbengemeinschaft bestehen kann. Eine Erbengemeinschaft entsteht nach § 2032 Abs. 1 BGB, wenn der Erblasser mehrere Erben hinterlässt. Die mehreren Erben müssen also ihre Erbenstellung vom selben Erblasser ableiten (AnwK-BGB/Ann § 2032 Rn. 1). Das ist hier aber nicht der Fall. Der Beteiligte zu 2 ist laut Erbschein vom 29.4.2002 Alleinerbe von B. geworden. Also kann der Beteiligte zu 1 nicht auch Erbe von B. sein. Der Beteiligte zu 1 ist als Nacherbe nach B. nicht deren Erbe, sondern Erbe nach seinem Vater geworden, wie der weitere Erbschein vom 29.4.2002 ausweist. Allein aus diesen Erwägungen ist die Anordnung, einen Amtswiderspruch einzutragen, richtig.

b) Die Eintragungen sind aber auch noch in anderer Hinsicht unrichtig.

Die in wirksamer Weise im Erbvertrag vom 10.3.1978 nach § 2100 BGB angeordnete Nacherbfolge bezog sich nur auf den Erbteil seiner Witwe, nicht aber auf den Erbteil des Beteiligten zu 1. Durch die Auflassung des Grundstücks und des Miteigentumsanteils an B. in Vollziehung des Erbteilungsvertrags vom 20.7.1990 erwarb zwar B. Alleineigentum; doch war damit keine Befreiung von der Nacherbenbindung verbunden, da § 2111 Abs. 1 Satz 1 BGB eingriff. Nach allgemeiner Meinung tritt nämlich die dingliche Surrogation des § 2111 Abs. 1 BGB auch dann ein, wenn ein Vorerbe als Miterbe im Zuge der Erbauseinandersetzung ein zum Nachlass gehörendes Grundstück zu Alleineigentum erwirbt; denn dafür gibt er seine Gesamthandsberechtigung am Nachlass auf, so dass in einem weiteren Sinn das Alleineigentum mit Mitteln der Erbschaft erworben wird (BGH NJW-RR 2001, 217/218; Palandt/Edenhofer BGB 63. Aufl. § 2111 Rn. 6; Soergel/Harder/Wegmann BGB 13. Aufl. § 2111 Rn. 6; Staudinger/Avenarius BGB Bearbeitung 2003 Rn. 27; Meikel/Kraiß GBO 9. Aufl. § 51 Rn. 23, 24). Dass B. und der Beteiligte zu 1 das Grundstück an B. ausnahmsweise ohne die Beschränkung mit dem Nacherbenrecht auflassen wollten, ergibt sich in keiner Weise aus dem Erbteilungsvertrag. Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, ergibt sich vielmehr die gegenteilige Absicht aus dem Vertrag.

Das Grundstück ist durch die Auflassung zwar aus der Gesamthandsgemeinschaft zwischen B. und dem Beteiligten zu 1 ausgeschieden, aber als Ersatzstück (§ 2111 Abs. 1 Satz 1 BGB) Teil des Nachlasses des A. geblieben. Folglich ist es mit dem Tode von B. nicht in deren Nachlass gefallen. Mit ihrem Tod ist demgemäß der Beteiligte zu 1 als Nacherbe von A. Alleineigentümer des Grundstücks und des Miteigentumsanteils geworden. Die Eintragung der Beteiligten zu 1 und 2 als Eigentümer entspricht also nicht der materiellen Rechtslage.

3. Wer die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen hat, ergibt sich unmittelbar aus der Kostenordnung; die Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.



Ende der Entscheidung

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