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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 06.12.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 89/00
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 873
BGB § 877
WEG § 5 Abs. 4
WEG § 10 Abs. 1
WEG § 10 Abs. 2
Soll Teileigentum in ein Wohnungseigentum oder umgekehrt umgewandelt werden, müssen alle Wohnungs- und Teileigentümer mitwirken.
BayObLG Beschluss

LG Landshut 60 T 280/00; AG - Grundbuchamt - Landshut

2Z BR 89/00

06.12.00

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richterin Werdich und des Richters Lorbacher am 6. Dezember 2000 in der Grundbuchsache Eintragung eines Amtswiderspruchs

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Landgerichts Landshut vom 13. April 2000 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 2 ist als Eigentümerin eines Miteigentumsanteils, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung, im Grundbuch eingetragen.

Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums und der Sondernutzungsrechte ergeben sich aus der Gemeinschaftsordnung (GO), die bei der Begründung von Wohnungs- bzw. Teileigentum am 14.12.1995 von der Rechtsvorgängerin der Beteiligten zu 1 als Bauträgerin und ehemaliger Eigentümerin verfaßt und die am 24.4.1996 in das Grundbuch eingetragen wurde. Diese enthält in § 1 Nr. 4 folgende Bestimmung:

Der Bauträger ist berechtigt, gebildete Eigentumswohnungen in gewerbliche Einheiten (Teileigentum) umzuwandeln und umgekehrt. Diese Nutzungsänderung kann jedoch nur bis zur Erstveräußerung der entsprechenden Einheit vom Bauträger vorgenommen werden. Der Bauträger wird in den Kaufverträgen bezüglich der Eigentumswohnungen bzw. Teileigentumseinheiten bevollmächtigt werden, durch Änderung der Teilungserklärung Wohnungseigentumseinheiten in Teileigentumseinheiten umzuwandeln und ggf. auch mehrere Einheiten zu einer Einheit zusammenzufassen.

Die in der Folgezeit dem Grundbuchamt vorgelegten Kaufvertragsurkunden über Miteigentumsanteile enthalten folgende gleichlautende Klauseln:

XIII. Vollmachten

Der Käufer bevollmächtigt hiermit über seinen Tod hinaus den Verkäufer

...

e) zur Änderung der Teilungserklärung dahingehend, dass der Verkäufer berechtigt ist, im Rahmen der Bestimmungen nach § 1 Abs. 3 (richtig: Abs. 4) der der Teilungserklärung beigefügten Gemeinschaftsordnung Wohnungseigentumseinheiten in Teileigentumseinheiten umzuwandeln und gegebenenfalls auch mehrere Einheiten zu einer Einheit zusammenzufassen;

...

XVIII. Gemeinschaftsordnung und Verwaltung

Der Käufer hat von der für die Wohnanlage bestehenden Gemeinschaftsordnung Kenntnis und tritt in alle sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten ein.

Zu notarieller Urkunde vom 16.9.1999 beantragte und bewilligte die Beteiligte zu 1 im eigenen Namen und zugleich für alle bisherigen Käufer von Wohnungs- und Teileigentumseinheiten, die Umwandlung einer bis dahin nicht veräußerten Teileigentumseinheit (Büroeinheit) in die nunmehr gebildete Wohnungseinheit (Eigentumswohnung) im Grundbuch einzutragen.

Dem entsprach das Grundbuchamt am 20.9.1999.

Mit Schreiben vom 17.1.2000 beantragte die Beteiligte zu 2, hiergegen einen Amtswiderspruch im Grundbuch einzutragen. Dem hat das Grundbuchamt am 21.1.2000 nicht stattgegeben, ein weiteres Schreiben der Beteiligten zu 2 vom 26.1.2000 als Beschwerde erachtet, nicht abgeholfen und diese dem Landgericht vorgelegt, welches mit Beschluss vom 13.4.2000 das Rechtsmittel zurückgewiesen hat. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Voraussetzungen für einen Amtswiderspruch lägen nicht vor. Die Eintragung der Änderung der Teilungserklärung verlange die notarielle Bewilligung der Beteiligten zu 1 und die Vollmacht der bisherigen Käufer von Wohnungs- und Teileigentumseinheiten. Die erforderliche Vollmacht ergebe sich bereits aus der Gemeinschaftsordnung, die Bestandteil der Teilungserklärung sei. Mit ihrer Eintragung im Grundbuch wirke sie für und gegen sämtliche Wohnungseigentümer und deren Sonderrechtsnachfolger. Es sei unerheblich, ob die schuldrechtlichen Verträge ebenfalls eine umfassende Vollmacht enthielten; allerdings folge dies aus deren Abschnitt XVIII.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Die Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum und umgekehrt stellt eine Inhaltsänderung des jeweiligen Sondereigentums der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer im Sinne von §§ 873, 877 BGB dar. Sie erfordert materiell deren Zustimmung und grundbuchrechtlich deren Bewilligung sowie die Eintragung im Grundbuch (ständige Rechtsprechung; BayObLGZ 1974, 217/219; 1989, 28/30; 1997, 233/236; BayObLG WuM 1998, 112; ebenso OLG KÖln ZMR 1997, 376/377; KG WuM 1998, 366; Demharter GBO 23. Aufl. Anhang zu § 3 Rn. 67). Das Erfordernis der Mitwirkung kann aber durch eine Regelung in der Teilungserklärung, die spätere Wohnungs- und Teileigentümer als Sondernachfolger von der Mitwirkung ausschließt, abbedungen werden; dann bedarf es der Mitwirkung der übrigen Eigentümer sowie etwaiger sonstiger dinglich Berechtigter nicht (BayObLG aaO). Ist die Vereinbarung im Grundbuch eingetragen, wird sie nach § 5 Abs. 4 WEG zum Inhalt des Sondereigentums aller Wohnungseigentümer und wirkt auch gegen Sonderrechtsnachfolger der Wohnungs- und Teileigentümer (§ 10 Abs. 2 WEG; BGHZ 91, 343/345; BayObLGZ 1989, 28/30).

Ob bereits die Regelung in § 1 Abs. 4 Sätze 1 und 2 GO, wie das Landgericht meint, einen zeitlich bis zur Erstveräußerung vom Bauträger befristeten Ausschluß sonstiger Wohnungs- und Teileigentümer an der Umwandlung der betreffenden Einheit in Teileigentum und umgekehrt enthält, mag zweifelhaft sein. So räumt Satz 1 zwar dem Bauträger die Berechtigung zur Umwandlung in beiderlei Richtung und damit einen - verdinglichten - Anspruch gegen die übrigen Eigentümer auf Mitwirkung bei der Umwandlung ein; jedoch erlaubt die Klausel nicht zwingend auch den Schluß, dass die zukünftigen Wohnungs- und Teileigentümer für die Umwandlung ihre Mitwirkung vorweggenommen und damit das Erfordernis einer Vereinbarung abbedungen haben (vgl. BayObLG NJW-RR 1997, 586/587; siehe auch BayObLG WuM 1996, 357/358), zumal in Satz 3 ausdrücklich angekündigt wird, der Bauträger werde in den Kaufverträgen über die Einheiten bevollmächtigt werden, durch Änderung der Teilungserklärung (unter anderem) Wohnungseigentum in Teileigentum umzuwandeln. Eine Vollmacht für die Umwandlung wäre überflüssig, würde voranstehend bereits das Erfordernis der Zustimmung vorweggenommen oder abbedungen sein.

Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Denn die aufgrund § 1 Abs. 4 Satz 3 GO individualvertraglich nach Abschnitt XIII e der Kaufverträge erteilte Vollmacht deckt auch den Fall der Umwandlung gewerblicher Einheiten in Wohnungseigentumseinheiten. Der Senat kann die Vollmacht (Demharter GBO § 19 Rn. 75 und 28) wie die Gemeinschaftsordnung (BayObLGZ 1989, 28/31) selbständig auslegen. Die Vollmacht entspricht ihrem Wortlaut nach der Formulierung des § 1 Abs. 4 Satz 3 GO, der seinerseits unmittelbar an die voranstehende Berechtigung anknüpft und über die Umwandlung hinaus auch den Fall der Änderung der Teilungserklärung (Zusammenfassung von Eigentumsrechten; dazu Weitnauer/Lüke WEG 8. Aufl. § 8 Rn. 17) erfaßt. Dass die in der GO angekündigte Vollmacht hinsichtlich der Umwandlung einen engeren Rahmen als die Berechtigung aufweisen sollte, ergäbe keinen nachvollziehbaren Sinn. Denn ersichtlich will die Klausel dem Bauträger bis zur Veräußerung der betreffenden Eigentumseinheiten die notwendige wirtschaftliche Bewegungsfreiheit einräumen, in deren Vordergrund zwar die Umwandlung von Wohnungseigentum in Teileigentum stehen mag, der umgekehrte Fall der Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum aber nicht ausgeschlossen sein soll. Dass die Beteiligte zu 2 darüber hinaus auch materiell-rechtlich nach § 1 Abs. 4 Satz 1 GO verpflichtet wäre, der vorgenommenen Änderung der Teilungserklärung zuzustimmen, bedarf keiner weiteren Vertiefung.

Ende der Entscheidung

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