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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 21.09.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 91/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 47
Grundsätzlich hat derjenige, der seinen Antrag oder sein Rechtsmittel zurücknimmt, die Gerichtskosten zu tragen. Ausnahmsweise können die Erfolgsaussichten eines zurückgenommenen Antrags oder Rechtsmittels eine andere Beurteilung zulassen, aber nur dann, wenn diese ins Auge springen.
BayObLG Beschluss

LG Nürnberg-Fürth 14 T 5848/99; AG Nürnberg 1 UR II 298/98

2Z BR 91/00

21.09.00

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgericht hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Werdich und Dr. Delius

am 21. September 2000

in der Wohnungseigentumssache

wegen Schadensersatzes,

hier: Kostenentscheidung nach Antragsrücknahme,

beschlossen

Tenor:

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 20. Juli 2000 dahingehend abgeändert, dass die Antragsteller als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des ersten und zweiten Rechtszuges zu tragen haben.

II. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die Antragsteller als Gesamtschuldner zu tragen; außergerichtliche Kosten sind in diesem Rechtszug nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 300 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller und die weitere Beteiligte sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage; die Antragsgegnerin ist die frühere Verwalterin.

Die Antragsteller haben beim Amtsgericht beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, 27403 DM an die Antragsteller zu zahlen und festzustellen, dass die Antragsgegnerin den Antragstellern und der weiteren Beteiligten gegenüber verpflichtet ist, an näher bezeichnete Dritte einen Betrag von insgesamt 27309 DM zu zahlen. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 28.6.1999 die Anträge abgewiesen. Gegen diesen Beschluß haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Nachdem die Antragsgegnerin erklärt hatte, hinsichtlich beider Instanzen keinen Kostenantrag zu stellen und im Fall der Rücknahme auch ihren Kostenfestsetzungsantrag für die erste Instanz zurückzunehmen, haben die Antragsteller mit Schriftsatz vom 17.7.2000 ihren Antrag zurückgenommen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 20.7.2000 den Antragstellern einerseits und der Antragsgegnerin andererseits die Gerichtskosten beider Instanzen jeweils zur Hälfte auferlegt. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin mit dem Antrag, dass allein die Antragsteller die Gerichtskosten beider Instanzen zu tragen haben.

II.

Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist als sofortige weitere Beschwerde zulässig (vgl. § 20a Abs. 2, § 27 Abs. 2 FGG). Es hat auch in der Sache Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Im Fall der streitigen Durchführung des Verfahrens wäre eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich gewesen. Es sei ungewiß, wie das Verfahren ausgegangen wäre. Bei dieser Sachlage entspreche es billigem Ermessen, den Antragstellern einerseits und der Antragsgegnerin andererseits die Gerichtskosten beider Instanzen zu gleichen Teilen aufzuerlegen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Da die Entscheidung des Amtsgerichts einschließlich der Kostenentscheidung durch die Zurücknahme der Anträge wirkungslos geworden ist und da die Beteiligten nur über die Frage der Erstattung außergerichtlicher Kosten außergerichtlich eine vergleichsweise Regelung getroffen haben, hatte das Landgericht, wie es richtig erkannt hat, über die Gerichtskosten des ganzen Verfahrens zu entscheiden. Die Kostenentscheidung ist nach § 47 WEG eine Ermessensentscheidung, die das Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler hin überprüfen kann (BayObLGZ 1997, 148/151).

b) Im Ergebnis zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass sich die Beteiligten im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleichs nicht darüber geeinigt haben, wer die Gerichtskosten zu tragen hat. Eine solche Annahme findet in den Schriftsätzen der Beteiligten keine hinreichende Stütze. Die Regelung des § 98 ZPO kann schon deshalb nicht entsprechend herangezogen werden, weil diese Vorschrift nicht anzuwenden ist, wenn sich der Antragsteller wie hier in einem außergerichtlichen Vergleich verpflichtet, seinen Antrag zurückzunehmen (vgl. Thomas/Putzo ZPO 22. Aufl. § 98 Rn. 9).

c) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat grundsätzlich derjenige, der seinen Antrag oder sein Rechtsmittel zurücknimmt, die Gerichtskosten zu tragen (vgl. z.B. BayObLG WE 1997, 238 m.w.N.; NZM 1998, 977). Einer der Fälle, in denen eine Ausnahme davon gemacht werden kann (vgl. BayObLG WuM 1991, 134; 1992, 569; 1993, 492; 1-996, 506; BayObLG WE 1989, 32; 1992, 232; 1993, 285; 1997, 75; 1997, 238; 1998, 87; 1998, 402), liegt hier nicht vor. Bei der Kostenentscheidung nach Zurücknahme eines Antrags oder eines Rechtsmittels kommt eine Berücksichtigung der Erfolgsaussicht des zurückgenommenen Antrags oder Rechtsmittels nur in Betracht, wenn diese ins Auge springt (BayObLGZ 1997, 148/152). Hier ist nach den Ausführungen des Landgerichts aber gerade vom Gegenteil auszugehen.

d) Da die Entscheidung keinen Bestand haben kann, kann der Senat nunmehr selbst über die Frage, wer die Gerichtskosten der ersten und zweiten Instanz zu tragen hat, entscheiden. Es entspricht billigem Ermessen, den Antragstellern als Gesamtschuldnern die Gerichtskosten aufzuerlegen.

3. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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