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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 29.05.2000
Aktenzeichen: 3 ObOWi 34/2000
Rechtsgebiete: AFG, SGB IV, StPO, OWiG, SGB III, SGB X


Vorschriften:

AFG § 150 a
AFG § 230 Abs. 1 Nr. 11
AFG § 230 Abs. 2
AFG § 150 a Abs. 1
AFG § 150 a Abs. 1 Satz 2
AFG § 150 a Abs. 5 Satz 3
SGB IV § 107
SGB IV § 107 Abs. 1
SGB IV § 107 Abs. 1 Satz 2
SGB IV § 107 Abs. 1 Satz 3
SGB IV § 107 Abs. 1 Satz 4
SGB IV § 107 Abs. 1 Satz 6
SGB IV § 107 Abs. 3 Satz 1
SGB IV § 107 Abs. 3 Satz 3
SGB IV § 102
SGB IV § 99 Abs. 2
SGB IV § 111 Abs. 1 Nr. 7
SGB IV § 111 Abs. 4
StPO § 344 Abs. 2 Satz 2
StPO § 55 Abs. 1
OWiG § 79 Abs. 3 Satz 1
OWiG § 33 Abs. 3 Satz 2
OWiG § 32 Abs. 2
OWiG § 79 Abs. 5 Satz 1
SGB III § 305
SGB III § 306
SGB III § 307
SGB III § 308
SGB X § 98 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
3 ObOWi 34/2000

Bayerisches Oberstes Landesgericht

BESCHLUSS

Der 3. Senat für Bußgeldsachen des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Bayerischen Obersten Landesgericht Lancelle sowie der Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht Dr. Vitzthum und Dr. Pettenkofer

am 29. Mai 2000

in dem Bußgeldverfahren

wegen Verstoßes gegen das Arbeitsförderungsgesetz u.a.

nach Anhörung der Staatsanwaltschaft

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Ansbach vom 16. Dezember 1999 aufgehoben.

Die Feststellungen bleiben aufrechterhalten.

II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Richter des Amtsgerichts Ansbach zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Arbeitsamt A erließ gegen den Betroffenen am 25.4.1997 einen Bußgeldbescheid, in welchem ihm zur Last gelegt wurde, die Durchführung einer Außenprüfung nicht geduldet zu haben, deren Prüfungsgegenstand die in § 150 a AFG sowie die in § 107 SGB IV normierten Gebiete sein sollten.

Auf seinen Einspruch hin verurteilte das Amtsgericht Ansbach den Betroffenen am 16.12.1999 wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen die Mitwirkungspflicht bei einer Außenprüfung zur Geldbuße von 1.500 DM.

Nach den Feststellungen der Amtsrichterin ist der Betroffene der tatsächliche Verantwortliche der B GmbH, der auch die Geschäfte führt, während sein Sohn zwar als ihr Geschäftsführer eingetragen ist, für sie aber nur "auf dem Papier" verantwortlich ist. Die Geschäfte dieser GmbH werden zumindest teilweise nicht an ihrem formellen Sitz in A sondern in den Geschäftsräumen der h GmbH und Co. KG mit Sitz in M betrieben. Als Geschäftsführer deren Komplementär-GmbH ist ebenfalls der Sohn des Betroffenen eingetragen, tatsächlich werden auch hier die Geschäfte vom Betroffenen geführt.

Nach schriftlicher Prüfungsverfügung wollten zwei Mitarbeiter des Arbeitsamts A am 1.4.1997 eine Außenprüfung der B GmbH in deren Geschäftsräumen in M durchführen, weil der Verdacht bestand, daß sie Scheinselbständige beschäftigte. Der Betroffene verweigerte jedoch die Durchführung der Außenprüfung. Er lehnte jegliche Mitwirkung an der Prüfung ab und erteilte den Beschäftigten des Arbeitsamts Hausverbot.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung des formellen und des materiellen Rechts beanstandet.

II.

Die statthafte (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG) und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

1. Unzutreffend ist allerdings schon die Ansicht der Rechtsbeschwerde, daß die Amtsrichterin gehalten gewesen sei, die Erklärung des Betroffenen, er lege gegen ihre Entscheidung Rechtsbeschwerde ein, in die Sitzungsniederschrift erster Instanz aufzunehmen (vgl. schon RGSt 66, 417/418; vgl. z.B. OLG Koblenz VRS 62, 297).

2. Soweit die Rechtsbeschwerde die Aufklärungsrüge erhebt, ist unklar, ob dies fristgerecht geschehen ist. Der entsprechende auf den 6.3.2000 datierte Schriftsatz ist beim AG Ansbach erst am 8.3.2000, also verspätet eingegangen. Dieser Schriftsatz trägt allerdings den Vermerk: "vorab per Telefax". Dieses Telefax befindet sich jedoch nicht bei den Akten. Unterstellt man, daß es gleichwohl beim AG Ansbach noch am 6.3.2000 und damit rechtzeitig eingegangen ist, so ist diese Verfahrensrüge jedenfalls deswegen unzulässig, weil sie nicht in einer der Bestimmung des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG genügenden Form erhoben wurde. Denn die Aufklärungsrüge ist unzulässig, wenn mit ihr geltend gemacht wird, der Beweisgehalt eines in der Hauptverhandlung erhobenen Beweismittels sei nicht ausgeschöpft worden (st. Rspr., vgl. z.B. BGH NStZ 1997, 450). Eine Ausnahme gilt nur, wenn das angefochtene Urteil ausdrücklich zu erkennen gibt, daß Fragen bzw. Vorbehalte an einen Zeugen unterblieben sind. Dieser Fall liegt hier nicht vor.

3. Begründet ist jedoch die Sachrüge.

Vergeblich wendet sich die Rechtsbeschwerde allerdings gegen die Auffassung der Amtsrichterin, daß der Betroffene gegen seine Pflicht zur Mitwirkung bei der Außenprüfung verstoßen hat.

Die Außenprüfung mit dem Ziel zu klären, ob von einer Firma Scheinselbständige beschäftigt werden, richtet sich nicht, wie die Amtsrichterin annimmt, nach § 150 a AFG, sondern nach § 107 des SGB IV, das vor dem 1.4.1997 zuletzt durch Art. 25 des Jahressteuergesetzes 1997 vom 20.12.1996 (BGBl I S. 2049/2077) geändert worden war (vgl. jetzt den Hinweis auf die §§ 305 bis 308 des SGB III in der derzeit geltenden Fassung des § 107 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, dieses zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999 BGBl I S. 2). Danach konnte geprüft werden, ob die B GmbH ihre Pflichten nach § 102 SGB IV erfüllt hatte. Hierzu und zur Feststellung, ob die Beschäftigten dieser GmbH zur Sozialversicherung angemeldet waren, durften die Prüfer die Grundstücke und Geschäftsräume der Arbeitgeberin während der Geschäftszeit betreten und dort Einsicht in bestimmte Unterlagen der Arbeitgeberin nehmen. Diesem Betretungsrecht stand hier nicht § 107 Abs. 1 Satz 3 SGB IV in der zur Tatzeit geltenden Fassung entgegen, wonach Grundstücke und Geschäftsräume Dritter nur zur Prüfung der Erfüllung der Pflichten nach § 99 Abs. 2 SGB IV betreten werden durften. Denn Grundstücke und Geschäftsräume des Arbeitgebers, zu denen Prüfer im Rahmen einer Außenprüfung gemäß § 107 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der zur Tatzeit geltenden Fassung während der Geschäftszeit uneingeschränkt Zugang hatten, waren nicht nur solche, die sich im Alleineigentum oder -besitz des zu prüfenden Arbeitgebers befinden. Hierzu gehörten vielmehr alle Räume, in denen sich der rechtliche oder der tatsächliche Geschäftssitz dieses Arbeitgebers befanden. Denn mit der vertraglichen oder tatsächlichen Überlassung des Grundstücks bzw. der Räume an den Arbeitgeber ist das Hausrecht hieran an diesen übergegangen. Soweit Grundstücke oder Räume von diesem und einem anderen Unternehmer gemeinschaftlich genutzt wurden, war das Hausrecht des anderen durch die Nutzung des Arbeitgebers derart eingeschränkt, daß er allen Personen Zutritt zu gewähren hatte, die diese Räume aufgrund der unternehmerischen Bestätigung des Arbeitgebers betreten durften.

§ 107 Abs. 3 Satz 1 SGB IV in der zur Tatzeit geltenden Fassung verpflichtet deswegen auch Dritte, alle in § 107 Abs. 1 Satz 2, 3, 4 und 6 SGB IV genannten Maßnahmen und nicht nur das Betreten ihrer Geschäftsräume und Grundstücke zur Prüfung nach § 99 Abs. 2 SGB IV zu dulden. Eine andere Auslegung dieser Bestimmung wird weder ihrem Wortlaut noch ihrem Sinn gerecht. Der Betroffene hatte deswegen gemäß dem oben genannten § 107 Abs. 3 Satz 1 SGB IV auch in seiner Eigenschaft als faktischer Geschäftsführer der h GmbH und Co. KG das Betreten der - auch - von der B GmbH in M genutzten Räume zu dulden.

Voraussetzung für das Recht der Prüfer, diese Räume zu betreten, war schließlich nicht, daß sich dort prüfungsrelevante Geschäftsunterlagen der B GmbH befanden. Denn das in § 107 Abs. 1 SGB IV in der zur Tatzeit geltenden Fassung geregelte Betretungsrecht erstreckte sich auf alle Geschäftsräume der zu prüfenden Firma unabhängig davon, wozu sie konkret benutzt werden. Der Betroffene durfte den Prüfern den Zutritt auch in dem Fall nicht verwehren, daß er damit rechnete, die Prüfung werde zur Einleitung eines Bußgeldverfahrens gegen ihn führen. Dann nämlich wäre ihm nur ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 107 Abs. 3 Satz 3 SGB IV i.V.m. § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB X zugestanden. Dieses umfaßt nicht auch das Recht, den Prüfern den Zutritt und die Einsicht in Geschäftsunterlagen zu verweigern.

Nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung der Amtsrichterin, daß der Betroffene nicht aufgrund eines unvermeidbaren Verbotsirrtums gehandelt hat. Die Annahmeeines solchen Irrtums würde zum einen voraussetzen, daß der Betroffene geglaubt hat, er könne die Firma B GmbH der sozialrechtlichen Überprüfung dadurch entziehen, daß er ihren Geschäftsbetrieb in die Betriebsräume einer anderen Firma verlegte. Hinzutreten müßte weiter, daß eine Erkundigung an sachkundiger Stelle, etwa bei einer Prüfungsbehörde, diesen Irrtum nicht beseitigt hätte. Die Urteilsfeststellungen bieten schon für die erste Voraussetzung keine Anhaltspunkte.

Der Betroffene kann wegen dieser Tat gleichwohl nicht geahndet werden, weil vor der amtsgerichtlichen Entscheidung Verfolgungsverjährung wegen Ablaufs der doppelten Verjährungsfrist gemäß § 33 Abs. 3 Satz 2 OWiG eingetreten ist. Am 1.4.1997 war diese Tat gemäß § 111 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 4 SGB IV noch mit Geldbuße bis 5.000 DM bedroht, so daß die Verjährungsfrist ein Jahr betrug (§ 31 Abs. 2 Nr. 3 OWiG). Auf 50.000 DM erhöht wurde der Bußgeldrahmen für diesen Verstoß erst durch Art. 3 Nr. 12 Buchstabe b) des Ersten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16.12.1997 (BGBl I S. 2970/2982).

4. Dies führt aber nicht zur Einstellung des Verfahrens. Denn die Amtsrichterin hat in der angefochtenen Entscheidung das dem Betroffenen angelastete Tatgeschehen nicht erschöpfend behandelt. Im dem Verfahren zugrundeliegenden Bußgeldbescheid wird dem Betroffenen nämlich auch vorgeworfen, die Prüfung, ob Leistungen nach dem AFG zu Unrecht bezogen wurden, ob die Angaben des Arbeitgebers, die für die Leistungen erheblich sind, zutreffend bescheinigt wurden und ob ausländische Arbeitnehmer mit einer gültigen Arbeitserlaubnis und nicht zu ungünstigeren Bedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt wurden (vgl. § 150 a Abs. 1 Satz 1 AFG), nicht geduldet und dadurch gegen § 230 Abs. 1 Nr. 11, Abs. 2 AFG verstoßen zu haben. Ein solcher Verstoß; der hier gegebenenfalls mit dem gegen § 111 Abs. 1 Nr. 7 SGB IV rechtlich zusammentrifft (§ 19 OWiG), so daß insoweit eine Teileinstellung des Verfahrens ausscheidet, ist noch nicht verjährt.

Der Bußgeldrahmen reicht gemäß § 230 Abs. 2 AFG bis 50.000 DM, so daß die Verfolgungsverjährungsfrist bei vorsätzlichem Handeln drei Jahre (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 OWiG) und bei fahrlässigem (§ 17 Abs. 2 OWiG) zwei Jahre (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 OWiG) beträgt. Die Verfolgungsverjährung wurde u.a. durch den Erlaß des Bußgeldbescheides vom 25.4.1997 (Bl. 40/42 d.A.), den Eingang der Akten beim Amtsgericht Ansbach am 15.12.1997 (Bl. 60 d.A.) und die Anberaumung der Hauptverhandlung am 1.7.1999 (Bl. 72 d.A.) unterbrochen (§ 33 Abs. 1 Nrn. 9, 10, 11 OWiG). Seit dem Erlaß des angefochtenen Urteils ist die Hemmungswirkung des § 32 Abs. 2 OWiG auch hinsichtlich des dem Betroffenen angelasteten Verstoßes gegen § 230 Abs. 1 Nr. 11, Abs. 2 AFG eingetreten (vgl. dazu z.B. BayObLGSt 1978, 158).

III.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird daher das Urteil des Amtsgerichts Ansbach vom 16.12.1999 aufgehoben. Die Feststellungen bleiben aufrechterhalten, weil sich der Mangel der angefochtenen Entscheidung auf sie nicht erstreckt (§ 353 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG). Im Umfang der Aufhebung wird die Sache, die weiterer Feststellungen bedarf, zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Richter des Amtsgerichts Ansbach zurückverwiesen (§ 79 Abs. 6 OWiG), der auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu befinden haben wird. Der Senat entscheidet in der Besetzung mit drei Richtern (§ 80 a Abs. 1 OWiG) durch Beschluß gemäß § 79 Abs. 5 Satz 1 OWiG.

IV.

Für das weitere Verfahren wird bemerkt:

1. Nach den bisher getroffenen Feststellungen hat der Betroffene den objektiven Tatbestand des § 230 Abs. 1 Nr. 11 AFG verwirklicht, weil er das Betreten eines Grundstücks und der Geschäftsräume der B GmbH und die Prüfung dieser Firma nicht duldete. Der für den Umfang des Rechts der Prüfer, im Rahmen einer Außenprüfung nach § 150 a Abs. 1 AFG Grundstücke und Geschäftsräume zu betreten, maßgebliche Begriff der Grundstücke und Geschäftsräume des Arbeitgebers in § 150 a Abs. 1 Satz 2 AFG ist nicht anders zu beurteilen als derjenige in § 107 SGB IV in der zur Tatzeit geltenden Fassung. Hierunter fallen auch in dieser Bestimmung alle Grundstücke und Geschäftsräume, auf und in denen der zu prüfende Arbeitgeber seinen rechtlichen oder tatsächlichen Geschäftssitz hat und zwar unabhängig davon, ob er sie allein nutzt oder ob sie ihm nur zur Mitbenutzung überlassen sind. Der Betroffene hatte deswegen auch diese Prüfung in seiner Eigenschaft als tatsächlicher Geschäftsführer der B GmbH wie als tatsächlicher Geschäftsführer der h GmbH zu dulden (§ 150 a Abs. 5 AFG). Ebensowenig berechtigte den Betroffenen ein etwaiges Auskunftsverweigerungsrecht nach § 150 a Abs. 5 Satz 3 AFG, den Prüfern den Zutritt zu den nach der B GmbH genutzten Räumen zu verweigern.

§ 150 a Abs. 5 Satz 3 AFG räumt in Übereinstimmung mit den Regelungen in anderen Bereichen des Sozialrechts (vgl. etwa § 306 Abs. 1 Satz 3 SGB III, § 107 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB X) unter den dort genannten Voraussetzungen dem Auskunftsverpflichteten nur ein inhaltlich dem des in § 55 Abs. 1 StPO normierten entsprechendes Auskunftsverweigerungsrecht ein. Hätte der Gesetzgeber dem Auskunftsverpflichteten über ein solches Auskunftsverweigerungsrecht hinaus das Recht einräumen wollen, jedwede Mitwirkung an der Prüfung oder deren Durchführung überhaupt zu verweigern, so hätte er dies mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht. Denn auch in Verfahren der hier in Rede stehenden Art sind dem Gesetzgeber die unterschiedlichen und abgestuften Rechte geläufig, die einem Unternehmer im Rahmen einer derartigen Prüfung für den Fall eingeräumt werden können, daß diese zum Nachweis einer von ihm begangenen Ordnungswidrigkeit führen kann. Dies und der Umstand, daß es der Gesetzgeber ungeachtet der zahlreichen Änderungen des AFG immer bei einem Auskunftsverweigerungsrecht belassen hat, lassen keinen Zweifel daran, daß der Gesetzgeber das in § 150 a Abs. 5 Satz 3 normierte Recht des Arbeitgebers bewußt nur als Auskunftsverweigerungsrecht im beschriebenen Sinne geschaffen hat.

Deswegen kann hier letztlich dahinstehen, ob dem Betroffenen überhaupt ein Auskunftsverweigerungsrecht, zu dessen Begründung auch die Rechtsbeschwerde nichts Konkretes vorträgt, zustand. Ebensowenig ist daher entscheidungserheblich, ob sich der Betroffene schon gegenüber den Prüfern ausdrücklich auf sein Auskunftsverweigerungsrecht hätte berufen müssen oder ob ihn die Prüfer bei Vorliegen konkreter Verdachtsgründe hätten belehren müssen (vgl. dazu z.B. BSGE 54, 119; BayObLG GewArch 1969, 41; BayObLG Beschluß vom 18.12.1996 - 3 ObOWi 149/96). Denn der Betroffene hat den objektiven Tatbestand des § 230 Abs. 1 Nr. 11, Abs. 2 AFG schon dadurch verwirklicht, daß er den Prüfern den Zutritt zu den Geschäftsräumen der B GmbH verwehrt und so deren Prüfung nicht geduldet hat.

Ein Verbotsirrtum des Betroffenen kommt nur in Betracht, wenn der Betroffene nach dem Ergebnis der neuerlichen Hauptverhandlung angenommen hat, aufgrund des tatsächlichen Geschäftssitzes der B GmbH sei diese den sozialrechtlichen Prüfungen entzogen, weil er als faktischer Geschäftsführer der h GmbH und Co. KG einer solchen Prüfung nicht zuzustimmen brauche. Die Glaubwürdigkeit einer solchen Einlassung wird vor allem an der Plausibilität ihrer Begründung zu messen sein. Unvermeidbar ist ein solcher Irrtum nur, wenn der Betroffene auch von fachkundiger Seite keine gegenteilige Auskunft erlangt hat oder hätte erhalten können. Als fachkundig werden in derartigen Fällen in aller Regel nur die Auskünfte der mit solchen Prüfungen befaßten Behörden anzusehen sein.

2. Im Falle der erneuten Verurteilung des Betroffenen ist der Amtsrichter nicht gehindert, bei der Bemessung der Geldbuße den Verstoß des Betroffenen gegen § 111 Abs. 1 Nr. 7 SGB IV ebenfalls in die Zumessungserwägungen einzubeziehen, auch wenn insoweit bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist (vgl. dazu z.B. BGH vom 28.2.1990 - 3 StR 378/89; BayObLG Beschluß vom 30.4.1981 - RReg. 1 St 48/81).

Ende der Entscheidung

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