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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 31.07.2000
Aktenzeichen: 3 ObOWi 73/2000
Rechtsgebiete: StPO, OWiG


Vorschriften:

StPO § 346 Abs. 2 Satz 1
StPO § 346 Abs. 2
StPO § 347
OWiG § 79 Abs. 3 Satz 1
OWiG § 80 Abs. 4 Satz 2
OWiG § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5
OWiG § 72 Abs. 1 Satz 2
OWiG § 80 Abs. 1
OWiG § 79 Abs. 3 Satz 1
OWiG § 79 Abs. 5 Satz 1
OWiG § 80 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
OWiG § 80 a Abs. 3
OWiG § 80 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerisches Oberstes Landesgericht BESCHLUSS

3 ObOWi 73/2000

Der 3. Senat für Bußgeldsachen des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat durch den Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht Dr. Vitzthum

am 31. Juli 2000

in dem Bußgeldverfahren

wegen Verstoßes gegen das Düngemittelgesetz

nach Anhörung der Staatsanwaltschaft

beschlossen:

Tenor:

Der Beschluß des Amtsgerichts Augsburg vom 18. Mai 2000, durch den die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen den Beschluß dieses Gerichts vom 18. April 2000 verworfen worden ist, wird aufgehoben.

Gründe:

I.

Der nach § 346 Abs. 2 Satz 1 StPO, § 79 Abs. 3 Satz 1, § 80 Abs. 4 Satz 2 OWiG zulässige Antrag ist begründet.

Zu einer Verwerfung der Rechtsbeschwerde bzw. des Antrags auf deren Zulassung war der Tatrichter nämlich nicht befugt. Seine Befugnis zur Verwerfung der Rechtsbeschwerde ist auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen der Betroffene die für die Einlegung und Begründung des Rechtsmittel vorgeschriebenen Formen oder Fristen nicht gewahrt hat. Soweit die Rechtsbeschwerde dagegen aus einem anderen Grund als unzulässig zu verwerfen ist, steht diese Befugnis allein dem Rechtsbeschwerdegericht zu (vgl. BGH NStZ 2000, 217). Der amtsgerichtliche Beschluß war daher aufzuheben.

Überdies erweist sich der amtsgerichtliche Verwerfungsbeschluß vom 18.5.2000 als verfrüht mit der Folge, daß die Rechtsbeschwerdebegründungsfrist erst mit der Zustellung der den amtsgerichtlichen Verwerfungsbeschluß aufhebenden Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zu laufen beginnt. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hätte nämlich ursprünglich bis zum Ablauf der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist am 19.6.2000 (§ 79 Abs. 4 OWiG, § 43 Abs. 2, § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO) gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 OWiG begründet werden können. Dabei kann es im Zeitpunkt des verfrühten Verwerfungsbeschlusses für die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nicht darauf ankommen, ob der Betroffene nach Aktenlage tatsächlich einen rechtzeitigen Widerspruch gegen das Beschlußverfahren erhoben hat, sondern nur darauf, daß dies nach der Gesetzeslage möglich ist.

Zwar hat der Betroffene auch im Schriftsatz seines Verteidigers vom 14.6.2000, eingegangen am 15.6.2000, eine die Voraussetzungen des § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 OWiG beinhaltende Verfahrensrüge der Verletzung des § 72 Abs. 1 Satz 2 OWiG nicht angebracht, so daß dann ein Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 80 Abs. 1 OWiG unstatthaft wäre, da die Zulassung der Rechtsbeschwerde ein Urteil voraussetzt.

Wird aber eine Rechtsbeschwerde zu Unrecht wegen nicht fristgerechter Begründung als unzulässig verworfen und dieser Beschluß zu einem Zeitpunkt dem Betroffenen zugestellt, zu dem die Beschwerdebegründungsfrist noch nicht abgelaufen war, so beginnt diese Frist frühestens mit der Zustellung der nach § 346 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG ergangenen, den amtsgerichtlichen Beschluß aufhebenden Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zu laufen (vgl. BayObLGSt 1993, 204 ff.). Dies gilt um so mehr, wenn der amtsgerichtliche Verwerfungsbeschluß nicht auf die Nichteinhaltung der Beschwerdebegründungsfrist gestützt wird, sondern vielmehr auf die Unstatthaftigkeit des Rechtsmittels. Denn dann kann dem Betroffenen noch weniger zugemutet werden, in Kenntnis der negativen Entscheidung des Amtsgerichts, nach der überhaupt keine Rechtsbeschwerde bzw. ein Antrag auf deren Zulassung statthaft sein soll, rein vorsorglich innerhalb der noch verbleibenden Frist die eingelegte Rechtsbeschwerde zu begründen (vgl. BayObLGSt 1993, 204/207).

Im vorliegenden Fall ist aber der Verwerfungsbeschluß des Amtsgerichts dem Betroffenen am 24.5.2000, also vor Ablauf der ursprünglich bis 19.6.2000 laufenden Begründungsfrist zugestellt worden.

II.

Auf den Antrag des Betroffenen wird daher der amtsgerichtliche Verwerfungsbeschluß aufgehoben. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß nach § 79 Abs. 5 Satz 1, § 80 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 OWiG. Die Besetzung mit einem Richter gilt auch für die Nebenentscheidungen wie die nach § 346 Abs. 2 StPO. Zwar enthält die Entscheidung eine Rechtsfortbildung; eine Übertragung gemäß § 80 a Abs. 3 OWiG ist aber nicht möglich, da diese Bestimmung nach ihrem Wortlaut als angefochtene Entscheidung ein Urteil voraussetzen würde. Dies führt zwar zu dem Ergebnis, daß die Rechtsfortbildung durch den Einzelrichter oder den Senat von der Art der angefochtenen Entscheidung abhängt. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber dieses Problem übersehen hätte; denn er hat bewußt die Voraussetzungen des § 80 a Abs. 3 OWiG an die des § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG angelehnt (vgl. BT-Drs 13/5418 [S. 11]).

Die weitere Behandlung der Sache obliegt nunmehr wieder dem Amtsgericht, das nach Ablauf der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist gemäß § 347 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 bzw. § 80 Abs. 4 Satz 2 OWiG zu verfahren haben wird.

Ende der Entscheidung

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