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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 05.02.2002
Aktenzeichen: 3Z AR 6/02
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 5
FGG § 65 Abs. 1
FGG § 65 Abs. 5
Hat das Eilgericht einen vorläufigen Betreuer bestellt, ist der Vorgang an das Amtsgericht zu übersenden, in dessen Bezirk der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Der 3.Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Plößl und Glocker

am 5. Februar 2002

in der Betreuungssache

auf die Vorlage des Amtsgerichts Ingolstadt

beschlossen:

Tenor:

Das Betreuungsverfahren ist vom Amtsgericht Freising fortzuführen.

Gründe:

I.

Der Betroffene ist seit 26.6.1999 in einer zum Landkreis Freising gehörenden Gemeinde gemeldet und hat dort seine Wohnung.

Am 6.9.2001 erlitt er einen schweren Unfall und wurde zur akutmedizinischen Versorgung in das Vogtland-Klinikum Plauen eingeliefert.

Auf Anregung des Klinikums bestellte das Amtsgericht Plauen für ihn mit Beschluss vom 12.9.2001 auf die Dauer von drei Monaten eine vorläufige Betreuerin.

Gemäß Verfügung vom 12.12.2001 leitete es die Akten dem Amtsgericht Freising zu mit der Bitte um Übernahme des Verfahrens zuständigkeitshalber. Das Amtsgericht Freising lehnte die Übernahme mit Beschluss vom 18.12.2001 ab, da sich der Betroffene seit seinem Unfall nicht mehr im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Freising aufhalte und nach Auskunft des behandelnden Arztes in den nächsten Monaten nicht in seine Wohnung zurückkehren könne.

.Im Hinblick darauf, dass der Betroffene am 23.10.2001 zur neurologischen Frühhabilitation in eine im Bezirk des Amtsgerichts Ingolstadt liegende Klinik verlegt worden war, bestellte nun dieses Gericht mit Beschluss vom 2.1.2002 für den Betroffenen einen vorläufigen Betreuer.

Seit 7.1.2002 befindet sich der Betroffene in einer Rehabilitationsklinik in Regenstauf.

Mit Beschluss vom 22.1.2002 hat das Amtsgericht Ingolstadt die Akten dem Bayerischen Obersten Landesgericht "gemäß § 46 Abs. 2 FGG" zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

II.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen, da zwischen den Amtsgerichten Ingolstadt und Freising Streit darüber besteht, welches von ihnen zur weiteren Behandlung der Sache örtlich zuständig ist (§ 5 Abs. 1 Satz 1, § 199 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 FGG; Art. 11 Abs. 3 Nr.1 AGGVG; vgl. BayObLGZ 1989, 1). An einer Entscheidung auf der Grundlage von § 5 FGG ist das Bayerische Oberste Landesgericht nicht dadurch gehindert, dass ihm das Amtsgericht Ingolstadt die Akten "gemäß § 46 Abs. 2 FGG" vorgelegt hat. Diese Bestimmung kommt über § 65a Abs. 1 Satz 1 FGG nur in den Fällen in Betracht, in denen ein Gericht seine Zuständigkeit bejaht, das Verfahren jedoch aus Zweckmäßigkeitserwägungen an ein anderes Gericht abgeben möchte (vgl. OLG Zweibrücken FGPrax 2000, 212). Hier verneint das Amtsgericht Ingolstadt seine Zuständigkeit für weitere die Betreuung betreffende Verrichtungen. Die Bestimmung des zuständigen örtlichen Gerichts nach § 5 FGG kann auch von Amts wegen erfolgen (vgl. Bassenge u.a. FGG/RPflG 9.Aufl. § 5, FGG Rn. 8).

2. Das Amtsgericht Freising war und ist nicht berechtigt, die Fortführung des Betreuungsverfahrens abzulehnen.

a) Für Verrichtungen, die die Betreuung betreffen, ist gemäß § 65 Abs. 1 FGG dasjenige Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Betroffene zu der Zeit, zu der das Gericht mit der Angelegenheit befasst wird, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Da entsprechender eiliger Handlungsbedarf auch außerhalb des Bezirks des nach § 65 Abs. 1 FGG zuständigen Gerichts entstehen kann, erklärt § 65 Abs. 5 Satz l FGG für solche Fälle ergänzend das Gericht für zusätzlich zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge hervortritt (vgl. Keidel/Kayser FGG 14. Aufl. § 65 Rn. 8). Dies gilt unter anderem auch für die Notwendigkeit, dem Betroffenen durch einstweilige Anordnung einen vorläufigen Betreuer zu bestellen (§ 65 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 69f FGG; vgl. BayObLGZ 1996, 105/106).

Hat das Eilgericht seine durch die Dringlichkeit des Falles gebotene Aufgabe erfüllt, hat es den Vorgang an das nach § 65 Abs. 1 FGG zuständige Vormundschaftsgericht zu übersenden. Dieses ist verpflichtet, das Verfahren fortzuführen. Nach der vom Gesetzgeber in § 65 FGG getroffenen Regelung ist die Zuständigkeit des Eilgerichts lediglich subsidiär und endet, wenn die erforderliche vorläufige Maßnahme getroffen ist. Für eine Abgabe des Verfahrens im Sinne von § 65a, § 46 FGG und damit insbesondere für Zweckmäßigkeitserwägung en ist kein Raum. Eine Anhörung des Betroffenen ist ebenso wenig erforderlich wie die Zustimmung des Betreuers (vgl. BayObLGZ 1996, 105).

b) Nach diesen Grundsätzen hat das Amtsgericht Freising das Betreuungsverfahren bereits aufgrund der Zuleitung der Akten durch das Amtsgericht Plauen fortzuführen.

Der Betroffene hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt nach wie vor im Bezirk des Amtsgerichts Freising. Durch seine vorübergehenden Aufnahmen in den genannten Kliniken ist dort ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht begründet worden (vgl. BayObLG FamRZ 1993, 89; OLG Karlsruhe BtPrax 1996, 72; OLG Stuttgart BtPrax 1997, 161). Das Amtsgericht Plauen hatte seine durch die Dringlichkeit des Falles gebotene Aufgabe mit der Bestellung eines vorläufigen Betreuers erfüllt. Gleiches gilt nun für das Amtsgericht Ingolstadt. Dessen durch den fortbestehenden Handlungsbedarf begründete subsidiäre Zuständigkeit ist ebenfalls beendet. Dem steht § 65 Abs. 4 FGG nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung ist zwar, falls für den Betroffenen bereits ein Betreuer bestellt ist, auch für die weiteren die Betreuung betreffenden Verrichtungen das Gericht zuständig, bei dem die Betreuung anhängig ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn wie hier - das mit der Angelegenheit zwar befasste aber an sich nicht zuständige Gericht wegen der Dringlichkeit des Falles durch einstweilige Anordnung einen vorläufigen Betreuer bestellt hat.



Ende der Entscheidung

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