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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 10.05.2004
Aktenzeichen: 3Z BR 11/04
Rechtsgebiete: FGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

FGG § 27 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 547 Nr. 4
BGB § 1792 Abs. 2
BGB § 1836 Abs. 2
BGB § 1908i Abs. 2
1. Legt der Gegenbetreuer gegen die Festsetzung der Höhe seiner Vergütung Beschwerde ein und erhält hiervon weder der Betreuer noch der Betroffene vor der für diesen nachteiligen Beschwerdeentscheidung Kenntnis, ist diese Entscheidung auf Rechtsmittel des Betroffenen ohne Rücksicht auf ihre sachliche Richtigkeit wegen eines absoluten Beschwerdegrundes aufzuheben.

2. Bewilligt das Vormundschaftsgericht dem Betreuer eines vermögenden Betroffenen im Hinblick auf die außergewöhnliche Schwierigkeit der Betreuung einen deutlich über dem Regelbetrag liegenden Stundensatz, kann dieser grundsätzlich auch für die Vergütung des zur Überwachung dieses Betreuers bestellten Gegenbetreuers herangezogen werden.


Gründe:

I.

Für den Betroffenen besteht seit 1980 eine - zunächst als Pflegschaft und Vormundschaft geführte - Betreuung. Der Betreuer hat den Aufgabenkreis der Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge, Fürsorge für die Heilbehandlung, Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen und deren Kontrolle, Vertretung gegenüber der Anstaltsleitung und Vertretung gegenüber Behörden.

Mit Beschluss vom 12.7.2001 bestellte das Vormundschaftsgericht die Gegenbetreuerin für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Betreuers blieb erfolglos. Seine weitere Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 21.4.2004 - 3Z BR 51/04 zurückgewiesen.

Am 21.10.2002 beantragte die Gegenbetreuerin die Festsetzung einer Vergütung für ihre Tätigkeit vom 20.7.2001 bis 14.10.2002 aus dem Vermögen des Betroffenen. Hierfür setzte sie 125 Stunden und 40 Minuten zu je 150 EURO - unter Einschluss der MwSt. - an, insgesamt also 18.850 EURO. Weiterhin berechnete sie Auslagen in Höhe von brutto 67,04 EURO.

In einer Stellungnahme gegenüber dem Vormundschaftsgericht vom 24.1.2003 bezeichnete der Betreuer den Zeitaufwand als angemessen. Der von der Gegenbetreuerin geltend gemachte Stundensatz gehe auf seine Anregung zurück und entspreche dem von ihm selbst in seinen Abrechnungen zugrunde gelegten Betrag. Falls das Gericht - wie zuvor mündlich mit der zuständigen Rechtspflegerin erörtert - nur einen Stundensatz von 90 EURO für die Tätigkeit der Gegenbetreuerin ansetzen wolle, erhebe er hiergegen keine Einwendungen.

Mit Beschluss vom 30.1.2003 bewilligte das Vormundschaftsgericht der Gegenbetreuerin eine Entschädigung von insgesamt 10.271,17 EURO, im Übrigen wurde der Antrag zurückgewiesen. Die Auslagen wurden antragsgemäß festgesetzt. Für den geltend gemachten Zeitaufwand legte das Gericht einen Stundensatz der Vergütung von 70 EURO zu Grunde. Eine Erhöhung des regelmäßig anzusetzenden Stundenbetrages von 31 EURO sei im Hinblick auf die außergewöhnlichen Anforderungen der Gegenbetreuung - Verwaltung eines Vermögens in beträchtlicher Höhe, Schwierigkeiten in einem Erbteilungsverfahren - gerechtfertigt. Andererseits müsse der Stundensatz unter demjenigen des Betreuers liegen, den das Vormundschaftsgericht mit rechtskräftigem Beschluss vom 12.12.2002 für Zeiträume ab 1.1.2002 im Hinblick auf die besonderen Gegebenheiten des Falles auf 93 EUR festgesetzt hatte. Für einen geringeren Stundensatz des Gegenbetreuers spreche insbesondere, dass dieser nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen sei und ihm vor allem die Überwachung der Amtsführung des Betreuers obliege.

Hiergegen legte die Gegenbetreuerin fristgerecht sofortige Beschwerde ein mit dem Antrag, ihre Vergütung "nach dem dreifachen Satz der Normalvergütung mit 93 EURO pro Stunde zuzüglich MwSt." zu bewilligen. Der entsprechende Schriftsatz wurde weder dem Betreuer noch dem Betroffenen zur Kenntnis gebracht. Auch für die Folgezeit ist den Akten nicht zu entnehmen, dass der Betreuer im Rahmen des umfangreichen Schriftverkehrs mit den beteiligten Gerichten bzw. der Gegenbetreuerin, auch zur Vorbereitung des landgerichtlichen Termins vom 24.10. 2003 in dem parallel geführten Beschwerdeverfahren über die Bestellung der Gegenbetreuerin, von deren Rechtsmittel gegen die Vergütungsfestsetzung Kenntnis erhalten hätte.

Mit Beschluss vom 23.12.2003 hat das Landgericht, unter Zulassung der weiteren Beschwerde, den erstinstanzlichen Beschluss dahingehend abgeändert, dass der Gegenbetreuerin für den in Rede stehenden Zeitraum aus dem Vermögen Vergütung und Aufwendungsersatz des Betroffenen in Höhe von 13.623,96 EURO festgesetzt werde. Im Übrigen hat es das Rechtsmittel zurückgewiesen. Die Abänderung der vormundschaftsgerichtlichen Entscheidung beruht auf der Zuerkennung eines Netto-Stundensatzes von 93 EURO.

Gegen diesen Beschluss hat der Betreuer namens des Betreuten mit Schreiben vom 14.1.2004 sofortige weitere Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, die Vergütungsfestsetzung durch das Vormundschaftsgericht wiederherzustellen.

II.

1. Die weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Der Betroffene hat auch nicht etwa sein Beschwerderecht verwirkt durch die Erklärung des Betreuers im Schreiben vom 24.1.2003, er sei mit einem Stundensatz für die Gegenbetreuerin von ca. 90 EURO einverstanden. Es kann dahinstehen, inwieweit grundsätzlich befürwortende Stellungnahmen eines Betreuers zum Vergütungsantrag eines Gegenbetreuers einer späteren Beschwerdeberechtigung des Betroffenen entgegenstehen könnten. Jedenfalls im vorliegenden Fall hat sich allein durch die Abweichung von dem ursprünglich mit der zuständigen Rechtspflegerin erörterten Betrag in der Vergütungsfestsetzung durch das Vormundschaftsgericht, welche wiederum durch die Entscheidung des Landgerichts abgeändert wurde, eine neue Sachlage ergeben. Diese verbietet es, einer nunmehr im Namen des Betroffenen eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde die im Anfangsstadium des Festsetzungsverfahrens schriftlich abgegebene Erklärung des Betreuers entgegenzuhalten.

2. Die Entscheidung des Landgerichts ist allein aus verfahrensrechtlichen Gründen wegen der unterbliebenen Beteiligung des Betroffenen in der Beschwerdeinstanz aufzuheben.

Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG ist die Vorschrift des § 547 Nr. 4 ZPO im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend anzuwenden. Daher führt es grundsätzlich zur Aufhebung der angegriffenen Beschwerdeentscheidung ohne Rücksicht auf ihre sachliche Richtigkeit, wenn ein Beteiligter, dessen Hinzuziehung zum Beschwerdeverfahren geboten ist, über dieses Beschwerdeverfahren nicht zumindest unterrichtet wird (vgl. BayObLGZ 1988, 356 = FamRZ 1989, 201 und BayObLG FamRZ 1996, 685/686 sowie FamRZ 1997, 218; BGH NJW 1984, 494/495). Der absolute Beschwerdegrund nach dieser Vorschrift entfällt nur dann, wenn der übergangene Beteiligte die Verfahrensführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat (BayObLG FamRZ 1996, 685/686).

Im vorliegenden Fall war es geboten, den Betroffenen bzw. seinen Betreuer als gesetzlichen Vertreter über die von der Gegenbetreuerin eingelegte sofortige Beschwerde gegen die Höhe der Festsetzung ihrer Vergütung aus dem Vermögen des Betroffenen in Kenntnis zu setzen. Das ist unterblieben; der Betreuer hat ersichtlich auch später bis zur Beschwerdeentscheidung keine Anhaltspunkte dafür erkennen können, dass ein Beschwerdeverfahren anhängig war. Er hat unter Berufung hierauf namens des Betroffenen sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeentscheidung ist zum Nachteil des Betroffenen ergangen. Deshalb scheidet auch von vornherein jeglicher Ansatzpunkt für die Annahme einer zumindest stillschweigenden Genehmigung der Verfahrensführung durch das Landgericht aus.

Allein dieser Verfahrensverstoß zwingt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Landgericht zu neuer Behandlung und Entscheidung.

3. Für das weitere Verfahren hält der Senat folgende Hinweise für veranlasst:

a) Das Landgericht hat seine Entscheidung in der Sache im Wesentlichen auf die Erwägung gestützt, dass eine Ungleichbehandlung des Betreuers und der Gegenbetreuerin in vergütungsrechtlicher Hinsicht angesichts der hier vorliegenden außergewöhnlichen Schwierigkeiten der Betreuung nicht gerechtfertigt sei. Wenn das Vormundschaftsgericht es ausnahmsweise für angemessen gehalten habe, den Stundensatz des hier ehrenamtlich tätigen Betreuers deutlich über dem bei entsprechender Qualifikation eines Berufsbetreuers als Richtwert auch für die Betreuung vermögender Betroffener dienenden Satz von 31 EURO anzusetzen, könne der entsprechende Betrag für den Gegenbetreuer nicht allgemein mit der Begründung gekürzt werden, die Tätigkeit des Gegenbetreuers sei insoweit von minderem Rang.

Zwar sei der Gegenbetreuer nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen, sondern habe in Betreuungsfällen mit erheblicher Vermögensverwaltung den Betreuer zu überwachen und zu kontrollieren und damit das Vormundschaftsgericht zu entlasten.

Diese Funktionen des Gegenbetreuers hätten aber zur Folge, dass sowohl die Anforderungen an die Qualität seiner Tätigkeit und an sein Engagement als auch die hieraus resultierende Verantwortung gegenüber dem Vermögen des Betroffenen denjenigen des Betreuers nicht nachstünden. Eine wirkungsvolle Kontrolle der Betreuertätigkeit durch den Gegenbetreuer setze voraus, dass dieser die Entscheidungsfindung des Betreuers nachvollziehe, mögliche Alternativen in Betracht ziehe und damit zu einer Bewertung der Tätigkeit des Betreuers in der Lage sei. Hierfür sei eine umfassende Information und Vertrautheit mit der anfallenden Vermögensverwaltung erforderlich, ohne die eine den Interessen des Betroffenen gerecht werdende Überwachung des Betreuers nicht denkbar sei. Die hohe Verantwortung des Gegenbetreuers gegenüber dem Vermögen des Betroffenen beruhe nicht zuletzt darauf, dass sich das Vormundschaftsgericht entsprechend dem Entlastungszweck der Gegenbetreuerbestellung regelmäßig auf dessen Bewertungen verlassen werde.

b) Diese Begründung hält der Senat - unter Einbeziehung der nachfolgenden Überlegungen- für eine tragfähige Grundlage der vom Landgericht erneut zu treffenden Entscheidung über die sofortige Beschwerde:

aa) Der Anspruch des Gegenbetreuers auf Aufwendungsersatz und Vergütung richtet sich nach den Regeln, die in §§ 1835 bis 1836e BGB für den Gegenvormund vorgesehen sind. Das folgt aus der Verweisung in § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB auf jene Vorschriften (vgl. MünchKomm/Schwab BGB 4. Aufl. § 1918i Rn. 16). Deshalb kann auch der Gegenbetreuer Ersatz seiner Aufwendungen gem. § 1835 Satz 1 bis 3 BGB verlangen. Bei berufsmäßiger Amtsführung ist eine Vergütung nach den Grundsätzen des § 1836 Abs. 1 Satz 2 bis 4, Abs. 2 BGB zu bewilligen. Seit der Neufassung des Abs. 2 der Vorschrift durch das Betreuungsrechtsänderungsgesetz zum 1.1.1999 wird der Gegenvormund dort ausdrücklich genannt (Schwab aaO in Fußn. 19). Die Höhe der Vergütung - auch für den Gegenvormund - bestimmt sich gemäß § 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB "nach dem Umfang der für die Führung der Vormundschaft nutzbaren Fachkenntnisse des Vormunds sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der vormundschaftlichen Geschäfte".

bb) Diese gesetzliche Regelung kann aus dem Sinnzusammenhang heraus nur so verstanden werden, dass es auf die nutzbaren Fachkenntnisse des Gegenvormunds sowie den Umfang und die Schwierigkeit der von ihm selbst wahrzunehmenden Geschäfte ankommt. Auch wäre es ungereimt, im (eher theoretischen) Fall eines minder qualifizierten berufsmäßigen Gegenvormunds dessen Vergütung nach den höherwertigen Fachkenntnissen des Vormunds zu bemessen. Entsprechendes muss für den Umfang und die Schwierigkeit der Geschäfte des Gegenvormunds gelten: Auch für diese kommt es allein auf die Feststellung an, inwieweit die Tätigkeit des Gegenvormunds -und nicht diejenige des Vormunds- eine Vergütung rechtfertigt.

Daraus ergibt sich, dass Umfang und Schwierigkeit der Geschäfte des Betreuers und des Gegenbetreuers keineswegs zwingend gleich beurteilt werden müssen. Im Regelfall wird dies im Rahmen der entsprechenden Anwendung der genannten Vorschriften auf den Gegenbetreuer allerdings keine Probleme bereiten. Nach nunmehr einhelliger Rechtsprechung (vgl. BGHZ 145, 104; BayObLGZ 1999, 375, BayObLG BtPrax 2002, 164) ist auch bei der Festsetzung gegen das Vermögen des Betroffenen grundsätzlich nach den Regeln des § 1 Berufsvormündervergütungsgesetz (BVormVG) vorzugehen, die dort in Abs. 1 Satz 2 festgelegten Sätze sind als Orientierungswerte heranzuziehen. Demgemäß errechnet sich die Vergütung des Betreuers wie des Gegenbetreuers aus der für die Führung der Betreuung bzw. Gegenbetreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit und einem Stundensatz (vgl. BayObLGZ 1999, 375/377). Für die Bemessung des angemessenen Stundensatzes sind die für die Betreuung nutzbaren Fachkenntnisse sowie die Schwierigkeit der Betreuergeschäfte maßgebend, wobei in aller Regel auf die Stundensatzkategorien gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG zurückgegriffen werden kann. Dies wird nicht selten hinsichtlich des Stundensatzes zu einer Gleichbehandlung von Betreuer und Gegenbetreuer führen.

Hält es das Vormundschaftsgericht allerdings für geboten, im Hinblick auf außergewöhnliche Schwierigkeiten der Betreuung die Vergütung des Betreuers über die genannten Stundensätze hinaus angemessen zu erhöhen, stellt sich die aus dem Wortlaut des Gesetzes allein nicht zu beantwortende Frage, ob der gleiche Maßstab dann auch für den Gegenbetreuer zu gelten habe. Sie ist - so weit ersichtlich - bisher in Rechtsprechung und Schrifttum nicht vertieft erörtert worden. Wagenitz (in MünchKomm/BGB § 1836 Rn. 73) meint zwar im Zusammenhang mit der Vergütungsbewilligung nach Abs. 3 der Vorschrift, dass ein nicht berufsmäßig tätiger Gegenvormund "seine nach Umfang und Schwierigkeit zumeist weniger anspruchsvolle Tätigkeit" allenfalls ausnahmsweise, nämlich bei Vorliegen "besonderer Gründe" im Sinne des Gesetzeswortlauts, vergütet verlangen könne. Diese Einschätzung kann aber auf den Vergütungsanspruch des berufsmäßigen Gegenbetreuers nach § 1836 Abs. 2 BGB nicht ohne weiteres übertragen werden.

cc) Nach Auffassung des Senats besteht jedenfalls kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts, der Stundensatz für die Vergütung des Gegenbetreuers sei im Regelfall niedriger zu bemessen sei als der entsprechende Stundensatz für die Vergütung des Betreuers. Die den Betreuer treffende deutlich größere Arbeitslast - auch im vorausschauenden Abwägen unterschiedlicher Handlungsmöglichkeiten - findet ihren Niederschlag in der Zeit, die dieser für die Führung der Betreuung aufwenden muss und damit in der im Allgemeinen wesentlich höheren Stundenzahl, die er abrechnen kann. Sie begründet für sich genommen keine besondere Schwierigkeit (vgl. auch BayObLGZ 2000, 316/318). Wird eine Betreuung hingegen vom Vormundschaftsgericht aus anderen Gründen als so schwierig bewertet, dass die Tätigkeit des Betreuers mit einem deutlich höheren Stundensatz abzugelten sei, werden nicht selten auch die entsprechenden Kontrollaufgaben des Gegenbetreuers mit diesen Schwierigkeiten belastet sein. Dann gibt es keinen Grund, diesen von vornherein mit einem niedrigeren Stundensatz zu vergüten. Nimmt der Gegenbetreuer die ihm vom Gesetzgeber zugewiesene Überwachung des Betreuers pflichtgemäß ernst, setzt dies einen Informationsstand und ein Urteilsvermögen voraus, welche denjenigen des Betreuers nicht nachstehen und auch eine dementsprechend qualitativ vergleichbare Vergütung rechtfertigen.

dd) Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Betreuer eine höhere Verantwortung und größere Haftungsrisiken trage. Es mag zwar im Regelfall absehbar sein, dass für schuldhafte Fehlentscheidungen des Betreuers zunächst dieser selbst in Haftung genommen wird. Scheidet aber eine Inanspruchnahme des Betreuers im konkreten Fall zum Beispiel aus tatsächlichen Gründen aus, kommt durchaus eine Haftung des Gegenbetreuers gem. § 1833, § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht, wenn dieser nachweislich seinen Überwachungsaufgaben in vorwerfbarer Weise nicht nachgekommen ist (vgl. auch BGH NJW 1956, 789)

ee) Das bedeutet allerdings nicht, dass zwingend in jedem Fall die Vergütung des Gegenbetreuers nach demselben Stundensatz festzusetzen sei wie die aus besonderen Gründen erhöhte Vergütung des Betreuers. Wenn sich im Einzelfall erweisen sollte, dass die Wahrnehmung der Aufgaben des Gegenbetreuers aufgrund von erleichternden Umständen im Schwierigkeitsgrad deutlich hinter den Betreuerleistungen zurückbleibt - weil ihm etwa die Überwachungsaufgabe durch den Einsatz Dritter, beispielsweise in Form von umfassenden Gutachten oder auf andere Weise, zu einem erheblichen Teil abgenommen wird -, mag eine unterschiedliche Beurteilung angemessen sein. Jedenfalls lässt sich aber keine allgemeine Regel dahingehend aufstellen, dass der Gegenbetreuer grundsätzlich nicht denselben Vergütungssatz wie der Betreuer beanspruchen könne, wenn dieser vom Vormundschaftsgericht im Hinblick auf den Schwierigkeitsgrad der Betreuung erhöht wird.

ff) Im vorliegenden Fall kann es daher keinen grundlegenden Bedenken begegnen, wenn das Landgericht im Rahmen seines Ermessens (vgl. BGHZ 145, 104/112; BayObLGZ 1998, 65/69) auch bei der gebotenen Prüfung des Einzelfalles keine Gründe dafür sehen sollte, den Vergütungssatz der Gegenbetreuerin niedriger zu bemessen als den des Betreuers. Hinsichtlich der nutzbaren Fachkenntnisse besteht kein Unterschied. Die besonderen Schwierigkeiten liegen zu einem wesentlichen Teil in der Höhe und Zusammensetzung des Vermögens einschließlich der rechtlichen Beurteilung von Rechtsgeschäften nach ausländischem Recht. Diese Umstände haben auch für die Tätigkeit der Gegenbetreuerin Bedeutung. Für eine Gleichbehandlung hinsichtlich der Schwierigkeit spricht nicht zuletzt das Schreiben des Betreuers an das Vormundschaftsgericht vom 24.1.2003. Darin hat dieser es für angemessen gehalten, im Hinblick auf den nicht unerheblichen Einsatz der Gegenbetreuerin ihr denselben Stundensatz zuzubilligen wie ihm selbst. Welchen Stundensatz das Landgericht konkret für angemessen hält, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen.

Ende der Entscheidung

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