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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 29.07.2004
Aktenzeichen: 3Z BR 110/04
Rechtsgebiete: KostO, BGB


Vorschriften:

KostO § 30 Abs. 1
KostO § 131 Abs. 2
BGB § 1812
Der Geschäftswert für ein Beschwerdeverfahren betreffend eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung geht grundsätzlich vom Wert des Gegenstands aus, auf den sich das zu genehmigende Rechtsgeschäft bezieht. Das wirtschaftliche Interesse des Beschwerdeführers am Erfolg seines Rechtsmittels kann jedoch erhebliche Abschläge hiervon gebieten.
Gründe:

I.

Für die beiden betroffenen Eheleute bestellte das Amtsgericht am 21.7.2000 eine Betreuerin, in deren Aufgabenkreis unter anderem die Vermögenssorge fällt. Die Betroffenen hatten im Dezember 1999 eine widerrufliche Verfügung auf den Todesfall getroffen, wonach eines ihrer Sparguthaben dieser Betreuerin zukommen sollte.

Am 28.1.2003 entließ das Amtsgericht die Betreuerin und bestellte eine Cousine der Betroffenen zu neuen Betreuerin. Die neue Betreuerin beantragte nun, ihr zu gestatten, die Verfügung auf den Todesfall zu widerrufen. Das Amtsgericht wies am 7.1.2004 diesen Antrag, das Landgericht am 18.3.2004 die hiergegen eingelegte Beschwerde zurück.

Am 15.4.2004 hat das Landgericht auf Antrag des Verfahrenspflegers den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren festgesetzt, und zwar auf 3.000 EURO. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Betroffenen mit dem Antrag, den Geschäftswert in Höhe des Guthabens festzusetzen, welches das genannte Sparkonto zum 18.3.2004 aufwies.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Es handelt sich um eine Erstbeschwerde gemäß § 31 Abs. 3 KostO a.F. (vgl. BayObLGZ 2003, 87/88). Die Verfahrensbevollmächtigte ist selbst beschwerdeberechtigt (§ 9 Abs. 2 BRAGO; BayObLG Report 2004, 184). Eine Rechtsanwaltsgebühr beträgt unter Zugrundelegung des vom Landgericht festgesetzten Geschäftswerts 189 EURO, unter Zugrundelegung des mit der Beschwerde angestrebten Geschäftswerts 1.585 EURO, so dass der Beschwerdewert jedenfalls 50 EURO übersteigt. Der Senat kann dabei eine bei den Akten befindliche Rechnungslegung über die Verwaltung des Vermögens der Betroffenen für den Zeitraum vom 1.3.2003 bis 29.2.2004 verwerten, die am 1.3.2004 eingegangen ist. Daraus ergibt sich ein Stand des hier gegenständlichen Kontos von 149.067,54 EURO zum 27.2.2004 (ausgewiesen ist für jeden der beiden Betroffenen ein Hälfteanteil von 74.533,77 EURO). Dieser Kontostand ist zur Bestimmung des Beschwerdeziels ausreichend. Darüber hinausgehende Ermittlungen, wie etwa die Einsicht in das Sparbuch, sind entbehrlich,

2. Die Beschwerde ist nur zu einem geringen Teil begründet.

a) Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren ist gemäß § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen zu bestimmen. Die besonderen Vorschriften für die Wertbestimmung im ersten Rechtszug bilden einen Anhaltspunkt für die Schätzung. Nach diesen Bestimmungen ist in Verfahren, die eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts betreffen, im Grundsatz vom Wert des Gegenstands auszugehen, auf den sich das zu genehmigende Rechtsgeschäft bezieht. Dies kann dem Rechtsgedanken entnommen werden, der in § 95 Abs. 2 Satz 1 KostO seinen Niederschlag gefunden hat, wenngleich diese Vorschrift auf Genehmigungen in Betreuungsverfahren keine Anwendung findet (vgl. § 92 KostO). Die Ausübung des Ermessens für das Beschwerdeverfahren muss aber vor allem das wirtschaftliche Interesse des Beschwerdeführers am Erfolg seines Rechtsmittels berücksichtigen (vgl. BayObLG JurBüro 1983, 899; FamRZ 1990, 1399/1401; Rohs/Wedewer KostO § 131 Rn. 16), das je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Die obergerichtliche Rechtsprechung hat dementsprechend zwar den Wert des von der Genehmigung betroffenen Vermögensgegenstands zum Ausgangspunkt für die Bildung des Geschäftswerts genommen, so bei zu genehmigenden Grundstücksgeschäften den Kaufpreis oder den Wert des Grundstücks (vgl. z.B. Entscheidungen des Senats vom 17.3.1994, 3Z BR 12/94 und vom 29.3.1994, 3Z BR 82/96 betreffend Grundstücksverkäufe, vom 8.10.1997, 3Z BR 192/97 betreffend Überlassungsverträge; OLG Frankfurt vom 13.12.1996, 20 W 356/96 betreffend eine Auflassungsvormerkung) und im Falle der Genehmigung einer beabsichtigten Kapitalanlage deren Wert (vgl. OLG Köln vom 9.8.2000, 16 Wx 93/00). Stets hat sie jedoch dem wirtschaftlichen Interesse des Beschwerdeführers am Erfolg seines Rechtsmittels Rechnung getragen, gegebenenfalls durch unterschiedlich hohe Abschläge bzw Ansätze von Bruchteilen des Ausgangswerts, wie die zitierten Entscheidungen zeigen. Feste Regeln lassen sich hierfür nicht aufstellen.

b) Nach diesen Grundsätzen ist zunächst vom Wert des betreffenden Sparguthabens zum Zeitpunkt des Beschwerdeverfahrens auszugehen, mithin von 149.067,54 EURO (s. oben 1.). Die Ausführungen des Landgerichts im Nichtabhilfebeschluss vom 12.5.2004, wonach ein erheblicher Abschlag hiervon gerechtfertigt sei, weil die Betroffenen das Sparkonto leeren könnten, so dass der früheren Betreuerin bei Eintritt des Zuwendungsfalles nur noch wenig oder nichts bliebe, vermögen allerdings für sich genommen einen Abschlag in dem vom Landgericht vorgesehenen Umfang nicht zu rechtfertigen. Dies wird an vergleichbaren erbrechtlichen Fallgestaltungen deutlich. Bei Verfügungen von Todes wegen wird stets vom Wert des von der Verfügung betroffenen Vermögens oder Vermögensbestandteils des künftigen Erblassers im Zeitpunkt der Verfügung ausgegangen (vgl. etwa Korintenberg/Reimann KostO 15. Aufl. § 46 Rn. 20 und 22), ohne dass der Möglichkeit einer Entwertung bis zum Eintritt des Erbfalls Rechnung getragen würde. Allerdings wird der Widerruf einer solchen Verfügung gebührenrechtlich begünstigt (§ 46 Abs. 2 KostO). Hier geht es um eine einem solchen Widerruf vergleichbare Situation, weil eine Verfügung rückgängig gemacht werden soll, die sich erst im Zeitpunkt des Todes der Betroffenen ausgewirkt hätte. Im Übrigen sind den Betroffenen aufgrund ihres Gesundheitszustands und, soweit sie durch die Betreuerin handeln, auch rechtlich (vgl. § 1812, § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB sowie die Beschlüsse des Vormundschaftsgerichts vom 18.8.2000, 28.8.2000 und 20.2.2002) die Hände weitgehend gebunden. Diese Bindung führt dazu, dass das eigene Interesse der Betroffenen am Erfolg des Rechtsmittels gering ist, und ist deshalb bei der Festsetzung zu berücksichtigen. Die Annahme des Landgerichts, die Betroffenen, vertreten durch die Betreuerin, diese vertreten durch die Verfahrensbevollmächtigte, seien die Rechtsmittelführer, wird durch den Wortlaut der Bestellungsanzeige vom 23.12.2003 und der Beschwerdeschrift vom 16.1.2004 gestützt. Unter Berücksichtigung aller Umstände schätzt der Senat den Wert des Beschwerdeverfahrens auf 7.500 EURO.

Ende der Entscheidung

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