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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 16.01.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 15/01
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 57 Abs. 2
Zur Frage, ob Abschiebungshaft erforderlich ist, wenn der Betroffene von sich aus gegenüber der Ausländerbehörde seine Absicht bekundet hat, freiwillig auszureisen.
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Plößl und Dr. Denk

am 16. Januar 2001

in der Abschiebungshaftsache

auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 27. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Ausländerbehörde betreibt die Abschiebung des Betroffenen, eines indischen Staatsangehörigen.

Mit Beschluss vom 2.12.2000 ordnete das Amtsgericht gegen ihn zur Sicherung seiner Abschiebung mit sofortiger Wirksamkeit Abschiebungshaft auf die Dauer von längstens zwei Monaten an.

Die vom Betroffenen hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht am 27.12.2000 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betroffene mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 103 Abs. 2 Satz 1 AuslG, § 3 Satz 2 FreihEntzG, § 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO). Das Landgericht hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt verfahrensfehlerfrei festgestellt und ohne Rechtsfehler gewürdigt. Danach ist die vom Betroffenen beanstandete Haftanordnung zu Recht erlassen worden.

Es liegen die Haftgründe des § 57 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 5 AuslG vor.

Der Betroffene ist im November 1997 in die Niederlande ausgereist, ohne der Ausländerbehörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist. Die ihm gesetzte Ausreisefrist war am 18.7.1997 abgelaufen. Erst im November 2000 hat der Betroffene über seinen Rechtsanwalt, ohne allerdings dabei eine Anschrift, unter der er erreichbar ist, anzugeben, mit der Ausländerbehörde wieder Verbindung aufgenommen. Durch dieses rund dreijährige Untertauchen ist nicht nur § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AuslG verwirklicht, sondern auch die Annahme des begründeten Verdachts gerechtfertigt, der Betroffene wolle sich der Abschiebung entziehen (§ 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AuslG; vgl. BGH NJW 1995, 1898; BayObLGZ 1995, 17/21).

Sicherungshaft ist jedoch nicht erforderlich, wenn die Umstände des Einzelfalles zur Überzeugung des Haftrichters ergeben, dass der Ausländer ungeachtet seines Verhaltens, das einen der Haftgründe verwirklicht, sich der Abschiebung offensichtlich nicht entziehen will (vgl. BVerfG DVB1 1994, 1404; BayObLG BayVB1 1998, 541). Auf sofortige Beschwerde hin tritt das Landgericht vollständig an die Stelle des Gerichts des ersten Rechtszuges. Es prüft nicht nur die Entscheidungsgründe des Gerichts des ersten Rechtszuges nach, sondern es unterzieht das ganze Sach- und Rechtsverhältnis, wie es sich zur Zeit seiner Entscheidung darstellt, einer eigenen Beurteilung (vgl. BayObLGZ 1980, 20/22 m. w. N.).

Das Landgericht hat den Schriftwechsel zwischen dem Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen und der Ausländerbehörde, der im November 2000 stattgefunden hat, sowie den Umstand gewürdigt, dass der Betroffene am 1.12.2000 freiwillig bei der Ausländerbehörde vorgesprochen hat. Die Folgerung des Landgerichts, dass gleichwohl nicht mit einer freiwilligen Ausreise des Betroffenen gerechnet werden könne, ist vertretbar und daher rechtlich nicht zu beanstanden. Ergänzend ist dazu zu bemerken, dass der Betroffene durch die Vorlage des Ablehnungsbescheids des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 23.6.1997 bzw. des Bescheids, durch den der Asylfolgeantrag des Betroffenen abgelehnt wurde, mit hoher Wahrscheinlichkeit bei der Vertretung seines Heimatstaates erfolgreich die Ausstellung eines Heimreisedokuments hätte beantragen können, ohne hierfür zusätzlich eine Bescheinigung der Ausländerbehörde zu benötigen. Somit bleibt die Frage offen, warum der Betroffene nicht vorab versucht hat, bei der Vertretung seines Heimatstaates ein Reisedokument zu erhalten und hierüber gegenüber der Ausländerbehörde Nachweis zu führen.

Hinderungsgründe, die der Haftanordnung entgegenstehen würden, sind im übrigen weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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