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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 27.07.2000
Aktenzeichen: 3Z BR 150/00
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 19
KostO § 19 Abs. 2
KostO § 21 Abs. 1
KostO § 30 Abs. 1
Auch ein Schloßgrundstück das nach der Übertragungsvereinbarung zu gemeinnützigen Zwecken dienen soll und mit einer Dienstbarkeit belastet ist, verbleibt eine marktfähige Sache i.S. des § 30 Abs. 1 KostO.
BayObLG Beschluss

LG Passau 2 T 80/00 AG Passau - Grundbuch von Neuburg a. Inn -

3Z BR 150/00

27.07.00

Der 3.Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Fuchs und Dr. Schmid am 27. Juli 2000 in der Kostensache betreffend Eintragungen im Grundbuch auf die weiteren Beschwerden des Beteiligten und des weiteren Beteiligten

beschlossen:

Tenor:

I. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Passau vom 15.September 1999 und des Landgerichts Passau vom 7.April 2000 werden aufgehoben.

II. Der Geschäftswert für die Auflassungsvormerkung wird auf 8727629 DM festgesetzt.

III. Im übrigen werden die weiteren Beschwerden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1. Aufgrund Schenkungsvertrags vom 10.2.1998 übertrug die Eigentümerin der Schloßanlage diese mit den dazu gehörigen Grundstücken gemäß Bestandsverzeichnis an den Beteiligten. Der Grundbesitz ist laut Grundbuch mit beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten sowie anderen Rechten zugunsten des Bayer. Landesvereins für Heimatschutz und des Freistaats Bayern belastet. Für den Beteiligten wurde eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen.

Ab 1983 waren durch den Bezirk Niederbayern und den Beteiligten zur Sanierung der Anlage ca. 11 Millionen DM aufgewandt worden. Nachdem die Eigentümerin nicht mehr in der Lage war, den Unterhalt der Schloßanlage, insbesondere die anstehenden Sanierungskosten aufzubringen, sollte der Landkreis die Schloßanlage übernehmen. In der Präambel des notariellen Vertrags vom 10.2.1998 wurde festgelegt, dass das Schloß der "Nutzung als Tagungsstätte und Begegnungszentrum zuzuführen" ist.

2. Mit Kostenrechnung vom 8.10.1998 wurde dem Beteiligten unter anderem für die Eintragung der Auflassungsvormerkung zu seinen Gunsten gemäß § 66 KostO eine Gebühr in Höhe von 9205 DM aus einem Geschäftswert von 15 Millionen DM in Rechnung gestellt.

Hiergegen hat der Beteiligte mit Schreiben vom 29.10.1998 Erinnerung eingelegt. Der Geschäftswert von 15 Millionen DM sei unrealistisch. Angemessen sei ein Wert von 1,5 Millionen DM.

Mit Beschluss vom 15.9.1999 setzte das Amtsgericht den Geschäftswert für die Auflassungsvormerkung auf 3,5 Millionen DM fest. Auszugehen sei von einem Sachwert der Schloßanlage in Höhe von 17,5 Millionen DM, von dem jedoch als Geschäftswert lediglich 1/5 anzusetzen sei, da die Schloßanlage keinen eigentlichen Verkehrswert habe, öffentlichen Zwecken gewidmet sei und daher nur eingeschränkt genutzt werden könne.

Gegen diesen Beschluss legte die Staatskasse Beschwerde ein. Die Kostenrechnung sei zutreffend von einem Geschäftswert von 15 Millionen DM ausgegangen.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 7.4.2000 den Geschäftswert auf 4 Millionen DM erhöht. Der Wert des Acker- und Grünlands sei bei einer Ertragsmeßzahl von 26038 und einer Fläche 55771 m² mit einem Multiplikator von 4 zu berechnen auf 104152 DM.

Für die Waldfläche und die sog. Schloßtaverne/Mälzerei hat das Landgericht Beträge von 112433 DM und 259200 DM angesetzt, wobei es für die Hoftaverne/Mälzerei einen Abzug von 20 % des Sachwerts wegen des Bestehens eines Erbbaurechte zugrunde gelegt hat.

Für die Burganlage samt Umgriff ist es von einem Gebäudewert von 12 Millionen DM ausgegangen (Restwert 1 Million DM, Sanierungskosten 11 Millionen DM), dazu rechnete es den Wert der Grundstücke mit 4864050 DM. Von diesem Gesamtwert von ca. 17 Millionen DM hat es wegen der Zweckbestimmung der Schloßanlage nur 1/5, also 3,5 Millionen DM in Ansatz gebracht.

Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgt der Freistaat sein ursprüngliches Beschwerdeziel (15 Millionen DM) weiter. Der Beteiligte hat mit Schreiben vom 29.5.2000 ebenfalls weitere Beschwerde eingelegt, mit der er eine Festsetzung des Geschäftswerts entsprechend dem Einheitswert der Grundstücke erreichen will.

II.

Die weiteren Beschwerden sind zulässig (§ 14 Abs.3 Satz 2, Abs. 4 KostO). Sie sind jedoch nur teilweise begründet. Die landgerichtliche Entscheidung hält nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Das Landgericht hat den Wert der Schloßanlage gemäß § 30 KostO bestimmt. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

a) Für die Eintragung einer Auflassungsvormerkung wird grundsätzlich die Hälfte der für die Eintragung eines Eigentümers anfallenden Gebühr erhoben (§ 66 Abs. 1 Satz 1, § 60 Abs. 1 KostO). Der Wert der Eintragung eines Eigentümers richtet sich nach den Vorschriften der §§ 18 ff. KostO (BayObLGZ 1995, 59/60). Maßgebend ist daher, abgesehen von den hier nicht vorliegenden Fällen des § 20 KostO, grundsätzlich der gemeine Wert des betroffenen Grundstücks (§ 19 Abs. 1 Satz 1 KostO). Eine Bewertung von Grundstücken unter Heranziehung der Ausnahmevorschrift des § 30 KostO ist nur veranlaßt, wenn ein Geschäftswert nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften der Kostenordnung, hier nach § 19 KostO, nicht ermittelt werden kann. Dies hat der Senat etwa bei Kirchengrundstücken angenommen, da diese nicht am Markt angeboten werden und deshalb keinen Verkehrswert besitzen (BayObLGDNotZ 1986, 435; Korintenberg/Reimann KostO 14.Aufl. § 30 Rn. 51). Auch für die Wertermittlung von Grundstücken, die öffentlichen Zwecken gewidmet sind und damit nicht mehr am gewöhnlichen Grundstücksverkehr teilnehmen, läßt sich ein Sachwert mit Hilfe des Verkehrswertes nicht feststellen. Daher wird auch für solche Grundstücke eine Geschäftswertbestimmung auf der Grundlage des § 30 Abs. 1 KostO vertreten (Korintenberg/Bengel § 19 Rn.61).

b) Vergleichbare Einschränkungen der Marktfähigkeit, die eine Anwendung des § 30 KostO rechtfertigen könnte, liegen bei den verfahrensgegenständlichen Grundstücken nicht vor.

aa) Im maßgebenden Zeitpunkt der Fälligkeit der Gebühr (§ 18 Abs. 1 KostO), also bei Beendigung des Geschäfts (Korintenberg/Bengel § 18 Rn.5) und damit bei Eintragung der Auflassungsvormerkung, waren die Grundstücke nicht der öffentlichen Nutzung gewidmet. Für einen derartigen Widmungsakt ist auch nichts ersichtlich. Der Vertreter der Staatskasse hat ausdrücklich und unwidersprochen vorgetragen, dass laut Auskunft des Beteiligten keine Widmung erfolgt sei.

bb) Die in dem Schenkungsvertrag enthaltenen Erklärungen des Beteiligten zur Verwendung der Grundstücke bzw. Gebäude stellt eine bloße Absichtsbekundung, allenfalls eine schuldrechtliche Verpflichtung gegenüber dem Schenker dar. Sie ist gemäß § 18 Abs. 3 KostO für die Wertbemessung ohne Belang. Durch sie wird auch die dingliche Verfügungsbefugnis über die Grundstücke nicht eingeschränkt.

cc) Dasselbe gilt für die im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit gemäß Bewilligung vom 6.3.1922. Diese Dienstbarkeit mag zwar den Wert der Grundstücke mindern, steht aber einer Verkehrsfähigkeit nicht derart entgegen, dass es gerechtfertigt sein könnte, deshalb eine nicht mehr marktfähige Sache anzunehmen und damit zur Anwendung der Sonderbestimmung des § 30 KostO zu gelangen. Eine dinglich wirkende Verfügungsbeschränkung des Eigentümers kann durch eine Dienstbarkeit nicht begründet werden (Palandt/Bassenge BGB 59.Aufl. § 1018 Rn. 19, 26).

c) Bei der Bewertung kann auch nicht auf den letzten Einheitswert abgestellt werden. § 19 Abs. 2 Satz 1 KostO sieht eine solche Bewertung nur vor, falls sich keine ausreichenden Anhaltspunkte für einen höheren Wert ergeben. Heranzuziehen sind alle Anhaltspunkte für einen den Einheitswert übersteigenden Wert, um dem Verkehrswert möglichst nahe zu kommen (BayObLGZ 1995, 59/60). Solche Anhaltspunkte liegen hier vor.

aa) Bei bebauten Grundstücken kann der Wert des Bodenanteils und der Wert des Gebäudes gesondert ermittelt werden (BayObLGZ aaO). Das Landgericht hat für die zur Burganlage gehörenden Grundstücksflächen einen Grundstückspreis von 150 DM/m² wie vom Bezirksrevisor mit Schreiben vom 29.9.1998 festgestellt für zutreffend erachtet. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat ferner für die Bewertung der Gebäude auf die bisher aufgewandten Sanierungskosten in Höhe von 11 Millionen DM verwiesen. Durch eine Sanierung wird regelmäßig auch der (Verkehrs-)Wert eines Gebäudes erhöht. Die dafür aufgewendeten Kosten können deshalb als Anhaltspunkt für diesen Wert mit herangezogen werden. Den Restwert der Anlage hat das Landgericht unbeanstandet mit 1 Million DM angesetzt. Damit bestehen ausreichend Anhaltspunkte für einen Gesamtsachwert der Burganlage von insgesamt (12 Millionen und 4864050 DM =) 16864050 DM.

bb) Das Landgericht hat allerdings zu Unrecht die im Grundbuch eingetragene beschränkte persönliche Dienstbarkeiten nicht mindernd berücksichtigt. Insoweit ist ein Abzug vorzunehmen. Diese Grundstücksbelastung stellt, anders als das durch Vormerkung gesicherte Wiederkaufsrecht (vgl. BayObLGZ 1995, 59/60), keine Verbindlichkeit dar, die gemäß § 18 Abs. 3 KostO unbeachtlich für die Wertbemessung wäre. Das Verbot des Abzugs von Verbindlichkeiten bezieht sich nur auf schuld- und sachenrechtliche Belastungen, die vom Eigentümer abgelöst werden können. Liegt dagegen eine Verpflichtung vor, die nicht beseitigt werden kann, wie etwa eine Grunddienstbarkeit, ein Erbbaurecht oder eine immerwährende einer juristischen-Person zustehende beschränkte persönliche Dienstbarkeit, so mindert dies nach der Verkehrsanschauung den Wert des Gegenstands, weil sie untrennbar mit dem Grundstück verbunden sind (Rohs/Wedewer KostO 3.Aufl. § 18 Rn.7, Korintenberg/Bengel § 18 Rn.9; vgl. auch Hartmann Kostengesetze 29.Aufl. § 18 KostO Rn. 10). Die Belastung mit den beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten zugunsten des Bayerischen Landesvereins für Heimatschutz e.V. und des Freistaats Bayern mindert damit die Verkehrsfähigkeit der Burganlage, so dass es gerechtfertigt ist, einen nicht unerheblichen Abzug vorzunehmen. Die insoweit vorliegenden Veränderungsverbote bzw. Zustimmungsvorbehalte bezogen auf Einrichtungsgegenstände und bauliche Veränderungen rechtfertigen es nach Auffassung des Senats, den Sachwert für die Wertbemessung nur in halber Höhe anzusetzen, auch wenn man keine dinglich wirkende Verfügungsbeschränkung annimmt. Damit ergibt sich ein Betrag von 8432025 DM.

2. Die Bewertung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen durch das Landgericht begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Wertbemessung solcher Grundstücke entsprechend dem Vierfachen der Ertragsmeßzahl ist seit langem anerkannt (BayObLG Rpfleger 1975, 37; Korintenberg/Bengel § 19 Rn. 38). Daher bedarf es keines Rückgriffs auf den Einheitswert. Eine Erhöhung des Wertansatzes war nicht geboten. Die von der Staatskasse erwähnten Vergleichswerte im Stadtgebiet Passau und im Rottal sind, wie der Beteiligte zutreffend dargelegt hat, auf die steil und schwer zu bewirtschaftenden Flächen, die hier zu bewerten sind, nicht übertragbar. Anzusetzen sind daher die vom Landgericht errechneten Werte von 104152 DM und von 112432 DM.

3. Hinsichtlich der mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücke macht der Beteiligte zutreffend geltend, dass die Belastung durch das Erbbaurecht einen höheren Abzug als 20 % rechtfertige. Der Ausgangspunkt der Bewertung, nämlich der Ansatz eines von 150 DM/m² wird von keiner Seite angezweifelt und kann damit der Berechnung zugrunde gelegt werden. Wie dargelegt, ist ein Wertabzug für die Belastung mit dem Erbbaurecht nicht gemäß § 18 Abs. 3 KostO untersagt. Das Erbbaurecht mindert damit auch im Rahmen der Wertfestsetzung nach § 19 KostO den Gebührenwert. Wie der Beteiligte überzeugend ausgeführt hat, ist es angesichts der noch langen Laufzeit des Rechts und fehlender abweichender Bewertungsmaßstäbe auch folgerichtig, hier für den Umfang der abzugsfähigen Belastung den Bewertungsgrundsatz des § 21 Abs. 1 Satz 1 KostO heranzuziehen. Der Senat hält es für gerechtfertigt, den Grundstückswert nur noch mit 20 % anzusetzen. Dies ergibt einen Betrag von (1756 und 878 m² je x 150 =) 395100 x 20 %, also 79020 DM.

4. Insgesamt ergibt sich damit ein Wert von 8727629 DM.

5. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt (§ 31 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KostO).

Ende der Entscheidung

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