Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 12.12.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 174/01
Rechtsgebiete: HGB, HRV, GO


Vorschriften:

HGB § 33
HRV § 40
GO Art. 88
Wird der Eigenbetrieb einer bayerischen Gemeinde in das Handelsregister eingetragen, so sind die Mitglieder der Werkleitung als Mitglieder des Vorstandes einzutragen.
Gründe:

I.

Die betroffene Gemeinde führt ihre Gemeindewerke, deren Unternehmensgegenstand die Versorgung mit Wasser, Nahwärme und elektrischer Energie, die Abwasserentsorgung sowie der öffentliche Personennahverkehr ist, als rechtlich nicht selbständigen Eigenbetrieb. In der Betriebssatzung vom 10.4.1997 heißt es unter anderem:

§ 3 Für die Gemeindewerke zuständige Organe

Zuständige Organe für die Angelegenheiten der Gemeindewerke sind:

Werkleitung (§ 4) Werkausschuss (§ 5) Gemeinderat (§ 6) 1. Bürgermeister (§ 7)

§ 4 Die Werkleitung

(1) Die Werkleitung besteht aus zwei Mitgliedern; einem Werkleiter für den technischen Bereich der Gemeindewerke und einem kaufmännischen Werkleiter.

(2) Die Werkleitung führt die laufenden Geschäfte der Gemeindewerke. Laufende Geschäfte sind insbesondere: 1. Die selbständige verantwortliche Leitung der Gemeindewerke einschließlich Organisation und Geschäftsleitung (Erlass einer Geschäftsordnung).

2. Wiederkehrende Geschäfte, z.B. Werk- und Dienstverträge, Beschaffung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie Investitionsgütern des laufenden Bedarfs, auch soweit die Gegenstände auf Lager genommen werden.

3. Der Abschluss von Verträgen mit Tarif- und Sonderkunden.

(3)...

(4)...

(5) In Angelegenheiten der Gemeindewerke vertritt die Werkleitung, soweit es sich dabei um laufende Geschäfte handelt, die Gemeinde nach außen. Einzelheiten werden in der Geschäftsordnung geregelt.

(6)...

§ 5 Zuständigkeit des Werkausschusses

(1)....

(2)....

(3) Der Werkausschuss entscheidet als beschließender Ausschuss über alle Werksangelegenheiten, soweit nicht die Werkleitung (§ 4), der Gemeinderat (§ 6) oder der 1. Bürgermeister (§ 7) zuständig sind, insbesondere über:

1. Erlass einer Dienstanweisung

2. Mehrausgaben für einzelne Vorhaben des Vermögensplanes (§ 15 Abs. 5 S. 2 EBV) sowie erfolgsgefährdende Mehraufwendungen (§ 14 Abs. 3 S. 2 EBV), soweit sie den Betrag von 5000,-- DM übersteigen.

3. Verfügungen über Anlagevermögen und die Verpflichtung hierzu, insbesondere deren Erwerb, Veräußerung, Tausch und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie die Gewährung von Darlehen, wenn der Gegenstandswert im Einzelfall den Betrag von 4000,-- DM überschreitet.

4. Aufnahme von Darlehen, Übernahme von Bürgschaften sowie über den Abschluss sonstiger Rechtsgeschäfte, die einer Aufnahme von Darlehen wirtschaftlich gleichkommen, soweit der Gegenstandswert im Einzelfall den Betrag von 30000,-- DM nicht überschreitet.

5. Die Vergabe von Lieferungen und Leistungen im Rahmen des Vermögensplanes, wenn der Gegenstandswert im Einzelfall 10000,-- DM übersteigt.

6. Den Vorschlag an den Gemeinderat, den Jahresabschluss festzustellen und über die Behandlung des Ergebnisses zu entscheiden.

§ 6 Zuständigkeit des Gemeinderates

(1) Der Gemeinderat beschließt über:

.....

7. Bestellung des Prüfers für den Jahresabschluss.

....

9. Die Rückzahlung von Eigenkapital.

10. Verfügungen über Anlagevermögen und die Verpflichtung hierzu, insbesondere Erwerb, Veräußerung, Tausch und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, wenn der Gegenstandswert im Einzelfall den Betrag von 30000,-- DM überschreitet, sowie die Veräußerung von Vermögensgegenständen unter ihrem Wert und die Verpflichtung hierzu.

...

13. Die Einleitung eines Rechtsstreites, soweit der Streitwert mehr als 10000,-- DM beträgt.

14. Erlass von Forderungen und Abschluss von außergerichtlichen Vergleichen.

15. Aufnahme von Darlehen, Übernahme von Bürgschaften sowie über den Abschluss sonstiger Rechtsgeschäfte, die einer Aufnahme von Darlehen wirtschaftlich gleichkommen, wenn der Gegenstandswert im Einzelfall den Betrag von 30000,-- DM überschreitet.

16. Die Gewährung von Darlehen an die Mitglieder der Werkleitung, deren Stellvertreter und an Bedienstete der Gemeindewerke.

17. Die Vergabe von Lieferungen und Leistungen im Rahmen des Vermögensplanes, wenn der Gegenstandswert im Einzelfall 30000,-- DM übersteigt.

(2) Der Gemeinderat kann die Entscheidung in weiteren Angelegenheiten, für die der Werkausschuss zuständig ist, im Einzelfall an sich ziehen.

§ 7 Zuständigkeit des 1. Bürgermeisters

(1)...

(2) Der 1. Bürgermeister erlässt anstelle des Gemeinderates und des Werkausschusses für die Gemeindewerke dringliche Anordnungen und besorgt für diese unaufschiebbare Geschäfte.

In der Neuanmeldung des Eigenbetriebs zum Handelsregister heißt es unter anderem:

Gemäß § 4 Abs. 5 der Betriebssatzung für den Eigenbetrieb der Gemeindewerke vom 10.04.1997 wird die Gemeinde in Angelegenheiten der Gemeindewerke durch die Werkleitung vertreten.

Nach § 4 Abs. 1 besteht die Werkleitung aus zwei Mitgliedern, die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 durch den Gemeinderat bestellt werden. Aufgrund Gemeinderatsbeschlusses vom 22.04.1997 wurden A und B zu Mitgliedern der Werkleitung bestellt. Sie vertreten die Gemeinde gemeinsam.

Mit Zwischenverfügung vom 25.10.2000 wies das Amtsgericht unter anderem auf folgende Eintragungshindernisse hin:

Die Vertretungsbefugnis der Werkleiter entspreche nicht dem registerrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz, da sie nur laufende Geschäfte betreffe. Dieser Begriff sei zu unbestimmt. Sinn und Zweck des Handelsregisters sei es, über die Vertretungsbefugnis endgültig und unmissverständlich Auskunft zu geben. Dies verbiete die Eintragung der bestehenden Vertretungsregelung, auch wenn diese mit der gesetzlichen Regelung in der Gemeindeordnung in Einklang stehe.

Weiter sei in § 4 Abs. 5 der Satzung bestimmt, dass das Nähere zur Vertretung in einer Geschäftsordnung geregelt sei. Auch insoweit komme eine Eintragung nicht in Betracht, da die Vertretungsbefugnis aus dem Register feststellbar sein müsse.

§ 5 Abs. 3 und § 6 der Satzung schränkten die Vertretungsbefugnis entgegen dem registerrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz weiter ein. Es sei für den Rechtsverkehr ohne Kenntnis des öffentlichen Rechts aus dem Handelsregister nicht feststellbar, wann die Werkleitung nur mit Zustimmung des Werkausschusses bzw. Gemeinderats zur Vertretung berechtigt sei.

Schließlich ergebe sich aus § 7 Abs. 2 der Satzung, dass der erste Bürgermeister auch Vertretungsbefugnis habe. Dieser sei daher auch anzumelden; dabei müsse jedoch seine Vertretungsbefugnis noch eindeutig geregelt werden.

Das Rechtsmittel der Betroffenen gegen die dargestellten Punkte der Zwischenverfügung hat das Landgericht mit Beschluss vom 10.5.2001 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Gemeinde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen und zur Zurückgabe der Akten an das Registergericht.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, die beanstandeten Bestimmungen der Satzung über die Vertretungsbefugnis der Werkleiter seien nicht eintragungsfähig. Ausgangspunkt sei der Wille des Bundesgesetzgebers bei der Abschaffung von § 36 HGB. Dadurch seien Unternehmen der öffentlichen Hand anderen juristischen Personen im Sinn von § 33 HGB gleichgestellt worden, ihre Privilegien seien entfallen. Dem Geschäftsverkehr solle die Möglichkeit eröffnet werden, sich bei Unternehmen der öffentlichen Hand wie bei jedem anderen kaufmännischen Betrieb ohne Studium von Gesetzes- und Amtsblättern schnell und einfach über die Vertretungsbefugnis zu orientieren. Dem genügten die einschlägigen Bestimmungen der Satzung der Betroffenen nicht. Der Begriff der "laufenden Geschäfte" erlaube keine klare Abgrenzung, die Verweisung auf die Geschäftsordnung keine einfache und schnelle Information. Die Übertragung bestimmter Entscheidungen auf Werkausschuss bzw. Stadtrat sei hinsichtlich der aufgezählten Fälle zu unbestimmt. Soweit kommunalrechtliche Vorschriften den registerrechtlichen Bestimmungen entgegenstünden, breche Bundesrecht das Landesrecht.

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO) nicht stand.

a) Infolge der Aufhebung des früheren § 36 HGB durch Art. 3 des Handelsrechtsreformgesetzes vom 22.6.1998 (BGBl I S. 1474) sind nunmehr auch Unternehmen der öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften, deren Eintragung in das Handelsregister mit Rücksicht auf den Gegenstand oder auf die Art und den Umfang ihres Gewerbebetriebs zu erfolgen hat, zur Eintragung anzumelden (§§ 29, 33 Abs. 1 Satz 1 HGB). Erfasst werden über den Wortlaut des § 33 HGB hinaus nicht nur Unternehmen, die selbständige juristische Personen sind, sondern auch Unternehmen, die von öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften außerhalb der allgemeinen Verwaltung, jedoch ohne eigene Rechtspersönlichkeit betrieben werden, insbesondere die rechtlich unselbständigen wirtschaftlichen Eigenbetriebe der Gemeinden (vgl. Art. 88 Abs. 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern - GO), soweit sie ein Handelsgewerbe betreiben (vgl. BT-Drucks. 13/8444 S. 34, 57 f.).

b) Welche Angaben in das Handelsregister aufzunehmen sind, richtet sich grundsätzlich nach den einschlägigen Vorschriften des Handelsgesetzbuchs und der diese ergänzenden Handelsregisterverfügung. Nach Aufhebung des früheren § 36 Satz 2 HGB sind, soweit die Vertretung des gemäß § 33 HGB nunmehr einzutragenden Unternehmens betroffen ist, bei der Eintragung für den Regelfall die Mitglieder des Vorstandes anzugeben; ferner sind besondere Bestimmungen der Satzung über die Befugnis des Vorstandes zur Vertretung des Unternehmens einzutragen (§ 33 Abs. 2 Satz 2 und 3 HGB, § 40 Nrn. 3 und 5 Abs. 4 HRV).

c) Unter Vorstand in diesem Sinn ist das Organ zu verstehen, dem die organschaftliche Vertretungsmacht zukommt (vgl. Ruß in HK-HGB 5. Aufl. § 33 Rn. 2; Boos DB 2000, 1061/1063 m. w. N.). Welche materiell-rechtlichen Anforderungen an die einzutragenden Rechtsverhältnisse, hier die Vertretungsmacht, zu stellen sind, bestimmt sich, sofern die handelsrechtlichen Vorschriften keine Regelung enthalten, nach den speziellen, für die jeweilige juristische Person geltenden Vorschriften.

aa) In welcher Form und mit welcher Verfassung kommunale Gebietskörperschaften öffentlich-rechtliche wirtschaftlich tätige Unternehmen betreiben können, ist eine Frage des kommunalen Wirtschaftsrechts. Die Regelung der Vertretungsmacht von Organen solcher Unternehmen unterliegt daher der Kompetenz des Landesgesetzgebers, da es sich insoweit um öffentliches Recht handelt (vgl. BGH NJW 1980, 117/118).

bb) Die einschlägigen Vorschriften des bayerischen Landesrechts sind in der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern enthalten. Diese sieht als spezielles Organ zur Vertretung von Eigenbetrieben nach außen die Werkleitung vor (Art. 88 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Halbsatz 1 GO). Deren Vertretungsmacht erstreckt sich aber nur auf die "laufenden Geschäfte des Eigenbetriebs". Der Gemeinderat kann der Werkleitung mit Zustimmung des ersten Bürgermeisters weitere Vertretungsbefugnisse übertragen (Art. 88 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 GO). Letzteres ist im vorliegenden Fall nicht geschehen, auch nicht in § 4 Abs. 2 und 5 der Satzung. Dort wird die Vertretungsmacht gerade nicht über laufende Geschäfte hinaus erweitert. Eine Ausweitung der Vertretungsbefugnisse durch die Werkleitung selbst über den Erlass einer entsprechenden Geschäftsordnung (vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 Satz 2 der Satzung) ist nicht möglich.

Im übrigen verbleibt es bei der allgemeinen Vertretung der Gemeinde (und damit auch des Eigenbetriebs, der lediglich ein rechtlich unselbständiges Sondervermögen bildet, vgl. Art. 88 Abs. 1 GO) durch den ersten Bürgermeister gemäß Art. 38 Abs. 1 GO. Dessen Vertretungsbefugnis ist allerdings ausgeschlossen, soweit die Werkleitung im Rahmen des Art. 88 Abs. 3 Satz 2 GO handeln kann (vgl. Wittmann/Grasser Bayerische Gemeindeordnung Art. 88 Rn. 6; Hölzl/Hien Gemeindeordnung mit Verwaltungsgemeinschaftsordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung für den Freistaat Bayern Art. 88 GO Anm. 4c).

cc) Unter diesen Umständen ist nach den oben genannten Grundsätzen jedenfalls die Werkleitung als "Vorstand" im Sinn von § 33 HGB anzusehen. Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 HGB sind ihre Mitglieder in der Anmeldung anzugeben und in Spalte 3 des Handelsregisters Abt. A einzutragen. Hierbei wird gegebenenfalls auch eine gesetzliche Neuregelung durch Art. 1 Nr. 3 des noch nicht verkündeten Gesetzes über elektronische Register und Justizkosten für Telekommunikation - ERJuKoG -, BT-Drucks. 14/6855 zu beachten sein.

dd) Dagegen wird die Frage, ob der erste Bürgermeister der Gemeinde ebenfalls als Vorstand des Eigenbetriebs zu behandeln ist, unterschiedlich beantwortet. Nach verbreiteter Auffassung soll dies nur der Fall sein, wenn der erste Bürgermeister im Betrieb selbst eine Vertretungsfunktion innehat (Röhricht/von Westphalen/Ammon HGB 2. Aufl. § 33 Rn. 14). Dessen Eigenschaft als "Vorstand" des Eigenbetriebes wird zum Teil aber auch generell verneint (so wohl Waldner MittBayNot 2000, 13/14 für die Anmeldungspflicht), zum Teil jedenfalls für den Fall abgelehnt, dass die Werkleitung durch den Gemeinderat zur Vertretung nach außen ermächtigt worden ist (Deike NotBZ 1998, 175/176). Nach einer anderen Auffassung ist neben der Werkleitung auch der erste Bürgermeister als Vorstand anzusehen, jedoch soll für die Gemeinde ein Wahlrecht bestehen, ob die Werkleitung oder der erste Bürgermeister eingetragen wird (Boos DB 2000, 1061/1065; vgl. auch Heymann/Emmerich HGB 2. Aufl. § 33 Rn. 9 zu § 36 HGB a.F.).

ee) Nach Auffassung des Senats ist die Anmeldung und Eintragung der Person des ersten Bürgermeisters nicht geboten. Die Vorschrift des § 33 HGB geht im Grundsatz davon aus, dass eine juristische Person eingetragen wird. Demgegenüber stellt der Eigenbetrieb lediglich ein rechtlich unselbständiges Sondervermögen der Gemeinde dar. Gleichwohl ist nicht die Gemeinde als solche, sondern der Eigenbetrieb einzutragen. Dies rechtfertigt es, im Rahmen des Inhalts der Eintragung den Besonderheiten einer solchen Fallgestaltung angemessen Rechnung zu tragen und als Vorstand nicht den für die Gemeinde allgemein vertretungsbefugten ersten Bürgermeister, sondern dasjenige Organ anzusehen, das für den Eigenbetrieb im Rechtsverkehr üblicherweise handelt. Die Eintragung (auch) des ersten Bürgermeisters ohne weiteren Zusatz könnte den (falschen) Eindruck erwecken, der Bürgermeister dürfe generell für den Eigenbetrieb handeln. Eine Eintragung mit entsprechender Klarstellung würde zu einem erheblichen und kostenträchtigen Verwaltungsaufwand (Boos aaO) sowie zu einer Überfrachtung des Registers führen, ohne für die regelmäßig anfallenden Geschäfte des Betriebs von Bedeutung zu sein. Damit würde das Ziel der Abschaffung des § 36 HGB, die Rechtsverhältnisse auch bei den hier in Frage stehenden Unternehmen für den Rechtsverkehr einfacher und deutlicher erkennbar zu gestalten als bisher, eher verfehlt als befördert.

d) Bei dieser Sachlage konnte das Amtsgericht weder die Anmeldung (auch) des ersten Bürgermeisters als Vertretungsorgan noch eine inhaltliche Änderung der vom öffentlichen Recht vorgegebenen Vertretungsregeln für Werkleitung und ersten Bürgermeister verlangen.

e) Der Senat verkennt nicht, dass sich mit dieser Handhabung die im Gesetzgebungsverfahren mit der Aufhebung von § 36 HGB verbundenen Wunschvorstellungen (vgl. BT-Drucks. 13/8444 S. 34: "... Möglichkeit..., sich auch über die Rechts- und Vertretungsverhältnisse von Unternehmen der öffentlichen Hand wie bei jedem anderen kaufmännischen Betrieb schnell und einfach zu informieren... " und S. 59: "... Besonderer Vorkenntnisse über die öffentlich-rechtlichen Grundlagen des jeweiligen Unternehmens... bedarf es dann nicht mehr... ") nicht in vollem Umfang erfüllen.

Eine vollständige und allein aus sich heraus verständliche Darstellung der Vertretungsbefugnisse vermag das Handelsregister jedoch auch bei Kaufleuten oder Handelsgesellschaften nicht zu bieten. So muss der Rechtsverkehr etwa Kenntnisse über den Umfang der Prokura (vgl. § 49 HGB) oder den Umfang der Vertretungsmacht von Vorständen einer Aktiengesellschaft (vgl. § 111 Abs. 2 Satz 3, § 112 AktG) besitzen. Ferner lässt das Handelsgesetzbuch selbst in einem ähnlichen Fall Abweichungen zu, nämlich soweit bei der Anmeldung inländischer Zweigniederlassungen mit ausländischer Hauptniederlassung (vgl. § 13d Abs. 3 a.E. HGB) das ausländische Recht dies erforderlich macht. Dies zeigt, dass registerrechtlichen Vorschriften kein Vorrang gegenüber Normen des materiellen Rechts zur Vertretungsbefugnis zukommen kann.

Im übrigen kann den Bedürfnissen einer möglichst umfassenden Information des Rechtsverkehrs durch das Handelsregister durchaus Rechnung getragen werden. Die Eintragung nicht vom Gesetz bestimmter oder zugelassener Tatsachen in das Handelsregister hat die Rechtsprechung für zulässig erachtet, soweit der Sinn und Zweck des Handelsregisters dies erfordert und ein erhebliches Bedürfnis des Rechtsverkehrs besteht (vgl. BGH NJW 1992, 1452 f. und FGPrax 1998, 68; BayObLGZ 2000, 213/215). Nach diesem Maßstab ist es sachgerecht, in Spalte 5 des Handelsregisters (vgl. § 40 Nr. 5 Abs. 4 HRV) unter Bezugnahme auf Art. 88 Abs. 3 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 GO und in enger Anlehnung an den Gesetzeswortlaut zu vermerken, dass die Vertretungsbefugnis der Werkleitung sich auf die laufenden Geschäfte beschränkt, während im übrigen der erste Bürgermeister die Gemeinde nach außen vertritt (vgl. zur künftigen Rechtslage § 33 Abs. 2 HGB i.d.F. des Art. 1 Nr. 3 ERJuKoG).

Ende der Entscheidung

Zurück