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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 16.07.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 178/01
Rechtsgebiete: BGB, BVormVG


Vorschriften:

BGB § 1836 Abs. 2 Satz 2
BVormVG § 1 Abs. 3
§ 1 Abs. 3 BVormVG, wonach bei der übergangsweisen Erhöhung der Stundensätze nicht über 60 DM hinausgegangen werden darf, kommt bei der Gewährung von Härteausgleich für Betreuer vermögender Betreuter nicht zur Anwendung.
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Plößl und Dr. Nitsche

am 16. Juli 2001

in der Betreuungssache

auf die sofortige weitere Beschwerde des Betreuers zu 1

beschlossen:

Tenor:

I. Der Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18. April 2001 wird aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Für die nicht mittellose Betroffene sind zwei Betreuer bestellt, denen unterschiedliche Aufgaben obliegen. Gemäß Beschluss des Amtsgerichts vom 12.10.1998 ist der Aufgabenkreis Vermögenssorge einem Diplom-Sozialpädagogen (FH) übertragen.

Diesem bewilligte das Amtsgericht für die bis 31.10.1999 geleistete Tätigkeit gegen die Betroffene eine Vergütung auf der Grundlage eines Netto-Stundensatzes von 100 DM.

Entgegen seinem Antrag, ihm auch für den Abrechnungszeitraum 1.11.1999 bis 31.10.2000 einen entsprechenden Netto-Stundensatz zuzuerkennen, setzte das Amtsgericht mit Beschluss vom 12.3.2001 die Vergütung auf der Basis eines Netto-Stundensatzes von 60 DM fest.

Die sofortige Beschwerde des Betreuers ist gemäß Beschluss des Landgerichts vom 18.4.2001 ohne Erfolg geblieben.

Hiergegen wendet sich der Betreuer mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige, insbesondere vom Landgericht zugelassene Rechtsmittel (§ 69e Satz 1, § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG) führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Das Landgericht ist zwar ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass das Fehlen einer Feststellung, wonach der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führe (§ 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB), nicht hindert, ihm gemäß § 1836 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Vergütung zu bewilligen. Für eine entsprechende Feststellung bestand kein Anlass, da der Betreuer bereits vor dem 1.1.1999 bestellt worden war (vgl. hierzu BGHZ 145, 104/112 f.).

Das Landgericht hat ferner rechtsfehlerfrei dargelegt, dass den in § 1 Abs. 1 BVorm.VG festgelegten Stundensätzen für die Vergütung von Betreuern bemittelter Betreuter Richtlinienfunktion zukomme und sie deshalb nur überschritten werden dürften, wenn die Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte dies im Einzelfall ausnahmsweise gebiete (vgl. hierzu BGHZ 145, 104; BayObLGZ 2000, 316; 2001, 122). Die eingehende Würdigung des Landgerichts, dass die im Abrechnungszeitraum angefallenen Betreuergeschäfte an den Betreuer als Diplom-Sozialpädagogen keine außergewöhnlichen Anforderungen gestellt hätten, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Kammer wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen oder den zur Bewältigung der erledigten Aufgaben erforderlichen Einsatz unvertretbar unterbewertet hätte.

2. Dagegen hält die Beschwerdeentscheidung der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, soweit das Landgericht dem Betreuer einen Härteausgleich versagt hat.

a) Das Landgericht hat hierzu ausgeführt:

Auch die Übergangsregelung des § 1 Abs. 3 BVormVG ermögliche es nicht, den dem Betreuer nach seiner Qualifikation zustehenden Stundensatz von 60 DM zu erhöhen. Zwar sei die genannte Bestimmung bei der Vergütung von Betreuern vermögender Betreuter entsprechend anzuwenden. Über die Obergrenze von 60 DM dürfe jedoch auch hier nicht hinausgegangen werden.

b) Letzteres ist unzutreffend.

Die Übergangsregelung des § 1 Abs. 3 BVormVG gilt unmittelbar, wenn die Vergütung des Betreuers wegen Mittellosigkeit des Betreuten aus der Staatskasse zu leisten ist. Der mit dieser Bestimmung verfolgte Zweck, aus der veränderten Vergütungssituation resultierende unzumutbare Nachteile zu vermeiden (vgl. BayObLGZ 2000, 136/138 f.; 2001, 37/39), rechtfertigt es jedoch, den Betreuern grundsätzlich auch in den Fällen, in denen die von ihnen betreuten Personen nicht mittellos sind, für eine angemessene Übergangszeit einen Härteausgleich zu gewähren (vgl. BayObLGZ 2000, 331/334; 2001, 122). In diesem Bereich wirkt sich die neue Vergütungsregelung häufig besonders negativ aus, da die Gerichte bis 31.12.1998 Betreuern bemittelter Betreuter gewöhnlich deutlich höhere Stundensätze zugebilligt hatten, als für die Betreuung mittelloser Betreuter vorgesehen waren (vgl. BayObLGZ 2000, 331/334 f.). So hat der Senat bei Rechtsanwälten einen Stundensatz von 200 DM einschließlich Mehrwertsteuer als in der Regel angemessen angesehen (vgl. BayObLGZ 1997, 44). Bei Diplom-Sozialpädagogen bewegten sich die Netto-Stundensätze zwischen etwa 70 und 90 DM (vgl. BayObLGZ 1999, 375/379 m. w. N.). Der Tatrichter hat bei der Vergütung von Betreuern nicht mittelloser Betreuter in seine Erwägungen deshalb einzubeziehen, ob bzw. inwieweit es für den Betreuer eine besondere Härte bedeuten würde, die nunmehr maßgeblichen Bemessungskriterien bereits ab 1.1.1999 ohne Einschränkung anzuwenden (vgl. BayObLGZ 2001, 122).

Soweit § 1 Abs. 3 Satz 1 BVormVG bestimmt, dass bei der übergangsweisen Erhöhung der Stundensätze nicht über 60 DM hinausgegangen werden dürfe, gilt diese Höchstgrenze entgegen der Auffassung des Landgerichts für Betreuer vermögender Betreuter naturgemäß nicht (vgl. BayObLGZ 2001, 122). Andernfalls könnte dem wesentlich höheren Niveau der ihnen früher gewährten Vergütungen vielfach nicht Rechnung getragen werden, obwohl gerade diese nach dem Willen des Gesetzgebers einen besonders wichtigen Anhaltspunkt für den Härteausgleich darstellen sollen (vgl. BayObLGZ 2001, 37/40). Betreuern, denen schon aufgrund ihrer Qualifikation ein Stundensatz von 60 DM zusteht, würde ein Härteausgleich ohne sachliche Rechtfertigung gänzlich versagt.

3. Der Senat verweist die Sache an das Landgericht zurück, da die Entscheidung, ob, für welchen Zeitraum und in welchem Ausmaß dem Betreuer ein Härteausgleich zugestanden werden kann, sowie die Feststellung der für diese Entscheidung relevanten Umstände dem Tatrichter obliegt.

Vorsorglich weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in den Fällen, in denen es um einen Härteausgleich für den Betreuer eines nicht mittellosen Betreuten geht, folgendes zu beachten ist:

Entsprechend § 1 Abs. 3 BVormVG ist Voraussetzung für einen Härteausgleich, dass der Betreuer bereits vor dem 1.1.1999 über einen erheblichen Zeitraum hinweg Betreuungen berufsmäßig geführt hat (vgl. BayObLGZ 2001, 122).

Kriterien für die Gewährung eines Härteausgleichs können unter anderem sein, seit wann der Betreuer Betreuungen berufsmäßig führt, in welchem Ausmaß diese Tätigkeit, speziell die Betreuung vermögender Betreuter seine Einkommenssituation geprägt hat und welche Anstrengungen eine etwa notwendige Anpassung des Bürobetriebs an die durch die Änderung des Betreuervergütungsrechts bedingte Minderung der Einkünfte erfordert. Die maßgeblichen Umstände sind grundsätzlich von Amts wegen zu ermitteln (§ 12 FGG). Den Betreuer trifft insoweit jedoch eine Darlegungslast, das heißt es obliegt ihm, die notwendigen Angaben zu machen und zu belegen (vgl. OLG Dresden FamRZ 2000, 552/553). Hierzu ist ihm Gelegenheit zu geben.

Ein Härteausgleich ist regelmäßig nur für den Zeitraum bis 30.6.2000 gerechtfertigt (vgl. BayObLGZ 2001, 122).

Zum Ausmaß des Härteausgleichs soll der Tatrichter sich entsprechend § 1 Abs. 3 Satz 2 BVormVG an der bisherigen Vergütung orientieren (vgl. BayObLGZ 2001, 122).

Ende der Entscheidung

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