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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 12.11.2003
Aktenzeichen: 3Z BR 195/03
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1908e
FGG § 20 Abs. 1
Wird ein Mitarbeiter eines Betreuungsvereins nicht in dieser Eigenschaft, sondern persönlich zum Betreuer bestellt, so ist der Verein nach Festsetzung der Betreuervergütung nicht beschwerdeberechtigt.
Gründe:

I.

Das Amtsgericht bestellte der vermögenden Betroffenen mit Beschluss vom 7.2.2002 einen vorläufigen Betreuer für zahlreiche Aufgabenkreise. In dem vom Vormundschaftsrichter handschriftlich ausgefüllten Beschlussformblatt ist als Betreuer K. benannt. Die im Vordruck alternativ vorgesehene Verfügung "als Mitarbeiter des Vereins ... - Vereinsbetreuer -" ist weder angekreuzt noch ausgefüllt. Die Rechtspflegerin erstellte auf dieser Grundlage einen Betreuerausweis für K.

Mit Beschluss vom 15.7.2002 verfügte das Amtsgericht die (endgültige) Bestellung eines Betreuers für die Betroffene. Der Richter füllte dabei das Beschlussformblatt hinsichtlich des zu berufenden Betreuers in gleicher Weise aus wie zuvor dargestellt. Die Rechtspflegerin erstellte auf dieser Grundlage einen Betreuerausweis für K., diesmal allerdings in seiner Eigenschaft als Mitarbeiter eines Betreuungsvereins (Vereinsbetreuer).

Eine weitere Verfügung des Amtsgerichts mit dem Inhalt einer Erweiterung der bestehenden Betreuung erfolgte am 5.6.2003. Als Betreuer wurde ein weiteres Mal K. benannt.

Mit Schreiben vom 20.3.2003 beantragte der Betreuungsverein, für den K. tätig ist, die Festsetzung einer Vergütung aus dem Vermögen der Betroffenen für den Zeitraum vom 15.2.2002 bis zum 28.2.2003 in Höhe von 1.486,07 EUR. Das Amtsgericht gab diesem Antrag mit Beschluss vom 13.6.2003, berichtigt durch Beschluss vom 2.7.2003, in Höhe eines Betrages von 1.325,64 EUR statt. Hierbei wurde dem Betreuungsverein bis 30.6.2002 antragsgemäß ein "Härteausgleich" in Form eines Stundensatzes von 43,80 EUR zzgl. Mehrwertsteuer zuerkannt. Für den Zeitraum ab 1.7.2002 wurde der Festsetzung lediglich noch ein Stundensatz von 31 EUR zzgl. Mehrwertsteuer zu Grunde gelegt. Wegen der darauf beruhenden Abzüge erhob der Betreuungsverein sofortige Beschwerde, die das Landgericht mit Beschluss vom 15.8.2003 zurückgewiesen hat. Zugleich hat das Landgericht die sofortige weitere Beschwerde zugelassen. Von diesem Rechtsmittel hat der Betreuungsverein nunmehr Gebrauch gemacht.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere auch vom Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zugelassen (vgl. §§ 69e Satz 1, 56g Abs. 5 Satz 2 FGG). Als erfolgloser Erstbeschwerdeführer ist der Betreuungsverein im Verfahren der weiteren Beschwerde beschwerdeberechtigt (vgl. Bassenge/Herbst/Roth FGG/RPflG 9. Aufl. § 27 FGG Rn. 7).

2. Das Rechtsmittel ist jedoch schon deshalb unbegründet, weil die sofortige Beschwerde des Betreuungsvereins mangels Beschwerdeberechtigung hätte verworfen werden müssen.

a) Das Rechtsbeschwerdegericht ist verpflichtet, die Beschwerdeberechtigung des Rechtsmittelführers im Erstbeschwerdeverfahren einer eigenen Nachprüfung zu unterziehen (vgl. BayObLGZ 1971, 284/285 m.w.N.).

b) Voraussetzung einer Sachentscheidung im Beschwerdeverfahren ist die Beschwerdeberechtigung des Beschwerdeführers. Sie steht nach den vorliegend maßgebenden allgemeinen Vorschriften jedem zu, dessen Recht durch die anzufechtende Verfügung beeinträchtigt ist (vgl. § 20 Abs. 1 FGG).

c) Im Verfahren der Festsetzung einer Betreuervergütung nach §§ 69e Satz 1, 56g FGG sind damit je nach den Umständen des Falles der Betreuer, der Betroffene oder ggf. die Staatskasse als beschwerdeberechtigt anzusehen (vgl. Bassenge § 56g FGG Rn. 19 ff.). Dem Betreuer gleichzusetzen ist im Falle der Bestellung eines Vereinsbetreuers der Betreuungsverein, der nach § 1908e Abs. 1 BGB eine Vergütung verlangen kann (vgl. Jürgens Betreuungsrecht 2. Aufl. § 56g FGG Rn. 2). Dritte haben kein Beschwerderecht (vgl. BayObLG BtPrax 1998, 147; Bassenge § 56g FGG Rn. 22). Der Umstand, dass der Antrag eines Beteiligten ganz oder teilweise abgelehnt wird, gewährt diesem keine eigens, von seiner materiellen Betroffenheit gemäß § 20 Abs. 1 FGG unabhängiges Beschwerderecht (Keidel/Kahl FGG 15. Aufl. § 20 Rn. 50).

d) Damit aber ist im vorliegenden Fall der beschwerdeführende Verein nicht beschwerdeberechtigt. Er kann keinen Vergütungsanspruch nach § 1908e Abs. 1 BGB geltend machen, weil das Amtsgericht K. nicht als Vereinsbetreuer, sondern persönlich zum Betreuer der Betroffenen bestellt hat. Der Betreuungsverein ist damit hier Dritter im Sinne des Gesetzes; ihm steht ein Beschwerderecht nach den zuvor zitierten Grundsätzen nicht zu.

aa) Ausweislich der Akten hat das Amtsgericht sowohl mit Verfügung vom 7.2.2002 als auch mit Verfügung vom 15.7.2002 K. persönlich als Betreuer der Betroffenen im verfahrensgegenständlichen Zeitraum bestellt. Allein maßgebend sind insoweit die richterlichen Original-Bestellungsverfügungen, denen zu Folge K. ohne den im Beschlussformular mit vorgesehenen Zusatz "als Mitarbeiter des Vereins ..." zum Betreuer berufen wurde. Der ergänzende richterliche Hinweis auf das Vorschlagsschreiben der Stadt Nürnberg vom 30.1.2002 (Bl. 6 d.A.) kann sich nach Wortlaut und Sinn der Verfügung lediglich auf die im Beschlusstext selbst fehlende Adresse beziehen, unter der K. zu erreichen war. Dies mag die (frühere) Adresse des beschwerdeführenden Vereins sein. Weitere Schlussfolgerungen sind hieraus aber nicht zu ziehen.

bb) Dementsprechend hat auch die Rechtspflegerin des Amtsgerichts im Vollzug der richterlichen Bestellungsverfügung vom 7.2.2002 - wiederum ausweislich der Akten - einen Betreuerausweis ausgestellt, der K. ohne ergänzenden Hinweis auf eine Tätigkeit für einen Betreuungsverein als (vorläufigen) Betreuer ausweist. Lediglich im Vollzug des richterlichen Folgebeschlusses, der dem vorangegangenen Beschluss insoweit aber inhaltsgleich war, hat die Rechtspflegerin einen Betreuerausweis für K. "als Mitarbeiter des Vereins ..." ausgestellt. Da die Betreuerbestellung jedoch nicht zu den dem Rechtspfleger in Betreuungsrecht zugewiesenen Aufgaben zählt (vgl. § 14 Abs. 1 Ziff. 4 RPflG; Herbst/Roth § 14 RPflG Rn. 19), kann diesem Ausweis als solchem hier rechtsbegründender Charakter nicht beigemessen werden. Es bleibt bei der Gültigkeit des richterlichen Beschlusses, demzufolge K. persönlich als Betreuer bestellt wurde.

cc) Die amtsgerichtlichen Beschlüsse können schließlich auch nicht wie vom Beschwerdeführer beantragt in seinem Sinne berichtigt werden.

Grundsätzlich sind Beschlüsse, die im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergehen, entsprechend § 319 ZPO bei offenbarer Unrichtigkeit einer Berichtigung zugänglich. Der Senat sieht jedoch keine Veranlassung, die Akten wie vom Beschwerdeführer beantragt zur Prüfung einer etwa veranlassten Berichtigung zunächst noch einmal dem Vormundschaftsgericht zu übersenden, denn in der Sache sind die Voraussetzungen einer Berichtigung nach § 319 ZPO hier offensichtlich nicht gegeben, weil sich aus den Akten eine offenbare Unrichtigkeit der verfahrensgegenständlichen richterlichen Verfügungen nicht herleiten lässt. Es gibt keinen objektivierbaren Anhaltspunkt dafür, dass der Vormundschaftsrichter im vorliegenden Fall tatsächlich einen Vereinsbetreuer bestellen wollte. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Amtsgericht in diesem Punkt kontinuierlich mit immer gleichem Wortlaut entschieden hat. So hat der Richter am 15.7.2002 in Kenntnis des unter dem 11.2.2002 ausgestellten ersten Betreuerausweises, nach dem K. persönlich zum (vorläufigen) Betreuer der Betroffenen bestellt war, den Beschlussvordruck für die Anordnung der endgültigen Betreuung wiederum in gleicher Weise ausgefüllt wie zuvor. Auch in der Verfügung vom 5.6.2003 ist ausschließlich K. persönlich als Betreuer genannt. Dies belegt eindeutig, dass sich der zuständige Richter keinesfalls bloß "verschrieben" hat; es liegt kein Fall einer offenkundigen Abweichung der gerichtlichen Willenserklärung von der Willensbildung vor (vgl. Thomas/Putzo/Reichold ZPO 25. Aufl. § 319 Rn. 3).

III.

Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde entspricht dem Differenzbetrag zwischen geforderter und zuerkannter Vergütung, den der beschwerdeführende Verein vorliegend weiterverfolgt.



Ende der Entscheidung

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