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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 19.08.1999
Aktenzeichen: 3Z BR 207/99
Rechtsgebiete: BGB, KostO


Vorschriften:

BGB § 181
BGB § 2301 Abs. 1
BGB § 2048
KostO § 60 Abs. 2
KostO § 60 Abs. 2 Halbsatz 2
KostO § 14 Abs. 3 Satz 2
KostO § 14 Abs. 4
KostO § 14 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerisches Oberstes Landesgericht

Beschluß

3Z BR 207/99

LG Regensburg 5 T 234/99 AG Regensburg

Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Karmasin sowie der Richter Dr. Hörl und Dr. Schreieder

am 19. August 1999

in der Kostensache

betreffend eine Eintragung im Grundbuch

auf die weitere Beschwerde der Staatskasse

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 31. Mai 1999 wird zurückgewiesen.

I.

1. Im Jahr 1996 verstarb der Erblasser. Mit notariellem Vertrag vom 26.6.1986 hatte er sich im Rahmen einer "Schenkung auf den Todesfall" verpflichtet, das in seinem Alleineigentum stehende Hausgrundstück an den Beteiligten, seinen Sohn, zu übertragen und aufzulassen. Diese Verpflichtung war aber erst nach dem Ableben des Erblassers zu erfüllen. Zu diesem Zweck hatte der Erblasser in dem notariellen Vertrag dem Beteiligten "unwiderruflich und ohne daß diese Vollmacht durch seinen Tod erlischt sowie unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB Vollmacht" erteilt, die Auflassung des Grundbesitzes auf sich selbst zu erklären.

Der Erblasser wurde aufgrund notariellen Testaments von dem Beteiligten sowie dessen zwei Schwestern zu jeweils 1/3 beerbt. In diesem Testament wurde auch auf die Schenkungsurkunde vom 26.6.1986 Bezug genommen und bestimmt, daß der Beteiligte sich den Wert des überlassenen Anwesens auf seinen Erbteil anrechnen lassen muß.

Mit notariellem Vertrag vom 26.11.1996 erklärte der Beteiligte für sich und in Vollmacht für die weiteren Erben die Auflassung des Grundstücks auf sich selbst. Der Eigentumswechsel wurde im Grundbuch eingetragen.

Mit weiterem notariellem Vertrag vom 16.6.1997 haben der Beteiligte und die weiteren Erben die Erbengemeinschaft nach dem Erblasser auseinandergesetzt. In diesem Vertrag ist u.a. vermerkt, daß in die Auseinandersetzung die durch Vertrag unter Lebenden vorgenommene Übereignung des Grundstücks rechnerisch miteinbezogen werde.

2. Für die Eigentumsumschreibung stellte der Kostenbeamte des Grundbuchamts dem Beteiligten mit Kostenrechnung vom 16.1.1997 eine halbe Gebühr gemäß § 60 Abs. 2 KostO in Höhe von 1.420 DM sowie eine Katasterfortführungsgebühr von 426 DM in Rechnung. Auf Anordnung des Bezirksrevisors wurde für die Eigentumsumschreibung eine volle Gebühr in Höhe von 2.840 DM angesetzt und die Katasterfortführungsgebühr dementsprechend auf 852 DM verdoppelt.

Hiergegen legte der Beteiligte Erinnerung ein, welcher der Grundbuchrichter insoweit abgeholfen hat, als es bei der Kostenrechnung vom 16.1.1997 verbleiben sollte.

Gegen den Beschluß des Grundbuchrichters hat die Staatskasse Beschwerde eingelegt. Diese wurde damit begründet, daß die Gebührenermäßigung auf die Hälfte gemäß § 60 Abs. 2 KostO - von dessen Ausnahmen abgesehen - einen unmittelbaren Eigentumserwerb des begünstigten Abkömmlings vom eingetragenen Eigentümer voraussetze. Diese Unmittelbarkeit sei vorliegend nicht gegeben, da der Beteiligte nicht vom eingetragenen Erblasser, sondern von der noch nicht eingetragenen Erbengemeinschaft nach dem Erblasser erworben habe.

Mit Beschluß vom 31.5.1999 hat das Landgericht die Beschwerde der Staatskasse zurückgewiesen; die weitere Beschwerde hat es zugelassen. Zur Begründung wird ausgeführt, daß vorliegend die in § 60 Abs. 2 Halbsatz 2 KostO gesetzlich vorgesehene Ausnahme vom Grundsatz der Unmittelbarkeit des Eigentumserwerbs unmittelbar Platz greife, da der Beteiligte das Grundstück im Rahmen einer Erbauseinandersetzung erhalten habe. Selbst wenn aber nicht vom Vorliegen einer Erbauseinandersetzung auszugehen wäre, wäre § 60 Abs. 2 KostO auf den vorliegenden Sachverhalt entsprechend anzuwenden, da auch hier ein nach Sinn und Zweck dieser Norm zu begünstigender Übergang von Familienvermögen erfolgt sei.

3. Gegen die landgerichtliche Entscheidung wendet sich die Staatskasse mit der weiteren Beschwerde.

II.

1. Die zulässige weitere Beschwerde der Staatskasse (§ 14 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 KostO) ist sachlich nicht begründet. Die Vorinstanzen haben für die vorliegende Eigentumsumschreibung im Ergebnis zu Recht Gebührenermäßigung nach § 60 Abs. 2 KostO angenommen.

a) Zutreffend ist allerdings die Auffassung der Staatskasse, daß eine unmittelbare Anwendung von § 60 Abs. 2 KostO auf den vorliegenden Sachverhalt nicht in Betracht kommt.

Gemäß § 60 Abs. 2 KostO ermäßigt sich die Gebühr für die Eintragung eines Eigentümers im Grundbuch auf die Hälfte bei Eintragung des Ehegatten oder von Abkömmlingen des eingetragenen Eigentümers, auch wenn die Genannten infolge der Auseinandersetzung eines Nachlasses eingetragen werden. Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Ansicht setzt die Anwendung dieser Vorschrift grundsätzlich den unmittelbaren Erwerb vom eingetragenen Eigentümer voraus (BayObLGZ 1982, 323/326 f. = Rpfleger 1983, 43; BayObLG Rpfleger 1986, 157; OLG Zweibrücken Rpfleger 1992, 450; LG Berlin Rpfleger 1998, 128; Rohs/Wedewer KostO 3. Aufl. § 60 Rn. 10; Göttlich/Mümmler KostO 13. Aufl. Stichwort "Eigentümer" S. 253; Hartmann Kostengesetze 28. Aufl. § 60 KostO Rn. 16; a.A. Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann KostO 14. Aufl. § 60 Rn. 31, die eine unmittelbare Rechtsnachfolge überhaupt nicht für notwendig halten).

Ein unmittelbarer Erwerb des Beteiligten von seinem als Grundstückseigentümer eingetragenen Vater liegt nicht vor. Als vollzogene Schenkung unter Lebenden kann die Grundstücksübertragung nicht angesehen werden. Zwar handelt es sich bei dem notariell beurkundeten Schenkungsversprechen vom 26.6.1986, auch wenn es erst nach dem Tod des Schenkers zu erfüllen ist, um ein Versprechen unter Lebenden und nicht um ein Schenkungsversprechen von Todes wegen im Sinne des § 2301 Abs. 1 BGB, da es nicht unter der Bedingung des Überlebens des Beschenkten erteilt wurde, wie schon die Erbenklausel in der notariellen Urkunde zeigt (vgl. Palandt/Edenhofer BGB 58. Aufl. § 2301 Rn. 3 und 4). Doch wurde die Schenkung nicht zu Lebzeiten des Erblassers vollzogen. Die Erteilung einer Vollmacht, verbunden mit dem Auftrag des Erblassers, nach seinem Tod das Erfüllungsgeschäft vorzunehmen, genügt hierfür selbst dann nicht, wenn die Vollmacht - wie hier - unwiderruflich erteilt wurde (Palandt/Edenhofer § 2301 Rn. 9). Das Grundstück fiel vielmehr in den Nachlaß und wurde Gesamthandseigentum der drei Miterben, bis es von diesen - aufgrund der dem Beteiligten vom Erblasser erteilten Vollmacht unter Befreiung von § 181 BGB - an den Beteiligten übereignet wurde.

Hieraus ergibt sich aber auch, daß es sich nicht um einen Erwerb von Todes wegen - nach § 2301 Abs. 1 BGB - und damit um eine Eigentümereintragung infolge der Auseinandersetzung eines Nachlasses handelte, bei der Unmittelbarkeit nach § 60 Abs. 2 KostO nicht erforderlich wäre. Der Hinweis des Erblassers im Testament, daß der Beteiligte "im Wege der Schenkung auf den Todesfall das Anwesen übertragen bekommen hat" und der Wert des Anwesens auf seinen Erbteil anzurechnen ist, stellt keine letztwillige Verfügung im Sinne einer Teilungsanordnung (§ 2048 BGB) dar.

b) Die vom Landgericht hilfsweise vorgenommene entsprechende Anwendung des § 60 Abs. 2 KostO auf den vorliegenden Eigentumswechsel kommt hingegen zum Tragen.

Der Senat (BayObLGZ 1982, 323) wie auch das OLG Zweibrücken (Rpfleger 1992, 450) haben die Gebührenermäßigung in entsprechender Anwendung des § 60 Abs. 2 KostO auch für den Fall zugelassen, daß der Abkömmling aufgrund eines Vermächtnisses als Eigentümer eingetragen wird. Zweck des § 60 Abs. 2 KostO sei es, den Grundstückserwerb beim Vorliegen naher familiärer Beziehungen zu begünstigen. Entscheidendes Gewicht sei deshalb dem Umstand beizumessen, daß auch der in das Grundbuch einzutragende Eigentumsübergang auf den Ehegatten oder Abkömmling als Vermächtnisnehmer letzten Endes auf einer (letztwilligen) Verfügung des Erblassers beruhe und auch hier eine Weitergabe von (unbeweglichem) Familienvermögen, wenn auch auf schuldrechtlicher Grundlage, vom Erblasser auf einen zum Kreis der Begünstigten gehörenden Angehörigen verwirklicht werde. Es sei auch nicht einzusehen, warum der hier stattgefundene Eigentumserwerb anders beurteilt werden sollte, als wenn der Erblasser den Ehegatten oder Abkömmling zum Miterben eingesetzt und durch Teilungsanordnung bestimmt hätte, daß dieser das Grundstück erhalten solle.

Nichts anderes kann im vorliegenden Fall gelten, wo der Beteiligte die persönlichen Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 KostO erfüllt, genausogut als Miterbe (unter dem Treffen einer Teilungsanordnung) hätte eingesetzt werden können, mit der gewählten rechtlichen Konstruktion (nach dem Tod des Schenkers zu erfüllendes Schenkungsversprechen unter Lebenden) aber nur die Verstärkung dieser letztwilligen Verfügung in ihrer Rechtswirkung erreicht werden sollte (vgl. BGHZ 8, 30 f.). Der vom Erblasser gewählte Weg eines Schenkungsversprechens unter Lebenden, dessen Erfüllung erst nach seinem Tod eintreten soll, kann gebührenmäßig nicht anders beurteilt werden als die in § 60 Abs. 2 KostO zugelassenen Modalitäten der Eigentumsübertragung unter Lebenden oder durch Verfügung von Todes wegen, auch wenn zwangsläufig der Eigentumserwerb der Erbengemeinschaft zwischengeschoben ist.

2. Die weitere Beschwerde der Staatskasse erweist sich somit als unbegründet und ist zurückzuweisen.

Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 14 Abs. 5 KostO nicht zu treffen.

Ende der Entscheidung

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