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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 15.01.2004
Aktenzeichen: 3Z BR 227/03
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 19
FGG § 27
Zur Auslegung einer Rechtsmittelschrift, die ausdrücklich namens des (nicht beschwerdeberechtigten) Vereinsvorstands anstelle des (beschwerdeberechtigten) Vereins eingelegt worden ist.
Gründe:

I.

Der Antragsgegner ist im Vereinsregister eingetragen. Der 1.Vorsitzende des betroffenen Vereins und weitere Beteiligte berief die Mitglieder zur Jahreshauptversammlung am 22.3.2002 ein. Am 26.3.2002 wandte sich der Antragsteller zu 13 an das Registergericht und erhob gegen die Abhaltung der Jahreshauptversammlung Einspruch wegen Nichteinhaltung der Ladungsfrist. Die Rechtspflegerin wies in der Folge den 1.Vorsitzenden darauf hin, dass die Mitgliederversammlung ungültig einberufen worden sei und bat um deren Wiederholung. Dem registergerichtlichen Ersuchen wurde seitens des Antragsgegners nicht entsprochen. In zwei Unterschriftslisten vom 3.10.2002 beantragten die Unterzeichner, unter denen sich auch die Antragsteller befinden, gegenüber dem Vorstand die Wiederholung der Mitgliederversammlung unter Einhaltung der Ladungsfrist. Daraufhin lud der 2.Vorsitzende des Antragsgegners mit Schreiben vom 14.10.2002 zur Mitgliederversammlung am 8.11.2002 ein. Mit Schreiben vom 2.11.2002 hob er den Versammlungstermin jedoch wieder auf.

Die Unterzeichner des Antrags an den Vorstand vom 3.10.2002 beantragten durch ihren Verfahrensbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 18.11.2002 beim Registergericht die Ermächtigung zur Einberufung der Mitgliederversammlung. Der Vorsitzende des Antragsgegners erhielt hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme.

Ausweislich der von ihm eingereichten Mitgliederliste hatte der Antragsgegner zum Zeitpunkt der Antragstellung 25 aktive und 34 passive Mitglieder.

Zur Mitgliedschaft sieht die Satzung des Vereins u.a. folgende Bestimmung vor.

"§ 4 Mitgliedschaft

a) ....

Wir unterscheiden:

Aktive Mitglieder, passive Mitglieder, Ehrenmitglieder. Diese Mitglieder sind ordentliche Mitglieder und stimmberechtigt. Passive Mitglieder sind solche Mitglieder, die beim LVB gemeldet sind. Weitere Mitglieder sind fördernde Mitglieder, die bei fliegerischen Belangen nicht stimmberechtigt sind."

Zur Frage, welches Quorum an Mitgliedern für die Einberufung einer Mitgliederversammlung erforderlich ist, bestimmt die Vereinssatzung Folgendes:

§ 8 Die Mitgliederversammlung

...

"Eine außerordentliche Mitgliederversammlung ist auf Verlangen von ein Drittel aller Mitglieder oder auf Beschluss der Vorstandschaft einzuberufen."

Das Registergericht ermächtigte die Antragsteller am 9.12.2002 zur Berufung einer Mitgliederversammlung mit der Tagesordnung "Neuwahl des Vorstandes". Der Beschluss bestimmte, dass die Versammlung bis 31.12.2002 einzuberufen sei und bis spätestens 31.1.2003 stattzufinden habe. Der Vorsitz in der Mitgliederversammlung wurde dem Antragsteller zu 13 übertragen. Der Beschluss des Registergerichts wurde den satzungsmäßigen Vorstandsmitgliedern förmlich zugestellt. Das Landgericht wies das Rechtsmittel des Antragsgegners mit Beschluss vom 11.9.2003 als unbegründet zurück. Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners und des weiteren Beteiligten hat mit Schriftsatz vom 2.10.2003 gegen den landgerichtlichen Beschluss "Beschwerde" eingelegt. Aus dem Rubrum des Beschwerdeschriftsatzes ist ersichtlich, dass Beschwerdeführer der 1.Vorsitzende des Antragsgegners und nicht dieser selbst sein soll. Das Rechtsmittel richtete sich gegen den Antragsgegner. In der Sache wird geltend gemacht, dass das Registergericht die Mitgliedschaft der Antragsteller nicht hinreichend geprüft habe. Ferner sei die unterschiedliche Kategorie der Mitglieder nicht zutreffend im Hinblick auf ihr Stimmrecht gewürdigt worden. Des weiteren fehle es an einem ordnungsgemäßen Vorverfahren.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist unzulässig.

1. Der 1.Vorsitzende und weitere Beteiligte, der ausweislich der Rechtsmittelschrift Beschwerdeführer sein soll, hat kein eigenes Beschwerderecht (§ 20 FGG). Antragsgegner des Ermächtigungsverfahrens nach § 37 Abs. 2 BGB, § 160 FGG ist der Verein und nicht dessen Vorstand (BayObLGZ 1986, 289/291; Bassenge/Roth/Herbst FGG/RPflG 9.Aufl. § 160 Rn. 2; Keidel/Winkler FGG 15.Aufl. § 160 Rn. 4; Reichert Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts 8.Aufl. Rn. 806). Materiell Beteiligter des Ermächtigungsverfahrens ist der Verein, weil durch die gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung einer Mitgliederversammlung unmittelbar in dessen Rechte eingegriffen wird; denn dadurch wird die Verfassung des Vereins teilweise und zeitlich beschränkt suspendiert. An die Stelle des satzungsgemäßen Einberufungsorgans tritt die vom Gericht ermächtigte Vereinsminderheit. Die Mitgliederversammlung kann Beschlüsse fassen, die gestaltend auf die Organe des Vereins einwirken (vgl. BayObLGZ 1986, 286/292).

Demgegenüber ist der Vorstand nicht materiell Beteiligter. Ihm kommt nach § 160 Satz 1 FGG nur ein Anhörungsrecht zu. Das Recht auf Anhörung verleiht dem 1.Vorsitzenden jedoch keine gesonderte materielle Beteiligtenstellung (BayObLG aaO; Bassenge Einl. FGG Rn. 22). Der 1.Vorsitzende und weitere Beteiligte ist nicht selbst unmittelbar in seinen Rechten betroffen, weil er als Vorstand keine persönliche Befugnis zur Einberufung der Mitgliederversammlung hat, sondern nur eine abgeleitete organschaftliche für den Verein (BayObLGZ 1986, 289/293). Die vorliegende nur mittelbare Rechtsbeeinträchtigung des weiteren Beteiligten gewährt ein Beschwerderecht nach § 20 Abs. 1 FGG nicht (BayObLG aaO).

2. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels kann auch nicht im Wege der Auslegung herbeigeführt werden. Eine Beschwerdeschrift muss die Person des Beschwerdeführers bezeichnen (BGHZ 8, 299; BayObLGZ 1985, 272/275). Fehlt es hieran, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, es sei denn, der Beschwerdeführer kann durch Auslegung der Beschwerdeschrift ermittelt werden (BGH aaO; BayObLG aaO).

Die Auslegung der Rechtsmittelerklärung vom 2.10.2003 führt nicht dazu, den Antragsgegner anstelle des weiteren Beteiligten als Beschwerdeführer anzusehen. Der Schriftsatz der weiteren Beschwerde weist als Rechtsbeschwerdeführer ausdrücklich den weiteren Beteiligten und als Rechtsbeschwerdegegner den Antragsgegner aus. Die Auslegung, der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners habe für diesen und nicht allein für dessen 1.Vorsitzenden das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde einlegen wollen, verbietet sich angesichts der Eindeutigkeit der Parteibezeichnung in dem Beschwerdeschriftsatz. Die Auslegung einer Erklärung findet in der in ihr verkörperten Aussage ihre Grenze (Keidel/Zimmermann § 11 Rn. 35).

Auch aus der angefochtenen Entscheidung kann zu Gunsten des Beschwerdeführers für die Auslegung seiner Rechtsmittelerklärung nichts entnommen werden. Der landgerichtliche Beschluss enthält die zutreffenden Parteien. Die Beschwerdeentscheidung war somit nicht geeignet, den jetzigen Rechtsmittelführer in Bezug auf die gegebene Beschwerdeberechtigung in eine falsche Richtung zu leiten. Des Weiteren lässt der bisherige Verfahrensgang keinen Raum für eine Auslegung, dass Rechtsbeschwerdeführer nicht wie bezeichnet der weitere Beteiligte, sondern der Antragsgegner sein sollte.

Der Schriftsatz der Beschwerdebegründung vom 29.10.2003 weist hingegen die richtigen Beteiligten auf. Nachdem jedoch dieser Schriftsatz erst nach Ablauf der Beschwerdefrist des § 29 Abs. 2, § 22 Abs. 1, § 160 Satz 2 FGG bei Gericht eingegangen ist, kann er nicht mehr als fristgerechtes Rechtsmittel angesehen werden.

3. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Rechtsmittel auch in der Sache im Ergebnis keinen Erfolg hätte haben können. Mit Einberufung der Versammlung durch die Antragsteller hatte sich das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache erledigt (BayObLGZ 1970, 120; 1971, 84), für eine sachliche Entscheidung über das Beschwerdebegehren ist damit kein Raum mehr.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG; die Entscheidung zum Geschäftswert hat ihre Rechtsgrundlage in § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 2 KostO.



Ende der Entscheidung

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