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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 18.02.2003
Aktenzeichen: 3Z BR 233/02
Rechtsgebiete: AktG, GmbHG


Vorschriften:

AktG § 292 Abs. 1 Nr. 2
GmbHG § 54 Abs. 1 Satz 1
Verpflichtet sich eine GmbH im Rahmen einer Austauschbeziehung, einen Teil ihres Gewinns an ein anderes Unternehmen abzuführen, so muß die entsprechende Vereinbarung nicht in das Handelsregister eingetragen werden.
Gründe:

I.

Die Betroffene meldete mit Schreiben vom 2.5.2002 einen Rahmenvertrag vom 12.12.2001, geschlossen mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), Anstalt des öffentlichen Rechts, zur Eintragung in das Handelsregister an. Der Vertrag hat u.a. folgenden Inhalt:

a) Die KfW gewährt der Betroffenen unter bestimmten Voraussetzungen ein nachrangiges Darlehen im Betrag von 10 Mio. bis 15 Mio. EUR sowie ein nachrangiges Liquiditätsdarlehen von 5 Mio. bis 7,5 Mio. EUR.

b) Neben bedungenen Zinsen sind an die KfW als Risikoprovision 99 % der kumulierten Jahresüberschüsse der Betroffenen abzüglich der kumulierten Jahresfehlbeträge abzuführen.

c) Des weiteren werden der KfW bestimmte Rechte eingeräumt. Unter anderem bedarf jedwede Änderung im Kreis der Gesellschafter oder der Satzung der Betroffenen der vorherigen Zustimmung der KfW. Gleiches gilt für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer. Zudem ist ein Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte festgelegt, zu deren Vornahme die Betroffene der Zustimmung der KfW bedürfen soll.

Das Amtsgericht - Registergericht - wies den Eintragungsantrag mit Beschluss vom 24.6.2002 zurück. Es gebe weder eine gesetzliche Vorschrift noch ein obergerichtliches Urteil, wonach Teilgewinnabführungsverträge bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung in das Handelsregister einzutragen wären. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Landgericht mit Beschluss vom 5.9.2002 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Betroffenen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen Gesellschaften mit beschränkter Haftung in das Handelsregister einzutragen, auch wenn hierfür keine gesetzlichen Vorschriften bestünden. Unbeschadet dessen seien nicht alle Unternehmensverträge eintragungspflichtig, die in irgendeiner Form Gewinnabführungs- und/oder Beherrschungsklauseln enthielten.

Der vorliegende Fall sei mit dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nichtvergleichbar. Der hier abgeschlossene Rahmenvertrag, der noch dazu unter einer noch offenen Bedingung stehe, könne nicht in der Form "auseinandergezogen" werden, dass einzelne Klauseln in das Handelsregister eingetragen würden. Die Eintragung dieser Klauseln und der Zustimmung der Gesellschafter hierzu würde die Beteiligungsverhältnisse und die Machtverhältnisse zwischen den Vertragspartnern lediglich verzerrt und unvollständig darstellen. Dies aber widerspreche dem Erfordernis der Klarheit des Handelsregisters. Zudem regle der Rahmenvertrag nicht das Verhältnis zwischen Gesellschaften eines Konzerns, sondern das Verhältnis zwischen Gesellschaftern und einem außerhalb des Konzerns stehenden Kreditgeber. Der Vertrag sei deshalb eher mit einem - nicht eintragungsfähigen Globalzessionsvertrag als mit einem Gewinnabführungsvertrag innerhalb eines Konzerns vergleichbar.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand.

a) In das Handelsregister eintragbar sind Tatsachen, deren Eintragung gesetzlich angeordnet oder zugelassen ist. Andere Tatsachen können nur eingetragen werden, wenn Sinn und Zweck des Handelsregisters dies erfordern und damit ein erhebliches Bedürfnis des Rechtsverkehrs besteht (vgl. BayobLG Rpfleger 2000, 504 m. w. N.; Bassenge/Herbst/Roth FGG/RPflG 9. Aufl. § 125 FGG Rn. 9). Das GmbH-Gesetz ordnet die Eintragung von Unternehmensverträgen, die von einer GmbH als abhängiger Gesellschaft abgeschlossen werden, weder an noch lässt es sie ausdrücklich zu. Unbeschadet dessen wird ein von einer solchen Gesellschaft abgeschlossener Unternehmensvertrag, in dem sowohl eine Beherrschungsvereinbarung als auch eine Gewinnabführungsverpflichtung enthalten ist, nur als wirksam angesehen, wenn eine Eintragung in das Handelsregister der beherrschten Gesellschaft erfolgt ist (BGHZ 105, 324 = NJW 1989, 295 "Supermarkt"; 116, 37; OLG Zweibrücken AG 1999, 328). Inhalt und Wirkungen des Vertrages gebieten hier nach Auffassung der Rechtsprechung eine entsprechende Anwendung der bei einer Änderung des Gesellschaftsvertrages einzuhaltenden Formvorschriften (§§ 53, 54 GmbHG); die Eintragung hat konstitutive Wirkung (BGH NJW 1989, 295/298 f.; Lutter/ Hommelhoff GmbHG 15. Aufl. Anh. zu § 13 Rn. 59).

Ungeklärt ist allerdings, inwieweit diese Rechtsprechung auf Unternehmensverträge anderer Art oder gar Verträge anderer Art übertragbar ist. Der Bundesgerichtshof selbst spricht in seiner Ausgangsentscheidung verschiedentlich allgemein vom "Unternehmensvertrag", für den die in der Entscheidung formulierten Anforderungen gelten sollen. Zu entscheiden hatte er im fraglichen Falle allerdings lediglich über die Eintragung eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages, der insbesondere auch in vollem Umfang dessen konzernrechtliche Wirkungen herbeiführte.

b) In der Literatur wird die Frage der Eintragungsfähigkeit insbesondere von Teilgewinnabführungsverträgen (vgl. § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG) im GmbH-Konzernrecht unterschiedlich beurteilt. Die Frage wird insbesondere im Zusammenhang mit der stillen Beteiligung an einer GmbH erörtert.

Weit verbreitet ist die Auffassung, dass die von § 292 Abs. 1 AktG angeordnete Gleichstellung der Teilgewinnabführungsverträge mit Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen nach § 291 AktG in das GmbH-Recht grundsätzlich nicht zu übernehmen ist, da es sich bei solchen Verträgen nicht um echte Unternehmensverträge mit organisationsrechtlicher Wirkung, sondern nur um schuldrechtliche Austauschverträge handle (vgl. Blaurock Handbuch der stillen Gesellschaft 5. Aufl. Rn. 354 m. w. N.; Scholz/Priester GmbHG 9. Aufl. § 53 Rn. 164; Staub/ Zutt HGB-Großkommentar 4. Aufl. § 230 Rn. 59; Schneider/ Reusch DB 1989, 713/716; Schmidt-Ott GmbHR 2001, 182/184; 2002, 784/786).

Nach anderer Auffassung sind Teilgewinnabführungsverträge auch nach GmbH-Recht in das Handelsregister einzutragen (vgl. Scholz/Emmerich Anh. Konzernrecht Rn. 217, 218; Emmerich/ Habersack Aktien- und GmbH-Konzernrecht 2. Aufl. § 292 AktG Rn. 37; Hachenburg/Ulmer GmbHG 8. Aufl. § 53 Rn. 160 und Anh. zu § 77 Rn. 194 und 203; Weigl GmbHR 2002, 778/783; wohl auch Lutter/Hommelhoff Anh. § 13 Rn. 59 und 74 sowie Schulte/ Waechter GmbHR 2002, 189/190; nur allgemein für "Unternehmensverträge" Baumbach/Hueck/Zöllner GmbHG 17. Aufl. GmbH-KonzernR Rn. 37a i.V.m. Rn. 20). Es liege auf der Hand, dass Teilgewinnabführungsverträge für eine abhängige GmbH kaum weniger gefährlich seien als Gewinnabführungsverträge (so Scholz/Emmerich Rn. 218).

Eine vermittelnde Meinung schließlich stellt auf inhaltliche Aspekte des Teilgewinnabführungsvertrages ab. So sei eine stille Gesellschaft mit Teilgewinnabführungsabrede nur dann nach den Grundsätzen des "Supermarkt"-Beschlusses zu behandeln, wenn die Beteiligung des stillen Gesellschafters und sein Gewinnanteil im Verhältnis zum Nutzen der zu leistenden Einlage für die Gesellschaft unangemessen hoch sei oder dem stillen Gesellschafter Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche im Hinblick auf strukturändernde Maßnahmen oder auf Geschäftsführungsmaßnahmen eingeräumt seien, die über das hinausgingen, was zur Sicherung der vertragsgemäßen Verwendung der Einlage erforderlich sei (vgl. Martens AG 2000, 32/37).

c) Nach Auffassung des Senats besteht keine Veranlassung, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreffend die Eintragung von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen im GmbH-Konzernrecht auf eine Gewinnabführungsvereinbarung der hier vorliegenden Art zu übertragen, die im Zusammenhang mit einem Austauschvertrag abgeschlossen worden ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die Vereinbarung aktienrechtlich als Teilgewinnabführungsvertrag zu qualifizieren wäre.

aa) Wie der Bundesgerichtshof zu Recht betont hat, stellen weder der Abschluss eines Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrages noch dessen Beendigung formell eine Satzungsänderung dar (BGHZ 116, 37/44 zur Kündigung des Vertrages). Es bedarf vielmehr einer wertenden Beurteilung, ob eine Gleichstellung mit einer Satzungsänderung, obwohl vom Gesetz nicht vorgesehen, gerechtfertigt ist (vgl. für die Beendigung eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages Senatsbeschluss vom 5.2.2003 Gz. 3Z BR 232/02). Daher können mangels gesetzlicher Grundlage erst recht an Rechtsakte, die keinen solchen Vertrag darstellen, sondern sich ihm allenfalls inhaltlich annähern, nicht ohne weiteres die formellen Anforderungen gestellt werden, die das Gesetz für die Wirksamkeit einer Satzungsänderung vorsieht.

In diesem Zusammenhang kommt dem gerade für das Registerrecht wichtigen Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und -klarheit wesentliche Bedeutung zu. Der Rechtssicherheit widerspräche es insbesondere, wenn die Frage, ob ein Rechtsakt zu seiner Wirksamkeit der Eintragung im Handelsregister bedarf, allein von dem Gewicht der damit verbundenen Beeinträchtigungen für die Stellung der Gesellschafter der beteiligten Gesellschaften abhängig gemacht würde. So kann etwa dem Registergericht, worauf die Beschwerdeführerin zutreffend hinweist, nicht die Aufgabe überbürdet werden, einen ihm vorgelegten Vertrag im Eintragungsverfahren darauf zu überprüfen, ob die Gewinnbeteiligung eines nach dem Vertrag Bezugsberechtigten, im Verhältnis zum Nutzen der von ihm erbrachten Leistung für die Gesellschaft (und damit auch die Gesellschafter) unangemessen hoch ist. Gleiches gilt für die Frage, ob im Einzelfall wegen der konkreten Gestaltung nach dem Gewicht der Gewinnbeteiligung oder der Mitwirkungsrechte die Schwelle der satzungsüberlagernden Wirkung überschritten ist. Eine solche Prüfung würde zu schwierigen und aufwendigen Abgrenzungsproblemen führen, deren Klärung nicht Aufgabe des Registerverfahrens sein kann. Dies spricht dafür, die Entscheidung darüber, ob aufgrund satzungsüberlagernden Charakters die Eintragung einer Vereinbarung mit Dritten in das Handelsregister geboten ist, nicht allein anhand derart unsicherer Parameter zu treffen, sondern sie nach Möglichkeit anhand generellerer und eindeutig feststellbarer Kriterien zu beantworten.

bb) Gewinnbeteiligungen können in äußerst vielgestaltiger Weise vereinbart werden (vgl. Baumbach/Hueck § 29 Rn. 79). Häufig wird es, insbesondere wenn die Gewinnbeteiligung im Zusammenhang mit einem anderen auf Leistung und Gegenleistung gerichteten Vertrag vorgesehen ist, dabei um Verträge gehen, die eindeutig den Charakter reiner Austauschverträge haben und Fragen der Gesellschaftsorganisation nicht berühren. In einem solchen Fall stellt die Gewinnbeteiligung aus Sicht der GmbH regelmäßig nur einen gewinnschmälernden Kostenfaktor dar und steht deshalb auch nicht unter dem Vorbehalt einer gesellschaftsvertraglichen Regelung nach § 29 GmbHG (vgl. Baumbach/Hueck § 29 Rn. 79 ff./82). Das Gewinnrecht der Gesellschafter wird von einem solchen Vertrag erst dann tangiert, wenn der gesamte Gewinn der GmbH an den Vertragspartner abzuführen ist. Zwar sind auch im Zusammenhang mit einem Austauschvertrag Gestaltungen denkbar, in denen sich die Gewinnabführungsvereinbarung - gegebenenfalls auch kombiniert wie im vorliegenden Fall mit vertraglichen Regelungen, die dem Vertragspartner Einfluss auf Geschäfte der GmbH zubilligen - in den Auswirkungen rechtlich wie faktisch einem Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag annähert. Jedoch erscheint dem Senat auch in diesen Fällen wie dargelegt aus Gründen der Rechtssicherheit eine eher schematische Behandlung geboten. Diese muss notwendigerweise vom "Normalfall" eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages ausgehen, bei dem der gesamte Gewinn abgeführt beziehungsweise die Gesellschaft unmittelbar den Weisungen der herrschenden Gesellschaft unterworfen wird, so dass der Gesellschaftszweck und die Zuständigkeitskompetenz der Gesellschafter beziehungsweise ihr Gewinnrecht direkt beeinträchtigt werden. Diesem Bild entspricht es nicht, wenn lediglich im Rahmen einer Austauschbeziehung eine wenn auch hohe Gewinnbeteiligung vereinbart und dem Vertragspartner bei wichtigen Maßnahmen der Gesellschaft ein Zustimmungsvorbehalt eingeräumt wird. Daher besteht in diesen Fällen für eine Einstufung als Satzungsänderung und damit auch für eine Eintragung des Vertrages in das Handelsregister keine Rechtsgrundlage.

Der Senat berücksichtigt in diesem Zusammenhang auch, dass Publizitätsbedürfnisse bei der GmbH schon wegen der reduzierten Verkehrsfähigkeit der Geschäftsanteile von vorneherein geringer einzuschätzen sind als bei der Aktiengesellschaft. Auch von daher besteht kein zwingendes Bedürfnis für eine Eintragung.

d) Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Rahmenvertrag, auch unter Berücksichtigung seiner unternehmensvertraglichen Komponenten, zu seiner Wirksamkeit einer Eintragung in das Handelsregister nicht bedarf. Die Gewinnbeteiligung und die Einflussmöglichkeiten der KfW sind im Zusammenhang mit und im Hinblick auf die Gewährung hoher Darlehen durch die KfW an die hier betroffene Gesellschaft eingeräumt worden. Die von den Parteien gewählte Bezeichnung und der Inhalt des Vertrages (Festverzinsung der Darlehen, keine Verlustbeteiligung) sprechen eher gegen das Vorliegen einer stillen Gesellschaft (vgl. zu den Abgrenzungskriterien Röhricht/von Westphalen/von Gerkan HGB 2. Aufl. § 230 Rn. 59 ff.) und damit gegen eine gesellschaftsrechtliche Einordnung des Vertrages. Konzernrechtliche Überlegungen der KfW, einer öffentlich-rechtlichen Anstalt, sind nicht ersichtlich. Unter diesen Umständen ist eine Einordnung der Vereinbarung als satzungsüberlagernd im Sinn der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht geboten.

III.

Die Entscheidung zum Geschäftswert beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 und 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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