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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 10.03.2004
Aktenzeichen: 3Z BR 237/03
Rechtsgebiete: KostO, ZPO


Vorschriften:

KostO § 2 Nr. 1
KostO § 16 Abs. 1
ZPO § 407a
1. Kostenschuldner für ein Geschäft, welches nur auf Antrag vorgenommen wird, kann nur ein Antragsteller sein. In einem Erbscheinsverfahren genügt hierfür ein Verfahrensantrag, mit dem die weitere Tätigkeit des Nachlassgerichts veranlasst wird. Ein Sachantrag auf einen bestimmten Erbschein braucht noch nicht gestellt zu sein.

2. Weist der vom Nachlassgericht mit einem Rechtsgutachten zur kollisions- und sachrechtlichen Lage (hier: zur Erbfolge nach einem in Deutschland verstorbenen niederländischen Erblasser) beauftragte Sachverständige nicht darauf hin, dass sein Gutachten voraussichtlich einen für derartige Gutachten unüblichen Zeitumfang von über 200 Stunden erfordern und damit unverhältnismäßige Kosten von mehr als 23.000 Euro verursachen werde, kann dies zu einer Kürzung seiner Entschädigung (hier: auf 40 v.H.) führen. Setzt das Nachlassgericht die Sachverständigenentschädigung ungekürzt fest, sind gleichwohl vom Kostenschuldner nur die gekürzten Auslagen zu erheben.


Gründe:

I.

Die Beteiligte war die zweite Ehefrau des Erblassers, eines niederländischen Staatsangehörigen.

Mit einem am 14.5.1991 vor einem niederländischen Notar errichteten Testament hatte er die Beteiligte zur Miterbin neben seinen Kindern - einem ehelichen Sohn sowie einer Tochter, für welche die Vaterschaft erst danach förmlich anerkannt wurde -, dem Kind der Beteiligten sowie seiner Schwester eingesetzt.

In einem am 10.12.1995 privatschriftlich errichteten Testament hat der Erblasser hingegen die Beteiligte zur alleinigen Erben bestimmt. Seine beiden Kinder sowie die Tochter der Beteiligten sollten eine Zuwendung von je 90.000 Hfl. erhalten.

Mit Schreiben vom 22.1.1996 bestellte sich im Nachlassverfahren eine Rechtsanwaltskanzlei für den Sohn des Erblassers und trat mit Schriftsatz vom 13.2.1996 vorsorglich der Erteilung eines Alleinerbscheins zu Gunsten der Beteiligten entgegen.

Den ihr zugesandten Fragebogen reichte die Beteiligte ausgefüllt an das Nachlassgericht zurück. Darin gab sie an, dass ein Erbschein benötigt werde. Mit Schreiben vom 28.2.1996 bestätigten ihre Verfahrensbevollmächtigten gegenüber dem Gericht, dass die Beteiligte in jedem Fall einen Erbschein beantragen werde. Unter Bezugnahme auf die zuvor telefonisch bekundete Absicht der Rechtspflegerin, ein Gutachten zur Frage der anwendbaren Rechtsordnung und der etwaigen Erbfolge nach niederländischem Recht einzuholen, wird in dem Schreiben ausgeführt: "Für eine Beschleunigung der Angelegenheit wären wir sehr dankbar, da wichtige Dispositionen ohne den Erbschein nicht getroffen werden können".

In einem weiteren Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 29.3.1996, in welchem für die Erstellung des Gutachtens benötigte Angaben mitgeteilt wurden, wird gebeten, "das Gutachten über die Erbfolge bereits in Auftrag zu geben, damit keine weiteren zeitlichen Verzögerungen eintreten." Ein Erbschein werde von der Beteiligten in jedem Fall beantragt werden.

Das Nachlassgericht gab am 11.10.1996 nach zeitaufwändiger Klärung der Gutachterfrage das Gutachten in Auftrag und teilte dies der Beteiligten mit.

Mit Schriftsatz vom 13.3.1997 schlugen die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten im Hinblick auf die offenbar langwierige Begutachtung als pragmatischen Lösungsweg vor: Die Beteiligte solle einen uneingeschränkten Erbschein als alleinige Erbin erhalten, wenn einer entsprechenden Ankündigung der Rechtspflegerin von den übrigen in den beiden Testamenten erwähnten Personen nicht binnen einer zu setzenden Frist widersprochen werde.

Diesem Vorschlag widersprach das Nachlassgericht mit Schreiben vom 11.4.1997 unter Hinweis auf seine Verpflichtung, "die Erbfolge festzustellen, wenn ein Erbscheinsantrag gestellt wird." Die beteiligten Personen könnten nicht den Inhalt des Erbscheins wirksam vereinbaren, da die Erbenstellung nur durch Gesetz, Testament oder Erbvertrag begründet werden könne. "Gemäß § 2358 Abs.1 BGB" habe das Nachlassgericht die zur Feststellung der Erbfolge erforderlichen Ermittlungen zu führen. Die Prüfungspflicht des Nachlassgerichts könne nicht durch Anerkennung des Erbrechts beseitigt werden. Das Hinweisschreiben des Gerichts schließt mit den Worten: "Es muss vor der Erteilung des Erbscheins also die Fertigstellung des Gutachtens abgewartet werden."

In einem Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 9.10.1997, mit dem sich die Beteiligte gegen die Anordnung einer Nachlasspflegschaft und gegen die Auswahl des Nachlasspflegers wandte, wird ausgeführt: Zunächst sei festzustellen, dass beim Amtsgericht M. seit Februar 1996 ein Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins für die Beschwerdeführerin anhängig sei. Der Erbschein habe bisher "angeblich wegen der rechtlichen Kompliziertheit der Erbenfeststellung, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob der Nachlass sich nach deutschem oder niederländischem Erbrecht richtet", nicht erteilt werden können. Es erstaune, dass das Nachlassgericht einerseits sich nicht in der Lage sehe, einen Erbschein zu erteilen, aber andererseits ohne weiteres seine Zuständigkeit zur Bestellung eines Nachlasspflegers bejahe.

Mit einem weiteren Schriftsatz vom 17.11.1997 zur Frage der Nachlasspflegerbestellung ließ sie vortragen: Sie habe "während 18 Monaten, in denen ihr ein Erbschein durch das Amtsgericht M. - Nachlassgericht - nicht erteilt wurde, gleichwohl alle anfallenden den Nachlass betreffenden Sachverhalte so geregelt, dass keinem ein Nachteil dadurch entstanden ist, dass über 18 Monate hinweg die Nachlassangelegenheit mit an Rechtsverweigerung grenzender Geschwindigkeit bearbeitet wird". Im Grunde habe sich - mit Ausnahme des jetzt gegen den Nachlass anhängigen Prozesses - "die Notwendigkeit eines Erbscheins erledigt". Der erwähnte Prozess endete mit einer Verurteilung des Nachlasses zur Zahlung von 6 Mio. DM nebst Zinsen.

Das angeforderte Gutachten wurde am 26.1.1999 fertig gestellt. Es geht auf 67 Seiten umfassend auf die Problemstellungen des Nachlassfalles ein. Im Ergebnis bejaht es die Gültigkeit des am 14.5.1991 errichteten Testaments. Für das Gutachten stellte der Sachverständige einen Betrag von 45.406,11 DM in Rechnung. Die Höhe der Kosten erläuterte er mit Schreiben vom 16.4.1999. Mit Beschluss vom 10.6.1999 setzte das Gericht die dem Sachverständigen zu leistende Entschädigung antragsgemäß fest.

Mit Schreiben vom 26.1.2001 teilte das Nachlassgericht dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten die aus seiner Sicht gegebene Erbfolge mit, wobei es dem Gutachten folgte. Mit Schreiben vom 6.2.2001 nahm der Verfahrensbevollmächtigte den "Antrag auf Erteilung eines Erbscheins ... namens unserer Mandantin" zurück.

Mit einem an das Nachlassgericht gerichteten Schreiben vom 28.3.2001 schlug die Beteiligte die Erbschaft aus jedem Berufungsgrund aus und erklärte die Anfechtung etwaiger Erklärungen, die als Annahme der Erbschaft ausgelegt werden könnten.

Auf Ersuchen des Gerichts hatte der Nachlasspfleger einen Teilbetrag von 3.264,23 DM auf die Gutachtenkosten bezahlt. Ein darüber hinausgehender aktiver Nachlass war nicht vorhanden. Am 4.2.2003 wurden die restlichen Kosten in Höhe von umgerechnet 21.546,81 EUR zu Lasten der Beteiligten angesetzt. Aufgrund dieses Kostenansatzes forderte die Landesjustizkasse die Beteiligte mit Rechnung vom 20.3.2003 zur Zahlung der noch offenen Sachverständigenkosten auf.

Gegen den Kostenansatz legte die Beteiligte mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 26.3.2003 Erinnerung ein. Nach Nichtabhilfe durch die Kostenbeamtin wies das Amtsgericht mit Beschluss vom 11.8.2003 den Rechtsbehelf zurück.

Hiergegen erhob die Beteiligte am 26.8.2003 Beschwerde, verbunden mit dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Dieses hat mit Beschluss vom 30.9.2003 die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene weitere Beschwerde der Beteiligten.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig. Es ist auch zum überwiegenden Teil begründet.

1. Das Landgericht hat in seiner Entscheidung ausgeführt:

a) Die Beteiligte sei Kostenschuldnerin aufgrund der Vorschrift des § 2 Nr.1 KostO. Das verfahrensgegenständliche Gutachten sei in einem Antragsverfahren nach dieser Vorschrift erholt worden, nämlich aufgrund der Ankündigung der Beteiligten, in jedem Fall einen Erbschein beantragen zu wollen. Die Erteilung eines Erbscheins setze einen Antrag voraus, welcher wiederum zur Kostentragungspflicht nach § 2 Nr.1 KostO führe.

Nach dieser Vorschrift gelte für sämtliche Antragsverfahren, dass Kostenschuldner derjenige sei, der die Tätigkeit des Gerichts veranlasst habe. Das sei regelmäßig, aber nicht ausschließlich, der formelle Antragsteller. In Betracht komme auch in ein sonstiges Ansuchen an das Gericht, welches dessen Tätigkeit auslöse. In diesem Sinne habe die Beteiligte das Tätigwerden des Gerichts zur Klärung der Erbenstellung veranlasst. Hierzu sei das Nachlassgericht nicht von Amts wegen verpflichtet gewesen. Die Ankündigung, einen Erbscheinsantrag zu stellen, verbunden mit der Bitte, die erforderlichen Maßnahmen zur Klärung der Erbenstellung schnellstmöglich zu ergreifen, stelle sich als Ansuchen an das Nachlassgericht dar. Damit sei das Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins eingeleitet worden, wenngleich aufgrund des Ansuchens allein noch kein Erbschein hätte erteilt werden können.

Auch die Beteiligte habe dies so gesehen, wie sich aus den zitierten Schriftsätzen ergebe.

Dass letztlich keine gerichtliche Entscheidung über einen Erbschein erging, bedeute nur, dass keine Gebühr nach §§ 107, 130 Kostenordnung anfalle. Dieser Umstand stehe aber nicht der Einforderung angefallener Auslagen entgegen. Diese werde auch nicht durch die Vorschrift des § 105 KostO gehindert, weil sie nur die Erhebung einer besonderen Gebühr für die Erbenermittlung ausschließe, nicht aber den Ansatz von in diesem Zusammenhang angefallenen Auslagen.

b) Der Kostenansatz sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

Die Kostenschuld aus § 2 Nr.1 KostO beziehe sich auf die Kosten aller Maßnahmen, die das Gericht zur ordnungsgemäßen Erledigung des veranlassten Geschäfts vornehme, auch wenn diese nicht ausdrücklich beantragt, sondern auf den Amtsermittlungsgrundsatz gestützt seien. Zwar sei die Kostenrechnung des Sachverständigen außergewöhnlich hoch. Jedoch lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Angaben des Sachverständigen zum Zeitaufwand unwahr seien. Bei der angesetzten Stundenzahl sei zu berücksichtigen, dass das Gutachten nicht nur erbrechtliche Fragen, sondern auch Problemstellungen des Güterrechts und des Kindschaftsrechts zu klären gehabt habe. Angesichts der von dem Sachverständigen dargelegten Schwierigkeiten bei der Feststellung einer Rechtslage in den Niederlanden erscheine die angegebene Stundenzahl nachvollziehbar.

c) Eine Kostenniederschlagung nach § 16 KostO wegen unrichtiger Sachbehandlung sei nicht veranlasst. Dem Gericht sei nicht vorzuwerfen, dass es bereits vor formeller Antragstellung auf die Veranlassung der Beteiligten hin ein Erbscheinsverfahren eingeleitet und die dabei erforderlichen Ermittlungen veranlasst habe. Die Gutachteneinholung sei auch angesichts der umfangreichen Problemstellungen objektiv erforderlich und das Gericht hierzu nach § 12 FGG verpflichtet gewesen.

Während des Erbscheinsverfahrens sei noch keineswegs klar gewesen, dass der Nachlass nahezu mittellos war. Vielmehr habe die Vermutung bestanden, dass erhebliche Vermögenswerte in den Nachlass fielen. Erst im Laufe der Ermittlungen habe sich herausgestellt, dass nahezu sämtliche Vermögenswerte noch zu Lebzeiten des Erblassers auf die Beteiligte übertragen worden seien. Ein Hinweis des Gerichts auf die Unverhältnismäßigkeit der Kosten sei daher zu keiner Zeit veranlasst gewesen, zumal auch dem Gericht die Höhe der Sachverständigenkosten erst mit der Rechnungsstellung bekannt geworden sei; der Sachverständige habe zuvor keinen entsprechenden Hinweis gegeben.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung (§ 14 Abs. 2 Satz 3 KostO, § 546 ZPO) nicht in allen Punkten stand.

a) Die für Sachverständige zu zahlenden Beträge gehören zu den Auslagen der Staatskasse (§ 137 Nr.6 KostO). Auslagen fallen wie Gebühren unter den Begriff der Kosten (§ 1 KostO). Zur Zahlung von Kosten ist nach § 2 Nr.1 KostO der Schuldner kraft Antrags und nach § 2 Nr.2 KostO der Schuldner kraft Interesses verpflichtet. Schuldner kraft Antrags ist bei Geschäften, die nur auf Antrag vorzunehmen sind - mit Ausnahme der Verfahren zur Festsetzung eines Zwangs- oder Ordnungsgeldes -, jeder, der die Tätigkeit des Gerichts veranlasst. Schuldner kraft Interesses ist bei Geschäften, die von Amts wegen vorgenommen werden, derjenige, dessen Interesse wahrgenommen wird.

aa) Die Kostenschuld in einem Antragsverfahren gem. § 2 Nr.1 KostO setzt einen verfahrenseinleitenden Antrag voraus. Dies sagt zwar das Gesetz nicht ausdrücklich, es ist aber dem Sinnzusammenhang der Regelung zu entnehmen. Wenn das Gericht in einem Antragsverfahren ohne Antrag tätig wird, ist das eine nicht dem Gesetz entsprechende Sachbehandlung. Eine solche kann nicht zur Kostenschuld eines Beteiligten führen, welcher tatsächlich keinen Antrag gestellt hat. Auch das Schrifttum legt, so weit ersichtlich, zu Grunde, dass eine Kostenschuld durch Veranlassung der Tätigkeit des Gerichts in einem Antragsverfahren nicht ohne ausdrücklichen Antrag entstehen kann (Korintenberg/Lappe, KostO 15.Aufl. § 2 Rn.13 ff.; Rohs/Wedewer KostO § 2 Rn.3 ff.; Hartmann Kostengesetze 33.Aufl. § 2 KostO Rn.2).

bb) Im vorliegenden Fall hat die Beteiligte keinen Erbscheinsantrag im Sinne eines Sachantrags gestellt (zur Unterscheidung zwischen Verfahrens- und Sachantrag vgl. Jansen FGG 2.Aufl. Vorbem. §§ 8-18 Rn.11-13). Zwar ist ein solcher Antrag nicht formgebunden. Er muss aber inhaltlich bestimmt sein. Der notwendige Inhalt des Antrags ergibt sich aus den §§ 2354-2357 BGB (Staudinger/Schilken BGB Bearb. 1997 § 2353 Rn.56). So muss der Antrag den Erblasser, die Person des Erben und das beanspruchte Erbrecht genau bezeichnen, z.B. auch durch die Angabe, ob es auf Grund Gesetzes oder Verfügung von Todes wegen geltend gemacht werde. Ferner muss aus dem Antrag hervorgehen, ob der Erbschein allgemein oder gegenständlich beschränkt oder aber nur zu beschränktem Gebrauch erteilt werden solle (vgl. zum Ganzen Palandt/Edenhofer BGB 63.Aufl. § 2353 Rn.11 m.w.N.; Staudinger/Schilken aaO). Im Übrigen hat der Antragsteller die in §§ 2354, 2355 BGB geforderten Angaben zu machen und gegebenenfalls hierzu die eidesstattliche Versicherung gem. § 2356 Abs.2 Satz 1 BGB abzugeben, sofern sie ihm vom Nachlassgericht nicht nach S.2 der Vorschrift zu ausdrücklich erlassen wird.

Die Beteiligte hat während des gesamten Nachlassverfahrens keine Erklärung abgegeben, die diesen Anforderungen im Wesentlichen entsprochen hätte.

cc) Allerdings kann in der Mitteilung an das Nachlassgericht, dass ein Erbschein benötigt werde, ein Verfahrensantrag gesehen werden, der die nachfolgende gerichtliche Tätigkeit in ein Erbscheinsverfahren überleitet, so dass das Nachlassgericht ab diesem Zeitpunkt nicht mehr, wie - z.T. landesrechtlich vorgesehen, vgl. in Bayern Art. 37 AGGVG - die Erbenermittlung von Amts wegen betreibt. Dass die Tätigkeit des Nachlassgerichts im Erbscheinsverfahren nicht zwingend einen als Sachantrag wirksamen bestimmten Erbscheinsantrag voraussetzt, zeigt auch die vom Bayer. Obersten Landesgericht in ständiger Rechtsprechung anerkannte Möglichkeit, in einem Vorbescheid für den Fall der Antragstellung die Erteilung eines Erbscheins mit diesem Inhalt anzukündigen, wenn mit einem Antrag gerechnet werden kann (vgl. BayObLGZ 1963, 19/24; 1980, 276/280; BayObLGZ 1994, 73/76 = NJW-RR 1994, 1032/1033).

Im vorliegenden Fall hat die Beteiligte nicht nur anlässlich der Rücksendung des Fragebogens an das Nachlassgericht mitgeteilt, dass ein Erbschein benötigt werde. Sie hat auch in Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 28.2.1996 und 29.3.1996 wiederholt angekündigt, dass ein entsprechender Antrag zu gegebener Zeit gestellt werde und hierbei die Bitte geäußert, das von der Rechtspflegerin erwogene Gutachten zur anwendbaren Rechtsordnung und etwaigen Erbfolge nach niederländischem Recht beschleunigt in Auftrag zu geben. Diese Erklärungen sind ihr insgesamt als Verfahrensantrag auf Einleitung eines Nachlassverfahrens zuzurechnen. Dass die Beteiligte dies zumindest zeitweilig ebenso beurteilt hatte, zeigt der Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 9.10.1997. In diesem wird ausdrücklich unterstellt, dass seit Februar 1996 ein Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins für die Beteiligte anhängig sei. Gleiches gilt für den Schriftsatz vom 6.2.2001, in dem der "Antrag auf Erteilung eines Erbscheins... zurückgenommen" wurde.

Folglich war die gesamte anschließende Tätigkeit des Nachlassgerichts, insbesondere die Beauftragung des Gutachters, Teil eines Erbscheinsverfahrens, in welchem die Beteiligte als Antragstellerin aufgetreten ist. Damit sind auch die Voraussetzungen einer Kostenhaftung als Antragsschuldner gem. § 2 Nr.1 KostO dem Grunde nach gegeben.

dd) Diese könnte allerdings entfallen sein, wenn die Beteiligte rechtzeitig vor Anfall der in Rede stehenden Gutachtenkosten unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hätte, dass sie auf einen Erbschein keinen Wert mehr lege. Eine solche Erklärung, in der gegebenenfalls die Rücknahme des Verfahrensantrags hätte gesehen werden können, hat die Beteiligte aber vor Fertigstellung des Gutachtens nicht abgegeben. Zwar ließ sie im Schriftsatz vom 17.11.1997 durch ihre Verfahrensbevollmächtigten zur Frage der Nachlasspflegerbestellung - in Zusammenhang mit ihrer Kritik an vermeintlich zögerlicher Sachbehandlung des Nachlassgerichts - vortragen, dass sich die Notwendigkeit eines Erbscheins mit Ausnahme des noch anhängigen Zivilprozesses erledigt habe. Diese Aussage ist aber gerade nicht so zu verstehen, dass die Beteiligte eindeutig von ihrem Rechtsbegehren auf Erteilung eines Erbscheins Abstand genommen habe. Durch die Erwähnung des Prozesses, für den ein Erbschein noch benötigt werde, lag für das Nachlassgericht die Annahme nahe, dass die Beteiligte ihr ursprüngliches Verfahrensziel nach wie vor verfolge.

Dass die Beteiligte mit Schreiben vom 28.3.2001 die Erbschaft ausschlug, steht ihrer Kostenhaftung für das bereits am 26.1.1999 fertiggestellte Gutachten nicht entgegen.

b) Ist somit hinsichtlich des Grundes der Kostenhaftung der Auffassung des Landgerichts zu folgen, gilt dies nicht hinsichtlich der Höhe des angesetzten Auslagenbetrages.

aa) Nach § 407 a Abs.3 Satz 2 ZPO, der im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gem. § 15 Abs.1 FGG entsprechend gilt (vgl. BayObLGZ 1997, 353/355), hat der Sachverständige rechtzeitig darauf hinzuweisen, wenn voraussichtlich Kosten entstehen, die u.a. erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes stehen. Nähere Angaben zur Höhe des Nachlasswertes waren den dem Sachverständigen übersandten Aktenauszügen nicht zu entnehmen. Unabhängig davon, welche Annahmen der Sachverständige bei Übernahme des Gutachtenauftrags hinsichtlich der Höhe des mutmaßlich noch vorhandenen Nachlasswertes hätte zugrunde legen dürfen, erscheinen Kosten in Höhe von über 23.000 Euro für ein Rechtsgutachten zu kollisions- und sachrechtlichen Fragen eines Erbfalles im Zusammenhang mit einer westeuropäischen Rechtsordnung nach der Erfahrung des Senats so außergewöhnlich hoch, dass sich dem Sachverständigen die Notwendigkeit eines vorherigen Hinweises hätte aufdrängen müssen. Ein solcher Hinweis ist entgegen den vorstehend genannten Vorschriften unterblieben. Es spricht eine sehr große Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Gericht bei einer entsprechenden Anzeige des Sachverständigen - und nach der jedenfalls aufgrund des Sachstands ab Herbst 1997 zu erwartenden Reaktion der Beteiligten- die Tätigkeit des Sachverständigen eingeschränkt oder beendet hätte (vgl. Baumbach/ Hartmann ZPO 62.Aufl. § 407a Rn.20).

bb) Bei einem Verstoß des Sachverständigen gegen die dargestellte Obliegenheit muss das Gericht gegebenenfalls die Vergütung des Sachverständigen kürzen (vgl. BayObLG aaO; OLG Nürnberg NJW-RR 2003, 791; Baumbach/Hartmann aaO). Dass dies hier unterblieben ist, ändert nichts daran, dass gegenüber der Beteiligten die Kosten nur im gekürzten Umfang erhoben werden dürfen. Nach § 137 Nr. 6 KostO sind nur die zu zahlenden Vergütungen nach dem ZSEG anzusetzen. Überzahlte Beträge dürfen nicht als Auslagen erhoben werden (Korintenberg/Lappe § 137 Rn. 15).

Der Senat legt im Wege einer freien Schätzung entsprechend § 287 ZPO zugrunde, dass auch unter Berücksichtigung der erheblichen Größenordnung des zu Beginn des Nachlassverfahrens zu vermutenden Nachlassumfangs und der von dem Sachverständigen dargelegten Schwierigkeiten der rechtlichen Beurteilung wegen des schwerwiegenden Verstoßes gegen seine Benachrichtigungspflicht angesichts des erheblich aus dem Rahmen fallenden zeitlichen Umfangs für ein Gutachten über eine westeuropäische Rechtsordnung die in Rechnung gestellte Entschädigung für die von ihm tatsächlich erbrachten Leistungen allenfalls mit 40 v.H. des angesetzten Betrages von 45.406,11 DM aus der Staatskasse hätte bewilligt werden dürfen.

Deshalb ist nur ein Gesamtbetrag von 18.162,44 DM entschädigungsfähig. Unter Abzug der bereits hierauf bezahlten 3.264,23 DM verbleiben somit 14.898,21 DM bzw. 7.617,33 Euro, die gegenüber der Beteiligten in Ansatz zu erbringen sind.

In diesem Umfang war - unter Aufhebung der ihre Rechtsmittel zurückweisenden Beschlüsse der Vorinstanzen - der Kostenansatz abzuändern, im Übrigen ihre weitere Beschwerde zurückzuweisen.

3. Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde entspricht dem mit dem Rechtsmittel angegriffenen Kostenansatz. Eine Erstattung von Kosten, die in diesem Verfahren angefallen sind, ist durch § 14 Abs. 7 Satz 2 KostO ausgeschlossen.

Ende der Entscheidung

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