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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.12.2003
Aktenzeichen: 3Z BR 252/03
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 133
FGG § 13
Zur Auslegung einer umfassend erteilten Registervollmacht.
Gründe:

I.

Mit Schreiben vom 7.7.2003 beantragte der verfahrensbevollmächtigte Notar namens der Beteiligten, in das Handelsregister u.a. einzutragen, dass die betroffene Gesellschaft, eine GmbH u. Co. KG, durch Beschluss sämtlicher Gesellschafter aufgelöst und die Firma erloschen sei. Der Notar bezog sich dabei bezüglich der Anmeldung der beteiligten Kommanditisten auf deren dem Handelsregister bereits vorliegende Erklärungen, wonach ein Bevollmächtigter ermächtigt sei, für den Vollmachtgeber sämtliche Anmeldungen zum Handelsregister vorzunehmen, sowie alle Erklärungen in dessen Namen gegenüber Gerichten, Behörden und Privatpersonen abzugeben, die zur Eintragung in das Handelsregister erforderlich seien, und zwar

"a) Bei Eintragung, die meine Beteiligung betreffen, also meinen Eintritt in die Gesellschaft, einen späteren Austritt aus der Gesellschaft, die Übertragung meiner Beteiligung oder Teilen davon an Dritte oder Mitgesellschafter; die Kapitalerhöhung oder -herabsetzung.

b) Bei Eintragungen, die Mitgesellschafter - sowohl Kommanditisten wie Komplementäre - betreffen, also Eintritt und Ausscheiden von Gesellschaftern, Übertragung von Beteiligungsrechten an Dritte, die Erhöhung oder Herabsetzung von Hafteinlagen von Kommanditisten; Kapitalerhöhungen oder -herabsetzungen.

c) Sonstige die Gesellschaft betreffende Eintragungen, wie Änderungen der Firma der Gesellschaft, des Sitzes oder des Geschäftsgegenstandes."

Das Amtsgericht bemängelte hierzu mit Zwischenverfügung vom 28.8.2003 u.a., dass die dem Handelsregister vorliegenden Vollmachten der Kommanditisten derartige Erklärungen nicht abdecken würden. Um Klärung des Sachverhalts innerhalb von zwei Wochen werde gebeten. Der verfahrensbevollmächtigte Notar legte hiergegen Beschwerde ein, die das Landgericht mit Beschluss vom 30.9.2003 zurückgewiesen hat. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Notars.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde ist begründet.

1. Als Beschwerdeführer sind, da der bevollmächtigte Notar hierzu keine weiteren Angaben gemacht hat, mangels gegenteiliger Anhaltspunkte sämtliche Beteiligte anzusehen, für die der Notar bei der Anmeldung tätig geworden ist (vgl. Keidel/Winkler FGG 15. Aufl. § 129 Rn. 6). Der verfahrensbevollmächtigte Notar selbst ist im Rechtsbeschwerdeverfahren postulationsfähig, weil er bereits in erster Instanz für alle Beteiligten einen Antrag gestellt hat (§ 29 Abs. 1 Satz 3 FGG).

2. Bereits das Beschwerdeverfahren ist in zulässiger Weise auf die Zwischenverfügung betreffend den Umfang der von den Kommanditisten erteilten Vollmachten beschränkt worden. Wird eine Anmeldung wie hier in mehrfacher Hinsicht beanstandet, so bildet jede Beanstandung für sich eine anfechtbare Verfügung (vgl. OLG Hamm OLGZ 1983, 257/260). Die weitere Beschwerde verfolgt erkennbar das Ziel der Erstbeschwerde weiter.

3. In der Sache hat das Landgericht die angefochtene Entscheidung wie folgt begründet:

Aus den vorgelegten Vollmachtsurkunden ergebe sich, dass die Vollmachten der Kommanditisten sich zwar auf "sonstige, die Gesellschaft betreffende Eintragungen" erstreckten. Bei der im Text der Vollmachten folgenden Aufzählung einzelner Verfahrensgegenstände handele es sich zudem lediglich um Beispiele. Gleichwohl ergebe sich aus dem Gesamtzusammenhang, dass die Vollmachten nicht solche Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister umfassten, die sich auf Grundlagengeschäfte wie die Auflösung der Gesellschaft bezögen.

4. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand.

a) Die Auflösung einer Kommanditgesellschaft ist von sämtlichen Gesellschaftern zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§ 161 Abs. 2 i.V.m. § 143 Abs. 1 Satz 1 HGB). Das Erlöschen der Firma ist ebenfalls zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§ 31 Abs. 1 und 2, § 29 HGB); anmeldepflichtig ist der bisherige Inhaber (vgl. Baumbach/Hopt HGB 31. Aufl. § 31 Rn. 8), also im vorliegenden Falle die Betroffene selbst (vgl. Baumbach/Hopt § 31 Rn. 4 i.V.m. § 1 Rn. 30).

b) Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass das Erlöschen der Firma der Betroffenen bereits auf Grund der Anmeldung der Komplementärin namens der Betroffenen einzutragen war; einer weiteren Anmeldung durch die Kommanditisten hat es hier nicht bedurft. Demzufolge kann sich auch aus etwaigen Mängeln der von den Kommanditisten erteilten Vollmachten in diesem Punkt kein Eintragungshindernis ergeben.

c) Was die Eintragung des Erlöschens der Gesellschaft betrifft, so ist dem Landgericht dahin zu folgen, dass eine wirksame Anmeldung auch durch die Kommanditisten erfolgen muss. Eine solche scheitert hier aber nicht an den vom Landgericht konstatierten inhaltlichen Mängeln der erteilten Vollmachten. Die Auslegung der dem Handelsregister vorliegenden Vollmachten unterliegt, da es sich um prozessual bedeutsame Erklärungen handelt, in vollem Umfang der Nachprüfung durch den Senat (vgl. Zöller/Gummer ZPO 24. Aufl. § 546 Rn. 11). Maßgebend für die Auslegung ist die Verständnismöglichkeit des Vollmachtadressaten, also des Registergerichts (vgl. Keidel/Zimmermann FGG 15. Aufl. § 13 Rn. 13).

Hier legt schon der Eingangstext der Vollmachten eine Auslegung im umfassenden Sinn nahe ("für mich sämtliche Anmeldungen zum Handelsregister vorzunehmen"). Auch die folgende Aufzählung spricht nicht für eine Einschränkung, wie sie die Vorinstanzen für zutreffend erachtet haben. Denn Buchstabe c erstreckt die Vollmacht ausdrücklich auf alle "sonstigen die Gesellschaft betreffenden Eintragungen", d.h. alle Eintragungen, die nicht bereits unter Buchstaben a und b der Vollmachtserklärungen (Eintragungen, die die jeweiligen Beteiligungen betreffen, sowie Eintragungen, die die Mitgesellschafter betreffen) erfasst sind. Wie das Landgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die im Vollmachtstext im Anschluss hieran aufgezählten Beispiele (Änderung von Firma, Sitz oder Geschäftsgegenstand der Betroffenen) nicht abschließend sind. Sie sind aber darüber hinaus auch nicht in der Weise vollmachtbeschränkend zu verstehen, dass "Grundlagengeschäfte" auf die erteilten Vollmachten nicht gestützt werden könnten. Vielmehr ergibt sich schon aus Wortlaut und Sinn der Erklärungen - insbesondere in Abgrenzung bzw. Ergänzung zu den unter a und b des Textes erteilten Vollmachten -, dass es sich bei den anzumeldenden Vorgängen um solche handeln muss, die nicht lediglich die Beteiligung einzelner Gesellschafter betreffen. Hierzu gehört zwanglos auch die Auflösung der Gesellschaft durch Beschluss sämtlicher Gesellschafter.

5. Das Registergericht wird über den Eintragungsantrag der Beteiligten nach Erledigung des fortbestehenden Eintragungshindernisses (Buchstabe a der Zwischenverfügung vom 28.8.2003) neu zu entscheiden haben.

III.

Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde folgt aus § 131 Abs. 2 i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.



Ende der Entscheidung

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