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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 29.04.2002
Aktenzeichen: 3Z BR 28/02
Rechtsgebiete: BGB, BVormVG, FGG


Vorschriften:

BGB § 1908e Abs. 1 Satz 1
BVormVG § 1 Abs. 3
FGG § 56g Abs. 5 Satz 2
Maßgebliche Kriterien für die Bestimmung des Zeitraums, für den einem Betreuungsverein ein Härteausgleich zugestanden werden kann, können insbesondere der Sinn und Zweck der genannten Übergangsregelung, die Aufgaben des Betreuungsvereins und die ihm hierfür zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel sowie die konkrete wirtschaftliche Situation des jeweils verfahrensgegenständlichen Betreuungsvereins sein.
Gründe:

I.

Für die vermögende Betroffene ist gemäß Beschluss vom 22.5.2000 ein in einem Betreuungsverein tätiger Dipl.-Betriebswirt (FH) zum Vereinsbetreuer bestellt.

Für die von diesem in der Zeit vom 23.5.2000 bis 30.6.2001 geleistete Tätigkeit beantragte der Betreuungsverein eine Vergütung unter Zugrundelegung eines Nettostundensatzes von 119,20 DM bis 31.12.2000 und eines Nettostundensatzes von 125,60 DM ab 1.1.2001.

Das Amtsgericht erkannte dem Betreuungsverein am 22.10.2001 den geltend gemachten Nettostundensatz von 119,20 DM lediglich für die bis 30.6.2000 angefallenen Betreuergeschäfte zu und setzte die Vergütung für die Folgezeit auf der Basis eines Nettostundensatzes von 60 DM fest. Besondere Schwierigkeiten der Betreuergeschäfte, die eine Erhöhung des der Qualifikation des Vereinsbetreuers entsprechenden Regelstundensatzes von 60 DM rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich. Ein Härteausgleich über den 30.6.2000 hinaus könne nicht zugebilligt werden.

Die sofortige Beschwerde des Betreuungsvereins hat das Landgericht mit Beschluss vom 18.12.2001 zurückgewiesen, wobei es die sofortige weitere Beschwerde insoweit zugelassen hat, "als die Härtefallregelung auch bei einem Betreuungsverein bis 30.6.2000 zeitlich begrenzt wurde."

Der Betreuungsverein hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig.

Wegen seiner lediglich eingeschränkten Zulassung (§ 69e Satz 1, § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG) hat der Senat die Entscheidung des Landgerichts nur dahin zu überprüfen, ob die zeitliche Begrenzung des dem Betreuungsverein zugebilligten Härteausgleichs bis 30.6.2000 das Recht verletzt (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO n.F.) und der erhöhte Stundensatz von netto 119,20 DM dem Betreuungsverein über diesen Zeitpunkt hinaus zuzubilligen ist. Die vom Landgericht vorgenommene Beschränkung der Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde ist wirksam. Es ist rechtlich möglich, die Zulassung einer weiteren Beschwerde auf rechtlich oder tatsächlich selbständige Teile des Verfahrensgegenstands, über die gesondert entschieden werden kann, zu begrenzen (vgl. BGH NJW 1999, 2116 und FamRZ 1995, 1405 f.; Brandenburgisches OLG FGPrax 2000, 238/239; SchlHOLG BtPrax 2001, 259). Diese Voraussetzung ist hier gegeben. Die Frage, ob die vom Gesetzgeber mit § 1 Abs. 3 BVormVG geschaffene Übergangsregelung einen Härteausgleich für den Betreuungsverein nur bis 30.6.2000 zulässt, betrifft lediglich den Zeitraum der Zubilligung des gemäß der Entscheidung des Landgerichts dem Grunde und der Höhe nach festgesetzten Stundensatzes. Sie kann gesondert behandelt werden, da sie weder denkgesetzlich noch rechtlich unmittelbar mit anderen Teilen der landgerichtlichen Entscheidung zusammenhängt.

2. Die sofortige weitere Beschwerde hat Erfolg.

a) Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Für die Vergütung der Tätigkeit des Betreuers eines vermögenden Betreuten komme den Stundensätzen des § 1 BVormVG Richtlinienfunktion zu. Danach betrage der dem Betreuungsverein zustehende Stundensatz entsprechend der Qualifikation des Vereinsbetreuers als Diplombetriebswirt (FH) grundsätzlich 60 DM.

Im Wege des Härteausgleichs habe das Amtsgericht dem Betreuungsverein für die Zeit bis zum 30.6.2000 antragsgemäß einen Stundensatz von 119,20 DM zuerkannt. Für die Folgezeit stehe dem Betreuungsverein lediglich der Regelstundensatz von 60 DM zu. Diesen ausnahmsweise zu erhöhen, sei nicht veranlasst. Die Tätigkeit des Vereinsbetreuers zur Bewältigung der ihm übertragenen Aufgaben habe weder einen außergewöhnlichen, nicht schon über den Zeitaufwand abgegoltenen Umfang aufgewiesen noch sei sie, gemessen an der Qualifikation des Vereinsbetreuers, besonders schwierig gewesen. Ein Härteausgleich sei entsprechend der ursprünglichen Fassung des § 1 Abs. 3 BVormVG regelmäßig nur für den Zeitraum bis 30.6.2000 gerechtfertigt. Hiervon sei im vorliegenden Fall eine Ausnahme nicht zu machen. Die nachträgliche Verlängerung der Übergangsregelung sei dadurch bedingt, dass die Nachqualifizierung der Betreuer in den meisten Bundesländern bis zum 30.6.2000 nicht habe abgeschlossen werden können, diene aber nicht der Berücksichtigung sonstiger Härten. Die Auswirkungen der neuen Vergütungsregelung träfen den Betreuungsverein nicht härter als andere Berufsbetreuer. Nach der alten Rechtslage seien die Vergütungsansprüche für die Tätigkeit eines Vereinsbetreuers geringer gewesen als die eines gleich qualifizierten selbständigen Berufsbetreuers. Der Betreuungsverein werde öffentlich subventioniert, wobei die Zuschüsse wenigstens teilweise zum Ausgleich von Defiziten im Bereich der Vergütungseinnahmen aus der Staatskasse gewährt würden. Kein entscheidendes Argument sei der Umstand, dass der Betreuungsverein besondere vertragliche und soziale Verpflichtungen gegenüber seinen angestellten Betreuungsfachkräften habe. Schließlich sei hier noch zu berücksichtigen, dass der Vereinsbetreuer erst mit Beschluss vom 22.5.2000, also über ein Jahr nach Inkrafttreten des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes, bestellt worden sei.

b) Die Entscheidung des Landgerichts zur Dauer des dem Betreuungsverein zuzuerkennenden Härteausgleichs hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO n.F.).

aa) Ist ein Vereinsbetreuer bestellt, kann der Betreuungsverein für dessen Tätigkeit eine Vergütung verlangen (§ 1908e Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz BGB).

Ist der Stundensatz, der sich aufgrund der bei vermögenden Betreuten zu beachtenden Richtlinienfunktion des § 1 Abs. 1 BVormVG (vgl. BGHZ 145, 104 = NJW 2000, 3709; BayObLGZ 2000, 316; 2001, 122/124) gemäß der Qualifikation des Vereinsbetreuers ergibt, niedriger als der Stundensatz, der dem Betreuungsverein nach dem bis zum 31.12.1998 geltenden Recht zuerkannt wurde, hat der Tatrichter in seine Erwägungen mit einzubeziehen, ob und gegebenenfalls inwieweit im Wege des Härteausgleichs eine Erhöhung des Stundensatzes in Betracht kommt. Rechtsgrundlage hierfür ist die Übergangsbestimmung des § 1 Abs. 3 BVormVG, die bei der Vergütung von Betreuern bemittelter Betreuter und bei der Vergütung der Betreuungsvereine entsprechende Anwendung findet (vgl. BayObLGZ 2000, 331/334; 2001, 122/125; BayObLG BtPrax 2001, 253; NJW-RR 2001, 1446/1447; SchlHOLG BtPrax 2001, 259 sowie OLG Dresden FamRZ 2001, 1323; HK-BUR/Bauer § 1908e BGB Rn. 32).

bb) Maßgebliche Kriterien für die dem pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters obliegende Bestimmung des Zeitraums, für den einem Betreuungsverein ein Härteausgleich zugestanden werden kann, können insbesondere der Sinn und Zweck der genannten Übergangsregelung, die Aufgaben des Betreuungsvereins und die ihm hierfür zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel sowie die konkrete wirtschaftliche Situation des jeweils verfahrensgegenständlichen Betreuungsvereins sein.

(1) Die Übergangsregelung des § 1 Abs. 3 BVormVG dient der Besitzstandswahrung und gewährt Vertrauensschutz im Hinblick darauf, dass die auf den bisher erzielten Einnahmen beruhenden Einkommenserwartungen in der Regel einen wesentlichen Faktor finanzieller Dispositionen und wirtschaftlicher Kalkulation darstellen. Sie soll Berufsbetreuern, denen bisher höhere Stundensätze bewilligt wurden als ihnen nach der Neuregelung zustünden, eine zumutbare Anpassung an die geänderte Vergütungssituation ermöglichen, z.B. indem sie durch die in § 2 BVormVG vorgesehene Umschulung und Fortbildung eine zu einem höheren Stundensatz führende Qualifikation erreichen oder die Unkosten in einer Weise reduzieren, dass ihnen ihre Tätigkeit auch bei geringerer Vergütung eine ausreichende Existenzgrundlage verschafft (vgl. BayObLGZ 2000, 136/138 f.; 2000, 331/334; 2001, 37/39 f.; 2001, 122/124 f.; BayObLG NJW-RR 2001, 1446; OLG Braunschweig FamRZ 2001, 1482; SchlHOLG BtPrax 2001, 259).

Die Übergangsregelung war ursprünglich bis 30.6.2000 befristet. Ihre Verlängerung um ein Jahr (Art.7 Abs. 10 des Gesetzes vom 27.6.2006 - BGBl. 1 897) bzw. in Bayern um weitere 1 1/2 Jahre (Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Nachqualifizierung von Berufsbetreuern vom 19.6.2001 - GVB1 S.290) trägt dem Umstand Rechnung, dass die durch § 2 BVormVG ermöglichten Nachqualifizierungen von Betreuern und Anerkennungsmaßnahmen meist bis zum 30.6.2000 nicht abgeschlossen werden konnten (BT-Drucks.14/2920 S.11 und 14/3195 S.37).

(2) Mit dem Betreuungsgesetz vom 12.9.1990 hat der Gesetzgeber zur Sicherstellung einer persönlichen qualifizierten Betreuung der Betroffenen und zur Entlastung der öffentlichen Träger die Institution des anerkannten Betreuungsvereins geschaffen (§ 1908f BGB; vgl. BVerfG FamRZ 2002, 85). Den Gerichten sollte damit die Möglichkeit eröffnet werden, auf ein ausreichendes Potential qualifizierter Mitarbeiter solcher Vereine zuzugreifen (vgl. BT-Drucks.11/4528 S.124, 158; BVerfG FamRZ 2002, 85/87). Über die Anerkennungsvoraussetzungen sind die Betreuungsvereine daher unter anderem verpflichtet, in ausreichender Zahl geeignete Mitarbeiter, die als Vereinsbetreuer eingesetzt werden können (vgl. § 1897 Abs. 2 Satz 1 BGB), dauerhaft vorzuhalten (§ 1908f Abs. 1 Nr.1 BGB; vgl. BVerfG FamRZ 2002, 85/87) und sie in eigener Verantwortung aus- und fortzubilden (§ 1908f Abs. 1 Nr.1 BGB; vgl. BT-Drucks.11/4528 S.157). Während andere Betreuer die wesentlichen mit der Führung der Betreuung verbundenen Aufgaben persönlich erfüllen und zu erfüllen haben, ist der Betreuungsverein für die Wahrnehmung der unmittelbaren Betreuungstätigkeit auf die Beschäftigung qualifizierter Mitarbeiter angewiesen (§ 1897 Abs. 2 Satz 1, § 1900 Abs. 2 Satz 1 BGB).

Betreuungsvereinen ist jedoch nicht nur die Übernahme von Betreuungen, sondern auch die Wahrnehmung sog. Querschnittsaufgaben, insbesondere die Gewinnung, Einführung, Beratung und Fortbildung von ehrenamtlichen Betreuern, zugedacht (§ 1908f Abs. 1 Nr.2 BGB; vgl. hierzu Hansen SchlHA 1998, 29/30; Kröger BtPrax 1996, 223/224).

Zur Finanzierung ihrer Aufgaben sind die Betreuungsvereine auf unterschiedliche Geldquellen angewiesen (vgl. HK-BUR/ Walther vor § 6 BtBG Rn.9). Für die Erfüllung ihrer Querschnittsaufgaben erhalten sie Zuschüsse der Länder und Kommunen (vgl. BT-Drucks.11/4528 S.157; 13/7133 S.16, 25; Art.4 Abs. 1, Art.2 Abs. 1 Satz 1 AGBtG; Deinert BtPrax 1996, 86/88) sowie Zuwendungen von hinter ihnen stehenden Kirchen oder sonstigen Wohlfahrtsverbänden (vgl. Arnhold BtPrax 1994, 15/24). Mitgliedsbeiträge, Spenden, Zuwendungen aus Stiftungsmitteln oder Bußgelder stellen erfahrungsgemäß nur einen geringen Anteil der Einnahmen dar (vgl. HK-BUR/Walther vor § 6 BtBG Rn. 9). Eine wichtige Einnahmequelle sind grundsätzlich die Erträge aus der Vergütung und dem Aufwendungsersatz für die Tätigkeit ihrer zu Vereinsbetreuern bestellten Mitarbeiter (vgl. HK-BUR/Walther vor § 6 BtBG Rn.9). In diesem Zusammenhang hat die durch den Gesetzgeber vorgesehene Institution des Betreuungsvereins auch Folgen für die Höhe der Vergütung, die dem Verein für den Einsatz seiner Mitarbeiter zu gewähren ist. Es ist eine dem Erfordernis ständiger Bereithaltung qualifizierten Personals angemessene Vergütung festzusetzen, die es dem Verein ermöglicht, seine Aufgaben zu erfüllen (BVerfG FamRZ 2002, 85/87).

(3) Dem ist beim Härteausgleich Rechnung zu tragen. Neben dem Sinn und Zweck der Übergangsregelung des § 1 Abs. 3 BVormVG sowie den Aufgaben der Betreuungsvereine und den hierfür zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln kann deshalb für die Bemessung der Dauer eines Härteausgleichs insbesondere von Bedeutung sein, in welchem Ausmaß der Betreuungsverein Personal für die Tätigkeit als Vereinsbetreuer vorhält, welche Kostenlast unter Nichtberücksichtigung der allgemeinen Verwaltungskosten (§ 1908e Abs. 1 Satz 2 BGB) für ihn damit verbunden ist, in welchem Umfang der Einsatz von Vereinsbetreuern, speziell für die Betreuung vermögender Betreuter, seine Einkommenssituation geprägt hat, welche Anstrengungen und welche Zeit die Anpassung der strukturellen Organisation, des Verwaltungs- und Sachaufwands an die durch die Änderung des Vergütungsrechts bedingte Minderung der Einkünfte erfordert und inwieweit die entsprechenden Bemühungen bereits Erfolg hatten (vgl. auch OLG Karlsruhe FGPrax 2001, 117/118).

cc) Die Ermessensentscheidung des Tatrichters, für welchen Zeitraum er einen Härteausgleich gewährt, kann vom Gericht der weiteren Beschwerde nur auf Rechtsfehler überprüft werden (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO n.F.; vgl. BayObLGZ 2000, 136/ 138). Ein solcher liegt vor, wenn das Tatgericht sich des ihm zustehenden Ermessens nicht bewusst war, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen, der Bewertung relevanter Umstände unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt, gegen Denkgesetze verstoßen oder Erfahrungssätze nicht beachtet, von seinem Ermessen einen dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Gebrauch gemacht oder die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat (vgl. BGH NJW 2000, 3709/3711; BayObLGZ 1998, 65/69 m.w.N.).

dd) Im vorliegenden Fall hat das Landgericht wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen bzw. ihnen nicht ausreichend Rechnung getragen.

Zwar hat der Senat wiederholt entschieden, dass die Gesichtspunkte der Besitzstandswahrung und der Ermöglichung einer Anpassung der Organisation des Büro- bzw. Kanzleibetriebs an die veränderte Einkommenssituation für Betreuer, die sich nicht nachqualifizieren, erhöhte Stundensätze in der Regel allenfalls bis zum 30.6.2000 rechtfertigten. Begründet hat der Senat dies damit, dass die ursprüngliche Übergangszeit von 1 1/2 Jahren allein deshalb verlängert wurde, weil in den meisten Bundesländern die durch § 2 BVormVG ermöglichten Nachqualifizierungen und Anerkennungsmaßnahmen nicht bis zum 30.6.2000 abgeschlossen werden konnten (vgl. BayObLGZ 2001, 122/125 f.; BayobLG FamRZ 2002, 128; NJW-RR 2001, 1446/1447). Entgegen der Meinung des Landgerichts lässt sich hierauf eine entsprechende zeitliche Begrenzung des Härteausgleichs hier jedoch nicht stützen. Dies würde den dargelegten Besonderheiten der Betreuungsleistung der Betreuungsvereine (vgl. BVerfG FamRZ 2002, 85/87) und den spezifischen Gegebenheiten bei dem verfahrensgegenständlichen Betreuungsverein nicht gerecht.

Schon im Hinblick auf die Verpflichtung, qualifiziertes Personal vorzuhalten, kommt dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes für die Betreuungsvereine besonderes Gewicht zu. Die Vereinsbetreuer sind durchwegs fest angestellt. Ihre Entlohnung ist von den nach altem Recht gezahlten höheren Vergütungen beeinflusst worden (vgl. LG Dresden BtPrax 2000, 133; HK-BUR/Bauer § 1908e BGB Rn.32). Eine Anpassung der Anstellungsverträge an die veränderte Vergütungssituation ist kurzfristig meist nicht möglich. Von wesentlicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang ferner die Verpflichtung der Betreuungsvereine zur Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Zwar werden von den Betreuungsvereinen in aller Regel Mitarbeiter mit einer abgeschlossenen fachlichen Ausbildung (vgl. BT-Drucks.11/4528 S.157), vorwiegend Sozialarbeiter und Sozialpädagogen (vgl. Griep FamRZ 1994, 350/351) angestellt. Es gibt jedoch auch Vereinsbetreuer, die ihr Amt ohne die Qualifikation gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr.2 oder auch Nr.1 BVormVG aufgrund ihres großen einschlägigen Erfahrungsschatzes erfolgreich ausüben (vgl. Damrau/Zimmermann Betreuungsrecht 3.Aufl. § 1908f BGB Rn.4). Es kann davon ausgegangen werden, dass die Betreuungsvereine solchen Mitarbeitern eine Nachqualifizierung im Sinne des § 2 BVormVG ermöglichen.

Von ausschlaggebender Bedeutung sind schließlich auch die von dem verfahrensgegenständlichen Betreuungsverein glaubwürdig vorgebrachten, seine wirtschaftliche Situation kennzeichnenden Umstände. So gehört der Verein als eigener Träger keinem Verband an, der ihm im Bedarfsfall fehlende Mittel zuschießen könnte. Die Betreuung vermögender Betreuter prägt seine Einkommenssituation in hohem Maße, da rund die Hälfte der von seinen Mitarbeitern Betreuten vermögend ist. Seit Januar 1997 wurden ihm in diesen Fällen regelmäßig Stundensätze bewilligt, die sich an dem kalkulierten Kostenaufwand für die jeweilige Fachkraft, ohne allgemeine Verwaltungskosten, orientierten, wobei diese Praxis auch nach dem 1.1.1999 bis zum Bekanntwerden der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31.8.2000 beibehalten wurde. Schließlich macht der Verein, ebenfalls glaubhaft, geltend, seine Organisationsstruktur sei so beschaffen, dass eine wenigstens notdürftige Anpassung an die deutlich schlechtere Einnahmensituation einen Zeitraum bis mindestens Mitte 2002 erfordere. Im Vertrauen auf die bisherigen Stundensätze sei er Verpflichtungen eingegangen und habe Aufwendungen getätigt, die sich ebenfalls bis mindestens in die erste Jahreshälfte 2002 auswirkten.

c) Im Hinblick darauf, dass unter diesen Umständen die angefochtene zeitliche Beschränkung des Härteausgleichs keinen Bestand haben kann und weitere Ermittlungen nicht erforderlich sind, ist der Senat befugt, selbst abschließend zu entscheiden (vgl. BGH NJW 1997, 2815/2817; BayObLG NJW-RR 1998, 294/295), insbesondere eine eigene Ermessensausübung vorzunehmen (vgl. Bassenge u.a. FGG/RPflG 9.Aufl. § 27 FGG Rn.32). Der Senat hat keine Bedenken, dem Betreuungsverein den erhöhten Nettostundensatz von 119,20 DM für den gesamten Abrechnungszeitraum, d.h. bis 30.6.2001 zuzubilligen, wodurch sich die Vergütung des Betreuungsvereins um 3413,18 DM (einschließlich Mehrwertsteuer) erhöht.

d) Der Senat hält es nicht für angebracht, die außergerichtlichen Kosten des Betreuungsvereins gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG der Betroffenen zu überbürden.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 31 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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