Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.09.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 290/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 26
Zur Frage, wie eine Vereinssatzung auszulegen ist, wonach der Vorstand aus den jeweils einzelvertretungsberechtigten Vorsitzenden und dessen Vertreter besteht, der Vertreter jedoch nur, wenn der Vorsitzende verhindert ist.
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Schreieder und Dr. Nitsche

am 14. September 2001

in der Vereinsregistersache

auf die sofortige weitere Beschwerde des Vereins

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 24. Juli 2 001 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Mit Schreiben vom 28.3.2000 meldeten der in der Gründerversammlung des Freundeskreises... gewählte Vorsitzende und seine Stellvertreterin den Verein zur Eintragung im Vereinsregister an. Außerdem meldeten sie an, dass der Verein durch sie als Vorstand im Sinne des § 26 BGB jeweils allein vertreten werde.

In § 7 Abs. 2 der der Anmeldung beigegebenen Satzung ist bestimmt:

Der Vorstand führt die Geschäfte des Vereins. Den Vorstand im Sinne § 26 Abs. 2 BGB bilden der Vorsitzende und der Stellvertretende Vorsitzende. Sie sind einzeln zur Vertretung des Vereins befugt, der Stellvertretende Vorsitzende allerdings nur im Falle der Verhinderung des Vorsitzenden.

Mit der Begründung, dass eine bedingte Zugehörigkeit zum Vorstand nicht zulässig sei und deshalb die Bestimmung des § 7 Abs. 2 Satz 3 der Satzung nicht eintragungsfähig sei, wies das Amtsgericht, nachdem die Anmelder auf eine Zwischenverfügung nicht reagiert hatten, am 2.3.2001 die Anmeldung zurück. Die sofortige Beschwerde des Vereins hiergegen hat das Landgericht mit Beschluss vom 24. Juli 2001 zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich die sofortige weitere Beschwerde des Vereins.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde (§ 160a Abs. 1 i.V.m. § 29 Abs. 2 FGG) hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Der Rechtspfleger habe die Satzung hinsichtlich der Zusammensetzung des Vorstandes zutreffend beanstandet. Die Satzung müsse unzweideutig festlegen, wie sich der Vorstand im Sinne von § 26 BGB zusammensetze, d. h. wer zur Vertretung des Vereins befugt sei. Eine bedingte Zugehörigkeit zum Vorstand sei unzulässig. Die Formulierung in § 7 Abs. 2 Satz 3 der Satzung bedeute, dass der Stellvertreter nur von Fall zu Fall Vorstand im Sinne von § 26 BGB sein solle. Darin liege eine bedingte Bildung des Vorstands. Eine Auslegung dahingehend, dass beide Vorsitzende Einzelvertretungsbefugnis besäßen, von der der zweite Vorsitzende nur bei Verhinderung des ersten Gebrauch machen dürfe (Beschränkung im Innenverhältnis), komme bei der hier gewählten Formulierung nicht in Betracht.

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

a) Der Rechtspfleger hat bei der Anmeldung eines Vereins zu prüfen, ob die Satzung den Vorschriften der §§ 57, 58 BGB entspricht. Auch die Verletzung von Sollvorschriften des § 58 BGB oder das Fehlen dort vorgeschriebener Bestimmungen führt entweder zur Zurückweisung des Antrags oder bei behebbaren Mängeln zum Erlass einer Zwischenverfügung. Nach § 58 Nr. 3 BGB soll die Satzung Vorschriften darüber enthalten, wie sich der Vorstand zusammensetzt. Das bedeutet, dass sich aus der Satzung mindestens ergeben muss, ob der Vorstand im Sinn von § 26 Abs. 2 Satz 1 BGB, also das Vereinsorgan, dem die Vertretung des Vereins obliegt, aus einer oder mehreren Personen besteht. Dem Vorstand können daher nur Personen angehören, die berechtigt sind, den Verein zu vertreten. Mit der Organstellung des Vorstands ist es nicht vereinbar, die Vertretungsmacht dem Vorstand als ganzem oder einzelnen seiner Mitglieder zu entziehen (BayObLGZ 1992, 16/18 f. m.w.N.).

b) Eine Vereinssatzung kann daher nicht bestimmen, eine Person solle dem Vorstand nur unter bestimmten Voraussetzungen angehören, oder die Vertretungsbefugnis eines Vorstandsmitglieds von bestimmten Umständen, etwa der Verhinderung eines anderen Vorstandsmitglieds, abhängig machen (vgl. BayObLGZ 1969, 33/36 f.; 1992, 16119.m.w.N.; Palandt/Heinrichs BGB 60. Aufl. § 26 Rn. 3; Reichert Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts 8. Aufl. Rn. 1230). Allerdings kann durch die Satzung bestimmt werden, dass der Stellvertreter im Innenverhältnis von seiner Vertretungsbefugnis nur Gebrauch machen darf, wenn der Vorsitzende verhindert ist (BayObLGZ 1992, 16/21; Sauter/Schweyer Der eingetragene Verein 16. Aufl. Rn. 227; Soergel/Hadding BGB 13. Aufl. § 26 Rn. 8). Ob eine entsprechende Satzungsbestimmung eine bedingte Vorstandszugehörigkeit des Stellvertreters vorsieht oder der Stellvertreter des Vorsitzenden vollwertiges Mitglied des Vorstands sein soll, ist gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist die Satzung nach objektiven Gesichtspunkten und aus ihrem Inhalt heraus auszulegen (BGHZ 113, 237/240). Außerhalb der Satzung liegende Umstände dürfen nur berücksichtigt werden, wenn deren Kenntnis von allen Betroffenen erwartet werden kann; Willensäußerungen der Gründer oder sonstige Vorgänge aus der Entstehungsgeschichte dürfen nicht verwertet werden (BGHZ 47, 172/180 und 63, 282/290; Palandt/Heinrichs BGH 60. Aufl. § 25 Rn. 4 und § 133 Rn. 14). Ist die Bestimmung gleichwohl unklar, hat der Rechtspfleger im Eintragungsverfahren darauf zu dringen, dass die Satzung eine dem gewollten (zulässigen) Sinn entsprechende Fassung erhält (BayObLGZ 1992, 16/20; Sauter/Schweyer, Soergel/Hadding jeweils aaO).

c) Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kann die in der Zwischenverfügung ausdrücklich beanstandete Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 3 der Satzung bei objektiver Betrachtung nicht mit hinreichender Eindeutigkeit dahin ausgelegt werden, dass die in ihr ausgesprochene Beschränkung der Vertretungsbefugnis des Stellvertretenden Vorsitzenden nur im Innenverhältnis gelten und der Stellvertretende Vorsitzende daher im Außenverhältnis ohne Bedingung zur Vertretung des Vereins befugt sein soll. Der Senat folgt der Auffassung des Landgerichts.

Zwar bestimmt § 7 Abs. 2 der Satzung, dass der Vorstand im gesetzlichen Sinn aus zwei Personen besteht, nämlich dem Vorsitzenden und dessen Stellvertreter. Dies folgt aus der Formulierung in Satz 2, dass diese beiden Personen den Vorstand im Sinne von § 26 Abs. 2 BGB bilden. § 7 Abs. 2 Satz 3 der Satzung bestätigt diese Aussage im ersten, Einzelvertretungsbefugnis anordnenden Halbsatz. Er schränkt sie jedoch nach seinem Wortlaut gleichzeitig wieder ein, indem er im zweiten Halbsatz die Befugnis des Stellvertretenden Vorsitzenden zur Vertretung des Vereins auf den Fall der Verhinderung des Vorsitzenden beschränkt. Eine Klarstellung in dem Sinn, dass diese Einschränkung nur im Innenverhältnis gelten soll (vgl. Reichert Rn. 1230), enthält die Satzung nicht. Im Gegenteil spricht der Zusammenhang dafür, dass hier die Vertretung nach außen geregelt wird. Denn der erste Halbsatz des Satzes 3 (" Sie sind einzeln zur Vertretung des Vereins befugt... ") betrifft eindeutig und auch nach Meinung des Beschwerdeführers diese Vertretung. Dies legt es nahe, dass sich auch der zweite Halbsatz, der sprachlich ohne den ersten Halbsatz keinen Sinn ergäbe und wie der erste Halbsatz von der Befugnis des Stellvertretenden Vorsitzenden zur Vertretung spricht, auf die Vertretung nach außen bezieht und diese damit von einer Bedingung (Verhinderung des Vorsitzenden) abhängt. Der anderslautende Klarstellungsbeschluss der Mitgliederversammlung ändert hieran nichts, da er lediglich die subjektive Willensrichtung der Gründungsmitglieder wiedergibt und daher bei der Auslegung der auch gegenüber Dritten bedeutsamen Vertretungsregelung nicht berücksichtigt werden kann. Die allenfalls noch in Betracht zu ziehende Auslegungsmöglichkeit, dass der Stellvertretende Vorsitzende stets zusammen mit dem Vorsitzenden, bei dessen Verhinderung aber auch allein soll vertreten können, ist, wie die Anmeldung ergibt, nicht gewollt; die Zulässigkeit einer solchen Regelung, deren praktische Bedeutung ohnehin zweifelhaft ist, kann daher dahinstehen.

3. Das Amtsgericht durfte daher dem anmeldenden Verein durch Zwischenverfügung eine klarstellende Fassung der Satzung aufgeben und, da diese Klarstellung trotz mehrfacher Aufforderung nicht erfolgt ist, die Anmeldung zurückweisen.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Eintragung von Vorstandsmitgliedern eines Vereins als "Stellvertreter" im Vereinsregister nicht zulässig ist (vgl. BayObLGZ 1992, 16/21; für den Stellvertreter des GmbH-Geschäftsführers: BGH NJW 1998, 1071; BayObLGZ 1997, 107).

Ende der Entscheidung

Zurück