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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 19.10.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 295/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1908b Abs. 1
BGB § 1908b Abs. 3
Der Wunsch des Betroffenen seinen Betreuers gegen einen anderen auszuwechseln, bindet das Vormundschaftsgericht nicht, weil auch insoweit nur das Wohl des Betreuten ein entscheidende Kriterium ist.
Gründe:

I.

Am 23.2.2000 bestellte das Amtsgericht für den Betroffenen einen Betreuer mit dem Aufgabenkreis "alle Angelegenheiten, incl. Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post sowie Entscheidung über Fernmeldeverkehr". Seit 19.4.2000 lebt der Betroffene in einer soziotherapeutischen Einrichtung.

Erstmals am 22.11.2000 und dann erneut am 4.3.2001 beantragte der Betroffene die Entlassung seines bisherigen Betreuers und schlug eine andere Betreuerin vor. Er hat ausgeführt, zu seinem bisherigen Betreuer, der weiter zur Führung der Betreuung bereit ist, nicht das notwendige Vertrauen zu haben. Der Betreuer arbeite zwar nicht bewusst gegen ihn, agiere aber zu selbstherrlich. Die vorgeschlagene neue Betreuerin sei zur Übernahme der Betreuung bereit.

Das Amtsgericht lehnte den Antrag des Betroffenen mit Beschluss vom 9.7.2001 ab. Hiergegen legte der Betroffene Beschwerde ein, die das Landgericht mit Beschluss vom 8.8.2001 zurückgewiesen hat. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der weiteren Beschwerde. Er beantragt zugleich, ihm für das Rechtsmittelverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines bisherigen Verfahrensbevollmächtigten zu gewähren.

II.

Die weitere Beschwerde des Betroffenen ist zulässig, aber unbegründet.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Ein wichtiger Grund für die Entlassung des derzeitigen Betreuers sei nicht gegeben. Eignungsmängel in seiner Person lägen nicht vor. Der Verlauf der Betreuung lasse zudem erkennen, dass der Betreuer - soweit möglich - durch eine regelmäßige und engmaschige Kontaktpflege in der Lage sei, auf den Betroffenen positiv einzuwirken und seine gesundheitliche und soziale Situation zu verbessern.

Ein Entlassungsgrund könne zwar auch in der Person des Betreuten selbst liegen, doch erachte die Kammer das Verhältnis zwischen dem Betroffenen und seinem bisherigen Betreuer als nicht so schwerwiegend zerrüttet, dass darin ein wichtiger Grund für den Betreuerwechsel gesehen werden könne. Zur Überzeugung der Kammer sei das Bestreben des Betroffenen, einen neuen Betreuer zu erhalten, nicht auf fehlendes Vertrauen in die Person des bisherigen Betreuers, sondern auf den Wunsch zurückzuführen, die soziotherapeutische Einrichtung baldmöglichst verlassen zu können. Dieses Bestreben aber sei durch die Erkrankung des Betroffenen bestimmt.

Schließlich seien auch die Voraussetzungen des § 1908b Abs. 3 BGB nicht erfüllt. Zwar habe der Betroffene eine gleich geeignete Person als neue Betreuerin vorgeschlagen, die sich auch zur Übernahme der Betreuung bereitgefunden habe. Der Vorschlag des Betroffenen sei für das Gericht aber nicht schlechthin verbindlich. Im vorliegenden Falle halte es die Kammer in Übereinstimmung mit dem Vormundschaftsgericht, der Betreuungsstelle und dem bisherigen Betreuer im Interesse des Betroffenen für geboten, an der Person des bisherigen Betreuers festzuhalten, zumal dem Wohle des Betroffenen eine Fortsetzung der sozialtherapeutischen Arbeit im Therapiezentrum Maximilianshöhe vorrangig dienlich sei. Diese Fortsetzung sei am ehesten gewährleistet, wenn auch in der Person des Betreuers Kontinuität beibehalten werde.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO). Die Ablehnung des beantragten Betreuerwechsels ist rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Das Vormundschaftsgericht hat einen Betreuer zu entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist oder wenn ein anderer wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt, § 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen gegeben sind, obliegt dabei dem Tatrichter. Das Gericht der weiteren Beschwerde kann dessen Würdigung nur auf Rechtsfehler überprüfen. Ein solcher liegt vor, wenn der Tatrichter die angesprochenen Rechtsbegriffe verkannt hat, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen, der Bewertung relevanter Umstände unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt, gegen die Denkgesetze verstoßen oder Erfahrungssätze nicht beachtet hat (vgl. BayObLG FamRZ 1999, 1170; 1996, 1105; Jansen FGG 2. Aufl. § 27 Rn. 27). Verstöße dieser Art sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

Eignungsmängel in der Person des bisherigen Betreuers hat das Landgericht rechtsfehlerfrei verneint. Es hat ohne Rechtsfehler und damit für den Senat bindend festgestellt, dass die vom Betroffenen gegen den Betreuer erhobenen Vorwürfe ihre Wurzeln in dem Wunsch des Betroffenen haben, aus dem Therapiezentrum entlassen zu werden. Die Rüge, es handle sich dabei ausschließlich um Mutmaßungen, trifft nicht zu. Die Bezugstherapeutin des Betroffenen hat vielmehr bestätigt, dass der Betroffene die Erforderlichkeit der Betreuung als solche wie auch die weitere Notwendigkeit seines Aufenthalts im Therapiezentrum nicht einsehe; er suche lediglich nach einer Chance, das Therapiezentrum zu verlassen. Im Hinblick auf die von der Kammer festgestellte Notwendigkeit eines weiteren Verbleibs des Betroffenen im Therapiezentrum kann die darauf gerichtete Tätigkeit des Betreuers nicht seine mangelnde Eignung begründen, auch wenn sie vom Betroffenen als einengend und "arrogant" empfunden werden mag.

Das Landgericht hat in seine Erwägungen ferner in rechtlich nicht zu beanstandender Weise mit einbezogen, dass der Betroffene den für ihn bestellten Betreuer ablehnt. Ein wichtiger Grund für die Entlassung eines Betreuers kann zwar auch darin liegen, dass der Betreute gegen seinen Betreuer eine unüberwindliche Abneigung entwickelt, so dass eine persönliche Betreuung nicht mehr möglich erscheint. Bloße Spannungen im Betreuungsverhältnis sind als solche aber kein Entlassungsgrund (vgl. BayObLG BtPrax 1994, 136; Palandt/Diederichsen BGB 60. Aufl. § 1908b Rn. 5). Insbesondere besteht auch keine Veranlassung, bloßen Launen des Betroffenen nachzugeben (vgl. BT-Drucks. 11/4528 S. 153). Deshalb rechtfertigt die bloße Ablehnung des Betreuers durch den Betroffenen noch keine Entlassung, solange der Betreuer wie hier durch regelmäßige und engmaschige Kontaktpflege in der Lage ist, auf den Betroffenen positiv einzuwirken und seine gesundheitliche und soziale Situation zu verbessern.

b) Das Gericht kann den Betreuer darüber hinaus entlassen, wenn der Betreute eine gleich geeignete Person, die zur Übernahme der Betreuung bereit ist, als neuen Betreuer vorschlägt, § 1908b Abs. 3 BGB. Ein solcher Vorschlag ist für das Gericht nach Sinn und Zweck der Regelung nicht schlechthin verbindlich, zumal § 1908b Abs. 3 BGB dem Tatrichter schon dem Wortlaut nach ein Ermessen einräumt. Bei Ausübung seines Ermessens hat der Tatrichter allerdings zu berücksichtigen, dass dem Wunsch des Betroffenen bezüglich der Person des Betreuers stets besonderes Gewicht zukommt (vgl. § 1897 Abs. 4 BGB; BayObLG Report 1997, 85).

Der Betroffene hat im vorliegenden Fall eine neue Betreuerin vorgeschlagen, die nach den Feststellungen des Landgerichts zur Übernahme des Amtes bereit und in gleicher Weise wie der bisherige Betreuer auch geeignet wäre. Das Landgericht hat dies gewürdigt. In Übereinstimmung mit dem Erstrichter, der Betreuungsstelle und insbesondere auch mit der Bezugstherapeutin hat das Landgericht letztlich aber dennoch dem Gesichtspunkt der Kontinuität auch in der Person des Betreuers hier den Vorzug gegeben. Das Landgericht hat dabei rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass es vorrangig um das Wohl des Betroffenen gehe, und festgestellt, dass hier eine Fortsetzung der sozialtherapeutischen Arbeit im Therapiezentrum entscheidend sei. Gerade wenn dem Wunsch des Betroffenen nach einem Betreuerwechsel nicht leichterdings nachgekommen werde, könne ihm verdeutlicht werden, dass auch im übrigen, hinsichtlich der therapeutischen Maßnahmen, der bisher eingeschlagene weg beibehalten werden müsse. Diese Argumentation des Landgerichts ist in sich schlüssig und von den getroffenen Feststellungen gedeckt. Ein Ermessensfehler ist nicht festzustellen.

3. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des bisherigen Verfahrensbevollmächtigten war abzulehnen, da das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot, § 14 FGG i.V.m. § 114 ZPO.

Ende der Entscheidung

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