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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.11.2000
Aktenzeichen: 3Z BR 321/00
Rechtsgebiete: GmbHG, AktG, KostO


Vorschriften:

GmbHG § 51b
AktG § 132 Abs. 5
KostO § 14 Abs. 3
KostO § 31 Abs. 3
Auch wenn mehrere Beteiligte Anträge gestellt haben, ist im Informationserzwingungsverfahren ist der Geschäftswert einheitlich festzusetzen.
BayObLG Beschluss

LG Nürnberg-Fürth 1 HK O 9993/99

3Z BR 321/00

14.11.00

Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Fuchs und Dr. Denk am 14. November 2000 in der Kostensache betreffend den Geschäftswert des Informationserzwingungsverfahrens auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen Ziffer V des Beschlusses des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 1. August 2000 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1 ist Gesellschafter der Beteiligten zu 2, einer GmbH. Er beantragte mit Schriftsatz vom 20.11.1999:

"I. Festzustellen, dass die Geschäftsführer der Antragsgegnerin Auskunft zu geben haben über die von der Antragsgegnerin in der Zeit vom 1.1.1998 bis 30.9.1999 abgewickelten Aufträge im Bereich

a) Bauträger im Sinne des § 34c GewO,

b) Vermittlung von Grundbesitz aller Art,

c) Handel mit Grundbesitz aller Art,

d) alle sonstigen geschäftlichen Tätigkeiten der Antragsgegnerin.

II. Festzustellen, dass die Geschäftsführer der Antragsgegnerin Auskunft darüber zu geben haben, ob sich die Antragsgegnerin durch Verträge verpflichtet hat, die den gewöhnlichen Geschäftsrahmen überschreiten, insbesondere zu den in § 5 Abs. 3 des Gesellschaftergeschäftsführeranstellungsvertrages zustimmungspflichtigen Rechtsgeschäfte, nämlich

a) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken,

b) Errichtung von Gebäuden und Vornahme baulicher Maßnahmen in bestehenden Gebäuden,

c) Gewährung von Darlehen und Krediten,

d) Übernahme von Bürgschaften und Aufnahme von Darlehen,

e) Vornahme von Investitionen von mehr als DM 5000,00 im Geschäftsjahr,

f) Erteilung oder Widerruf von Prokura oder Handlungsvollmacht,

g) Beteiligung an anderen Unternehmen, Gründung einer Zweigniederlassung,

h) Einstellung und Entlassung von Angestellten, Änderung bestehender Dienstverträge,

i) Abschluß oder Änderungen von Miet-, Pacht- und sonstigen Dauerverträgen,

j) Verträge von über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehender Bedeutung.

III. Festzustellen, dass die Geschäftsführer der Antragsgegnerin Einsichtnahme zu gewähren haben in

a) die Finanzbuchhaltung, bestehend aus Belegwesen und Konten für die Jahre 1998,und 1999,

b) den Jahresabschluß per 31.12.1997

c) den Jahresabschluß per 31.12.1998, hilfsweise den vorläufigen Jahresabschluß per 31.12.1998,

d) alle weiteren Geschäftsunterlagen der GmbH.

IV. Festzustellen, dass die Geschäftsführer der Antragsgegnerin Auskunft, Information und Einsichtnahme über den Gang der laufenden Geschäfte einschließlich der beabsichtigten Geschäfts-Politik, d.h. alles, was für die Kontroll-, Gewinn- und Vermögensinteressen des Antragstellers von Bedeutung sein kann, zu geben und zu gewähren haben."

Die Beteiligte zu 2 beantragte mit Schriftsatz vom 1.2.2000 "im Sinn einer Widerklage":

"1. Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin berechtigt ist, die vom Antragsteller in seiner Klage begehrte Auskunft zu verweigern.

2. Es wird festgestellt, dass der Antragsteller als vormaliger Geschäftsführer der Antragsgegnerin Auskunft zu erteilen hat über die von der Antragsgegnerin in der Zeit bis zum 19.3.1998 aufgeführten folgenden Geschäftsvorgänge:

a) Darlehensumbuchung bzw. Darlehensaufnahme zur Entlastung der Antragsgegnerin.

b) Darlehensumbuchung bzw. Darlehensaufnahme zu Gunsten der Fa.... GmbH.

c) Anschaffungen in der Zeit bis zur Beendigung der Geschäftsführertätigkeit über 5000,00 DM.

d) Mietverhältnis mit der Antragsgegnerin über die Nutzung von Räumlichkeiten in ...

e) Begründung des Anstellungsverhältnisses der Frau... bei der Antragsgegnerin.

f) Beschlüsse über Gehaltszahlungen für die Gesellschafter... bis Oktober 1997 bzw. deren Übernahme durch die Antragsgegnerin.

g) Darlehensverträge, die für die Antragsgegnerin abgeschlossen wurden,

h) Befreiungen des Antragstellers über ein satzungsgemäß vereinbartes Wettbewerbsverbot, insbesondere im Hinblick auf die Tätigkeit des Antragstellers bei der Fa....

i) Beschlüsse über die Sitzverlegung der Antragsgegnerin von... nach...

j) Beschlüsse über die Begründung eines Mietverhältnisses über dieses Projekt einschließlich der Höhe eines vereinbarten Mietzinses.

k) Nachweis über sämtliche weitere Entscheidungen, die nach der Satzung oder dem Geschäftsführervertrag der zwischen der Antragsgegnerin und dem Antragsteller bestanden hat.

l) Nachweise über die Einzahlung der Stammeinlage bei Gründung der Gesellschaft.

m) Auskunft über die Beendigung des Kredit-Engagement bei der... Bank.

Der Beteiligte zu 1 erklärte durch Schriftsatz vom 5.4.2000 "den Rechtsstreit" bezüglich Ziffer III Buchstabe b und c seiner Anträge für erledigt.

Durch Beschluss vom 1.8.2000 gab das Landgericht den verbliebenen Anträgen des Beteiligten zu 1 statt, erklärte dessen Auskunftsbegehren im übrigen für erledigt, wies die Gegenanträge der Beteiligten zu 2 zurück, legte die Kosten der Beteiligten zu 2 auf, setzte (in Ziffer V) den Geschäftswert auf 50000 DM fest und entschied, dass die sofortige Beschwerde gegen diese Entscheidung nicht zugelassen werde. In den Gründen führte das Landgericht unter anderem aus, der Regelgeschäftswert von 10000 DM sei infolge der Vielzahl der Anträge und "Gegenanträge" angemessen höher festzusetzen gewesen.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Beteiligte zu 2 gegen die Geschäftswertfestsetzung und begehrt die Festsetzung des Regelgeschäftswertes von 10000 DM.

Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig. Gemäß § 51b GmbHG i.V.m § 132 Abs. 5 Satz 1 AktG gilt für die Kosten des Informationserzwingungsverfahrens die Kostenordnung. Wird gegen die Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts Beschwerde eingelegt, entscheidet hierüber das im Rechtszug nächsthöhere Gericht (§ 31 Abs. 3 i.V.m. J 14 Abs. 3 Satz 1 KostO, § 568 Abs. 1 ZPO). Hierbei ist nicht auf das in der Gerichtsorganisation allgemein nächsthöhere Gericht, sondern auf den jeweiligen Rechtszug in der Hauptsache abzustellen (BayObLG NJW-RR 2000, 1201; Korintenberg/Lappe KostO 14. Aufl. § 14 Rn. 149). Zur Entscheidung in der Hauptsache, und damit auch über die Geschäftswertbeschwerde, ist das Bayerische Oberste Landesgericht berufen (§ 132 Abs. 3 Satz 1, § 99 Abs. 3 Satz 8 AktG, § 12 Abs. 2 GZVJÜ).

2. Die Geschäftswertbeschwerde ist gemäß § 51b Satz 1 GmbHG i.V.m. § 132 Abs. 5 Satz 1 AktG, § 31 Abs. 3 Satz 1, § 14 Abs. 3 Satz 1 KostO statthaft. Anders als bei der Entscheidung über den Informationsanspruch selbst, die nur bei Zulassung durch das Landgericht der sofortigen Beschwerde unterliegt (vgl. § 51b Satz 1 GmbHO i.V.m. § 132 Abs. 3 Satz 2 AktG), ist im Wertfestsetzungsverfahren die Beschwerde ohne diese Einschränkung gegeben (BayObLG NJW-RR 2000, 1201). Der Rechtszug ist insoweit durch die Verweisung auf die Kostenordnung selbständig geregelt. Die Kostenordnung verlangt für die Erstbeschwerde keine Zulassung. § 14 Abs. 3 Satz 2 KostO greift nicht ein, weil das Landgericht die Hauptsacheentscheidung nicht als Beschwerdegericht getroffen hat.

Der Beschwerdewert liegt über 100 DM (§ 14 Abs. 3 Satz 1 KostO, § 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

Der Senat entscheidet unmittelbar in der Sache (vgl. Zöller/ Gummer ZPO 21. Aufl. § 571 Rn. 1), obwohl das Abhilfeverfahren (§ 14 Abs. 3 Satz 1 KostO, § 571 ZPO) fehlerhaft durchgeführt worden ist. Anstelle des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen hätte über die Nichtabhilfe die voll besetzte Kammer entscheiden müssen (§ 105 Abs. 1 GVG). Es handelt sich hier um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§§ 132 Abs. 3 Satz 1, 99 Abs. 1 AktG), in dem § 349.Abs. 2 Nr. 11 ZPO nicht anwendbar ist (vgl. BayObLGZ.1988,. 248/258; 1995, 92/93).

3. Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

Für das Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbHG ist ein einheitlicher Geschäftswert festzusetzen (BayObLG AG 1993, 517). Dieser bestimmt sich gemäß § 51b Satz,1 GmbHG, § 132 Abs. 5 Satz 6 AktG, unabhängig von der Zahl der gestellten Anträge, nach § 30 Abs. 2 KostO und beträgt im Regelfall 10000 DM. Sind mehrere Anträge gestellt, so ist der Geschäftswert nicht durch Multiplikation des Regelgeschäftewerte mit der Zahl der Anträge zu ermitteln, weil eine solche Bewertung zu schematisch wäre. Dem Umfang der gestellten Anträge und der einzelnen Auskunftsbegehren ist vielmehr dadurch Rechnung zu tragen, dass der Regelgeschäftswert im Rahmen der zulässigen Obergrenze von einer Mio. DM angemessen erhöht wird. Von Gewicht ist dabei, ob es sich um unabhängige, selbständige Informationsbegehren handelt oder ob und in welchem Umfang die Auskünfte zusammenhängen (BayObLG aaO; BB 2000, 1155 m NJW-RR 2000, 1201). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn es sich wie hier um mit wechselnden Parteirollen gestellte Anträge handelt (vgl. den Grundgedanken des § 19 Abs. 1 GKG). Grundsätze der Kostenordnung stehen dem schon deshalb nicht entgegen, weil das Gericht wie im Zivilprozeß selbständig über die Gerichtskosten entscheidet (§ 132 Abs. 5 Satz 7 AktG). Die Anträge des Beteiligten zu 1 hängen nur insoweit miteinander zusammen, als sie ihre Grundlage in der Beteiligung an der Beteiligten zu 2 haben. Sie haben jedoch den weitest denkbaren Umfang, nämlich letztlich allumfassende Information über sämtliche Geschäftsvorgänge einschließlich der beabsichtigten Geschäftspolitik der Beteiligten zu 2 ab dem Jahresabschluß für 1997 bis zum 30.9.1999. Ähnlich weitreichend sind die Anträge der Beteiligten zu 2 bezüglich der Zeit bis zum 19.3.1998. Anhaltspunkte für den Umfang der Geschäftstätigkeit der Beteiligten zu 2 bilden nach Aktenlage lediglich die genannten Anträge; die Jahresabschlüsse sind nicht bei den Akten. Bei Annahme einer branchenüblichen Mindestgeschäftstätigkeit und Berücksichtigung der Beteiligungshöhe des Beteiligten zu 1 von 26 % sowie des Umstandes, dass die Beteiligten selbst keinen Sachvortrag mit weiteren bewertbaren Umständen gebracht haben, ist die Festsetzung den Geschäftswertes auf 50000 DM, wie sie das Landgericht vorgenommen hat, angemessen.

4. Eine Kostenentscheidung war gemäß § 132 Abs. 5 Satz 1 AktG i.V.m. § 31 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KostO nicht zu treffen.

Ende der Entscheidung

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