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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 21.03.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 355/00
Rechtsgebiete: HGB, SparkG


Vorschriften:

HGB § 17
SparkG § 5
Die Mehrfachfirmierung einer Sparkasse als öffentlich-rechtliche Institution ist handelsregisterlich eintragbar.
BayObLG Beschluss

LG Deggendorf 1 HK T 147/00; AG Deggendorf 6 AR 45/00

3Z BR 355/00

21.03.01

BayObLGZ 2001 Nr.16

Der 3.Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Schreieder und Dr. Nitsche am 21.März 2001

in der Handelsregistersache

auf die weitere Beschwerde der Betroffenen

beschlossen:

Tenor:

I. Der Beschluss des Landgerichts Deggendorf vom 29.September 2000 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Deggendorf vom 29.März 2000 werden aufgehoben.

II. Die Akten werden an das Amtsgericht Deggendorf zurückgegeben.

Gründe

I.

Mit der am 9.3.2000 beim Registergericht eingegangenen Anmeldung beantragte der Vorstand, die betroffene Sparkasse, eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, im Handelsregister einzutragen.

Gemäß § 1 Abs. 2 ihrer Satzung hat die Betroffene den Namen "Sparkasse A".

In § 13 Abs. 1 der Satzung ist ferner bestimmt:

"Die Sparkasse ist gemäß Art. 18 Abs. 3 SpkG Gesamtrechtsnachfolgerin der Sparkasse B - C aufgrund der Vereinigung dieser Sparkasse mit der Sparkasse A mit Wirkung vom 1.1.1993. Bezogen auf die früheren Geschäftsbezirksteile darf die Sparkasse als Firma auch die Bezeichnungen "Sparkasse B" und "Sparkasse C" führen".

Mit Zwischenverfügung vom 29.3.2000 machte das Registergericht als Eintragungshindernis geltend, dass die Betroffene neben der Firma "Sparkasse A" auch die Bezeichnungen "Sparkasse B" und "Sparkasse C" führe, und empfahl die entsprechende Änderung der Satzung. Die Beschwerde der Betroffenen hat das Landgericht mit Beschluss vom 29.9.2000 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit der weiteren Beschwerde. Sie ist der Auffassung, dass die Mehrfachfirma eintragungsfähig sei.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere konnte es vom Vorstand der Betroffenen ohne Beiziehung eines Rechtsanwalts eingelegt werden (BayObLG NZG 2000, 1142). Es ist auch begründet.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass juristische Personen zwar in mehreren Handelsgeschäften mehrere verschiedene Firmen führen könnten, sie dürften dies aber nicht in ein und demselben Handelsgeschäft. Die Mehrfachfirmierung widerspreche dem Grundsatz der Firmeneinheit nach dem HGB und sei deshalb nicht eintragungsfähig, auch wenn sie nach der Satzung der Betroffenen zulässig und durch das Sparkassengesetz und die Sparkassenordnung nicht ausgeschlossen sei. Eine vergleichbare Selbständigkeit, wie sie den Landeszentralbanken nach dem Bundesbankgesetz mit eigenen Organen und eigenständiger Geschäftsführung und Verwaltung zugewiesen sei, sei bei den früheren Sparkassen B und C nach der Vereinigung mit der Betroffenen nicht gegeben. Die Entscheidung des Senats zur Zulässigkeit der Eintragung eines Mehrfachsitzes gelte nicht entsprechend für eine Mehrfachfirmierung. Eine Unsicherheit des Rechtsverkehrs sei bei Eintragung eines Mehrfachsitzes nicht zu besorgen. Wer sich durch Einsicht in das Handelsregister über die "Sparkasse A" unterrichten wolle, erhalte auch bei Eintragung eines Mehrfachsitzes eine richtige Auskunft. Wer aber über die Rechtsverhältnisse der im Geschäftsverkehr nach außen als "Sparkasse B" oder "Sparkasse C" aufgetretenen Bank unterrichten wolle, finde hierzu im Handelsregister nichts. Denn eine Eintragung dieser unselbständigen Nebenstellen der Betroffenen sei nicht erfolgt.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht stand. Die satzungsmäßige Mehrfachfirma einer Sparkasse als rechtsfähiger Anstalt des öffentlichen Rechts kann im Handelsregister eingetragen werden, wenn das für die Sparkasse geltende öffentliche Recht die Bildung einer Mehrfachfirma gestattet. Darauf, ob die für die Firma privatrechtlicher juristischer Personen geltenden Vorschriften die Bildung einer Doppel- oder Mehrfachfirma zulassen, kommt es, entgegen der Auffassung des Landgerichts, nicht an.

a) Infolge der Aufhebung des früheren § 36 HGB durch Art. 3 des Handelsrechtsreformgesetzes vom 22.6.1998 (BGB1 I S.1474) sind nunmehr auch die öffentlichen Sparkassen gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 HGB (vgl. auch Art.38 Abs. 3 EGHGB) zur Eintragung anzumelden, da sie in Bayern rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts darstellen (Art.3 Sparkassengesetz - SpkG -, BayRS 2025-1-1) und ein Handelsgewerbe betreiben (BayObLGZ 2000, 210/211 m.w.N.).

b) Welche Angaben in das Handelsregister aufzunehmen sind, richtet sich nach den einschlägigen Vorschriften des Handelsgesetzbuchs und der diese ergänzenden Handelsregisterverfügung. Danach ist bei der Eintragung unter anderem die nähere Bezeichnung der juristischen Person, also die Firma anzugeben § 33 Abs. 2 Satz 2 HGB, § 40 Abs. 4 HRV). Welche materiellrechtlichen Anforderungen an die einzutragenden Rechtsverhältnisse, hier die Firma der juristischen Person zu stellen sind, bestimmt sich hingegen, sofern §§ 17 ff. HGB keine Regelungen enthalten, nach den speziellen für die jeweilige juristische Person geltenden Vorschriften (vgl. BayObLGZ aaO).

Dies sind in Bayern das Sparkassengesetz und die auf seiner Grundlage erlassene Sparkassenordnung (BayRS 2025-1-1-I). Zur Organisation der Sparkasse gehört auch die Frage, welchen Namen diese hat.

c) Das öffentliche Recht verbietet in Bayern die Bildung von Mehrfachfirmen für Sparkassen nicht. Gemäß Art.1 Abs. 1 SpkG können u.a. Gemeinden mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde Sparkassen nach der Maßgabe dieses Gesetzes errichten. Bezüglich der Firma enthalten weder das Sparkassengesetz noch die Sparkassenordnung nähere Regelungen. Auch das Kreditwesengesetz enthält hierzu, unbeschadet der Frage der Gesetzgebungskompetenz, keine Vorgaben. Daher bestimmt die jeweilige Sparkasse die Firma in ihrer autonomen Satzung, die ein Gesetz im materiellen Sinn ist (vgl. BayObLG aaO S. 211 f). § 13 Abs. 1 Satz 2 der hier maßgebenden Satzung sieht die Mehrfachfirmierung in zwei Geschäftsbezirksteilen vor. Dies ist, da die genannten höherrangigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften keine entgegenstehende Regelung enthalten, nach öffentlichem Recht nicht zu beanstanden.

d) Zivilrechtliche, insbesondere handelsrechtliche Grundsätze stehen der Eintragung der nach öffentlichem Recht zulässig festgelegten Mehrfachfirma nicht entgegen.

aa) Das Gesetz sieht keine speziellen Regeln für die Bildung der Firma einer unter § 33 HGB fallenden juristischen Person vor (Ensthaler/Nickel GK-HGB 6.Aufl. § 33 Rn. 2, Glanegger/Ruß HGB 5. Aufl. § 33 Rn. 2). Es wird jedoch allgemein angenommen, dass auch insoweit die Grundsätze der §§ 18, 30 HGB gelten (Schlegelberger/Hildebrandt/Steckhahn HGB 5.Aufl. § 33 Rn. 4; Heymann/Emmerich HGB 2.Aufl. § 33 Rn.8, jeweils zu §§ 18, 30 a.F. HGB). In diesem Rahmen können alle Möglichkeiten gewählt werden (Ensthaler/Nickel § 33 Rn. 2). Die Firma kann, muss jedoch nicht mit dem Namen der juristischen Person übereinstimmen (Röhricht/Graf von Westphalen/Ammon HGB § 33 Rn. 6).

bb) Nach diesen Grundsätzen kann bei bayerischen Sparkassen die Eintragung einer auf das Gebiet der Sparkasse bezogenen Mehrfachfirma nicht abgelehnt werden.

(1) Der Grundsatz der Firmeneinheit steht nicht entgegen. Dieser für Einzelkaufleute und Handelsgesellschaften entwickelte Grundsatz, der sich aus einer positiven Gesetzesbestimmung nicht herleiten lässt (vgl. Nipperdey in Festschrift für Alfred Hueck S.195 ff.), besagt, dass ein Kaufmann in ein und demselben Handelsgeschäft nur eine Firma haben kann (vgl. BGH NJW 1991, 2023/2024; Baumbach/Hopt HGB 30.Aufl. § 17 Rn.7; Röhricht/Graf von Westphalen/Ammon § 17 Rn. 21). Es gibt keinen zwingenden Grund, ihn auch auf die nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften gebildeten Sparkassen zu übertragen.

Der Grundsatz gilt bei Personenhandelsgesellschaften und Kapitalgesellschaften ohne Einschränkung, da diese nicht nur unter ihrer Firma Handelsgeschäfte betreiben, sondern die Firma zugleich der alleinige Name der Gesellschaft ist, der sie als Rechtssubjekt von anderen Rechtssubjekten unterscheiden soll und unterscheidet, Firma und Name also eine notwendige Einheit bilden (RG 85, 397/399; 113, 213/217; BGHZ 67, 166/168; BayObLGZ 1970, 235/237; MünchKomm/Bokelmann HGB § 17 Rn. 29). Hingegen verbietet das Sparkassenorganisationsrecht der Sparkasse, wie dargelegt, nicht, unter mehreren Bezeichnungen im Rechtsverkehr aufzutreten. Das Gesetz kennt entsprechende Ausnahmen auch für andere öffentliche Organisationen. So schreibt § 8 des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank vom 22.10.1992 (BGBl. I S.1782; BGBl. III 7620-1) für die Hauptverwaltungen der Bundesbank in den verschiedenen Bereichen der Bundesrepublik die Bezeichnung "Landeszentralbank" z.B. "des Freistaates Bayern" vor. Auch im übrigen wird teilweise für besondere Ausnahmefälle die Führung mehrerer Firmen für interessengerecht angesehen (vgl. Karsten Schmidt Handelsrecht 4.Aufl. § 12 II 2 c).

Für Einzelkaufleute gilt der Grundsatz der Firmeneinheit ohnehin nicht uneingeschränkt. Sie dürfen mehrere Firmen annehmen, wenn sie nebeneinander mehrere selbständige Unternehmen führen (Heymann/Emmerich § 17 Rn. 24; Schlegelberger/Hildebrandt/Steckhahn § 17 Rn. 4).

Die Mehrfachfirma einer Sparkasse, die nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften verfasst ist, erscheint danach nur als weiteres Beispiel dafür, dass der Grundsatz der Firmeneinheit nicht uneingeschränkt gilt.

(2) Auch der Grundsatz des § 18 Abs. 2 HGB, dass die Firma keine Angaben enthalten darf, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen (vgl. BayObLGZ 1999, 114/116), steht der Eintragung nicht entgegen. Zum einen gilt für Sparkassen in Bayern grundsätzlich das Regionalprinzip. Geschäftsbezirk der Sparkasse ist das Gebiet des Gewährträgers bzw. des Zweckverbandes (§ 2 SpkO). Verwendet die Sparkasse mehrere gebietsbezogene Firmen, so werden sich diese regelmäßig auf den Geschäftsbezirk der Sparkasse beziehen, so dass diese eindeutig identifizierbar sein wird und Verwechslungen nicht zu befürchten sind. Auch die von der Industrie- und Handelskammer befürchtete mangelnde Information des in das Handelsregister Einsehenden ist nicht zu erwarten. Bei der Eintragung der Sparkasse sind sämtliche Firmen, unter der sie auftreten kann, im Handelsregister aufzunehmen. Diese Eintragung hat in dem Handelsregister des Gerichts - und nur in diesem - zu erfolgen, in dessen Bezirk sich die Handelsniederlassung befindet (BayObLGZ 2000, 210/212 f.).

3. Da das Rechtsmittel erfolgreich ist, fallen Gerichtsgebühren für die Beschwerde und die weitere Beschwerde nicht an (§ 131 Abs. 1 Satz 2 KostO). Die Festsetzung eines Geschäftswerts ist daher nicht geboten. Die Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts ist aufgehoben.

Ende der Entscheidung

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