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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 20.02.2002
Aktenzeichen: 3Z BR 36/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1836 Abs. 2 Satz 2
Der Senat hält trotz der Kritik an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vergütung von Betreuern bemittelter Betreuter (Beschluss vom 31.8.2000 - BGHZ 145, 104) an dieser fest.
Gründe:

I.

Für die vermögende Betroffene ist seit August 1997 ein Diplom-Sozialpädagoge (FH) zum Betreuer bestellt, der die Betreuung berufsmäßig führt.

Für die bis 31.8.2000 geleistete Tätigkeit bewilligte ihm das Amtsgericht Vergütungen auf der Basis eines Netto-Stundensatzes von 75 DM. Entgegen seinem Antrag, diesen Stundensatz auch der ihm für den Zeitraum 1.9.2000 bis 31.8.2001 zustehenden Vergütung zugrunde zulegen, erkannte ihm das Amtsgericht mit Beschluss vom 19.10.2001 nur noch einen Netto-Stundensatz von 60 DM zu.

Seine sofortige Beschwerde hat das Landgericht am 3.12.2001 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betreuer mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige, insbesondere vom Landgericht zugelassene Rechtsmittel (§ 69e Satz 1, § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG) bleibt ohne Erfolg.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung, teils unter Bezugnahme auf den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts, wie folgt begründet:

Sei der Betreute - wie hier - nicht mittellos, sei die Tätigkeit des Berufsbetreuers mit der Qualifikation des Beschwerdeführers im Normalfall mit einem Netto-Stundensatz von 60 DM zu vergüten. Die Kammer schließe sich der Auffassung des Bundesgerichtshofs an, wonach die Stundensätze des § 1 BVormVG auch für die Betreuung vermögender Betreuter eine wesentliche Orientierungshilfe und im Regelfall angemessen seien. Die vom Amtsgericht Starnberg im Beschluss vom 17.4.2001 vertretene abweichende Rechtsansicht werde nicht geteilt. Die Voraussetzungen für die Zubilligung eines höheren Stundensatzes seien hier nicht gegeben, da die vom Betreuer angeführten Schwierigkeiten der Betreuung bereits über den hierdurch angefallenen erhöhten Zeitaufwand abgegolten würden.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO n. F.).

a) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den Stundensatz gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Beschluss vom 31.8.2000 (BGHZ 145, 104) bemessen hat.

Danach kommt den in § 1 Abs. 1 BVormVG für die Vergütung von Betreuern mittelloser Betreuter festgelegten Stundensätzen für die Vergütung von Betreuern bemittelter Betreuter Richtlinienfunktion zu. Der Tatrichter darf sie nur überschreiten, wenn die Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte dies im Einzelfall ausnahmsweise gebietet.

Der Senat hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (vgl. (BayObLGZ 2000, 316; 2000, 331/333; BayObLG BtPrax 2001, 164/165; BayObLGZ 2001, 122/124; BayObLG NJW-RR 2001, 1446). Die von Glade (FamRZ 2001, 479) und dem Amtsgericht Starnberg (Rpfleger 2001, 421) an der betreffenden Entscheidung geübte Kritik gibt ihm weiterhin keinen Anlass, den Bundesgerichtshof mit der Frage der Bemessung des Stundensatzes für die Vergütung von Betreuern vermögender Betreuter erneut zu befassen. Der Festlegung der Stundensätze für die Vergütung von Betreuern mittelloser Betreuter in § 1 Abs. 1 BVormVG liegt eine mit dem Grundgesetz vereinbare (vgl BVerfG BtPrax 2000, 1207122 f.) Bewertung des Gesetzgebers bezüglich der von Betreuern im Normalfall zu erbringenden Leistung und der Angemessenheit der ihnen hierfür zu gewährenden Entlohnung zugrunde. Der Senat teilt die Ansicht des Bundesgerichtshofs, dass die Stundensätze des § 1 Abs. 1 BVormVG im Regelfall auch für die von Betreuern vermögender Betreuter erbrachten Leistungen ein angemessenes Entgelt darstellen (vgl. BGHZ 145, 104/114; vgl. auch BVerfG BtPrax 2000, 120/122 f.). Der Umstand, dass diese Stundensätze insoweit nicht zwingend sind, lässt Raum, besonderen Schwierigkeiten der konkreten Betreuung im Rahmen der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens (vgl., BGHZ 145, 104/109; BayObLGZ 1999, 375/378 m. w. N. ) Rechnung zu tragen, insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betreuten, soweit sie sich in der Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte niederschlagen, bei der Bemessung der Vergütung individuell zu berücksichtigen (vgl. BT-Drucks. 13/7158 S. 55 E.; Engers MDR 2001, 92/93). Erkenntnisse, dass infolge der dargelegten Grundsätze die wirtschaftliche Existenz des Berufszweiges Betreuer nicht mehr gewährleistet wäre, liegen dem Senat nicht vor (vgl. auch SchlHOLG MDR 2001, 994/995). Schließlich werden diese Grundsätze auch von anderen Oberlandesgerichten angewendet (vgl. OLG Frankfurt am Main FGPrax 2001, 73; OLG Hamm FamRZ 2001, 655 [LS]; OLG Karlsruhe FGPax 2001, 72; SchlHOLG MDR 2001, 994 und BtPrax 2001, 259; Thür.OLG Rpfleger 2001, 127/128; OLG Zweibrücken BtPrax 2001, 78).

b) Ob dem Betreuer ein höherer Stundensatz zuzubilligen ist, weil die Anforderungen an ihn im Abrechnungszeitraum über den Regelfall einer Betreuung mit entsprechendem Aufgabenkreis deutlich hin ausgegangen sind und die Vergütung mit dem seiner Qualifikation nach § 1 Abs. 1 BVormVG entsprechenden Stundensatz zu der von ihm erbrachten gesteigerten Leistung in einem klaren Missverständnis stünde (vgl. BayObLGZ 2000, 316; 2001, 122/124), obliegt der pflichtgemäßen Beurteilung des Tatrichters. Das Rechtsbeschwerdegericht kann diese nur auf Rechtsfehler überprüfen. Solche sind hier nicht erkennbar. Die vom Landgericht gebilligte Würdigung des Amtsgerichts, dass die im Abrechnungszeitraum angefallenen Geschäfte an den Betreuer als Diplom-Sozialpädagogen keine außergewöhnlichen Anforderungen gestellt hätten, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Ende der Entscheidung

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