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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 07.03.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 41/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1896
BGB § 1897 Abs. 4
BGB § 1908b Abs. 3
Für die Frage, ob die Betreuung zu verlängern ist, gilt hinsichtlich der Auswahl des Betreuers § 1897 BGB über die Neubestellung.
BayObLG Beschluss

LG Regensburg 7 T 703/00; AG Regensburg XVII 950/93

3Z BR 41/01

07.03.01

Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Nitsche und Fuchs

am 7. März 2001

in der Betreuungssache

auf die weitere Beschwerde des Betroffenen

beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde wird der Beschluss des Landgerichts Regensburg vom 22. Januar 2001 aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Regensburg zurückverwiesen

Gründe

I.

Für den Betroffenen. ist seit 27.10.1993 ein Berufsbetreuer mit den Aufgabenkreisen Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung und Vermögensverwaltung bestellt. Am 24.8.2000 verlängerte das Amtsgericht die Betreuung. Die Beschwerde, mit der der Betroffene die Bestellung eines anderen Betreuers erreichen wollte, hat das Landgericht am 22.1.2001 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Landgericht.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, gemäß § 1897 Abs. 4 BGB sei einem Vorschlag des Betroffenen in Bezug auf die Person des Betreuers zu entsprechen, wenn dies dem Wohl des Betreuten nicht zuwider laufe. Auf den Wunsch des Betreuten sei aber nur insofern Rücksicht zu nehmen, als er seinem Wohl nicht zuwider laufe und der Betreute krankheitsunbeeinflusst einen Wunsch nach einer bestimmten Person als Betreuer äußern könne. Gemäß § 1908b Abs. 3 BGB könne das Gericht einen Betreuer entlassen, wenn der Betreute eine gleich geeignete Person, die zur Übernahme bereit sei, als neuen Betreuer vorschlage. Durch die Kann-Vorschrift sei dem Gericht ein Ermessensspielraum eingeräumt. Das Gericht sei nicht davon überzeugt, dass der Betroffene unbeeinflusst von seiner Erkrankung einen freien Willen in bezug auf die Person des Betreuers äußern könne. Es gehe auch nicht davon aus, dass ein Vertrauensverhältnis mit dem derzeitigen Betreuer nicht mehr zu erreichen sei. Der Betroffene bemühe sich seit ca. einem Jahr um einen Betreuerwechsel. In der Anhörung habe er aber nicht den Eindruck erweckt, als sei das Vertrauensverhältnis erheblich gestört. Der Betroffene unternehme derzeit eine Therapie in einer sozialtherapeutischen Einrichtung, um sein Alkoholproblem in den Griff zu bekommen. Er wolle diese Therapie durchstehen. Eine Kontinuität der Betreuung sei für den Erfolg durchaus wichtig. Letztlich habe der Betreuer viele Jahre zur Zufriedenheit des Betroffenen gehandelt. Ein neuer Betreuer müsse sich erst einarbeiten. Unter Abwägung aller Umstände halte das Gericht einen Betreuerwechsel zur zeit nicht für angezeigt, da dies dem Wohl des Betroffenen widersprechen würde.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht stand. Es ist unklar, ob das Landgericht seine Entscheidung im Ergebnis auf § 1908b Abs. 3 BGB (anstatt auf § 1897 Abs. 4 BGB) gestützt hat. Jedenfalls hat es die Voraussetzungen des § 1897 Abs. 4 BGB für eine Ablehnung der vom Betroffenen gewünschten Betreuerin nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.

a) Gegenstand des mit der Erstbeschwerde angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts ist nicht die Entlassung eines Betreuers bei Fortbestehen der Betreuung, sondern die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers unter Fortbestand des bisherigen Aufgabenkreises. Die bisherige Betreuerbestellung endete mit Wirksamkeit der Entscheidung vom 24.8.2000, mit der das Amtsgericht die Betreuerbestellung verlängert, das heißt, erneut Betreuung angeordnet und denselben Betreuer wiederum bestellt hat. Der Betroffene will nicht die Entlassung seines Betreuers aus laufender Betreuung erreichen, sondern wendet sich gegen die erneute Bestellung des bisherigen Betreuers. Das Oberlandesgericht Hamm (FGPrax 2000, 196) hat überzeugend dargelegt, dass bei einer solchen Entscheidung über die Verlängerung der Betreuung hinsichtlich der Auswahl des Betreuers die Vorschriften über die Neubestellung, somit § 1897 BGB, und nicht diejenigen über die Entlassung (§ 1908b BGB) anzuwenden sind (ebenso Palandt/Diederichsen BGB 60. Aufl. § 1896 Rn. 24; Erman/Holzhauer BGB 10. Aufl. § 1896 Rn. 96; vgl. auch MünchKomm/Schwab BGB 3. Aufl. § 1896 Rn. 128). Dem schließt sich der Senat an.

b) § 1897 Abs. 4 BGB räumt dem Tatrichter bei der Auswahl des Betreuers im Gegensatz zu § 1908b Abs. 3 BGB kein Ermessen ein. Es ist die Person zu bestellen, die der Betroffene wünscht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Wunsch des Betroffenen durch seine Krankheit beeinflusst ist. Dem Vorschlag des Betroffenen ist grundsätzlich unabhängig von seiner Geschäftsfähigkeit zu entsprechen (BayObLG FamRZ 1996, 1374). Der Wille des Betroffenen kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der von ihm gewünschten Person seinem Wohl zuwiderläuft. Dies erfordert eine umfassende Abwägung aller Umstände. Die Nichtberücksichtigung des Vorschlags des Betroffenen setzt voraus, dass das Ergebnis der Erwägung deutlich gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person spricht. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will. Die Tatsache, dass ein Dritter als Betreuer geeigneter erscheint, genügt nicht (BayObLG NJW-RR 1997, 71/72).

Eine solche konkrete Gefahr hat das Landgericht hier nicht festgestellt. Insbesondere hat es nicht geprüft, ob die vorgeschlagene Betreuerin ebenfalls in der Lage wäre, die zum Wohl des Betroffenen für erforderlich gehaltenen Maßnahmen in gleicher Weise fortzuführen wie der bisherige Betreuer.

c) Der Senat kann nicht selbst entscheiden, ob die Bestellung der gewünschten Person zur Betreuerin dem Wohl des Betroffenen zuwiderlaufen würde. Dies hängt weitgehend von der derzeitigen Verfassung des Betroffenen, aber auch von der Person der gewünschten Betreuerin ab. Dahingehende Feststellungen kann der Senat nicht treffen.

Ende der Entscheidung

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