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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 28.06.2000
Aktenzeichen: 3Z BR 43/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1416 Abs. 1
BGB § 1450 Abs. 1
BGB § 1452 Abs. 1
Mit dem Guthaben eines gemeinsamen Sparkontos darf ein Kredit getilgt werden, den der aus der ehelichen Wohnung ausgezogene Ehegatten zum Kauf von Möbeln aufgenommen hat, wenn dadurch das Gesamtgut entlastet wird.
BayObLG Beschluß

LG Amberg 33 T 1244/99; AG Schwandorf X 5/99

3Z BR 43/00

Verkündet am 28.06.00

Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Nitsche und Fuchs am 28. Juni 2000 in der Vormundschaftssache wegen Ersetzung der Zustimmung zur Vornahme eines Rechtsgeschäfts auf die weitere Beschwerde des Antragstellers

beschlossen:

Tenor:

I. Der Beschluß des Landgerichts Amberg vom 25. Januar 2000 wird insoweit aufgehoben, als das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts abgeändert und den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen hat. Im Umfang der Aufhebung wird das Verfahren zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

II. Im übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Antragsteller und Antragsgegnerin sind verheiratet; sie haben Gütergemeinschaft vereinbart. Die Ehe ist gescheitert. Im Einvernehmen mit der Antragsgegnerin zog der Antragsteller deshalb aus der ehelichen Wohnung aus und richtete sich eine eigene Wohnung ein. Dazu kaufte er Mobiliar für insgesamt 19724,31 DM. 8424,31 DM bezahlte er aus vorhandenen Mitteln, für den Rest von 11300 DM nahm er einen Kredit auf.

Die Beteiligten sind Inhaber eines Sparkontos mit einem Guthaben von ca. 30000 DM. Der Antragsteller möchte von diesem Konto einen Betrag von 19724,31 DM abheben, um die neu angeschafften Möbel zu bezahlen. Die Antragsgegnerin verweigert die Zustimmung zur Abhebung mit der Begründung, zwar habe der Antragsteller Anspruch auf Einrichtungsgegenstände, im Hinblick auf die bestehenden Vermögensverhältnisse aber nicht auf eine komplett neue Wohnungseinrichtung. Er verweigere ihr seinerseits eine angemessene Wohnungsausstattung; bei einer Auszahlung des vollen Betrages werde ihr Auseinandersetzungsanspruch gefährdet.

Der Antragsteller beantragte vor dem Vormundschaftsgericht:

Die Zustimmung der Antragsgegnerin dafür, daß dem Antragsteller aus dem Konto der Parteien bei... ein Betrag von 19724,31 DM zur Bestreitung seiner Wohnungseinrichtung im Anwesen... zufließt, wird erteilt.

Die Antragsgegnerin beantragte, den Antrag zurückzuweisen.

Mit Beschluß vom 28.10.1999 ersetzte das Vormundschaftsgericht die Zustimmung der Antragsgegnerin zur Abhebung eines Betrages von 11300 DM; den weitergehenden Antrag wies es zurück.

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Landgericht am 25.1.2000 die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts abgeändert und den Antrag des Antragstellers insgesamt zurückgewiesen. Die Beschwerde, mit der der Antragsteller den vor dem Vormundschaftsgericht gestellten Antrag weiter verfolgt hatte, hat das Landgericht zurückgewiesen.

Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der weiteren Beschwerde, mit der er seinen vor dem Vormundschaftsgericht gestellten Antrag weiter verfolgt.

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 19, 27 FGG) und zum Teil begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Zu Recht habe das Amtsgericht die Zustimmung der Antragsgegnerin zur Abhebung eines Betrages von 8422 DM nicht ersetzt, da der Antragsteller über entsprechende Mittel verfügen konnte. Er habe von einem eigenen Konto 8422 DM bezahlt. Die Heranziehung des Kontos aus dem Gesamtgut sei daher nicht erforderlich. Daß der Antragsteller hierfür seinen Kontokorrentkredit beansprucht habe, zeige, daß ihm entsprechende Mittel zur Verfügung stünden. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin sei erfolgreich, da diese unbestritten vorgetragen habe, der Antragsteller habe auch die Rechnungen der Firma K über 5800 DM und 5500 DM am 5.8.1999 bereits bezahlt. Auch die Entnahme dieses Betrages sei deshalb zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtgutes nicht erforderlich. was hierzu erforderlich sei, richte sich nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie und der persönlichen Interessen der Familienangehörigen. Die Kammer sei aufgrund der Abwägung dieser Umstände der Auffassung, daß die sofortige Zahlung der Rechnungen der Firma K durch den Antragsteller per Kredit offensichtlich dessen finanzielle Verhältnisse nicht überspannt habe, so daß ein Erfordernis der Inanspruchnahme des Gesamtgutes nicht bestehe.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nur zum Teil stand.

a) Die Ersetzung der Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft setzt voraus, daß dessen Vornahme zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtgutes erforderlich ist und die Zustimmung ohne ausreichenden Grund verweigert wird (§ 1452 Abs. 1 BGB).

Gegenstand der Ersetzung der Zustimmung kann jedes das Gesamtgut berührende Rechtsgeschäft sein, auch die Verfügung über eine zum Gesamtgut gehörende Forderung (BayObLG Z 1996, 132/134). Der Anspruch auf Auszahlung eines Sparguthabens fällt in das Gesamtgut (§ 1416 Abs. 1 BGB). Der Antragsteller möchte einen Teil des Sparguthabens an sich ausbezahlen lassen. Dies setzt eine Zustimmung der Antragsgegnerin voraus, da die Beteiligten ihrem unbestrittenen Vortrag zufolge das Gesamtgut gemeinsam verwalten und daher nur gemeinschaftlich berechtigt sind, über dieses zu verfügen (§ 1450 Abs. 1 BGB).

b) Ob eine ordnungsgemäße Verwaltung des Gesamtgutes die Abhebung eines Betrages von 11300 DM erfordert, ist nicht ausreichend geklärt.

aa) Die Ersetzung der Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft ist nicht schon dann zulässig, wenn dieses zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtgutes zweckmäßig ist; es muß nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung notwendig sein (Staudinger/Thiele BGB 13. Bearbeitung § 1452 Rn. 6).

bb) Insoweit hat das Landgericht den zugrunde liegenden Sachverhalt nicht richtig gewürdigt und ist von unzutreffenden rechtlichen Überlegungen ausgegangen.

(1) Nach den Vorstellungen beider Beteiligter bei der Trennung sollte sich der Antragsteller nach seinem Auszug aus der ehelichen Wohnung eine eigene Wohnung einrichten. Da kein Vorbehaltsgut vorhanden ist, kann der Antragsteller den Umständen nach die Einrichtung nur mit Mitteln bezahlen, die zum Gesamtgut gehören. Das bestreitet die Antragsgegnerin auch nicht, wie sich aus ihrem Vorbringen im Schriftsatz vom 28.9.1999 ergibt. Sie ist lediglich mit dem Umfang der Anschaffung und der damit aus dem Gesamtgut zu erbringenden Bezahlung nicht einverstanden.

(2) Die Auffassung des Landgerichts, daß der Antragsteller den Kredit mit eigenen Mitteln zurückführen kann und deshalb Mittel aus dem Gesamtgut nicht in Anspruch genommen werden müssen, beruht auf einer unzutreffenden Vorstellung vom Wesen der Gütergemeinschaft.

Der Antragsteller hat kein eigenes Vermögen, über das er allein ohne Zustimmung der Antragsgegnerin verfügen könnte. Vorbehaltsgut wurde nicht vereinbart, Sondergut ist nicht vorhanden. Sämtliche Einnahmen, auch die Rentenzahlungen (BGH NJW 1990, 2252/2253), gehören zum Gesamtgut, auch soweit zwischen den Eheleuten Einverständnis besteht, daß der Antragsteller sie nach seinem Gutdünken verwenden darf (vgl. Staudinger/Thiele § 1416 Rn. 13; MünchKomm/Kanzleiter BGB 3. Aufl. § 1416 Rn. 5). Das bedeutet, daß der Antragsteller den Kredit nicht mit eigenen Mitteln, sondern nur mit ihm zur Verfügung gestellten laufenden Einnahmen aus dem Gesamtgut zurückführt. Es entspricht aber nicht einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtgutes, einen (höher verzinslichen) Kredit für im Einverständnis mit der Antragsgegnerin erfolgte Anschaffungen zum Gesamtgut mit den laufenden Einnahmen aus dem Gesamtgut langsam zurückzuführen, wenn zum Gesamtgut ein (niedriger verzinsliches) Sparguthaben gehört, das eine sofortige Rückzahlung des Kredits ermöglicht. Eine sofortige Tilgung des Darlehens würde das Gesamtgut weniger belasten und wäre deshalb wirtschaftlicher. Die Entscheidung des Landgerichts kann deshalb mit der von ihm gegebenen Begründung keinen Bestand haben, soweit der Antragsteller 11300 DM vom gemeinsamen Sparguthaben abheben will.

cc) Der Senat kann eine eigene Entscheidung nicht treffen.

(1) Zwischen den Parteien ist streitig, in welchem Umfang die vom Antragsteller angeschafften Einrichtungsgegenstände einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtgutes entsprechen. Zwar sprechen Umfang und Preise des angeschafften Mobiliars nicht von vornherein gegen eine ordnungsgemäße Verwaltung. Entscheidend sind aber die Gesamtumstände, die Vermögensverhältnisse und auch die Wohnungssituation der Antragsgegnerin (vgl. BayObLG FamRZ 1963, 521/522; OLG Hamm FamRZ 1967, 572; Staudinger/Thiele § 1365 Rn. 76). Dazu hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen.

(2) Eine Ersetzung der Zustimmung nach § 1452 BGB setzt weiter voraus, daß die Zustimmung ohne ausreichenden Grund verweigert wird. Ob die Verweigerung ohne ausreichenden Grund erfolgte, ist vom Vormundschaftsgericht unter Würdigung aller Umstände zu entscheiden. Daß das Rechtsgeschäft zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtgutes erforderlich ist, schließt nicht aus, einen ausreichenden Grund des anderen Ehegatten zur Verweigerung seiner Zustimmung anzuerkennen (KG OLGE 346; Staudinger/Thiele § 1452 Rn. 11). In der Regel wird allerdings die Weigerung, an einer erforderlichen Verwaltungsmaßnahme teilzunehmen, nicht ausreichend begründet sein (Staudinger aaO). Ein ausreichender Grund zur Verweigerung der Zustimmung kann dann gegeben sein, wenn bei Vornahme des Rechtsgeschäfts eine Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen des anderen Ehegatten und der Familie zu besorgen ist. Als Weigerungsgrund kommen insbesondere die mangelnde Sicherstellung der Versorgung des anderen Ehegatten in Betracht sowie die Befürchtung, daß dieser durch seine Zustimmung bei einer künftigen Auseinandersetzung des Gesamtgutes beeinträchtigt werden kann (Staudinger/Thiele § 1452 Rn. 12). Nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin weigert sich der Antragsteller seinerseits, Mittel aus dem Gesamtgut zur Verfügung zu stellen, die die Antragsgegnerin zu einer vernünftigen Lebensführung braucht. Darüber hinaus behauptet die Antragsgegnerin, daß sie im Falle der Ersetzung ihrer Zustimmung bei der bevorstehenden Auseinandersetzung des Gesamtguts beeinträchtigt werde. Es ist deshalb zu klären, ob die Antragsgegnerin die Zustimmung ohne ausreichenden Grund verweigert.

c) Soweit das Landgericht die Zustimmung zur Abhebung eines Betrages von 8422 DM nicht ersetzt hat, bleibt die weitere Beschwerde ohne Erfolg. Bei dem vom Antragsteller zur Bezahlung von Möbeln verwendeten Betrag von 8422 DM handelte es sich nicht um Mittel, die dem Antragsteller allein gehörten, sondern um Mittel aus dem Gesamtgut, auch wenn der Antragsteller tatsächlich über diese Beträge allein verfügen durfte. Zu Recht ist das Landgericht deshalb davon ausgegangen, daß eine ordnungsgemäße Verwaltung des Gesamtgutes es nicht erfordert, dem Antragsteller als Ersatz für den ausgegebenen Betrag eine entsprechende Summe aus dem Sparguthaben zur Verfügung zu stellen.

Ende der Entscheidung

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