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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 19.06.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 48/01
Rechtsgebiete: FGG, HGB


Vorschriften:

FGG § 142
HGB § 131 Abs. 1 Nr. 2
HGB § 161 Abs. 2
1.Eine Kommanditgesellschaft wird ohne ohne Abwicklung aufgelöst und beendet, wenn der letzte Kommanditist seinen Gesellschaftsanteil auf den alleinigen Komplementär überträgt.

2.Eine Eintragung im Handelsregister ist von Amts wegen zu löschen, wenn sie im öffentlichen Interesse liegt, weil die Eintragung nicht mehr zutreffend und vollständigkeit ist.


Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Schreieder und Dr. Nitsche

am 19. Juni 2001

in der Handelsregistersache

auf die weitere Beschwerde der Beteiligten

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 30. November 2000 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Am 31.08.2000 meldeten die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH und die Kommanditisten zur Eintragung in das Handelsregister an, dass

1. die Kommanditisten sämtliche Kommanditgesellschaftsanteile an der GmbH & Co. KG auf die Komplementär-GmbH übertragen haben,

2. die Kommanditgesellschaft damit beendet und ohne Abwicklung erloschen und deren gesamtes Vermögen im Wege der Anwachsung auf die Komplementär-GmbH übergegangen sei,

3. die Firma der GmbH & Co. KG erloschen sei.

Am 08.09.2000 wurde in das Handelsregister folgendes eingetragen: "Als Kommanditisten sind ausgeschieden:... Die Gesellschaft ist aufgelöst. Die Firma ist erloschen."

Diese Eintragung bat der Urkundsnotar mit Schreiben vom 13.09.2000 insoweit zu berichtigen, als in ihr angegeben ist, die Gesellschaft sei aufgelöst. Dies treffe nicht zu; die Gesellschaft sei nicht in das Liquidationsstadium eingetreten. Das Registergericht lehnte am 19.09.2000 die Berichtigung ab. Die Beschwerde der ehemaligen Komplementär-GmbH hiergegen hat das Landgericht am 30.11.2000 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der GmbH.

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist der Urkundsnotar, der den Eintragungsantrag gestellt hat, gemäß § 29 Abs. 1 Satz 3 FGG postulationsfähig. Die Befugnis der GmbH zur weiteren Beschwerde ergibt sich aus der Zurückweisung der Erstbeschwerde (vgl. BayObLGZ 1998, 195; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 8. Aufl. § 27 Rn. 7).

Das Rechtsmittel ist aber nicht begründet.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Es sei zwar zwischen Auflösung und Vollbeendigung zu unterscheiden, da dazwischen in vielen Fällen die Liquidation liege. Die h. M. gehe aber davon aus, dass eine Auflösung der Gesellschaft auch dann vorliege, wenn in einer zweigliedrigen Gesellschaft einer der beiden Gesellschafter sterbe und vom anderen beerbt werde. Dagegen werde im Fall der Ausschließung gemäß § 140 HGB ein Erlöschen angenommen, d. h. es werde eine (von der Auflösung zu unterscheidende) automatische Vollbeendigung bejaht. Es möge gerechtfertigt erscheinen, bei einem durch Gestaltungsurteil eintretenden Übergang eines Gesellschaftsanteils auf den verbleibenden Alleingesellschafter nicht von einer Auflösung zu sprechen. Bei einer rechtsgeschäftlichen Übertragung des Anteils erscheine es hingegen, ebenso wie bei einem Übergang durch gesetzliche Erbfolge oder von Todes wegen, nicht angebracht zu differenzieren. Insbesondere die rechtsgeschäftliche Übertragung der Anteile zweier Gesellschafter auf den einzigen verbleibenden - wie vorliegend der Fall - stelle nämlich im Ergebnis auch nur eine Beendigung der Gesellschaft durch Rechtsgeschäft, also einen Unterfall von § 131 Abs. 1 Nr. 2 HGB, dar.

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1, § 550 ZPO) im Ergebnis stand.

a) Die Erstbeschwerde war, was das Gericht der weiteren Beschwerde selbständig zu prüfen hat (BayObLG GmbHR 1998, 1123/1124), zulässig. Die GmbH hat als Komplementärin der beendeten KG und als Übernehmerin der Kommanditeinlagen ein rechtliches Interesse (§ 20 Abs. 1 FGG) daran, sachlich unzutreffende Eintragungen aus dem betreffenden Registerblatt entfernen zu lassen.

b) Das Schreiben des Notars vom 13.09.2000 enthält die Anregung, den Eintrag "Die Gesellschaft ist aufgelöst" gemäß § 142 Abs. 1 FGG zu löschen. Nach dieser Bestimmung kann das Registergericht eine Eintragung im Handelsregister löschen, wenn sie bewirkt ist, obgleich sie mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig war. Voraussetzung der Löschung ist also, dass die Eintragung zur Zeit ihrer Vornahme unzulässig war, diese Unzulässigkeit auf einem wesentlichen Mangel beruht und dass bei pflichtgemäßer Abwägung aller Umstände die Löschung angebracht erscheint. Letzteres ist grundsätzlich der Fall, wenn das Fortbestehen der unzulässigen Eintragung dem öffentlichen Interesse an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Handelsregisters oder dem Interesse der Beteiligten widerspräche oder die unzulässige Eintragung die Schädigung berechtigter Dritter zur Folge hätte (vgl. BayObLGZ 1970, 269/271 f.; Jansen FGG 2. Aufl. § 142 Rn. 10; Keidel/ Winkler FGG 14. Aufl. § 142 Rn. 17 und 19).

c) Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

aa) zwar ist die gerügte Eintragung verfahrensfehlerhaft erfolgt, weil die Auflösung der GmbH & Co. KG nicht angemeldet wurde. Eintragungen im Handelsregister erfolgen grundsätzlich (zu Ausnahmen vgl. z. B. § 32, § 143 Abs. 1 Sätze 2 und 3 HGB) nur auf Anmeldung (vgl. Baumbach/Hopt HGB 30. Aufl. § 8 Rn. 6). Zur Anmeldung der Auflösung sind gemäß § 161 Abs. 2 i.V.m. § 143 Abs. 1 Satz 1 HGB sämtliche Gesellschafter, auch die Kommanditisten (vgl. BayObLG WM 1988, 710; Baumbach/Hopt § 162 Rn. 14) verpflichtet. Die nicht erfolgte Anmeldung kann das Registergericht nicht durch eine Eintragung von Amts wegen ersetzen. Es hat vielmehr die Anmeldung - da die Gesellschafter hierzu öffentlich-rechtlich verpflichtet sind - durch Zwangsgeld herbeizuführen (§ 14 HGB; vgl. Heymann/Emmerich HGB 2. Aufl. § 143 Rn. 10).

bb) Die Eintragung der Auflösung trifft aber sachlich zu. Die Gesellschaft ist aufgelöst.

(1) Die Rechtsbeschwerde weist zu Recht darauf hin, dass die Gesellschaft hier nicht in das Liquidationsstadium eingetreten ist. Daraus folgt aber nicht, dass auch keine Auflösung der Gesellschaft stattgefunden hat. Die Auflösung der Gesellschaft ist von deren Liquidation (Abwicklung) zu unterscheiden (vgl. Baumbach/Hopt § 131 Rn. 2). Der Auflösung kann die Abwicklung folgen, die Auflösung kann aber auch das automatische Erlöschen der Gesellschaft bedeuten (K. Schmidt Gesellschaftsrecht 3. Aufl. S. 316). Letzteres wird insbesondere angenommen, wenn alle Gesellschafter außer einem aus der Gesellschaft ausscheiden und der verbliebene Gesellschafter Alleininhaber des Unternehmens wird. Dies gilt etwa, wenn einer von zwei Gesellschaftern stirbt und von dem anderen Gesellschafter allein beerbt wird (vgl. BGHZ 113, 132/133), oder wenn einer von zwei Gesellschaftern das Gesellschaftsvermögen ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven übernimmt (OLG Düsseldorf GmbHR 1997, 903). In einem solchen Fall geht das Gesellschaftsvermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter über (BGH, OLG Düsseldorf aaO), eine Liquidation findet nicht statt.

(2) Ein derartiger Fall der Auflösung der Gesellschaft, der zu deren Beendigung ohne Abwicklung führte, ist auch hier gegeben.

Schon nach dem Rechtszustand vor dem Inkrafttreten des Handelsrechtsreformgesetzes (HRefG vom 22.06.1998, BGBl. I S. 1474) war anerkannt, dass sich durch eine Übernahmevereinbarung zwischen den beiden letzten Gesellschaftern das bisherige Gesamthandseigentum der Gesellschafter in Alleineigentum des übernehmenden Gesellschafters verwandelt (§ 142 HGB a.F. i.V.m. § 738 BGB analog; BGHZ 50, 307/308). Der Übernehmende wurde Gesamtrechtsnachfolger der beendeten Gesellschaft (vgl. BGHZ 71, 296/300; 113, 132/133; BGH NZG 2000,'474; Baumbach/ Hopt § 131 Rn. 35, Schlegelberger/Schmidt HGB 5. Aufl. § 131 Rn. 2). Die Gesellschaft war aufgelöst und ohne Liquidation beendet (OLG Düsseldorf GmbHR 1997, 903/904).

Diese Rechtslage hat sich durch das HRefG nicht verändert. Eines der wesentlichen Ziele dieses Gesetzes ist es, die Zerschlagung von Unternehmen zu verhindern (Ensthaler Gemeinschaftskommentar zum HGB 6. Aufl. § 131 Rn. 9). Im Gegensatz zum bisherigen Rechtszustand, der die Auflösung der oHG oder der KG bei Ausscheiden eines Gesellschafters zur Regel hatte, gilt nunmehr der Grundsatz, dass bei Ausscheiden eines Gesellschafters die Gesellschaft fortgeführt wird (Baumbach/Hopt § 131 Rn. 1). Dieser Grundsatz gilt aber nur, solange mindestens zwei Gesellschafter übrig bleiben, die die Gesellschaft fortführen. Verbleibt nur noch - wie im vorliegenden Fall - ein Gesellschafter, wird die Gesellschaft auch nach neuem Recht aufgelöst, das Ausscheiden aller Gesellschafter bis auf einen stellt insoweit einen gesetzlichen Auflösungsgrund dar (Ensthaler § 131 Rn. 18; Baumbach/Hopt § 131 Rn. 7 und 35).

Durch die Übertragung ihrer Gesellschaftsanteile schieden die beiden Kommanditisten aus der GmbH & Co. KG aus, es verblieb nur noch die Komplementär-GmbH. Deshalb wurde nach den dargelegten Grundsätzen mit dem Ausscheiden des letzten Kommanditisten die GmbH & Co. KG aufgelöst und gleichzeitig beendigt. Es gibt keinen sachlichen Grund, den hier vorliegenden Fall der Übertragung der Gesellschaftsanteile der Ausscheidenden auf den verbleibenden Gesellschafter anders zu behandeln als denjenigen, dass alle Gesellschafter bis auf einen durch Vereinbarung unter Übernahme des Gesellschaftsvermögens durch den Verbleibenden aus der Gesellschaft ausscheiden. In beiden Fällen beruht die Beendigung der Gesellschaft letztlich auf dem erklärten Willen der Gesellschafter, in beiden Fällen kann die Gesellschaft nach den Grundsätzen des allgemeinen Personengesellschaftsrechts nicht fortbestehen. Das Zusammenfallen aller Anteile in einer Hand stellt daher, wie das Ausscheiden aller Gesellschafter, im Ergebnis einen gesetzlichen Beendigungsgrund dar (vgl. Baumbach/Hopt § 131 Rn. 7).

cc) Da die Eintragung der Auflösung sachlich zutrifft (vgl. OLG Düsseldorf GmbHR 1997, 903/904), ist diese - obwohl sie ohne Anmeldung eingetragen wurde - nicht von Amts wegen zu löschen (vgl. KG OLGZ 9, 257; Keidel/Winkler § 142 Rn. 11). Ist eine rechtsbekundende Eintragung unter Verletzung von Verfahrensvorschriften erfolgt, rechtfertigt dies deren Löschung grundsätzlich nicht, wenn sie sachlich richtig ist (Jansen § 142 Rn. 6). Andernfalls wäre der Registerrichter gezwungen, durch die Löschung des formell fehlerhaft zustande gekommenen Eintrags das Register unrichtig zu machen und dann sofort die Beteiligten aufzufordern, den sachlich zutreffenden, soeben gelöschten, Eintrag durch ihre Anmeldung wieder herbeizuführen (vgl. KG aaO S. 258).

Ende der Entscheidung

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