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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 22.09.2004
Aktenzeichen: 3Z BR 49/04
Rechtsgebiete: FamRÄndG, ZPO


Vorschriften:

FamRÄndG Art. 7 § 1
ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 2
Die Zustellung eines verfahrenseinleitenden Schriftstückes durch ein ausländisches Gericht in einem dort anhängigen Scheidungsverfahren ist dann nicht rechtzeitig erfolgt, wenn der Antragsteller gegenüber dem ausländischen Gericht behauptet, er kenne den Aufenthalt seiner Ehefrau nicht, obwohl er seit Monaten über Anwälte mit ihr über Unterhalt verhandelt, ihm eine Nachfrage ohne weiteres möglich wäre und er in einem deutschen Gerichtstermin, bei welchem die Ehefrau persönlich anwesend ist und ihre Adresse angibt, diese nicht an das ausländische Gericht weiterleitet und die Ehefrau auch nicht von dem bereits im Ausland anhängigen Scheidungsverfahren in Kenntnis setzt.
Gründe:

I.

Der Antragsteller, welcher die deutsche und die rumänische Staatsangehörigkeit besitzt, hat mit der Antragsgegnerin, einer rumänischen Staatsangehörigen, am 4.4.1999 in Rumänien die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Die Parteien leben seit 28.8.2002 getrennt; an diesem Tag ist die Antragsgegnerin aus der ehelichen Wohnung ausgezogen.

Der Antragsteller beantragte am 14.1.2003 bei dem erstinstanzlichen Gericht in Rumänien die Ehe zu scheiden. Im Scheidungsantrag gab er an, er habe alles in seiner Macht Stehende getan, um den neuen Wohnsitz der Antragsgegnerin in Erfahrung zu bringen; dies sei ihm aber nicht geglückt. Wegen des unbekannten Aufenthaltes der Antragsgegnerin wurde die Zustellung des Scheidungsantrages nach Art. 96 rumänisches Zivilverfahren beantragt. Die Ladung zum Termin in Rumänien am 17.2.2003 wurde in einer rumänischen Zeitung - Name der Zeitung und Erscheinungsdatum unbekannt - veröffentlicht. Zusätzlich wurde der Antragsgegnerin am 20.2.2003 durch einfachen Brief an die Adresse A eine Ladung zum Termin am 24. (oder 27.) 2.2003 mitgeteilt, welcher mit dem Vermerk "Empfänger unbekannt" an das rumänische Gericht zurückgesandt wurde. Die mündliche Verhandlung fand am 31.3.2003 statt. In diesem Termin wurde die Ehe der Parteien durch Urteil des erstinstanzlichen Gerichts geschieden. Nach Ablauf einer Berufungsfrist von 30 Tagen nach der Mitteilung wurde die Rechtskraft des Scheidungsurteils am 28.5.2003 bestätigt.

Die Antragsgegnerin hatte mit Schriftsatz vom 2.1.2003 einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage und einstweilige Anordnung auf Getrenntlebensunterhalt beim Amtsgericht - Familiengericht - eingereicht, nachdem außergerichtliche Verhandlungen zwischen dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers und der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zu keiner Einigung geführt hatten. Die Anträge wurden dem Antragsteller am 4.2.2003 mitgeteilt. In diesem Antrag gab die Antragsgegnerin als Adresse A an. In der mündlichen Verhandlung vom 17.3.2003, bei welcher die Antragsgegnerin persönlich erschienen war, gab sie als Anschrift B an; der Antragsteller war ebenfalls persönlich zugegen. Es liegt eine Meldebescheinigung vom 18.2.2003 für die Antragsgegnerin vor, in welcher sich die Antragsgegnerin ab 18.12.2002 für die letztgenannte Adresse anmeldet. Im Wege der einstweiligen Anordnung wurde der Antragsteller zur Zahlung eines Getrenntlebensunterhaltes verurteilt; das Hauptsacheverfahren ruht seit 10.11.2003 auf Antrag des Antragstellers im Hinblick auf das Anerkennungsverfahren.

Der Antragsteller beantragte am 18.6.2003 die Anerkennung der Ehescheidung. Er gab hierzu an, der jetzige gewöhnliche Aufenthaltsort der Antragsgegnerin sei ihm nicht bekannt. Die Gemeinde des letzten gemeinsamen ehelichen Wohnsitzes teilte auf Anfrage mit, von dort aus sei die Antragsgegnerin nach A verzogen. Dort halte sie sich aber nicht mehr auf. Aus den melderechtlichen Unterlagen gehe hervor, dass die Antragsgegnerin wiederholt Anschriften mit Straßennamen angegeben habe, dort aber amtlich nicht gemeldet gewesen sei. Die Präsidentin des Oberlandesgerichts hat am 23.7.2003 die beantragte Anerkennung ausgesprochen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit dem Ziel, die Feststellung zu erreichen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung des rumänischen Scheidungsurteils nicht gegeben sind. Sie macht geltend, ihr sei zu keiner Zeit rechtliches Gehör gewährt worden, und zwar weder im rumänischen Scheidungsverfahren noch im Anerkennungsverfahren. Von der Existenz des rumänischen Scheidungsverfahrens habe sie erst durch den Schriftsatz des Antragstellervertreters vom 30.6.2003 im Unterhaltsverfahren Kenntnis erlangt; dem Schriftsatz habe das bereits rechtskräftige Scheidungsurteil beigelegen. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Antragsteller während des gesamten Unterhaltsverfahrens das rumänische Scheidungsverfahren nicht erwähnt.

Die Anerkennung der rumänischen Ehescheidung habe der Antragsteller nur deshalb erreicht, weil er wahrheitswidrig gegenüber dem Oberlandesgericht angegeben habe, er kenne den Aufenthaltsort der Antragsgegnerin nicht, und die Antragsgegnerin habe Kenntnis vom rumänischen Scheidungsverfahren durch die Vorladung erlangt. Der Wohnsitz A sei dem Antragsteller bekannt gewesen, was sich bereits daraus ergebe, dass er diese Adresse in Rumänien angegeben habe. Dem Antragsteller sei auch bekannt gewesen, dass die Antragsgegnerin anwaltlich vertreten war.

Der Antragsteller beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Er bringt vor, im Unterhaltsverfahren sei immer wieder die Rede von der bevorstehenden Ehescheidung in Rumänien gewesen. Im Verfahren sei es - vor dem 31.3.2003 - sogar zu einer Diskussion zwischen den Anwälten und dem Familienrichter über die Frage gekommen, wo denn die Scheidung günstiger sei. Die Ladung zum Scheidungstermin habe der Antragsgegnerin öffentlich zugestellt werden müssen, weil eine Mitteilung an die bekannte Adresse A erfolglos verlaufen sei. Die Antragsgegnerin wechsele laufend ihre Anschriften, so gebe sie nun wiederum eine neue an. Sie habe das Recht auf Stellung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung jedenfalls verwirkt, weil sie am 10.9.2003 angekündigt habe, gegen die Anerkennungsentscheidung vorzugehen, und, nachdem das Amtsgericht im Hinblick hierauf das Ruhen des Verfahrens angeordnet habe, nichts unternommen habe. Nur weil der Antragsteller zwischenzeitlich die Wiederaufnahme des Unterhaltsverfahrens beantragt habe, sei nun der Antrag gestellt worden.

II.

Der Antrag auf Entscheidung durch das zuständige Bayerische Oberste Landesgericht (Art. 7 § 1 Abs. 6 Satz 2 und 4 FamRÄndG, § 199 Abs. 1 FGG, Art. 11 Abs. 3 Nr. 3 AGGVG) ist statthaft (Art. 7 § 1 Abs. 5 Satz 1 FamÄndG) und auch im übrigen zulässig. Er ist auch begründet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung der Ehescheidung liegen nicht vor.

1. Das auf Scheidung lautende Urteil des erstinstanzlichen rumänischen Gerichts kann nicht anerkannt werden. Die Anerkennung ist nach § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ausgeschlossen, weil sich die Antragsgegnerin nicht auf den Rechtsstreit eingelassen hat, sie sich hierauf beruft und ihr das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht ordnungsmäßig und nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass sie sich verteidigen konnte.

a) Die Antragsgegnerin hat sich auf das Ehescheidungsverfahren nicht eingelassen. Sie hat vor Erlass des Urteils gegenüber dem rumänischen Gericht keine wirksame Prozesshandlung in Bezug auf das Verfahren oder die Hauptsache vorgenommen (vgl. BayObLG FamRZ 2000, 1170; Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 25. Aufl. § 328 Rn. 10 m. w. N.). Sie beruft sich auch auf die Nichteinlassung, da sie vorbringt, sie habe erst nach Abschluss des rumänischen Scheidungsverfahrens am 30.6.2003 durch einen Schriftsatz des damaligen Antragstellervertreters im Unterhaltsverfahren von dem rechtskräftigen rumänischen Scheidungsurteil erfahren. Es kann dahinstehen, ob die Zustellung der Terminsladung nach rumänischem Recht als Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks anzusehen und diese Zustellung an die Antragsgegnerin überhaupt ordnungsgemäß erfolgt ist, nachdem Nachweise für eine Ladung zum Termin am 31.3.2003 fehlen, die Ladung zu einem Termin am 24.2.2003 nur durch einfachen Brief am 20.2.2003 an die Antragsgegnerin erfolgt ist und die Ladung zu einem Termin am 17.2.2003 in einer unbekannten rumänischen Zeitung mit nicht bekanntem Erscheinungsdatum durchgeführt worden ist. Jedenfalls fehlt es an der Rechtzeitigkeit der Ladung.

b) Es entspricht herrschender Rechtsprechung und Meinung, dass § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO eine Zustellung verlangt, welche dem jeweiligen Antragsgegner die zu seiner Verteidigung notwendige Zeit gewährleistet (vgl. BayObLG FamRZ 2002, 1423; Thomas/Putzo/Hüßtege § 328 Rn. 12a; Kropholler Europäisches Zivilprozessrecht 6. Aufl. Art. 27 EuGVÜ Rn. 33; Stein/Jonas/Roth ZPO 21. Aufl. § 328 Rn. 115). Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, wobei grundsätzlich der Zeitraum erst zu laufen beginnt, wenn der Adressat von dem zugestellten Schriftstück Kenntnis nehmen konnte (vgl. BayObLG aaO; Thomas/Putzo/Hüßtege § 328 Rn. 12a; Schlosser EuGVÜ Art. 27 Rn. 17; Kropholler Art. 27 Rn. 36; BGH IPrax 1993, 325/326). Ob der Ansicht zu folgen ist, dass aus diesem Grund eine Ersatzzustellung, auch wenn diese ordnungsgemäß erfolgt ist, niemals rechtzeitig sein kann (vgl. Schlosser aaO), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die Zustellung ist unabhängig hiervon nicht rechtzeitig erfolgt.

c) Der wertausfüllungsbedürftige Begriff "rechtzeitig" verlangt eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles. Zu berücksichtigen sind hierbei nicht nur Umstände, die vor der Zustellung liegen, sondern auch Umstände, die erst nach der Zustellung bekannt geworden sind (vgl. BayObLG aaO; Thomas/Putzo/ Hüßtege aaO; Schlosser aaO; OLG Koblenz RIW 1988, 476). Weiter ist bei der Gesamtwürdigung zu beachten, ob Kläger und Beklagter ein zumutbares Verhalten mit dem Ziel, eine rechtzeitige Zustellung zu fördern, an den Tag gelegt oder unterlassen haben (vgl. BayObLG aaO; Schlosser aaO; Kropholler Art. 27 Rn. 36; BGH IPrax 1993, 325/326). So ist beispielsweise von Bedeutung, ob ein Kläger den ihm unbekannten Aufenthaltsort des Beklagten unschwer hätte erfahren können, ob er nach bereits erfolgter Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstückes dem Gericht von einer ihm nach bereits erfolgter Zustellung bekannt gewordenen neuen Adresse des Beklagten Mitteilung gemacht hat, um dem Gericht ein ordnungsgemäßes weiteres Verfahren zu ermöglichen (vgl. Kropholler Art. 27 Rn. 37; OLG Koblenz IPrax 1992, 37). Auf der anderen Seite ist der Beklagte verpflichtet, unter Umständen dem Kläger seine neue Adresse mitzuteilen und dafür zu sorgen, dass zuzustellende Schriftstücke ihn auch erreichen (vgl. Kropholler Art. 27 Rn. 36 und 37).

d) Die Abwägung der dem Antragsteller und der Antragsgegnerin jeweils zuzurechnenden Umstände ergibt, dass wegen des Verhaltens des Antragstellers eine rechtzeitige Zustellung der Terminsladung an die Antragsgegnerin nicht erfolgt ist. Dem Antragsteller ist vorzuwerfen, dass er die rechtzeitige Kenntnisnahme der Antragsgegnerin von der Terminsladung bewusst verhindert hat. Bereits bei Einreichung des Scheidungsantrages in Rumänien hat er das rumänische Gericht getäuscht, indem er vorgetragen hat, er habe trotz größter Anstrengung die Adresse der Antragsgegnerin nicht in Erfahrung bringen können. Zu diesem Zeitpunkt stand er aber seit einigen Monaten über seinen damaligen Verfahrensbevollmächtigten mit der Antragsgegnerin in Verhandlungen über den Unterhaltsanspruch. Es wäre daher ein Leichtes gewesen, über die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin deren aktuelle Adresse in Erfahrung zu bringen und nicht nur diese Adresse, sondern auch die Tatsache der anwaltlichen Vertretung der Antragsgegnerin dem rumänischen Gericht mitzuteilen. Dies wäre auch seine Pflicht gewesen; ein vorsätzlich herbeigeführtes Nichtwissen durch mangelnde Erkundigung steht einer verschwiegenen positiven Kenntnis gleich (vgl. BayObLG aaO).

Auch wenn der Antragsteller zu einem späteren Zeitpunkt dem Gericht eine Adresse der Antragsgegnerin mitgeteilt zu haben scheint, welche zu der Ladung durch einfachen Brief geführt hat, kann ihn dies nicht entlasten. Denn nachdem dem Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vom 17.3.2003 vor dem Familiengericht eine andere Adresse der Antragsgegnerin bekannt geworden war, hat er das rumänische Gericht von dieser Adresse wiederum ebenso wenig in Kenntnis gesetzt wie von der Tatsache, dass die Antragsgegnerin nach wie vor anwaltlich vertreten war. Er hat damit bewusst das rumänische Gericht daran gehindert, die Antragsgegnerin ordnungsgemäß am Verfahren zu beteiligen. Die Mitteilung der zutreffenden Adresse wäre ihm spätestens im Scheidungstermin vom 31.3.2003 möglich gewesen.

e) Dass der Antragsteller bewusst die Zustellung des Scheidungsantrages und der Terminsladung an die Antragsgegnerin verhindern wollte, zeigt sich an seinem Verhalten im Termin des 17.3. 2003 vor dem Familiengericht. Nach seinem Vortrag soll die Antragsgegnerin von dem in Rumänien anhängigen Scheidungsverfahren im Rahmen des vor dem Familiengericht anhängigen Unterhaltsverfahrens Kenntnis erlangt haben. So sei immer wieder die Rede von der in Rumänien bevorstehenden Ehescheidung gewesen; es habe sogar eine Diskussion vor dem 31.3.2003 zwischen dem Familienrichter und den Anwälten zu der Frage gegeben, wo denn solch eine Scheidung günstiger sei. Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, weder im Termin vom 17.3.2003 noch weit darüber hinaus sei davon die Rede gewesen, dass in Rumänien tatsächlich bereits ein Ehescheidungsverfahren betrieben werde und die Ehescheidung tatsächlich unmittelbar bevorstehe. Vielmehr habe der Antragsteller im Termin vom 17.3.2003 nur vage Andeutungen gemacht, er wolle sich lieber in Rumänien scheiden lassen, der zuständige Familienrichter habe ihm aber davon abgeraten. Letztlich ergibt sich aus beiden Darstellungen, dass der Antragsteller im Termin vom 17.3.2003 die Antragsgegnerin nicht davon in Kenntnis gesetzt hat, dass ein Scheidungsantrag von einem rumänischen Gericht zugestellt und bereits ein Termin anberaumt worden war. Denn aus der Diskussion zwischen den damaligen Verfahrensbeteiligten, wo die Scheidung am günstigsten sei, konnte die Antragsgegnerin nicht entnehmen, dass ein Scheidungsverfahren in Rumänien bereits anhängig war und der Scheidungstermin in Kürze bevorstand. Im Gegenteil kann aus dieser Diskussion nur der Schluss gezogen werden, dass eben gerade kein Scheidungsverfahren anhängig war, sondern dieses erst eingeleitet werden sollte, wenn Klarheit über die Kosten bestand. Da dies der einzige Termin vor dem rumänischen Scheidungstermin war und in den Schriftsätzen bis zur Rechtskraft des rumänischen Scheidungsurteils nie von einem anhängigen Scheidungsverfahren in Rumänien die Rede war, ist die Darstellung des Antragstellers, es sei immer wieder hiervon die Rede gewesen, widerlegt. So enthält auch die gerichtliche Niederschrift über den Termin vom 17.3.2003 keine Feststellung dazu, dass ein Scheidungstermin in Rumänien bereits vierzehn Tage später anberaumt war. Dies hätte aber nahe gelegen, weil die Scheidung Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch hat.

f) Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil die Antragsgegnerin ihrerseits häufig ihre Wohnung gewechselt hat. Wie bereits ausgeführt, hätte eine einfache Nachfrage bei ihrer Anwältin oder der Antragsgegnerin zur Kenntnis der jeweils aktuellen Adresse geführt. Die Antragsgegnerin hat sich mit dem häufigen Wohnungswechsel auch nicht bewusst dem Scheidungsverfahren entzogen, da sie bis zur Rechtskraft des rumänischen Scheidungsurteils keine Kenntnis von dem in Rumänien anhängigen Scheidungsverfahren hatte.

g) Die Antragsgegnerin hat ihr Recht zur Stellung des nicht fristgebundenen Antrags auf gerichtliche Entscheidung auch nicht verwirkt. Ein Recht ist dann verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich hierauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch hierauf einrichten durfte (Palandt/Heinrichs BGB 63. Aufl. § 242 Rn. 87 m.w.N.). Die Verwirkung ist ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens. Die Grundsätze der Verwirkung gelten in allen Rechtsgebieten, auch im Prozessrecht (Palandt/Heinrichs § 242 Rn. 92); sie ziehen für die Ausübung von Rechtsbehelfen letztlich eine zeitliche Schranke. Diese Grenze hat die Antragsgegnerin nicht überschritten. Ihr ist erst durch den Schriftsatz des damaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 18.8.2003 bekannt geworden, dass die Präsidentin des Oberlandesgerichts die Anerkennung des in Rumänien ergangenen Scheidungsurteils am 23.7.2003 ausgesprochen hatte. Daraufhin hat die Antragsgegnerin ihrerseits die Überprüfung dieser Entscheidung angekündigt und gegenüber dem Verfahrensbevollmächtigtem des Antragstellers Anfang November 2003 die Einlegung eines Rechtsmittels angekündigt. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist am 23.2.2004 bei Gericht eingegangen. Dies liegt zwar sechs Monate nach Kenntnis der Antragsgegnerin von der Entscheidung, doch hat die Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt den Eindruck erweckt, sie werde diesen Antrag nicht stellen. Vielmehr hat sie auch dem Antrag auf Ruhen des Unterhaltsverfahrens, der im übrigen vom Antragsteller herrührte, deswegen zugestimmt, weil eine gerichtliche Entscheidung zur Frage der Anerkennung erreicht werden sollte. Der Antragsteller konnte daher nicht damit rechnen, dass die Antragsgegnerin diesen Plan fallen lassen würde, umso weniger, als eine fehlende gerichtliche Überprüfung unterhaltsrechtlich und namensrechtlich nur zu ihrem Nachteil gereichen konnte.

2. Ob zusätzlich der Ausschließungsgrund des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO vorliegt, weil der Antragsteller im Termin vom 17.3.2003 die Antragsgegnerin nicht über das bereits anhängige Scheidungsverfahren informiert hat, obwohl diese persönlich anwesend war, kann hier dahinstehen, da die Anerkennung bereits an § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO scheitert. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass der Antragsteller im Anerkennungsverfahren auch die Präsidentin des Oberlandesgerichts getäuscht hat. Er hat in seinem Antrag auf Anerkennung wider besseres Wissen angegeben, ihm sei die Adresse der Antragsgegnerin nicht bekannt, obwohl das Unterhaltsverfahren nach wie vor anhängig, die Antragsgegnerin nach wie vor anwaltlich vertreten und dem Antragsteller offensichtlich auch die jeweilige Adresse der Antragsgegnerin bekannt war, wie der Schriftsatz vom 24.3.2004 zeigt.

3. Die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 14 FGG, §§ 114, 115 ZPO. Die Entscheidung über die Kosten des Verwaltungsverfahrens und die Frage, wer sie zu tragen hat, stützt sich auf Art. 7 § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 5 FamRÄndG. Die Gebühr für das Verwaltungsverfahren wird auf 110 EUR festgesetzt. Für das gerichtliche Verfahren fallen Gebühren nicht an, weil der Antrag auf gerichtliche Entscheidung Erfolg hat (vgl. BayObLG FamRZ 2000, 1170/1172). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet. Es entspricht billigem Ermessen (§ 13a Abs. 1 Satz 1 FGG), es bei dem Grundsatz zu belassen, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.



Ende der Entscheidung

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