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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 30.05.2000
Aktenzeichen: 3Z BR 59/00
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 68
Haben alle Erwerber von Wohnungs- oder Teileigentum einer Wohnungseigentumsanlage die Kosten für die Löschung einer Globalgrundschuld zu tragen, so gilt das auch für diejenigen, die ihren Miteigentumsanteil im Rahmen eines Bauherrenmodells erworben haben.
BayObLG Beschluß

LG München II - 8 T 4991/99; AG Starnberg

3Z BR 59/00

Verkündet am 30.05.2000

Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Fuchs und Dr.Schmid am 30.Mai 2000 in der Kostensache betreffend eine Eintragung im Grundbuch auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2)

beschlossen:

Tenor:

I. Die Beschlüsse des Landgerichts München II vom 2.Februar 2000 und des Amtsgerichts Starnberg vom 11.August 1999 werden aufgehoben.

II. Die Kostenrechnungen des Amtsgerichts Starnberg vom 7.Juli 1999 RE Nrn.844030181286 und 844030181295 werden jeweils auf den Betrag von 185 DM abgeändert.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1) und 2) erstreben die Herabsetzung einer Löschungsgebühr für eine Globalgrundschuld auf ihrem Miteigentumsanteil.

Sie erwarben im Rahmen eines Bauherrenmodells mit Kaufvertrag vom 28.6.1984 einen Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flst. 436/7. Entsprechend der vertraglichen Gesamtkonzeption sollte das Grundstück durch alle Erwerber bebaut und anschließend zu deren Gunsten Wohnungs- und Teileigentum gebildet werden. Zur Finanzierung der Bebauung wurde am 3.8.1984 eine Gesamtgrundschuld über 7540000 DM an dem Grundstück eingetragen. Sie wurde bei der späteren Bildung von Wohnungs- und Teileigentum in die für die einzelnen Miteigentumsanteile angelegten Grundbuchblätter, auch diejenigen der Beteiligten zu 1) und 2), übertragen. Inzwischen wurden alle übrigen Miteigentumsanteile aus der Mithaftung entlassen. Im Zusammenhang mit der Veräußerung des Teileigentums der Beteiligten zu 1) und 2) durch Vertrag vom 8.4.1998 beantragte der beurkundende Notar für die Beteiligten zu 1) und 2) die Freigabe von dieser Grundschuld. Die Löschung erfolgte am 6.7.1999.

Hierfür stellte der Kostenbeamte des Amtsgerichts den Beteiligten zu 1) und 2) neben den Gebühren für weitere Löschungen am 7.7.1999 jeweils 2855 DM (Gesamtbetrag 5710 DM) in Rechnung. Dies entspricht der Hälfte einer halben Gebühr bezogen auf den Nennwert der Grundschuld. Hiergegen legten die Beteiligten zu 1) und 2) Erinnerung ein, die das Amtsgericht mit Beschluß vom 11.8.1999 zurückwies. Auch die dagegen erhobene Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluß vom 2.2.2000 zurückgewiesen. Ein geringerer Gebührenansatz, wie in der Rechtsprechung für die Löschung von Gesamtgrundschulden an der letzten belasteten Eigentumseinheit vertreten würde, sei jedenfalls für Eigentümer, welche gleichzeitig als Ersteller der Wohnung in Form einer Bauherrengemeinschaft aufgetreten seien, nicht gerechtfertigt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2), die geltend machen, sie hätten ihren Miteigentumsanteil für 244900 DM gekauft. Hierzu stünden die Löschungsgebühren außer Verhältnis. Da der Verkauf des Grundstücks nunmehr erst 14 Jahre nach dessen Erwerb erfolgt sei, seien sie kaum noch in der Lage, bei den übrigen Mitgliedern der Bauherrengemeinschaft anteilige Kosten einzuziehen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel (§ 14 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 KostO) hat auch in der Sache Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 14 Abs. 3 Satz 2 KostO, § 550 ZPO) nicht stand. Die Beteiligten zu 1) und12) können für die Kosten der Löschung der Gesamtgrundschuld nur in der Höhe in Anspruch genommen werden, wie sie auch für die anderen Wohnungseigentümer der Wohnanlage hinsichtlich deren Entlassung aus der Mithaftung berechnet werden könnte.

1. Die vom Landgericht bestätigte Geschäftswert- und Gebührenberechnung entspricht zwar dem Wortlaut des Gesetzes. Nach § 68 Satz 1 Halbsatz 1 KostO wird für jede Löschung die Hälfte der für die Eintragung bestimmten Gebühr - nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 23 Abs. 2 KostO je eine volle Gebühr für die Eintragung jedes Rechts aus dem Nennbetrag der Schuld - erhoben, während für die Eintragung der Entlassung aus der Mithaft nur die Hälfte der Gebühr erhoben wird, die für die Eintragung der Einbeziehung in die Mithaft zu erheben sein würde, somit gemäß § 68 Satz 1 Halbsatz 2, § 63 Abs. 1, Abs. 4 KostO ein Viertel der vollen Gebühr aus dem Wert des Grundstücks (Wohnungseigentums), wenn er - wie hier - geringer ist als der Wert des Rechts. Da die Beteiligten die letzten Wohnungseigentümer waren, auf deren Eigentum die Globalgrundschuld noch lasteten und dieses Recht somit zu löschen war, wären sie im Gegensatz zu den anderen Wohnungseigentümern ohne Rücksicht auf den Wert ihres Wohnungseigentums mit der Gebühr der Löschung des Grundpfandrechts aus dessen vollem Nennbetrag zu belasten.

2. Nach der Rechtsprechung des Senats gebietet es das Grundgesetz, die Erwerber einer Wohnungseigentumsanlage hinsichtlich der Gebühren für die Löschung der auf ihren Anteil eingetragenen Globalgrundschulden gleichzustellen. Daher ist es nicht zulässig, nur deshalb von einem Erwerber höhere Kosten zu fordern, weil dieser zufällig als letzter die Löschung einer zunächst durch umfangreichen Grundbesitz gesicherten Globalgrundschuld durchführen läßt (BayObLGZ 1992, 247/250 = Rpfleger 1992, 540/541; ebenso OLG Köln JurBüro 1997, 544 = Rpfleger 1997, 406; Korintenberg/Bengel KostO 14.Aufl. § 23 Rn. 17; Hartmann Kostengesetze 29.Aufl. § 68 KostO Rn. 5; a.A. OLG Hamm Rpfleger 1998, 376; zweifelnd OLG Düsseldorf ZMR 1999, 497).

Dieses Gleichbehandlungsgebot der Verfassung greift nach der Rechtsprechung des Senats aber nur zugunsten von Erwerbern ein. Andere Personen wie Gläubiger oder Ersteller der Wohnungen, die entsprechende Löschungsanträge stellen, dürfen der Kostenordnung entsprechend unterschiedlich behandelt werden, je nachdem, ob sie nur eine Entlassung aus der Mithaft oder als zufällig letzte Inhaber eines noch mit der Globalgrundschuld belasteten Anteils eine Löschung dieser Grundschuld beantragen (BayObLGZ 1993, 285/287 f. = JurBüro 1994, 288/289 und Rpfleger "1999, 100 = JurBüro 1999, 100).

3. Hier haben die Beteiligten zu 1) und 2) ihre Miteigentumsanteile nicht in der Form von Wohnungs- oder Teileigentum erworben, sondern bereits vorher als Bruchteilseigentum am Grundstück. Gleichzeitig sind sie einer Bauherrengemeinschaft beigetreten, die die Errichtung eines Gebäudes und die anschließende Begründung von Wohnungs- beziehungsweise Teileigentum entsprechend den erworbenen Miteigentumsanteilen zum Ziel hatte. Gleichwohl sind die durch den Senat für Erwerber von Wohnungseigentum entwickelten Grundsätze auch auf sie anzuwenden.

a) Voraussetzung für eine von dem Wortlaut der Kostenordnung abweichende Gebührenberechnung ist ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BayObLGZ 1992, 247/250). Das insoweit geforderte Mißverhältnis der nach dem Wortlaut der Kostenordnung zu berechnenden Gebühr zum Interesse der Beteiligten zu 1) und 2) an der erbrachten staatlichen Leistung und zu den von anderen Miteigentümern für die Entlassung aus der Mithaft gezahlten Gebühren (vgl. näher BayObLGZ 1992, 247/250 f.) liegt hier vor. Der Nennwert der Globalgrundschuld ist mehr als 25-mal so hoch wie der Verkehrswert des Teileigentums der Beteiligten zu 1) und 2). Dementsprechend liegt die Gebühr für die Löschung der Grundschuld um ein Vielfaches über derjenigen für die Entlassung aus der Mithaft.

b) Daß die Beteiligten zu 1) und 2) über die Rechtsstellung bloßer Erwerber von Wohnungseigentum hinaus im Rahmen ihrer Beteiligung an der Bauherrengemeinschaft an der Erstellung des Gebäudes und der Bestellung der Globalgrundschuld mitgewirkt haben, rechtfertigt es nicht, sie einem Ersteller der Gesamtanlage oder einem Gläubiger der Grundschuld gleichzustellen.

Wie der Senat in seiner hierfür grundlegenden Entscheidung (BayObLGZ 1993, 285/288) ausgeführt hat, ist das Interesse des Erstellers der Anlage bei Bestellung des Grundpfandrechts von vornherein auf dessen gesamten Wert gerichtet. Der Ersteller hat bereits bei der Planung des Objekts die Möglichkeit, die vollen Kosten der Löschung in seine Kalkulation einzubeziehen und sie angemessen auf die Erwerber zu verteilen. Ihm kommt deshalb bei Eintragung wie Löschung des Grundpfandrechts der Wert der staatlichen Leistung in vollem Umfang zugute. Dies ist auch der Grund dafür, daß ihm selbst bei einem groben Mißverhältnis zwischen Löschungsgebühr und der Gebühr für die Entlassung aus der Mithaft eine Gebührenermäßigung nicht zusteht.

Demgegenüber handelt der Erwerber von vornherein nur im Rahmen seines auf das einzelne Wohnungs- oder Teileigentum begrenzten wirtschaftlichen Interesses (vgl. auch BayObLG Rpfleger 1999, 100). Insoweit besteht kein wesentlicher Unterschied zwischen demjenigen, der unmittelbar das Wohnungs- oder Teileigentum vom Ersteller (Bauträger) erwirbt, und. demjenigen, der im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem sogenannten Bauherrenmodell zwar zunächst nur den Miteigentumsanteil an dem zu bebauenden Grundstück erwirbt, dies jedoch mit dem verbindlichen, ihm durch vertragliche Gesamtkonzeption vorgegebenen Ziel, das Grundstück alsbald zu bebauen und nach der Bebauung im Rahmen der Begründung von Wohnungs- und Teileigentum eine seinem Miteigentumsanteil entsprechende Wohnungs- oder Teileigentumseinheit zu erwerben. Seine Mitgliedschaft in der Bauherrengemeinschaft ist von Anfang an auf eine konkrete Wohnungs- und Teileigentumseinheit bezogen, seine ursprüngliche Stellung als Miteigentümer des Grundstücks verwandelt sich plangemäß in die Rechtsstellung des Wohnungs- und Teileigentümers. Auch in Bezug auf die wirtschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten kommt der Mitgliedschaft in der Bauherrengemeinschaft keine wesentliche Bedeutung zu, da alle unternehmerischen Entscheidungen bereits vorgezeichnet sind oder durch jedenfalls faktisch nicht widerrufliche Vollmachten den Initiatoren des Projekts überlassen sind.

4. Die somit von den Beteiligten zu 1) und 2) gemäß § 68 Satz 1 Halbsatz 2, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 KostO geschuldete 1/4-Gebühr aus dem Wert ihrer Anteile an der Eigentumswohnung (insgesamt 215000 DM) belaufen sich gemäß § 32 KostO auf je 55 DM. Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung der weiteren der Höhe nach nicht streitigen Gebühren ein Gesamtbetrag je Kostenrechnung von 185 DM.

5. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen (§ 14 Abs. 5 KostO).

Ende der Entscheidung

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