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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 16.05.2003
Aktenzeichen: 3Z BR 62/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 104 Nr. 2
Nur ein Geschäftsfähiger kann wirksam eine Beschwerde in einer Handelsregistersache einlegen.
Gründe:

I.

Der Beteiligte war Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Diese wurde am 28.5.1998 wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Handelsregister gelöscht.

Der Beteiligte beantragte am 30.11.2000 seine Bestellung als Nachtragsliquidator für die GmbH. Diesen Antrag wiederholte er mit Schreiben vom 1.3.2002 und vom 19.11.2002. Als Begründung gab er umfängliche Rechtsstreitigkeiten an, die er persönlich seit vielen Jahren mit verschiedenen Behörden und Gerichten des Freistaats Bayern führe.

Das zuständige Registergericht hat mit Beschluss vom 9.1.2003 den Antrag auf Bestellung des Beschwerdeführers als Nachtragsliquidator abgelehnt.

Die hiergegen eingelegte sofortige weitere Beschwerde wurde mit Beschluss des Landgerichts vom 20.2.2003 zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig.

Sie wurde zwar form- und fristgerecht eingelegt. Jedoch fehlt dem Beteiligten die Verfahrensfähigkeit.

1. Das FGG enthält keine den Bestimmungen des § 52 ZPO über die Prozessfähigkeit entsprechende Vorschrift. Auch eine entsprechende Anwendung der Vorschriften der ZPO ist ausgeschlossen (RG JFG 12, 1/3; Keidel/Zimmermann 15.Aufl. 13 Rn. 32). Soweit eine formelle Antragstellung an das Gericht in Frage kommt oder eine Beschwerde eingelegt wird, ist das bürgerliche Recht maßgebend (BayObLGZ 1952, 17/21 f.; Keidel/ Zimmermann Rn. 33). Willenserklärungen eines Geschäftsunfähigen sind nichtig (§ 105 Abs. 1 BGB). Ein von einem Geschäftsunfähigen eingelegtes Rechtsmittel ist als unzulässig zu verwerfen (BayObLG FamRZ 2001, 1246).

Geschäftsunfähig ist, wer sich in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand der krankhaften Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist (§ 104 Nr. 2 BGB). Ein Ausschluss der freien Willensbildung durch eine Störung liegt vor, wenn der Betroffene nicht in der Lage ist, seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen (BGH NJW 1996, 918; BayObLG FamRZ 2001, 1246).

2. Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, dass der Beteiligte zumindest in Angelegenheiten, die seine frühere Gesellschafterstellung an der hier in Rede stehenden GmbH sowie an weiteren Unternehmen betreffen, nicht in vollem Umfang geschäftsfähig sei. Es hat dies nicht nur mit den Ausführungen des Landgerichtsarztes in einem für ein Strafverfahren gegen den Beteiligten erstatteten Gutachten vom 29.1.2001 begründet, in dem eine "krankhafte seelische Störung in Form von Wahnideen" und eine hierauf beruhende Schuldunfähigkeit im Sinne des § 20 StGB festgestellt wurde. Es hat auch die "weitschweifenden Schriftsätze" des Beteiligten, in denen dieser eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten außerhalb dieses Verfahrens angesprochen hat, als Indiz für fehlende Geschäftsfähigkeit gewertet, ohne allerdings die naheliegende Folgerung zu ziehen, dass bereits die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Registergerichts vom 9.1.2003 als unzulässig zu verwerfen sei.

3. Der Senat hält den Beteiligten im Anschluss an die Ausführungen des Landgerichts für zumindest partiell geschäftsunfähig.

a) Dass der Beteiligte offensichtlich von Wahnideen hinsichtlich seiner früheren Gesellschaftertätigkeit und den im weitesten Sinn hiermit zusammenhängenden Rechtsstreitigkeiten beherrscht wird, die eine vernünftige Willensbildung nicht zulassen, hat der Landgerichtsarzt in seinem Gutachten vom 29.1.2001 eingehend dargelegt. Das "gesamte Denken" des Beteiligten sei "eingeengt auf diese Vorgänge". In seinen schriftlichen Äußerungen hierzu würden "formale Denkstörungen deutlich, also Sprunghaftigkeit der Gedankenführung und Verlust der logisch nachvollziehbaren Zusammenhänge." Es handle sich um "realitätswidrige, paranoide Vorstellungen", der Beteiligte habe "ein umfangreiches und fantastisches Beziehungsgeflecht mit gegen ihn gerichteten Machenschaften und Manipulationen" entwickelt.

b) Dieses Zustandsbild bestätigt sich auch in folgenden beispielhaft ausgewählten Ausführungen des gegenständlichen Verfahrens.

In der Niederschrift über seine sofortige weitere Beschwerde verlangt der Beteiligte ohne Begründung die Festsetzung des Beschwerdewerts auf 111378,954,20 Mrd. Euro (2697 Mrd. DM)". In einem Schreiben vom 16.1.2002 an das Registergericht behauptet er, Schadensersatzansprüche in ungenannter Höhe gegen nicht bezeichnete Dritte zu haben auf Grund eines in der Presse veröffentlichten und offensichtlich ihn nicht persönlich betreffenden Urteils des BGH zur Frage der Haftung von Wirtschaftsprüfern gegenüber Kapitalanlegern. Auf dieses Urteil beruft er sich "i.V.m. Erhöhung der Schulden des Bundesfinanzministers um 510 Mio. Euro gemäß Bericht in der tz vom 12./13.1.2002". Im selben Zusammenhang zitiert er einen finanzgerichtlichen Beschluss, in welchem ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bezüglich der Betriebsergebnisse einer von ihm vertretenen KG zurückgewiesen worden war.

Diese und zahlreiche andere Beispiele aus seinen umfangreichen Schriftsätzen belegen, dass seine Darlegungen nicht nur weitschweifend sind, sondern ganz überwiegend keinen inhaltlichen Zusammenhang zum Gegenstand des anhängigen Verfahrens aufweisen. Die zerfahrene Denkweise des Beteiligten veranlasst ihn vielmehr, in seinen Schriftsätzen in pseudologischer Weise gerichtliche Aktenzeichen, Zahlen und Presseberichte aneinander zu reihen, wobei einerseits illusionäre Vorstellungen über ihm vermeintlich zustehende Forderungen gegenüber Dritten durchscheinen, andererseits aber zu der hier zu beantwortenden Rechtsfrage nichts beigetragen wird. So hat das Landgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass der Beteiligte trotz der Aufforderung durch das Registergericht vom 19.1.2000 zu der im Hinblick auf § 66 Abs. 5 GmbHG wesentlichen Frage, welches Vermögen die gelöschte Gesellschaft noch habe, außer einer Vielzahl von "Aufrechnungserklärungen" zu Kostenrechnungen in anderen Verfahren nichts Verwertbares vorgetragen habe.

c) Die vom Landgericht gezogene Schlussfolgerung, dass der Beteiligte zumindest partiell - d.h. bezogen auf den Gegenstand dieses Verfahrens - geschäftsunfähig sei, ist daher aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Folgerichtig muss hieraus aber abgeleitet werden, dass der Beteiligte im Hinblick auf § 104 Nr. 2, § 105 Abs. 1 BGB schon kein wirksames Rechtsmittel einlegen kann, so dass seine sofortige weitere Beschwerde als unzulässig zu verwerfen ist.

Ende der Entscheidung

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