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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.04.2003
Aktenzeichen: 3Z BR 63/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1908b Abs. 1
BGB § 1908b Abs. 3
BGB § 1897 Abs. 4
Das Ermessens im Rahmen einer Entscheidung über einen Betreuerwechsel wird nicht fehlerhaft ausgeübt, wenn berücksichtigt wird, dass in Kürze über die Verlängerung der Betreuung und damit auch über die Person des Betreuers zu entscheiden ist.
Gründe:

I.

Das Amtsgericht bestellte für den Betroffenen am 3.5.2001 auf dessen Vorschlag hin eine Rechtsanwältin zur Betreuerin für den Aufgabenkreis Vermögenssorge und setzte als Zeitpunkt für eine Entscheidung über die Verlängerung oder Aufhebung der Betreuung den 2.5.2003 fest. Für den Betroffenen ist ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet.

Am 20.12.2001 beantragte der Betroffene einen Betreuerwechsel, da das Vertrauensverhältnis zu der bestellten Betreuerin zerstört sei und schlug als neuen Betreuer einen anderen Rechtsanwalt vor. Das Amtsgericht lehnte einen Betreuerwechsel am 16.7.2002 ab.

Das Landgericht hat seine hiergegen gerichtete Beschwerde am 13.2.2003 zurückgewiesen.

Mit seiner weiteren Beschwerde verfolgt der Betroffene sein Ziel weiter, einen Betreuerwechsel zu erreichen.

II.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:

Ein wichtiger Grund für die Entlassung der Betreuerin gemäß § 1908b Abs. 1 BGB liege nicht vor. An der Eignung bestehe kein Zweifel. Es liege auch kein anderer wichtiger Grund vor. Der Betroffene habe keinen vorgetragen; seine Einwände gegen die von der Betreuerin beantragte Betreuervergütung seien vor dem Amtsgericht nur teilweise, in der Beschwerdeinstanz gar nicht stichhaltig gewesen. Auf die Ausführungen im amtsgerichtlichen Beschluss, aus denen sich die einwandfreie Führung der Betreuung durch die Betreuerin und die Möglichkeit einer weiteren vertrauensvollen Zusammenarbeit bei entsprechender Bereitschaft seitens des Betroffenen ergebe, werde Bezug genommen. Im Übrigen könne ein zerstörtes Vertrauensverhältnis nur dann ein Entlassungsgrund sein, wenn die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses auch für einen Dritten objektiv erkennbar sei. Ein Betreuerwechsel nach § 1908b Abs. 3 BGB komme ebenfalls nicht in Betracht. zwar sei der durch den Betroffenen vorgeschlagene Rechtsanwalt ebenso als Betreuer geeignet wie die jetzige Betreuerin. Doch würde ein Betreuerwechsel zum jetzigen Zeitpunkt nicht dem Wohl des Betroffenen entsprechen, weil bis spätestens 2.5.2003 das Amtsgericht über eine Verlängerung der Betreuung und damit auch darüber zu entscheiden habe, ob es bei der bisherigen Betreuerin bleiben solle. Es wäre unzweckmäßig, so kurz vor diesem Termin einen neuen Betreuer zu bestellen, der sich erst in die umfangreiche Materie der Vermögensverhältnisse des Betroffenen einarbeiten müsse. Der Betroffene sei an mehreren Rechtsstreitigkeiten beteiligt, in denen es um sechsstellige Beträge gehe und in welchen er von der Betreuerin vertreten werde.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält rechtlicher Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand. Die Ablehnung des beantragten Betreuerwechsels ist rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Das Vormundschaftsgericht hat einen Betreuer zu entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist oder wenn ein anderer wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt (§ 1908b Abs. 1 BGB). Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen gegeben sind, obliegt dem Tatrichter. Das Rechtsbeschwerdegericht kann dessen Würdigung nur auf Rechtsfehler überprüfen. Ein solcher liegt vor, wenn der Tatrichter die angesprochenen Rechtsbegriffe verkannt hat, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen, der Bewertung relevanter Umstände unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt, gegen die Denkgesetze verstoßen oder Erfahrungssätze nicht beachtet hat (vgl. BayObLGZ 2000, 128/131; FamRZ 1999, 1169/1170; 1997, 1358/1359; Jansen FGG 2.Aufl. § 27 Rn. 27).

Verstöße dieser Art sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Eignungsmängel in der Person der Betreuerin hat das Landgericht rechtsfehlerfrei verneint. Es trifft zwar zu, dass ihr Antrag auf Vergütungsfestsetzung für den Zeitraum September 2001 bis Februar 2002 auf Einwände des Betroffenen hin auf die Hälfte gekürzt worden ist. Aus nur einer fehlerhaft aufgestellten Rechnung muss aber nicht geschlossen werden, dass die Betreuerin ständig zum Nachteil des Betroffenen überhöhte Abrechnungen tätigt. Das zeigt schon die Tatsache, dass die weiteren vorliegenden Vergütungsanträge die ungerechtfertigten Positionen nicht mehr enthalten.

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht einen anderen wichtigen Grund für die Entlassung der Betreuerin verneint hat. Es hat in seine Erwägungen mit einbezogen, dass der Betroffene nun die für ihn bestellte Betreuerin ablehnt und sich auf die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses beruft. Ein wichtiger Grund für die Entlassung der Betreuerin kann zwar auch darin liegen, dass der Betroffene gegen seine Betreuerin eine unüberwindliche Abneigung entwickelt, so dass eine persönliche Betreuung nicht mehr möglich erscheint. Bloße Spannungen im Betreuungsverhältnis sind als solche aber kein Entlassungsgrund (vgl. BayObLG BtPrax 1994, 136/137; Palandt/Diederichsen BGB 62. Aufl. § 1908b Rn. 5). Das Vorbringen des Betroffenen zu diesem Punkt enthält typische Meinungsverschiedenheiten bei der alltäglichen Abwicklung der Betreuung. Diese können möglicherweise Spannungen zwischen dem Betroffenen und der Betreuerin verursachen, die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses aber keinesfalls belegen.

b) Das Gericht kann den Betreuer darüber hinaus entlassen, wenn der Betroffene eine gleich geeignete Person, die zur Übernahme der Betreuung bereit ist, als neuen Betreuer vorschlägt, § 1908b Abs. 3 BGB.

Ein solcher Vorschlag ist für das Gericht nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht schlechthin verbindlich, zumal § 1908b Abs. 3 BGB dem Tatrichter schon dem Wortlaut nach ein Ermessen einräumt. Bei Ausübung des Ermessens hat der Tatrichter allerdings zu berücksichtigen, dass dem Wunsch des Betroffenen bezüglich der Person des Betreuers stets besonderes Gewicht zukommt (vgl. § 1897 Abs. 4 BGB; BayObLG FamRZ 1999, 1170; 1998, 1259/1261; BtPrax 2002, 130 [LS]). Doch können bei der Ermessensausübung auch andere sachliche Gesichtspunkte und Zweckmäßigkeitserwägungen eine Rolle spielen. So kann von einem Betreuerwechsel solange abgesehen werden, bis ein Zivilprozess gegen Dritte auf Rückgabe erheblicher Vermögenswerte beendet ist (vgl. BayObLG FamRZ 1994, 1353/1354). Das Gericht der weiteren Beschwerde kann diese Ermessensentscheidung nur im eingeschränkten Umfang auf Rechtsfehler überprüfen (vgl. BayObLG FamRZ 1998, 1259/1261).

Einen Rechtsfehler lässt die Ermessensentscheidung des Landgerichts nicht erkennen. Dieses ist in seinem Beschluss davon ausgegangen, dass der von dem Betroffenen gewünschte Betreuer gleich geeignet ist wie die bisherige Betreuerin. Seine Überlegung, ein Betreuerwechsel so kurz vor der anstehenden Entscheidung über die Verlängerung der Betreuung sei unzweckmäßig und widerspreche dem Wohl des Betroffenen, ist nicht zu beanstanden. Führt die Überprüfung der Betreuerbestellung dazu, dass eine Betreuung nicht mehr erforderlich ist, ist ein Betreuerwechsel wenige Wochen vor dieser Entscheidung nicht nur unzweckmäßig, sondern dient auch nicht dem Wohl des Betroffenen. Ein neuer Betreuer kann in einem so kurzen Zeitraum eine sinnvolle Vertretung für den Betroffenen nicht bewerkstelligen und der bisherige eingearbeitete Betreuer nicht mehr für den Betroffenen handeln, so dass der Betroffene ohne ausreichende Fürsorge wäre. Führt die Überprüfung dazu, dass weiterhin eine Betreuung für den Betroffenen erforderlich ist, ist ein Betreuerwechsel wenige Wochen vor dem Termin gleichfalls unzweckmäßig. Denn die Entscheidung über die Auswahl eines Betreuers richtet sich auch bei der Verlängerung der Betreuung nach den Vorschriften über die Erstbestellung (§ 1897 BGB) und nicht nach derjenigen über die Entlassung (§ 1908b BGB; BayObLG NJWE-FER 2001, 234; OLG Hamm NJW-RR 2001, 797; OLG Zweibrücken BtPrax 2002, 87; Palandt/Diederichsen § 1896 Rn.24). Das bedeutet aber, dass das Amtsgericht unabhängig vom Ausgang des vorliegenden Verfahrens die Betreuerauswahl neu trifft; eine Bindung an die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts tritt bezüglich der Entscheidung über die Verlängerung der Betreuung nicht ein. Bestellt es einen Betreuer, der mit dem vom Betroffenen gewünschten Betreuer nicht identisch ist, würde die dann nur kurze Betreuung durch den derzeit gewünschten Betreuer dem Wohl des Betroffenen zuwider laufen. Soweit die Begründung des Rechtsmittels neuen Sachvortrag enthält, kann dieser im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr berücksichtigt werden.

Ende der Entscheidung

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