Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 25.02.2004
Aktenzeichen: 3Z BR 9/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1908b Abs. 1
BGB § 1837 Abs. 3
Die Entlassung eines Betreuers wegen mangelnder Eignung setzt nicht voraus, sämtliche möglichen Aufsichtsmaßnahmen nach § 1837 BGB bis hin zur Festsetzung von Zwangsgeld zuvor zu erschöpfen, wenn der Betreuer durch wiederholtes Zuwiderhandeln gegen seine Betreuerpflichten zeigt, dass er durch Aufsichtsmaßnahmen nicht zu beeindrucken ist.
Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat für die Betroffene Betreuung u.a. im Aufgabenkreis Vermögenssorge angeordnet; zuletzt wurde die bestehende Betreuung mit Beschluss vom 22.4.1999 verlängert.

Mit Beschluss vom 18.6.2003 wurde der Betreuer der Betroffenen vom Amtsgericht gegen seinen Willen entlassen; ein neuer Betreuer wurde bestellt. Die sofortige Beschwerde des bisherigen Betreuers hat das Landgericht mit Beschluss vom 9.10.2003 zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der neue Betreuer nur noch für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge bestellt sei; der Wirkungskreis der Aufenthaltsbestimmung sei von der Betreuung nicht mehr erfasst.

Gegen die Bestätigung des Entlassungsbeschlusses durch das Landgericht wendet sich der bisherige Betreuer mit dem Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig, aber unbegründet.

1. Gegenstand des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde ist der Beschluss des Landgerichts, mit dem die sofortige Beschwerde des bisherigen Betreuers gegen seine Entlassung durch das Amtsgericht zurückgewiesen wurde. Der bisherige Betreuer macht insoweit von seinem eigenen Beschwerderecht gemäß § 20 Abs. 1 FGG Gebrauch (vgl. Bassenge/Herbst/Roth FGG/RPflG 9. Aufl. § 69g FGG Rn. 13, § 69i FGG Rn. 33).

2. Das Landgericht hat die angefochtene Entlassungsentscheidung wie folgt begründet:

Der bisherige Betreuer habe in den vergangenen Jahren regelmäßig verspätet Rechnung gelegt. Den Abrechnungsbericht für das Jahr 1999 habe er erst nach mehrfacher Aufforderung und Androhung von Zwangsgeld unter dem 8.2.2001 vorgelegt. Für die Rechnungslegung des Jahres 2000 habe das Vormundschaftsgericht eine Frist zum 1.8.2001 gesetzt. Der Betreuer habe die Abrechnung mit Schreiben vom 28.11.2001 vorgelegt. Den Rechnungsabschluss für das Jahr 2001 habe der Betreuer trotz mehrfacher Mahnungen erst am 3.7.2003 vorgelegt. Auf Grund dieser verzögerlichen Rechnungslegung sei eine ordnungsgemäße Überwachung des Betreuers nicht mehr möglich gewesen, die im vorliegenden Falle vor allem auch deshalb geboten gewesen sei, weil es Hinweise auf gewisse, zumindest vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten des Betreuers selbst gegeben habe.

3. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand.

a) Das Vormundschaftsgericht hat den Betreuer zu entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist oder ein anderer wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt (§ 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB). Für die Entlassung genügt jeder Grund, der den Betreuer als nicht mehr geeignet im Sinne von § 1897 Abs. 1 BGB erscheinen lässt (vgl. BayObLG FamRZ 2003, 403/404 m.w.N.). Als Gründe für die Entlassung kommen hiernach in Betracht z.B. Verstöße gegen die Berichtspflicht (BayObLG BtPrax 2002, 218) wie auch die Nichterstellung eines geeigneten Vermögensverzeichnisses (BayObLG FamRZ 2000, 514).

Die Eignung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff (BayObLG FamRZ 1998, 1257/1258; BtPrax 2002, 218); die Beurteilung des Tatrichters, dass die Eignung nicht mehr gegeben ist, darf vom Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler, also daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter den Begriff der Eignung verkennt, relevante Umstände unvertretbar über- oder unterbewertet oder bei der Subsumtion wesentliche Umstände unberücksichtigt lässt (BayObLG FamRZ 2001, 1249/1250).

Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist die Entlassung des Betreuers erst als letzte Maßnahme zulässig, wenn also minderschwere Maßnahmen nach § 1837 BGB nicht ausreichen, um eine etwaige Gefährdung des Wohls des Betroffenen zu beseitigen. Das Vormundschaftsgericht hat somit zuerst die Mittel der Aufsicht und des Weisungsrechtes einzusetzen (BayObLG FamRZ 1998, 1257/1258; 2003, 403/404; BtPrax 2002, 218).

b) Im vorliegenden Fall hat das Landgericht in seiner Entscheidung rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass der bisherige Betreuer seiner Rechnungslegungspflicht (§ 1908i Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1840 Abs. 2 und 3 BGB) über mehrere Jahre hinweg nicht fristgerecht nachgekommen ist. Verstößt der Betreuer wiederholt und über einen längeren Zeitraum hinweg gegen seine Berichtspflicht, kann dies seine Entlassung rechtfertigen, wenn dadurch Nachteile für den Betroffenen entstehen können (BayObLG BtPrax 2002, 218 m.w.N.). Denn Grundlage für die Entlassungsentscheidung ist stets die Gefährdung des Wohles des Betroffenen. Eine derartige Gefährdung kann auch in der Verhinderung der Überwachungs- und Prüfungspflicht des Vormundschaftsgerichts liegen.

Das Landgericht ist im vorliegenden Fall rechtsfehlerfrei von einer solchen Gefährdung ausgegangen; die Überwachungs- und Prüfungspflicht des Vormundschaftsgerichts wurde vom bisherigen Betreuer über einen langen Zeitraum hinweg massiv behindert. Zwar ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass der Betreuer die Betroffene über Jahre hinweg zu deren Zufriedenheit betreut hat. Doch kann dies allein die faktische Ausschaltung des Vormundschaftsgerichts als Prüfungsstelle nicht rechtfertigen, zumal sich aus den Akten ergibt, dass die letztlich dem Gericht vorgelegten Berichte des Betreuers keineswegs frei von Beanstandungen waren; es kann deshalb auch nicht angenommen werden, dass die Betroffene durch die verspätete Rechnungslegung keinen Nachteil erlitten hat.

Richtig ist, dass das Vormundschaftsgericht im Rahmen seiner Aufsichtsmaßnahmen ein Zwangsgeld zur Durchsetzung der Rechnungslegungspflichten des Betreuers nicht festgesetzt hat. Mit Schreiben vom 11.1.2001 wurde dem Betreuer aber bereits ein Zwangsgeld und zugleich die Entlassung angedroht. Dieser Schritt führte letztlich dann zur Vorlage des Rechnungsabschlusses für das Jahr 1999. Gleichwohl haben sich auch die folgenden Rechnungsabschlüsse wieder erheblich verspätet. Insbesondere der Bericht für 2001 wurde - trotz neuerlicher Zwangsgeldandrohungen mit Schreiben vom 18.6.2002, 15.10.2002 und 15.11.2002 - erst am 3.7.2003 erstellt. Dies belegt hinreichend, dass der Betreuer durch Maßnahmen der Aufsicht nicht zu einem ordnungsgemäßen, d.h. insbesondere zeitgerechten Berichtsverhalten angehalten werden konnte. Die Festsetzung eines Zwangsgeldes ist in Fällen dieser Art deshalb keine zwingende Voraussetzung für eine Entlassung des Betreuers, zumal ein Zwangsgeld nach - wenn auch verspäteter - Vorlage des Berichts gar nicht mehr durchsetzbar gewesen wäre (vgl. Bassenge § 33 FGG Rn. 14 und 17).

c) Angesichts der getroffenen Feststellungen muss der Beschwerdeführer hinnehmen, dass er durch seine Entlassung einen Einkommensnachteil erleidet. Die Betreuung dient in erster Linie dem Wohl des Betroffenen, nicht der Mehrung des Betreuervermögens.

Ende der Entscheidung

Zurück