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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Urteil verkündet am 08.03.2004
Aktenzeichen: 4 St RR 207/04
Rechtsgebiete: VereinsG


Vorschriften:

VereinsG § 20 Abs. 1 Nr. 5
VereinsG § 9 Abs. 3
VereinsG § 3
Sind von einer welt- oder bundesweit agierenden Vereinigung nur einige lokale Vereinsgruppierungen in Deutschland verboten, so kann die Ortsbezeichnung im Vereinsnamen trotz einer Identität des restlichen Emblems als wesentliches Unterscheidungsmerkmal angesehen werden.
Tatbestand:

Das Amtsgericht München sprach den Angeklagten vom Vorwurf frei, er habe ein zum Verwechseln ähnliches Kennzeichen des verbotenen Vereins, der "Hells Angels Germany Charter Düsseldorf ", öffentlich verwendet. Auf die Sprungrevision der Staatsanwaltschaft hob der Senat dieses Urteil mit den Feststellungen auf und verwies die Sache an einen anderen Strafrichter des Amtsgerichts München zurück.

Vom Amtsgericht wurde der Angeklagte erneut freigesprochen. Die dagegen gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft verwarf das Landgericht unbegründet. Das Landgericht geht in seinen tatsächlichen Feststellungen davon aus, dass im unteren Bogen des Kennzeichens und zwar unterhalb des geflügelten Totenkopfes unwiderlegbar der Schriftzug "Bohemia" stand. Die Revision gegen dieses Urteil erwies sich als zulässig (§§ 333, 341 Abs. 1, §§ 344, 345 StPO), aber unbegründet.

Gründe:

Die Sachrüge führt zu keinem Erfolg, weil die Strafkammer den Begriff der "Verwechselungsfähigkeit" des Vereinskennzeichens der "Hells Angels Düsseldorf" vertretbar interpretiert hat. Die Feststellungen bilden eine tragfähige Grundlage für die Bestätigung des erstinstanzlichen Freispruchs.

1. Die Strafkammer hat zum Sachverhalt dieselben Feststellungen wie das Amtsgericht getroffen und auf dessen Urteilsfeststellungen sowie auf die in der Urteilsbegründung zitierten Fotos verwiesen. Damit sind zur Prüfung der Frage, ob die auf dem T-Shirt des Angeklagten befindlichen Kennzeichen, die die Ortsbezeichnung "Bohemia" tragen, den vom verbotenen Verein "MC Hells Angels Germany Charter Düsseldorf" verwendeten Kennzeichen zum Verwechseln ähnlich sind, nunmehr ausreichende Feststellungen durch genaue Beschreibung des Kennzeichens und die Bezugnahme auf Lichtbilder getroffen.

2. Die Wertung der Strafkammer, die Ortsbezeichnung "Bohemia" stelle für einen unbefangenen Betrachter ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zu dem verbotenen Kennzeichen der Sektionen Düsseldorf und Hamburg dar, ist vertretbar und hält rechtlicher Überprüfung stand.

2.1. Zur grundsätzlichen Strafbarkeit der Verwendung eines zum Verwechseln ähnlichen Kennzeichens des verbotenen Vereins der "Hells Angels Düsseldorf" gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Nr. 1, § 9 Abs. 2 Satz 2 VereinsG und die Vergleichbarkeit dieses Tatbestands mit § 86a Abs. 2 Satz 2 StGB wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil des Senats vom 23.9.2003 (4St RR 104/2003, dort Ziff. II, 3.1) Bezug genommen.

Nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2002, 3186) ist ein Kennzeichen dem Originalkennzeichen - im entschiedenen Fall einer verfassungswidrigen Organisation im Sinne von § 86a Abs. 2 Satz 2 StGB - dann zum Verwechseln ähnlich, wenn es aus Sicht eines nicht besonders sachkundigen und nicht genau prüfenden Betrachters die typischen Merkmale aufweist, welche das äußere Erscheinungsbild des Kennzeichens prägen und dadurch dessen Symbolgehalt vermittelt, wobei es nicht auf einen gewissen Bekanntheitsgrad des Kennzeichens ankommt.

Die Strafkammer hat sich der Argumentation des Amtsgerichts angeschlossen (BU S. 5 unter Ziff. III). Danach sind die prägenden Merkmale des Vereinswappens des "MC' Hells Angels Germany Charter Düsseldorf" nach der Verbotsverfügung des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen als "stilisierter weißer behelmter Totenkopf mit rechtsschwingenden Engelsflügeln mit dem Schriftzug ,Hells Angels' " beschrieben. Das Wappen der verbotenen Sektion "Düsseldorf" beinhaltete den entsprechenden Ortszusatz. Des Weiteren bestand das Vereinswappen der Sektion "Düsseldorf" nicht nur aus dem geflügelten Totenkopf und der im Bogen gehaltenen Überschrift "Hells Angels", sondern auch darin, dass unterhalb des geflügelten Totenkopfes in gleich großen Lettern der Schriftzug "Germany" und unterhalb der Adlerschwinge der Zusatz "MC" angebracht war.

Das Landgericht hat entsprechend den Ausführungen des Amtsgerichts hinsichtlich der Frage der Verwechslungsfähigkeit den jeweiligen Ortszusatz als offenkundig wichtigen Bestandteil des Wappens gewertet und dabei auf die weltweite Verbreitung der Organisation abgestellt. Es hat die Ortsbezeichnung als ein ganz wesentliches Unterscheidungsmerkmal aus der Sicht eines unbefangenen Betrachters betrachtet. Nach diesen Ausführungen haben Amts- und Landgericht den Ortszusatz zumindest als ein das Vereinswappen der Hells Angels "mitprägendes" Merkmal gewertet.

Diese Wertung erscheint vertretbar, zumal sich die bisherigen Verbotsverfügungen auch nur auf die Sektionen Düsseldorf und Hamburg bezogen, wobei die Ortsbezeichnung als Unterscheidungskriterium zu anderen nicht verbotenen Vereinen der "Hells Angels" zu beachten ist. Zu Recht weist die Strafkammer darauf hin, dass eine entgegengesetzte Auffassung bedeuten würde, dass in Deutschland jedes Zeigen der Embleme der "Hells Angels", gleichgültig welchen Landes und welcher rechtlicher Organisation, verboten wäre. Die Kompetenz, Vereinsverbote auszusprechen, liegt allerdings bei den Ministerien des Innern des jeweiligen Bundeslandes. Der Senat vermag daher möglichen Verboten nicht vorzugreifen.

2.2. Die Strafkammer stellt unter Bezugnahme auf die Argumente des Amtsgerichts (Urteil Ziff. V) zu Recht fest, dass auch eine Strafbarkeit nach § 20 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 9 Abs. 3 VereinsG (zur grundsätzlichen Anwendbarkeit BayOblG aaO Ziff. 3.2.) nicht in Betracht kommt, weil der Angeklagte unwiderlegbar ein Kennzeichen mit der Ortsbezeichnung "Bohemia", mithin einer tschechischen "Hells Angels"-Gruppierung trug, deren Sitz sich gerade nicht im Bundesgebiet befindet.

Da dem Angeklagten entgegen dem ursprünglichen Vorwurf das Zeigen des Emblems des "MC Munich" nicht nachgewiesen werden konnte, erübrigte sich somit die Prüfung, ob ein in wesentlicher Form gleiches Kennzeichen eines die Zielrichtung des verbotenen Vereins teilenden selbständigen Vereins im Sinne des § 9 Abs. 3 VereinsG verwendet wurde.

Ende der Entscheidung

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