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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Urteil verkündet am 11.06.2002
Aktenzeichen: 4 St RR 25/02
Rechtsgebiete: AO, EStG, SchwbAWV, SGB IX, StGB


Vorschriften:

AO § 150 Abs. 2 Satz 2
AO § 150 Abs. 3 Satz 1
AO § 370 Abs. 1 Nr. 1
AO § 370 Abs. 4 Satz 3
EStG § 4
EStG § 10 Abs. 2 Nr. 8 b
EStG § 12 Nr. 1
EStG § 25 Abs. 3 Satz 5
EStG § 33 a
EStG § 33 a Abs. 3 Nr. 1 a
EStG § 33 b Abs. 6
SchwbAWV § 3 Abs. 1 Nr. 2
SchwbG § 4
SGB IX § 69
StGB § 40 Abs. 2
StGB § 46
Wurden Betriebsausgaben bei der Abgabe einer vollständigen und richtigen Steuererklärung nicht gewinnmindernd berücksichtig, so bleiben sie auch im Steuerstrafverfahren bei der Strafzumessung außer Ansatz.
Tatbestand:

Der Angeklagte war bis Mitte 1991 Vorstand einer AG, von 1992 bis 1996 selbständiger Unternehmensberater. Hierfür stand ihm ein Arbeitszimmer in seinem Einfamilienhaus zur Verfügung. Im Jahr 1983 hatte er Frau T. angestellt. Diese war zunächst überwiegend im beruflichen Bereich des Angeklagten tätig. Sie nahm Post entgegen und brachte sie weg, machte die Ablage im Arbeitszimmer und putzte dieses. Sie empfing Besucher und nahm berufliche Telefongespräche entgegen, wobei sie die Abwesenheit des Angeklagten mitteilte und Nachrichten weitergab.

Da der Angeklagte seinem Steuerberater gesagt hatte, dass Frau T. allenfalls in dem Umfang für ihn persönlich tätig werden solle, in dem auch eine Sekretärin für persönliche Hilfeleistungen herangezogen werde, behandelte dieser die für Frau T. anfallenden Personalkosten in den folgenden Jahren als Betriebsausgaben.

In der Folgezeit wandelte sich Frau T.'s Tätigkeit mehr und mehr zu der einer Haushaltshilfe. Sie erledigte sämtliche leichteren Hausarbeiten wie einfache Reinigungsarbeiten, Waschen, Bügeln, Ordnung halten, Gartenarbeiten, soweit nicht vom Gärtner ausgeführt, und Besorgungen. In Krankheitsfällen versorgte sie den Angeklagten auch über die übliche Dienstzeit hinaus, wobei sie gelegentlich auch in seinem Haus übernachtete. Der Anteil ihrer Tätigkeit im Rahmen der Unternehmensberatung des Angeklagten betrug schließlich allenfalls 10% ihrer gesamten für den Angeklagten geleisteten Arbeit. Der auf die Beratertätigkeit des Angeklagten entfallende Teil ihrer Arbeitszeit wurde nicht gesondert erfasst. Der Angeklagte ließ seinen Steuerberater auch in den folgenden Jahren 1992 bis 1996 in dem Glauben, Frau T. arbeite nicht für ihn als Haushaltshilfe, sondern im Rahmen seiner Tätigkeit als Unternehmensberater. Dementsprechend nahm der Steuerberater in die Einkommensteuererklärungen des Angeklagten für die Veranlagungszeiträume 1 992 bis 1996 die Entlohnung von Frau T. jeweils als Betriebsausgabe auf. Sie wurde vom Finanzamt im Veranlagungsverfahren auch als solche behandelt.

Dies führte, was der Angeklagte billigend in Kauf nahm, in den genannten Jahren zu Steuerverkürzungen. Diese bewegten sich bei einem Ansatz von 10 % der für Frau T. angefallenen Personalkosten als. Betriebsausgaben in den Jahren 1992 mit 1996 zwischen 6137 DM und 20475 DM und betrugen insgesamt 86221 DM.

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten am 3.5.2001 wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen zur Gesamtgeldstrafe von 250 Tagessätzen zu je 300 DM.

Gegen diese Entscheidung legten der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft Berufung ein.

Am 18.9.2001 verwarf das Landgericht die Berufung des Angeklagten und änderte auf die Berufung der Staatsanwaltschaft das amtsgerichtliche Urteil im Strafausspruch dahin ab, dass der Angeklagte zur Geldstrafe - ausweislich der Urteilsgründe zur Gesamtgeldstrafe - von 300 Tagessätzen zu je 250 DM verurteilt wurde.

Die Revision war nur teilweise begründet.

Gründe:

1. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.

Die Aufklärungsrügen, mit denen die Revision beanstandet, dass die Strafkammer Frau T. und Herrn Dr. M. nicht als Zeugen vernommen hat, sind unzulässig, weil sie den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht genügen. Denn es werden keine bestimmten Beweistatsachen in das Wissen dieser Zeugen gestellt (vgl. dazu etwa BGH NStZ 1999, 45). Denn mit den Behauptungen, Frau T. hätte bekundet, sie habe zu 90% betriebliche und zu 10% private Aufgaben wahrgenommen, Herr Dr. M. hätte ausgesagt, der Angeklagte habe aufgrund seines im Jahr 1983 mit ihm geführten Gespräches davon ausgehen können, dass Frau T. Tätigkeit auch in den Jahren 1992 bis 1996 zu 10% privat und zu 90% beruflich ansetzbar seien, werden lediglich die Ergebnisse von Bewertungen nicht genannter Fakten durch die Zeugen mitgeteilt. Erforderlich wäre es dagegen gewesen, ein Wissen der Zeugen über Tatsachen vorzutragen, die - ihre Richtigkeit unterstellt - den Schluss auf die von der Revision behauptete Aufteilung der Tätigkeit von Frau T. zumindest nahe legen.

Die Aufklärungsrüge, die die Einvernahme des Steueramtmanns M. vermisst, ist unbegründet.

Denn allein deshalb, weil der Angeklagte im Verteidigerschriftsatz vom 25.4.2001 vortragen ließ, der von Herrn M. am 3.11.1998 gefertigte Vermerk, der Angeklagte habe angegeben, Frau T. sei in den letzten zehn Jahren zu mindestens 90% als Haushälterin tätig gewesen, sei unrichtig/, der Angeklagte habe vielmehr genau das Gegenteil geäußert, musste sich der Strafkammer die Vernehmung des Steuerbeamten nicht aufdrängen.

Die Revision trägt über diese Behauptung hinaus keine Tatsachen vor, die es möglich erscheinen lassen, dass der ausweislich seiner dienstlichen Stellung erfahrene Steuerbeamte in dieser aus seiner damaligen Sicht zentralen Frage den Angeklagten so eklatant wie von der Revision behauptet missverstanden haben könnte.

In diesem Zusammenhang kann, auch wenn sich das Aufklärungsgebot nur an das Gericht wendet, schließlich nicht außer Betracht bleiben, dass der Angeklagte und sein Verteidiger trotz ihres schriftsätzlichen Vortrags in der Berufungshauptverhandlung keinen Anlass mehr gesehen haben, auf die Vernehmung dieses Zeugen hinzuwirken (vgl. dazu etwa BGH bei Holtz MDR 1985, 626/629).

Unbegründet ist schließlich auch die Aufklärungsrüge, mit der beanstandet wird, dass die Strafkammer kein Sachverständigengutachten zur Feststellung der Hilflosigkeit des Angeklagten seit 1983 im Sinne des § 33 b Abs. 6 EStG erholt hat. Denn nach dem Vortrag der Revision musste sich der Strafkammer die Erholung eines solchen Gutachtens nicht aufdrängen. Hilflos im Sinne des § 33 b Abs. 6 EStG sind nur pflegebedürftige Personen, die für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens in erheblichem Umfang fremder Hilfe bedürfen. Zu den regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen gehören das An- und Auskleiden, Essen und Trinken, Waschen, Benutzen der Toilette usw. (BFH/NV 1996, 603).

Solche Einschränkungen lassen sich zwar den Attesten der Dres. G. und M. entnehmen. Diese gaben aber angesichts des Abhilfe-Bescheids des Amtes für Versorgung und Familienförderung München I vom 17.1.2001 der Strafkammer keinen Anlass, das in Rede stehende Gutachten zu erholen. Danach erfüllt der Angeklagte nur die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen "G", "B" und "aG", nicht aber die für das Merkzeichen "H" (vgl. dazu § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Vierten Verordnung zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes (SchwbAwV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.7.1991 (BGBl I S. 1739), zuletzt geändert durch Art. 56 des Sozialgesetzbuchs - Neuntes Buch - (SGB IX) vom 19.6.2001 (BGBL I S. 1046/1131), § 4 des Schwerbehindertengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.8.1986, BGBl I S. 1421/1550, aufgehoben durch Art. 63 SGB IX, BGBl I S. 1046/1138, § 69 SGB IX. Der Angeklagte wurde danach nicht als hilflos im Sinne des § 33 b Abs. 6 EStG eingestuft. Die Revision trägt weder Konkretes dazu vor, weshalb dieser Bescheid unrichtig sein soll, noch behauptet sie, ihn angefochten zu haben. Mit Rücksicht darauf und das Ausmaß seiner beruflichen Aktivitäten zur Tatzeit musste es sich der Strafkammer auch angesichts des im angefochtenen Urteils wiedergegebenen und nicht eben lebensnahen Vorbringens des Angeklagten, in seinem Schwerbehindertenausweis sei das Merkmal "H" nicht eingetragen, "weil die Behörde keine Kapazitäten habe, ihn diesbezüglich untersuchen zu lassen", nicht aufdrängen, den Angeklagten auf das Vorliegen einer Hilflosigkeit im Sinne des § 33 b Abs. 6 ESW untersuchen zu lassen.

Die Rüge der Verletzung des § 261 StPO fällt mit der Sachrüge zusammen. Sie ist unbegründet, auch die Sachrüge bleibt im wesentlichen ohne Erfolg.

2. Auch wenn man davon ausgeht, dass die Strafkammer die von ihr vorgenommene Aufteilung der Tätigkeit von Frau T. näher hätte begründen müssen, obwohl der Angeklagte ausweislich der Urteilsfeststellungen hinsichtlich des objektiven Tatbestands ein umfassendes Geständnis abgelegt hat, so belastet dieser Mangel den Angeklagten nicht. Auch die Revision zieht nicht in Zweifel, dass Frau T. im Laufe ihrer Tätigkeit beim Angeklagten "mehr und mehr hauswirtschaftliche Tätigkeiten übernahm". Sie betont auch, "dass die genaue Höhe der betrieblichen und der sonstigen Tätigkeit von Frau T. niemals mit Sicherheit wird festgestellt werden können". Beides deckt sich mit den Feststellungen im angefochtenen Urteil. Dann aber durfte die Strafkammer, was sie im Grunde auch nicht verkannt hat, bei der Berechnung des Verkürzungsschadens den etwa auf die berufliche Tätigkeit des Angeklagten entfallenen Teil - ungeachtet seiner prozentualen Bemessung - der für Frau T. anfallenden Personalkosten nicht als Betriebsausgabe behandeln. Die Strafkammer hat dementsprechend die hinterzogenen Einkommensteuerbeträge zu niedrig berechnet. Entstehen nämlich wie hier die Aufwendungen für eine Angestellte, die sowohl im beruflichen Bereich als auch im Haushalt des Steuerpflichtigen tätig ist, so ist ein Abzug der beruflich veranlassten Teils dieser "gemischten Aufwendungen" für diese Angestellte als Betriebsausgaben nur zulässig, wenn sich diese Kosten nach objektiven und leicht nachprüfbaren Merkmalen auf die berufliche Tätigkeit und diejenige im Haushalt aufteilen lassen; die Möglichkeit einer griffweisen Schätzung genügt dagegen nicht (st. Rspr., vgl. z.B. BFH BStBl II 1980, 117; 1992, 524; 1990, 901; 1986, 459; 1984, 588; 1971, 17; 21; vgl. auch EStR I Abschn. R 117). Da dies hier nicht der Fall ist, zählen die gesamten durch die Beschäftigung von Frau T. entstandenen Personalkosten zu den nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähigen Ausgaben. Nehmen die Steuergesetze aber bestimmte Ausgaben des Steuerpflichtigen von den abzugsfähigen Betriebsausgaben aus, so können diese auch nicht bei der Berechnung der hinterzogenen Steuern mindernd berücksichtigt werden. Denn deren Berechnung kann nicht zu einem Ergebnis führen, das unter dem Betrag der Steuern liegt, die bei korrekter Abgabe der Steuererklärung und dementsprechender Veranlagung vom Steuerpflichtigen abzuführen sind.

Bei der Berechnung der verkürzten Steuern ist der Gewinn des Angeklagten auch nicht nach § 10 Abs. 2 Nr. 8 EStG in den zur Tatzeit geltenden Fassungen (vgl. die Neufassung des EStG vom 7.9.1990 BGBl I S. 1898 und Art. 1 des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11.10.1995 BGBl I S. 1250) um 12000 DM wegen hauswirtschaftlicher Beschäftigung von Frau T. zu mindern.

Nicht erörtert zu werden braucht, ob einem solchen Abzug das Kompensationsverbot des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO entgegensteht. Denn der Angeklagte hat zur Tatzeit die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Nr. 8 Buchstabe b) EStG nicht erfüllt, weil er nach den Feststellungen der Strafkammer nicht hilflos im Sinne des § 33 b Abs. 6 EStG war. Der Angeklagte hat im Besteuerungsverfahren den dort erforderlichen Nachweis der Hilflosigkeit gemäß § 65 EStDV durch einen mit dem Merkzeichen "H" gekennzeichneten Ausweis ohnehin nicht geführt (vgl. etwa FG Münster EFG 1993, 783). Denn einen solchen Ausweis besaß er - auch - damals nicht. Die Feststellungen der Strafkammer tragen im übrigen ihre Auffassung, dass der Angeklagte auch tatsächlich nicht hilflos im Sinne des § 33 b Abs. 6 EStG war.

Den Bestand des angefochtenen Urteils stellt es auch nicht in Frage, dass es sich nicht ausdrücklich dazu äußerte, ob in den einzelnen Veranlagungszeiträumen gemäß § 33 a Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a) EStG ein Abzug von 1200 DM wegen Beschäftigung einer Haushaltshilfe gewährt wurde. Die Strafkammer brauchte die Berechnungen der für die jeweiligen Zeiträume geschuldeten und der verkürzten Einkommensteuern nicht im einzelnen darzustellen. Denn der angesichts seines Werdegangs und seiner beruflichen Tätigkeit sachkundige und zudem fachkundig beratene Angeklagte hat zum objektiven Tatbestand ein umfassendes Geständnis abgelegt (vgl. dazu etwa BGH wistra 2001, 266 m. w. N.). Teil dieser hier im Urteil nicht detailliert wiederzugebenden Berechnungen ist auch der Ansatz der Kosten für die Haushaltshilfe.

Schließlich wird auch die Auffassung der Strafkammer, dass der Angeklagte bedingt vorsätzlich gehandelt hat, von den getroffenen Feststellungen getragen. Soweit die Revision darauf abhebt, dass der Angeklagte den Steuerberater Dr. M. beauftragt habe, weil er sich "nicht um die Steuern kümmern konnte und auch wollte" ist dieses Vorbringen schon urteilsfremd. Im übrigen hatte er die Einkommensteuererklärungen eigenhändig zu unterschreiben (§ 150 Abs. 3 Satz 1 AO, § 25 Abs. 3 Satz 4 EStG), wobei er mit seiner Unterschrift auch die Versicherung unterzeichnete, dass er seine Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht hatte (§ 150 Abs. 2 Satz 2 AO). Dadurch soll u.a. sichergestellt werden, dass sich der Steuerpflichtige über die Lückenlosigkeit und Richtigkeit der von seinem steuerlichen Berater vorgenommenen Eintragungen vergewissert (st. Rspr., vgl. z.B. BFH BStB1 11 1999, 203; 1987, 77; 1984, 13, 436 jeweils m. w. N.). Angesichts der aus seiner Ausbildung und seiner beruflichen Position zu folgernden intellektuellen Kapazität, wäre die Annahme lebensfremd, dass diese Pflicht dem Angeklagten nicht bewusst war.

Unter diesem Blickwinkel ist auch die Auffassung der Strafkammer nicht zu beanstanden, dass der Angeklagte die Erläuterungen seines Steuerberaters zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang er die Lohnkosten für die die Zeugin T. als Betriebsausgaben geltend machen konnte, verstanden und in der Folgezeit auch nicht vergessen hat. In diesem Zusammenhang war die Strafkammer nicht gehalten, den gesamten Inhalt dieses vom Angeklagten mit seinem Steuerberater geführten Gesprächs in den Urteilsgründen wiederzugeben. Wesentlich war nur, dass der Angeklagte nach den Feststellungen der Strafkammer aufgrund dieses Gesprächs wusste, dass er zwar den Personalaufwand für eine Sekretärin auch dann als Betriebsausgabe behandeln konnte, wenn sie in dem in einem Sekretariat üblichen Umfang mit Kaffeekochen und desgleichen für ihren Vorgesetzten beschäftigt wurde, dass aber die Kosten einer Haushaltshilfe nicht zu den Betriebsausgaben gehören. Der Senat braucht deswegen nicht zu erörtern, ob derartige Kenntnisse nicht ganz allgemein zum ohnehin vorhandenen Grundwissen jedes Geschäftsmannes gehören, der Personal beschäftigt. Zutreffend weist die Strafkammer auch darauf hin, dass der Angeklagte die zunehmende Verlagerung der Tätigkeit von Frau T. in seinen privaten Bereich nicht übersehen haben konnte. Wenn der Angeklagte aber seinen Steuerberater hierüber nicht unterrichtete, obwohl er wusste, dass die Voraussetzungen nicht mehr vorlagen, unter denen dieser den Ansatz der durch die Beschäftigung von Frau T. entstandenen Personalkosten als Betriebsausgaben für zulässig erachtet hatte, so ist die hieraus von der Strafkammer gezogene Schlussfolgerung, der Angeklagte habe jedenfalls damit gerechnet, dass der Ansatz der vollen durch die Beschäftigung von Frau T. verursachten Personalkosten unter diesen Umständen Steuerverkürzungen zur Folge haben könne, er dies aber billigend in Kauf genommen habe, bei dieser Sachlage nicht nur möglich, sondern naheliegend.

Soweit die Revision darauf hinweist, der Angeklagte habe angesichts der Höhe seines versteuerten Einkommens keinen Anlass und keine Motivation zu einer Steuerhinterziehung in dem "marginalen" im Urteil festgestellten Umfang gehabt, hat das angefochtene Urteil schon nicht festgestellt, dass der Angeklagte Beträge der in Rede stehenden Größenordnung als marginal betrachtet. Der Senat kennt auch keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass Personen mit einem dem des Angeklagten vergleichbaren Einkommen solche Beträge als marginal einzuordnen pflegen. Nach seinen Beobachtungen ist eher zu bemerken, dass auch Personen mit sehr hohem Einkommen selbst kleine absetzbare Ausgaben steuermindernd geltend machen und auch Möglichkeiten zu kleinen Steuerersparnissen nicht ungenutzt lassen. Angesichts solcher zu beobachtenden Verhaltensweisen entspricht es der Lebenserfahrung, dass sich auch Bezieher höherer Einkommen zu Steuerhinterziehungen der in Rede stehenden Größenordnung entschließen können. Insgesamt gesehen können daher angesichts der von der Strafkammer getroffenen Feststellungen zur objektiven Tatseite keine vernünftigen Zweifel an ihrer aus ihnen gefolgerten Auffassung aufkommen, dass der Angeklagte jedenfalls mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat (vgl. dazu etwa BGH NStZ-RR 1999, 332).

Zutreffend hat die Strafkammer die Taten des Angeklagten als eine der Zahl der Veranlagungszeiträume entsprechende Anzahl sachlich zusammentreffender Einkommensteuerhinterziehungen beurteilt.

Die Bemessung der für die einzelnen Taten verhängten Zahl wie auch die von der Strafkammer daraus gebildete Gesamtzahl der Tagessätze weist aus revisionsgerichtlicher Sicht keinen den Angeklagten belastenden Fehler auf. Mit dem Hinweis der Revision, dass sich der Angeklagte während seiner vierzigjährigen Unternehmensführung straf-, gewerbe- und steuerrechtlich nicht auffällig verhalten habe, braucht sich der Senat nicht näher zu befassen, weil die Strafkammer nichts anderes angenommen hat. Das Revisionsvorbringen, der Angeklagte habe infolge dieses Strafverfahrens erhebliche finanzielle Verluste erlitten, wird von den landgerichtlichen Feststellungen nicht getragen. Für die sachlich-rechtliche Nachprüfung steht dem Revisionsgericht jedoch allein die Urteilsurkunde zur Verfügung (vgl. etwa BGHSt 35, 238/241).

Auch bei der Strafzumessung ist der Pauschalbetrag des § 10 Abs. 2 Nr. 8 EStG a. F. nicht zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen. Denn er steht ihm wie oben ausgeführt nicht zu.

Weiterhin hatte auch der zu den Betriebsausgaben zu rechnende Anteil an den für Frau T. anfallenden Personalkosten bei der Gewichtung der Tat außer Betracht zu bleiben. Die Nichtberücksichtigung dieser Betriebsausgaben bei der Gewinnermittlung ist keine Folge des Kompensationsverbots des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO (vgl. dazu etwa BGHR § 370 Abs. 1 AO Verkürzungsbetrag 3; Strafzumessung 6; BGH StRK § 370 AO 1977 R. 2), das ihrer strafmildernden Würdigung im Rahmen der Strafzumessung nicht entgegenstehen würde. Diese Betriebsausgaben fallen nämlich nicht unter die "anderen Gründe" im Sinne des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO. Sie haben wie oben ausgeführt bei der Gewinnermittlung schon deshalb außer Betracht zu bleiben, weil das Einkommensteuerrecht ihren Ansatz nicht zulässt und zwar auch dann nicht, wenn die Steuererklärung inhaltlich vollständig und richtig abgegeben wird. Derartige de lege generell nicht absetzbare Ausgaben können sich dementsprechend auch nicht im Rahmen der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten auswirken. Im vorliegenden Fall ist die Strafkammer zwar hiervon abgewichen, weil sie nur die Höhe der nach Abzug von 10% der Personalausgaben für Frau T. von den Einkünften des Angeklagten errechneten Hinterziehungsbeträge strafschärfend gewertet hat. Dies belastet den Angeklagten aber nicht.

Im übrigen hat die Strafkammer die in § 46 StGB normierten Grundsätze der Strafzumessung beachtet. Denn sie hat alle wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgründe berücksichtigt und angemessen gewichtet.

Keinen Bestand haben kann jedoch die festgesetzte Höhe (§ 40 Abs. 2 StGB) des Tagessatzes haben, weil die Gründe des angefochtenen Urteils ihre Überprüfung nicht zulassen. Ihnen ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob mit den Bruttoeinnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit der Gewinn im Sinne des § 4 EStG vor Steuern gemeint ist oder ob zu dessen Ermittlung noch die Betriebsausgaben abzusetzen sind. Ebenso wenig ist ersichtlich von welcher steuerlichen Belastung die Strafkammer ausgegangen ist. Soweit sie die Auffassung vertritt, dass der Angeklagte sein Einkommen objektiv zu niedrig angesetzt habe, genügt als Begründung der Hinweis auf die Zahl der Beschäftigten bei den von ihm beherrschten Firmen nicht. Maßgeblich ist, welchen Gewinn diese Firmen tatsächlich erwirtschaften (vgl. dazu etwa BGH bei Holtz MDR 1980A1 104). Hierzu fehlen ausreichende Feststellungen im angefochtenen Urteil.

Ende der Entscheidung

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