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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Urteil verkündet am 08.07.2003
Aktenzeichen: 4 St RR 66/03
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 73b
StGB § 73c Abs. 1 Satz 1
Bei der Anordnung des Wertersatzverfalles hat der Tatrichter nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB eine vom Revisionsgericht überprüfbare Ermessensentscheidung zu treffen, soweit der Wert des Erlangten zum Zeitpunkt der Anordnung im Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist. Diese setzt konkrete tatrichterliche Feststellungen dazu voraus, in welchem Umfang und zu welchem Zweck das Erbangte ausgegeben wurde.
Tatbestand:

1. In der Zeit zwischen November 2000 und November 2001 erwarb der Angeklagte jeweils auf einer Baustelle des anderweitig verfolgten D. in zehn Fällen zu nicht mehr feststellbaren Zeitpunkten jeweils drei Gramm Amphethamin ("Crystal-Speed") durchschnittlicher Qualität für den Eigenverbrauch zum Preis von jeweils 50,- DM pro Gramm.

2. Nachdem der anderweitig verfolgte J. mit dem Ziel, vom Angeklagten "Crystal-Speed" zu kaufen, Kontakt aufgenommen hatte, kam es in der Zeit zwischen September 2001 und November 2001 zu folgenden, zeitlich nicht mehr näher bestimmbaren Vorgängen:

a) In diesem Fall bestellte J. beim Angeklagten 50 Gramm "Crystal-Speed". Dieser gab die Bestellung an D. weiter, der kurz darauf 26 Gramm Methamphetamin-Gemisch von durchschnittlicher Qualität lieferte. Der Angeklagte bezahlte hierfür einen Preis von 65 oder 70,- DM je Gramm. Zwei Gramm hiervon behielt er für seinen Eigenkonsum; die Restmenge von 24 Gramm verkaufte er an J., wobei er je Gramm 5,- DM auf seinen Einkaufspreis aufschlug.

b) In einem weiteren Fall bestellte J. beim Angeklagten 100 Gramm "Crystal-Speed". Nach Weitergabe der Bestellung an D. lieferte dieser dem Angeklagten 53 Gramm Methamphetamin-Gemisch von durchschnittlicher Qualität, wiederum zum Preis von 63 oder 70,- DM pro Gramm. Der Angeklagte behielt hiervon drei Gramm für seinen Eigengebrauch. Die Restmenge verkaufte er wiederum an J., wobei er auf den Einkaufspreis 5,- DM je Gramm aufschlug.

c) In diesem Fall bestellte i. wiederum 100 Gramm "Crystal-Speed". D. besorgte auf Bestellung des Angeklagten daraufhin 100 Gramm Methamphetamin-Gemisch von schlechter Qualität. Auch hierfür bezahlte der Angeklagte einen Preis von 65.- oder 70.- DM je Gramm. Da J. eine größere Menge nicht sogleich bezahlen konnte, verkaufte der Angeklagte in mehreren nicht mehr näher bestimmbaren Teillieferungen eine Gesamtmenge von 55 Gramm an J., wobei er wiederum 5,- DM je Gramm auf den Einkaufspreis aufschlug. Zum gleichen Preis verkaufte er 15 Gramm an den anderweitig verfolgten I.. Die Restmenge von ca. 30 Gramm gab der Angeklagte wegen der schlechten Qualität an D. zurück.

3. In der zweiten Hälfte des Monats November 2001 wollten der Angeklagte und D. in die Tschechische Republik fahren. Vor Antritt der Fahrt hatte D. noch 50 Gramm Methamphetamin bei sich. Dieses Methamphetamin-Gemisch wollte er nicht mitnehmen. Er bat deshalb den Angeklagten, diese 50 Gramm Methamphetamin-Gemisch in seiner Wohnung in N. aufzubewahren. Der Angeklagte versteckte daraufhin das Methamphetamin-Gemisch in seinem Kühlschrank.

In der Folgezeit entnahm der Angeklagte von diesem Methamphetamin-Gemisch, welches von schlechter Qualität war, ca. 10 Gramm für den Eigenverbrauch. Als D. die Restmenge abholte, stellte er fest, dass etwas entnommen worden war. Der Angeklagte einigte sich mit ihm dann darauf, dass er diese 10 Gramm als Gegenleistung für die Aufbewahrung behalten durfte und dass ihm D. eine weitere Teilmenge von 10 Gramm verkaufte. Die Restmenge von 30 Gramm gab der Angeklagte an D. zurück. Dabei war er sich bewusst, dass dieser das Amphetamin gewinnbringend verkaufen wollte.

4. Schließlich erhielt der Angeklagte von D. 50 Gramm Methamphetamin-Gemisch; dieses war von besserer Qualität, sodass der Angeklagte an D., einen um 5,- DM je Gramm höheren Preis zahlen musste, also einen Betrag von 70,- oder 75,- DM. Hiervon verkaufte der Angeklagte wiederum mit einem Aufschlag von 5,- DM je Gramm auf den Einkaufspreis an J. 46 Gramm und zu demselben Preis zwei Gramm an den anderweitig verfolgten I..

Aus der an J. verkauften Menge wurde eine Teilmenge von 34,2 Gramm (Trockengesamtgewicht) sichergestellt, welche 16,9 % bzw. 5,8 Gramm Methamphetaminbase oder 21,0 % bzw. 7,2 Gramm Methamphetamin Hydrochlorid enthielt.

Beim Angeklagten selbst wurde aus dieser Lieferung eine Menge von 2,2 Gramm mit einem Gehalt von 18,6 % Methamphetamin-Hydrochlorid sichergestellt.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten am 12.8.2002 wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in zehn Fällen, unerlaubten Handeltreibens und unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in je vier Fällen und Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Vom Vorwurf weiterer oben nicht beschriebener Verstöße gegen das BtMG wurde der Angeklagte freigesprochen. Hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 14870,- DM wurde der Verfall erklärt.

Die Berufung des Angeklagten, die dieser auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hatte sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft, die sich nicht auf den Teilfreispruch des Angeklagten bezog, verwarf das Landgericht am 18.11.2002 unter Aufhebung der Verfallsentscheidung als unbegründet.

Die Strafkammer hat zum Komplex 1 ergänzend festgestellt, dass der Wirkstoffgehalt deutlich unter 18 % Methamphetamin-Hydrochlorid gelegen habe. Nähere Feststellungen hätten nicht getroffen werden können.

In den Fällen 2 a und 2 b ging die Strafkammer davon aus, dass die Wirkstoffkonzentration deutlich geringer war als 18,6 % Methamphetamin-Hydrochlorid.

Zum Wirkstoffgehalt stellte die Strafkammer im Fall 2 c ergänzend fest, er sei nochmals deutlich geringer gewesen als in den Tatkomplexen 2 a und b; es sei aber immer noch Wirkstoff vorhanden gewesen.

Zum Fall 3 stellte die Strafkammer ergänzend fest, ebenso wie im Tatkomplex 2 c habe es sich um Betäubungsmittel von sehr geringer Wirkstoffkonzentration gehandelt.

Das Absehen von der Anordnung des Wertersatzverfalls hat die Strafkammer wie folgt begründet:

"Der Angeklagte hat insoweit, ebenfalls glaubhaft, angegeben, über keinerlei Vermögenswerte oder Geldmittel mehr zu verfügen, und zwar spätestens seit dem Vollzug der Untersuchungshaft. Diese Angaben erscheinen schon deshalb glaubhaft, weil der Angeklagte einen Großteil der Erlöse für den Ankauf eingesetzt hat. Sollte nach Abzug des jeweiligen Einkaufspreises und unter Berücksichtigung des Eigenkonsums tatsächlich noch ein Gewinn verblieben sein, so ist dieser inzwischen mit Sicherheit verbraucht. Wenn aber die Einnahmen aus dem Betäubungsmittelverkauf zur Finanzierung des Eigenkonsums oder durch den allgemeinen Lebensunterhalt aufgezehrt worden sind, ist das Absehen vom Verfall naheliegend (vgl. hierzu Tröndle/Fischer, StGB, 51. Auflage, RdNr. 5 zu § 73 c)".

Die Revision des Angeklagten war überwiegend, diejenige der Staatsanwaltschaft, die ihr Rechtsmittel auf die Verfallsentscheidung beschränkt hatte, war in vollem Umfang begründet.

Gründe:

Die Strafkammer hat in den Tatkomplexen 1, 2 a-c und 3 den Schuldumfang nicht ausreichend bestimmt hat. Dem Rechtsfolgenausspruch fehlt insoweit eine tragfähige Grundlage.

1. Den Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, welche betäubungsmittelrelevanten Wirkstoffmengen sich insoweit mindestens in den verfahrensgegenständlichen Rauschgiftmengen befunden haben. Derartige Feststellungen bilden aber die Grundlage jeglicher Strafbemessung (st.Rsp., vgl. BayObLGSt 1997, 95/96; 1999, 99/100 m. w. N.). Hierzu hat der Tatrichter aber entweder konkrete Feststellungen zum Wirkstoffgehalt zu treffen oder er muss von der für den Angeklagten jeweils günstigsten Qualität ausgehen, die nach den Umständen in Betracht kommt. Ist eine Wirkstoffbestimmung nicht mehr möglich, so muss er unter Berücksichtigung anderer hinreichend sicher feststellbarer Tatumstände und letztlich in Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo feststellen, von welcher Menge an betäubungsmittelrelevanten Wirkstoffen auszugehen ist. Wurde das Rauschgift immer vom gleichen Verkäufer zum annähernd gleichen Preis erworben, so kann der Tatrichter allerdings unter Umständen aus dem Wirkstoffgehalt einer sichergestellten Rauschgiftmenge auf die Qualität der bereits veräußerten oder verbrauchten Menge Rückschlüsse ziehen, falls keine Anhaltspunkte für eine unterschiedliche Konzentration vorliegen (st. Rsp. vgl. zuletzt BayObLG Urteil vom 8.10.2002 - 4 St RR 92/2002; Körner BtMG 5. Aufl. § 29a Rn. 98 m. w. N.).

Diesen Anforderungen werden die Feststellungen zur Rauschgiftqualität in den genannten Tatkomplexen nicht gerecht.

Im Tatkomplex 1 lässt die Bewertung der Strafkammer, die erworbenen Methamphetamin-Gemische seien jeweils von durchschnittlicher Qualität gewesen, jedenfalls habe der Wirkstoffgehalt deutlich unter einem Gehalt von 18 % Methamphetamin-Hydrochlorid gelegen, keinen Schluss auf den Mindestwirkstoffgehalt des erworbenen Rauschgifts zu. Der Bezeichnung "durchschnittlich" fehlt insoweit jegliche Aussagekraft; auch ist nicht nachvollziehbar, von welcher Wirkstoffkonzentration auszugehen ist, wenn eine solche deutlich unter 18 % Methamphetamin-Hydrochlorid gelegen haben kann. Das wird ohne weiteres verständlich, wenn man überlegt, wie viele Konsumportionen bei unterschiedlichen Wirkstoffkonzentrationen aus der verfahrensgegenständlichen Erwerbsmenge von jeweils drei Gramm Methamphetamin gewonnen werden konnten. Betrug der Wirkstoffgehalt 18 % Methamphetamin-Hydrochlorid, so errechnet sich die Wirkstoffmenge mit 540 mg. Hieraus ließen sich, eine Konsumportion von 140 mg unterstellt (vgl. BGHSt 42, 255/265) etwa vier Konsumportionen gewinnen. Eine Wirkstoffkonzentration von lediglich 9 % ergibt demgegenüber nur etwa zwei Konsumportionen. Damit bleibt der objektive Unrechtsgehalt der Tat, der sich in erster Linie daran ausrichtet, wie viele Konsumportionen zur Verfügung stehen, offen.

Gleiches gilt für die Qualitätsbewertung in den Tatkomplexen 2 a und b. Auch hier spricht die Strafkammer von Methamphetamin-Gemischen bzw. Crystal-Speed durchschnittlicher Qualität und einer deutlich geringeren Wirkstoffkonzentration als 18,6 Methamphetamin-Hydrochlorid.

Ebenso wenig erschließt sich aus den Feststellungen zum Tatkomplex 2 c der Unrechtsgehalt der Tat. Was unter einer "nochmals deutlich geringeren Wirkstoffkonzentration", jedenfalls sei aber "überhaupt noch ein Wirkstoff vorhanden gewesen", zu verstehen ist, bleibt ebenfalls offen.

Auch aus der Feststellung, im Tatkomplex 3 sei ebenso wie im Tatkomplex 2 c von einer sehr geringen Wirkstoffkonzentration auszugehen, ergibt sich nichts, was irgendeinen Rückschluss auf den Mindestwirkstoffgehalt des Rauschgifts zuließe.

Damit erweisen sich die Schuldfeststellungen der Strafkammer als so lückenhaft, dass sie nicht bestehen bleiben können. Angesichts der Bedeutung der fehlenden Feststellungen für das äußere Tatgeschehen und die Strafzumessung ist der Schuldspruch in den Tatkomplexen 1, 2 a bis c und 3 deshalb aufzuheben (vgl. BGHSt 27, 322/3257 KK/Kuckein StPO 4. Aufl. § 354 Rn. 17). Dies hat zur Folge, dass auch dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage entzogen ist.

2. Die Revision des Angeklagten ist offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und die Bemessung der Einzelstrafen im Tatkomplex 4 richtet. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge deckt insoweit keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.

3. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf die unterbliebene Anordnung des Wertersatzverfalls beschränkt. Insoweit stellt die Erklärung der Staatsanwaltschaft beim Revisionsgericht vom 16.6.2003 keine Teilrücknahme dar, sondern präzisiert das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft. Zwar erweckt die Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft zunächst den Eindruck, es werde im Rahmen des Rechtsfolgenausspruchs in erster Linie die Verfallsentscheidung angegriffen und somit der Rechtsfolgenausspruch in seiner Gesamtheit. Da sich die Revisionsbegründung jedoch ausschließlich mit der Verfallsfrage befasst, ergibt sich hieraus auch ausreichend deutlich, dass die Beschränkung des Rechtsmittels auf den unterbliebenen Wertersatzverfall von vorneherein gewollt war (vgl. hierzu etwa BGH bei Kusch NStZ 1996, 21/23).

Die Entscheidung der Strafkammer, von der Anordnung des Wertersatzverfalls abzusehen ist, hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Nach den Feststellungen hat der Angeklagte die ihm aus den Rauschgiftgeschäften zugeflossenen Geldbeträge verbraucht; er verfügt über keinerlei Vermögen. Somit kann die Anwendung des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB in Betracht kommen.

Diese Vorschrift sieht vor, dass in einem solchen Fall die Anordnung des (Wertersatz-)Verfalls unterbleiben kann. Nach der Gesetzesfassung ist somit eine Ermessensentscheidung des Tatrichters geboten, die nicht schon deshalb ausscheidet, weil das Geld für den Lebensunterhalt oder den Ankauf weiterer Drogen verbraucht wurde (BGHR StGB § 73 Härte 2). Allerdings kommt es dann für die Ausübung des Ermessens auch darauf an, wofür das Erlangte verbraucht wurde. Die Strafkammer hat hierzu nur unzureichende Feststellungen getroffen, wenn sie ausführt, der Angeklagte habe einen Großteil der Einkünfte für den Ankauf neuen Rauschgifts eingesetzt und, sollte ein Gewinn übrig geblieben sein, so sei dieser verbraucht. Das ist schon deshalb ungenügend, weil Gegenstand der Ermessensausübung auch die Frage ist, ob die erzielten Bruttoerlöse ganz oder teilweise dem Verfall unterliegen sollen. Dies kann aber entscheidend davon abhängen, welche Beträge aus einer Notlage heraus für den allgemeinen Lebensunterhalt verwendet wurden und welche Beträge etwa für neue Rauschgiftgeschäfte angelegt worden sind (vgl. hierzu BGHSt 33, 23/25). Erforderlichenfalls muss der Tatrichter hier entsprechend § 73b zur Schätzung greifen.

Jedenfalls darf er bei der Anwendung des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB nicht offen lassen, wofür und in welcher Höhe der Erlös verbraucht wurde, weil ihm sonst die Grundlage für die Ermessensentscheidung fehlt.

Ebenso wenig reicht es aus, das Absehen von der Anordnung des Wertersatzverfalls damit zu begründen, ein solches Absehen sei ohnehin naheliegend, wenn die Einnahmen wie hier zur Finanzierung des Eigenkonsums oder des allgemeinen Lebensunterhalts verwendet wurden. Es kann dahinstehen, ob eine solche allgemeine Bewertung richtig ist. Soweit sich die Strafkammer hierfür auf die Kommentierung bei Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. § 73c Rn. 5 beruft, wird dort das Absehen vom Verfall nur dann als naheliegend betrachtet, wenn die Mittel zur Finanzierung des allgemeinen Lebensunterhalts oder zum Erwerb von Betäubungsmitteln zum Eigenverbrauch eines Süchtige verwendet wurden. Nach den Feststellungen war der Angeklagte jedoch nicht süchtig. Der Umstand, dass ein Absehen vom Verfall beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen naheliegend sein kann, ersetzt jedoch keinesfalls die konkrete Ermessensentscheidung im anstehenden Fall. Eine anhand konkreter Feststellungen zum Verbrauch der Mittel auf den Angeklagten bezogene Entscheidung hat die Strafkammer aber nicht getroffen. Damit ist ihre Entscheidung fehlerhaft begründet und kann deshalb nicht bestehen bleiben.

4. Für das weitere Verfahren wird bemerkt:

a) Wer Rauschgift erwirbt, um es teilweise weiter zu verkaufen und teilweise zum Eigenkonsum zu verwenden (vgl. Tatkomplex 2 a und b) macht sich des unerlaubten Handeltreibens in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig (vgl. Körner BtMG 5. Aufl. § 29 Rn. 1037).

Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen hat sich der Angeklagte jedoch im Tatkomplex 2 c nicht auch noch des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln schuldig gemacht.

b) Wird Rauschgift zum Handeltreiben erworben und ein Teil hiervon wegen schlechter Qualität dem Verkäufer wieder zurückgegeben (Tatkomplex 2 c), so handelt es sich hier um eine Tat des Handeltreibens, die das gesamte erworbene Rauschgift zum Gegenstand hat (Körner § 29 Rn. 646).

c) Verwahrt der Täter Rauschgift für einen Dritten, das zum Handeltreiben bestimmt ist (Tatkomplex 3) und entnimmt er hiervon einen Teil zum Eigenverbrauch, so macht er sich der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben in Tateinheit mit unerlaubtem Verschaffen von Betäubungsmitteln schuldig.

Erwirbt er bei der Rückgabe des Rauschgifts eine weitere Teilmenge zum Eigenkonsum, so steht das hierdurch verwirklichte Vergehen des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in Tatmehrheit zur vorangegangenen Tat.

d) Treffen Einzelfreiheitsstrafen und Einzelgeldstrafen zusammen und wird eine Gesamtfreiheitsstrafe gebildet, so müssen die Urteilsgründe regelmäßig erkennen lassen, dass sich der Tatrichter des ihm durch § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB eingeräumten Ermessens bewusst gewesen ist. Das gilt insbesondere dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass erst die Einbeziehung der Einzelgeldstrafen zu einer nicht mehr aussetzungsfähigen Gesamtfreiheitsstrafe geführt hat (st. Rsp., vgl. BGH StV 1999, 558 und 2001, 618; BGH NStZ-RR 2002, 264).

Ende der Entscheidung

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