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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 21.02.2002
Aktenzeichen: 4 St RR 7/02
Rechtsgebiete: BtMG


Vorschriften:

BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2
Die nicht geringe Menge an Psilocin im Sinne des BtMG § 29a Abs 1 Nr 2 beträgt 1,2 Gramm (120 Konsumeinheiten zu je 10 mg). Für Psilocybin errechnet sich die nicht geringe Menge mit 1,7 Gramm (120 Konsumeinheiten zu je 14 mg).
Gründe:

I.

Das Schöffengericht bei dem Amtsgericht sprach den Angeklagten schuldig, in sieben Fällen vorsätzlich unerlaubt mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben, zugleich in fünf Fällen Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt eingeführt sowie in einem weiteren selbständigen Fall vorsätzlich unerlaubt mit Betäubungsmitteln Handel getrieben zu haben. Es verurteilte ihn deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Wegen eines Betrages in Höhe von 64 777,90 DM wurde der Verfall des Wertersatzes angeordnet.

Die Berufung des Angeklagten gegen dieses Urteil verwarf das Landgericht mit der Maßgabe als unbegründet, dass nur bezüglich eines Betrages von 48160 DM der Verfall des Wertersatzes angeordnet wurde. Dem Angeklagten wurde zugleich gestattet, diesen Betrag in monatlichen Raten von je 1000 DM zu bezahlen.

Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung des materiellen Rechts.

II.

Die Revision ist zulässig (§§ 333, 341 Abs. 1, §§ 344, 345 StPO) und teilweise begründet, weil der Schuldumfang der dem Angeklagten in den Fällen BU III/7 und BU III/8 zur Last liegenden Taten nicht ausreichend festgestellt ist.

1. Die Strafkammer ist von folgendem Sachverhalt ausgegangen:

Im Zeitraum August 1998 bis Januar 1999 verkaufte der Angeklagte als "Duftkissen" bezeichnete Stoffbeutel, die getrocknete Pilze, sogenannte "magic mushrooms", mit den Wirkstoffen Psilocin und Psilocybin enthielten, sowie als "HANFTEE VOM BRIENZERSEE" bezeichnete Tee-Aufgussbeutel, die jeweils ein Cannabis-Produkt vom Marihuana-Typ enthielten.

Die "Duftkissen" waren mit einem Aufdruck versehen, der unter anderem den Text enthielt: "Es ist gesetzlich verboten, den Inhalt zu verzehren!" Wie jedoch der Angeklagte und die Käufer wussten, waren die "Duftkissen" für einen mit dieser Bezeichnung korrespondierenden Zweck ungeeignet, da sie einen ekelerregenden Geruch verströmten.

Der Angeklagte und seine Käufer handelten im stillschweigenden Einverständnis, dass der Inhalt sowohl der "Duftkissen" als auch der Tee-Aufgussbeutel zum Konsum als Betäubungsmittel und zur Erzielung des gewünschten Rauschzustandes bestimmt war (BU S. 4/5). Im einzelnen wurden folgende Geschäfte festgestellt:

1.1 Am 27.8.1998 bestellte der Angeklagte bei der Firma T GmbH in B 10 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Mexico I" für 17,50 DM pro Stück, 10 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Mexico II" für 32,50 DM pro Stück, 10 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Hawaii I" für 32 DM pro Stück.

Anstelle der 10 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Mexico II" wurden 4 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Mexico II" und 12 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Mexico I" geliefert.

Am 24.9.1998 bestellte der Angeklagte bei der Firma N in B in den N unter anderem

20 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Mexico I", 10 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Mexico II", 10 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Hawaii I".

Am 29.9.1998 bestellte der Angeklagte bei der Firma N in B in den N

50 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Mexico I", 50 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Mexico II", 50 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Hawaii I", 50 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Hawaii II".

Am 22.10.1998 bestellte der Angeklagte bei der Firma N in B in den N

50 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Mexico I", 50 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Mexico II", 50 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Hawaii I", 100 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Hawaii II".

Am 27.10.1998 bestellte der Angeklagte bei der Firma N in B in den N

50 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Mexico I", 100 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Mexico II", 50 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Hawaii I".

Am 3.11.1998 bestellte der Angeklagte bei der Firma N in B in den N

50 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Mexico I", 100 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Mexico II", 50 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Hawaii I", 100 "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Hawaii II".

Neben diesen bestellten "Duftkissen" erhielt der Angeklagte aufgrund der guten Entwicklung der Geschäftsbeziehungen 30 "Duftkissen", deren Bezeichnung nicht festgestellt werden konnte, ohne Berechnung.

Somit hat der Angeklagte insgesamt 1056 "Duftkissen" erhalten.

1.2 Mitte Januar 1999 verkaufte der Angeklagte an die anderweitig Verfolgte V N für 65 DM ca. 3 Gramm "hawaiische Pilze", die Psilocybin enthielten. Sie wurden von der Erwerberin gleich im Laden bezahlt und ihr später vom Angeklagten zugeschickt. Von wem und wann der Angeklagte diese Pilze erhalten hat, ist nicht festgestellt worden (BU S. 9).

1.3 Am 16.12.1998 bestellte der Angeklagte bei der Firma H GmbH in B 50 Päckchen "HANFTEE VOM BRIENZERSEE", die jeweils 24 Tee-Aufgussbeutel enthielten.

Am 23.3.1999 verkaufte der Angeklagte ein Päckchen "HANFTEE VOM BRIENZERSEE" mit 24 Tee-Aufgussbeuteln, die je ca. 1,2 Gramm enthielten, an den polizeilichen Scheinaufkäufer, POM H , für 15,90 DM.

Am selben Tag wurden beim Angeklagten 18 Päckchen "HANFTEE VOM BRIENZERSEE", die jeweils 24 Tee-Aufgußbeutel enthielten, und ein Päckchen "HANFTEE VOM BRIENZERSEE", das 19 Tee-Aufgußbeutel enthielt, von der Polizei sichergestellt (BU S. 10).

2. Hinsichtlich der Mengen und des Wirkstoffgehalts hat die Strafkammer darüber hinaus folgendes festgestellt:

2.1 Bezeichnung "Mexiko I":

Sie enthielten bei einer angegebenen Füllmenge von 2,5 g durchschnittlich 2,3 g Stropharia Cubensis mit einem Wirkstoffgehalt von 0,2 % Psilocin und 2,1 % Psilocybin;

Bezeichnung "Mexiko II":

Sie enthielten bei einer angegebenen Füllmenge von 5 g durchschnittlich 5 g Stropharia Cubensis mit einem Wirkstoffgehalt von 0,2 % Psilocin und 2,1 % Psilocybin;

Bezeichnung "Hawaii I":

Sie enthielten bei einer angegebenen Füllmenge von 1 g durchschnittlich 0,8 g Copelandia Cyanescens mit einem Wirkstoffgehalt von 1,5 % Psilocin und 2,1 % Psilocybin;

Bezeichnung "Hawaii II":

Sie enthielten bei einer angegebenen Füllmenge von 2 g durchschnittlich 2,4 g Copelandia Cyanescens mit einem Wirkstoffgehalt von 1,5 % Psilocin und 2,1 % Psilocybin.

Abgesehen von den oben genannten Einkaufspreisen bei der Bestellung vom 27.8.1998 bezahlte der Angeklagte bei allen folgenden Bestellungen für die "Duftkissen" der Bezeichnung "Mexiko I" und "Hawaii I" pro Stück 10 DM und für die "Duftkissen" der Bezeichnung "Mexiko II" und "Hawaii II" pro Stück 18 DM. Die "Duftkissen", auch die aufgrund der Bestellung vom 27.8.1998 gelieferten, verkaufte der Angeklagte zum Preis von 65 DM für die "Duftkissen" der Bezeichnung "Mexiko II" und "Hawaii II" sowie zum Preis von 35 DM für die "Duftkissen" der Bezeichnung "Mexiko I" und "Hawaii I" (BU S. 5/6 oben).

2.2 Der "HANFTEE VOM BRIENZERSEE" wurde in Päckchen, wie sie von handelsüblichen Tee-Aufgussbeuteln bekannt sind, geliefert, die jeweils 24 Tee-Aufgussbeutel enthielten. In diesen Beuteln befand sich jeweils 1 g eines Cannabis-Produkts vom Marihuana-Typ, der beim Rauchen verfügbare Gehalt an Tetrahydrocannabinol betrug mindestens 1,4 %.

Der Angeklagte bezahlte für die Päckchen mit je 24 Tee-Aufgussbeuteln pro Stück 7,50 DM und verkaufte sie einheitlich für 15,90 DM (BU S. 6).

3. Die Revision ist offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen BU III/1-6 richtet.

3.1 Entgegen der Meinung der Revision unterliegen Psilocybin und Psilocin als dessen Abbauprodukt seit dem Inkrafttreten der 10. BtMÄndV am 1.2.1998 nicht nur als Wirkstoffe, sondern auch als Pflanzenteile im betäubungsmittelrechtlichen Sinne dem Betäubungsmittelgesetz (vgl. hierzu Weber BtMG § 1 Rn. 185; Körner BtMG 5. Aufl. § 2 Rn. 18 ff.; Kreuzer Handbuch des Betäubungsmittelstrafrechts § 1 Rn. 82 ff.).

3.2 Die Strafkammer ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Angeklagte Betäubungsmittel in nicht geringer Menge eingeführt und mit diesen Handel getrieben hat.

Hierzu hat sie, sachverständig beraten, folgendes ausgeführt:

Das Wirkungsspektrum der Psilocin und Psilocybin enthaltenden Pilzsorten, die üblicherweise in getrocknetem Zustand verzehrt werden, entspricht so weitgehend dem LSD-Rausch, dass die genannten Pilze als starke Halluzinogene zu bezeichnen sind. Wirkung und Gefährlichkeit von Psilocin und Psilocybin sowie die Toleranzentwicklung sind mit denjenigen von LSD zu vergleichen, zwischen Psilocin und Psilocybin einerseits sowie LSD andererseits besteht eine Kreuztoleranz, d. h. die Aufnahme von Psilocin bzw. Psilocybin über einen längeren Zeitraum macht den Körper unempfänglich für die Aufnahme von LSD. Hier wie dort sind keine Todesfälle als Folge von Vergiftung, jedoch als Folge von rauschbedingten Halluzinationen bekannt. Der im menschlichen Körper aktive Wirkstoff ist das Psilocin. Das aufgenommene Psilocybin wird rasch in Psilocin umgebaut. Rechnerisch entstehen aus 10 mg Psilocybin 7,18 mg Psilocin. Für einen Erwachsenen beträgt die wirksame Dosis 4 mg bis 8 mg Psilocin, wobei 4 mg leichtere Stimmungsschwankungen hervorrufen, während 6 mg bis 12 mg zu einem akut psychotischen Bild führen. Eine üblicherweise psychedelisch wirksame Einzeldosis liegt bei 8 mg Psilocin. Eine Dosis von 10 mg Psilocin wirkt mit Sicherheit halluzinogen, so dass eine Konsumeinheit nicht höher als 10 mg zu veranschlagen ist. Unter Berufung auf einen Vorschlag der Toxikologen der Landeskriminalämter und des Bundeskriminalamtes anlässlich ihres 21. Symposiums in München im Jahre 1999 ist der Sachverständige Dr. G zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Menge von 1200 mg Psilocin (120 Konsumeinheiten zu je 10 mg Psilocin) eine "nicht geringe Menge" im Sinne von § 29 a Abs. 1 BtMG darstellen. Er orientiert sich dabei wegen der uneingeschränkten Vergleichbarkeit von Psilocin und LSD an der vom Bundesgerichtshof für die "nicht geringe Menge" LSD festgelegten Maßzahl von 120 Konsumeinheiten.

Die Strafkammer schließt sich den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen an, macht sich seine Argumentation zu eigen und legt das Ergebnis ihrer Entscheidung zugrunde. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 1.9.1987 (BGHSt 35, 43) mit eingehender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, ausgeführt, dass eine Einzeldosis von 50 µg des reinen Wirkstoffes Lysergsäurediäthylamid (LSD) in der Regel genügt, um einen LSD-Rausch herbeizuführen. Daran anknüpfend hat der Bundesgerichtshof eine Summe von 120 derart wirksamer Konsumeinheiten als eine "nicht geringe Menge" im Sinne von (damals) § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 BtMG bewertet. Wie dargelegt, wird ein dem LSD-Rausch adäquates Rauscherlebnis mit einer Dosis von 10 mg Psilocin erzielt. Somit ist die Menge von 120 Konsumeinheiten, das sind 1200 mg Psilocin als eine "nicht geringe Menge" im Sinne von § 29 a Abs. 1 BtMG zu bewerten.

Wegen des oben dargestellten Umwandlungsfaktors (10 mg Psilocybin werden im Körper in 7,18 mg Psilocin umgebaut) entsprechen somit 1671,3 mg oder (aufgerundet) 1,7 g Psilocybin der "nicht geringen Menge" im Sinne von § 29 a Abs. 1 BtMG (BU S. 16/17).

Dem tritt der Senat bei.

3.3 Soweit die Strafkammer in den Fällen BU III/1-6 die einzelnen Gewichtsmengen und damit auch den Schuldumfang nicht ausreichend bestimmt hat, beruht das Urteil hierauf nicht.

Die Gewichtsmengen der in den bestellten und weiterverkauften "Duftkissen" enthaltenen Pilze hat die Strafkammer, soweit sie Feststellungen treffen konnte und gleichgültig, um welche Art von "Duftkissen" es sich gehandelt hat, jeweils als durchschnittliche Füllmenge angegeben (BU S. 5 Mitte). Das wäre nicht zu beanstanden, wenn für den Senat nachvollziehbar dargelegt worden wäre, wie die Strafkammer die Durchschnittsmenge bestimmt hat. Daran fehlt es jedoch. So hat die Strafkammer beispielsweise bei den "Duftkissen" mit der Bezeichnung "Mexico I", eine Durchschnittsfüllmenge von 2,3 Gramm gegenüber einer angegebenen Füllmenge von 2,5 Gramm zugrunde gelegt. Was unter einer Durchschnittsfüllmenge von 2,3 Gramm zu verstehen ist, erschließt sich dem Senat aus den Urteilsgründen jedoch nicht. Weder ist danach festzustellen, ob es sich insoweit um eine Mindestmenge pro "Duftkissen" gehandelt oder ob es sich hierbei um die - basierend auf einer festgestellten Gesamtmenge - rechnerisch in jedem "Duftkissen" enthaltene Teilmenge gehandelt hat.

Letzteres wäre etwa dadurch feststellbar gewesen, dass die Strafkammer mittels sachverständiger Hilfe die in den sichergestellten "Duftkissen" vom Typ "Mexico I" enthaltene Gesamtmenge ermittelt und daraus die rechnerische Einzelmenge für jedes sichergestellten "Duftkissen" errechnet hätte. Hätte sich hierbei ein Wert von 2,3 Gramm ergeben, wäre es, dies unterstellt, bei fabrikmäßiger Herstellung der "Duftkissen" nicht zu beanstanden, diesen Wert sämtlichen "Duftkissen" vom Typ "Mexico I" zugrunde zulegen. In gleicher Weise hätte bezüglich der übrigen "Duftkissen" angesichts der Feststellungen zur Zahl der sichergestellten "Duftkissen" (BU S. 9) verfahren werden können. Hierzu hat sich die Strafkammer jedoch nicht geäußert. Ihre Aussage, durchschnittlich hätte sich in jedem "Duftkissen" - so beim Typ "Mexiko I" - ein Pilzgemisch von 2,3 Gramm befunden, lässt somit nicht erkennen, ob es sich bei diesem Wert zugunsten des Angeklagten um eine Mindestmenge gehandelt hat oder um einen rechnerisch auf ein Gesamtgewicht zurückzuführenden Wert pro "Duftkissen" oder aber um einen Wert, der mehr oder weniger von einem nicht näher bestimmten Schätzwert von 2,3 Gramm nach oben oder unten abweichen kann. Da der zugrunde gelegte Gewichtswert pro "Duftkissen" jedoch den Ausgangswert zur Bestimmung des Mindestgehalts an Rauschmitteln pro "Duftkissen" bildet, darf es sich bei diesem Wert, um den Angeklagten nicht zu benachteiligen, nur um einen Mindestwert oder um einen rechnerisch bestimmten Gewichtswert handeln. Nicht nachvollziehbare Schätzwerte sind zur Bestimmung des Schuldumfangs ungeeignet. Da der Senat nicht ausschließen kann, dass es sich bei den von der Strafkammer zugrunde gelegten Durchschnittsgewichtswerten nicht um Mindestwerte oder rechnerisch bestimmte Gewichtswerte handelt, ist der Schuldumfang in den Fällen BU III/1-6 des Berufungsurteils nicht nachvollziehbar.

Dem Schuldspruch wird dadurch die Grundlage jedoch nicht entzogen. Insoweit ist den Feststellungen der Strafkammer nämlich zu entnehmen, dass es sich bei den in den Fällen BU III/1-6 eingeführten und zum Handeltreiben bestimmten Betäubungsmittelmengen in jedem Fall um nicht geringe Mengen im Sinne des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 bzw. des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG gehandelt hat.

Auch der Rechtsfolgenausspruch ist in diesen Fällen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Strafkammer ist zu Recht davon ausgegangen, dass minder schwere Fälle im Sinne des § 29 a Abs. 2 bzw. des § 30 Abs. 2 BtMG nicht vorliegen. Damit durfte die Strafkammer die bereits vom Amtsgericht in den Fällen BU III/2-6 verhängten Einzelstrafen, die unter der durch § 30 Abs. 1 BtMG festgesetzten Strafuntergrenze von zwei Jahren liegen, zum Nachteil des Angeklagten nicht verändern. Gleiches gilt für die im Fall BU III/1 verhängte Einzelstrafe von zehn Monaten Freiheitsstrafe, die unter der Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe liegt, die § 29 a Abs. 1 BtMG vorschreibt.

4. Demgegenüber kann der Schuldspruch im Fall BU III/7 (unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln) nicht bestehen bleiben. Die Strafkammer hat es insoweit unterlassen, die Gewichtsmenge und die Wirkstoffmenge des veräußerten Rauschgifts festzustellen. Hinsichtlich der Gewichtsmenge hat sie sich mit der Feststellung begnügt, es habe sich um "ca. 3 Gramm hawaiische Pilze" gehandelt. Das war fehlerhaft.

In Betäubungsmittelstrafsachen muss der Tatrichter grundsätzlich entweder konkrete Feststellungen zur Gewichtsmenge und zum Wirkstoffgehalt des Rauschgifts treffen oder von der für den Angeklagten günstigsten Menge und Qualität ausgehen, die nach den Umständen in Betracht kommen. Auch wenn eine Gewichts- und Wirkstoffbestimmung nicht möglich ist, darf der Tatrichter diese Frage nicht offen lassen. Er muss vielmehr unter Berücksichtigung anderer hinreichend sicher feststellbarer Tatumstände und letztlich des Grundsatzes "Im Zweifel für den Angeklagten" feststellen, von welcher Mindestmenge und welchem Mindestwirkstoffgehalt und damit von welcher Qualität des Betäubungsmittels auszugehen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BayObLGSt 1999, 99/100). Die Bezeichnung der veräußerten Menge als "ca.-Menge" lässt demgegenüber offen, welche Menge der Tatrichter tatsächlich seiner Bewertung zugrunde gelegt hat. Damit darf er sich nicht begnügen, weil zum Nachteil des Angeklagten nur die sicher festgestellte Mindestmenge herangezogen werden darf. Durch die Bezeichnung "hawaiische Pilze" steht auch der Wirkstoffgehalt nicht fest. Aus den Gründen ist nicht ersichtlich, dass es sich insoweit um Pilze gehandelt hat, die mit den in den "Duftkissen" "Hawaii I" und "Hawaii II" befindlichen identisch sind. Auch spricht die Strafkammer davon, dass die veräußerten Pilze Psilocybin enthalten hätten, während nach den Feststellungen zu den entsprechenden "Duftkissen" diese neben Psilocybin auch noch Psilocin aufgewiesen haben (BU S. 5).

5. Soweit der Angeklagte im Fall BU III/8 durch den Ankauf von 50 Päckchen "HANFTEE VOM BRIENZERSEE" mit jeweils 24 Tee-Aufgussbeuteln zum gewinnbringenden Weiterverkauf wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt wurde, hält der Schuldspruch der sachlich-rechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand. Die Feststellungen der Strafkammer zum Gewicht und zum Wirkstoffgehalt des in einem Tee-Aufgussbeutels enthaltenen Cannabis-Produkts vom Marihuana-Typ sind derart widersprüchlich, dass von einer ausreichend sicheren Feststellung des Schuldumfangs in diesem Fall nicht ausgegangen werden kann.

Hierzu hat die Strafkammer zunächst festgestellt, ein Teebeutel enthalte jeweils 1 Gramm eines Cannabis-Produkts mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 1,4 % THC (BU S. 6). Die Eindeutigkeit dieser Feststellung wird jedoch dadurch in Frage gestellt, dass die Strafkammer hinsichtlich eines Einzelverkaufs vom 23.3.1999 ausführt, die Aufgussbeutel hätten je ca. 1,2 Gramm Cannabis-Gemisch enthalten (BU S. 10 oben). Im Rahmen der Darstellung des Beweisergebnisses führt die Strafkammer anschließend aus, ein Aufgussbeutel enthalte durchschnittlich 1 Gramm "Tee" mit einem Wirkstoffgehalt von durchschnittlich 14 mg (BU S. 13 Mitte). Bei einer abschließenden Bewertung der Gesamtwirkstoffmenge errechnet sie schließlich einen Betrag von 16,8 Gramm THC (BU S. 19). Die rechnerische Überprüfung dieser Gesamtwirkstoffmenge lässt wiederum den Schluss zu, die Strafkammer könnte von einer Gewichtsmenge von exakt 1 Gramm pro Teebeutel und einem Wirkstoffgehalt von 1,4 % THC ausgegangen sein. Angesichts der vorangegangenen widersprüchlichen Feststellungen vermag sich der Senat nicht zu überzeugen, von welcher Gewichts- und Wirkstoffmenge die Strafkammer bei der strafrechtlichen Bewertung des Falles BU III/8 tatsächlich ausgegangen ist. Somit kann der Schuldspruch auch in diesem Punkt nicht bestehen bleiben. Damit wird auch dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage entzogen. Der angeordnete Verfall des Wertersatzes in Höhe von 48 160 DM bleibt hingegen bestehen, weil er bereits durch die Bruttoeinkünfte des Angeklagten in den Fällen BU III/1-6 gedeckt ist. Er weist keinen Fehler zum Nachteil des Angeklagten auf.

III.

Wegen der aufgezeigten Mängel (§ 337 StPO) wird das angefochtene Urteil daher auf die Revision des Angeklagten in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufgehoben (§ 353 StPO). Die Sache wird insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts München I zurückverwiesen (§ 354 Abs. 2 StPO). Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.

Die Entscheidung ergeht durch einstimmig gefassten Beschluss und, soweit die Revision verworfen wurde, auf Antrag der Staatsanwaltschaft (§ 349 Abs. 2 und 4 StPO).

Ende der Entscheidung

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