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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 13.03.2000
Aktenzeichen: 4St RR 172/99
Rechtsgebiete: StPO, GVG, BtMG


Vorschriften:

StPO § 417
StPO § 344 Abs. 2 Satz 2
StPO § 419 Abs. 1 Satz 1
StPO § 419 Abs. 3
StPO § 473 Abs. 1 Satz 1
GVG § 121
BtMG § 29 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
4St RR 172/99

Bayerisches Oberstes Landesgericht

BESCHLUSS

Der 4. Strafsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Bayerischen Obersten Landesgericht Lancelle sowie der Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht Steiner und Dr. Vitzthum

am 13. März 2000

in dem Strafverfahren

gegen

wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln

auf Antrag der Staatsanwaltschaft

beschlossen:

Tenor:

I. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 9. April 1999 wird als unbegründet verworfen.

II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.

Die Staatsanwaltschaft legte dem Angeklagten mit Antragsschrift gemäß § 417 StPO vom 3.4.1998, eingegangen beim Amtsgericht am 9.4.1998, zwei sachlich zusammentreffende Vergehen des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zur Last.

Der Amtsrichter bestimmte am 7.7.1998 unter Hinweis auf § 417 StPO Hauptverhandlungstermin auf 30.7.1998, in dem der Angeklagte wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in zwei sachlich zusammentreffenden Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt wurde.

Durch Urteil vom 9.4.1999 verwarf das Landgericht die Berufung des Angeklagten und die auf das Strafmaß beschränkte Berufung der Staatsanwaltschaft als unbegründet.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten.

II.

Die Revision ist offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die Nichteinhaltung der kurzen Frist (§ 418 Abs. 1 StPO) zur Durchführung der Hauptverhandlung stellt nach Auffassung des Senats zwar einen Verfahrensmangel dar, der aber nur auf eine den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechende Verfahrensrüge zu berücksichtigen ist und kein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis bzw. eine fehlende Verfahrensvoraussetzung darstellt.

Gemäß § 419 Abs. 1 Satz 1 StPO hat das Amtsgericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren zu entsprechen, insbesondere Termin anzuberaumen, wenn sich die Sache zur Behandlung in diesem Verfahren eignet. Eine solche Eignung ist nur dann gegeben, wenn kein Prozeßhindernis vorliegt, hinreichender Tatverdacht gegeben ist (vgl. § 419 Abs. 3 Halbsatz 1 StPO), der Sachverhalt einfach liegt oder die Beweislage klar ist (§ 417 StPO) und die Hauptverhandlung sofort oder in kurzer Frist durchgeführt werden kann (§ 418 Abs. 1 StPO). Nur die beiden ersteren Eignungskriterien wären aber auch Elemente eines Eröffnungsbeschlusses im normalen Strafverfahren, so daß für die Frage der Verfahrensvoraussetzungen nicht davon ausgegangen werden kann, daß der Gesetzgeber mit der Einführung des beschleunigten Verfahrens insoweit strengere Anforderungen hat aufstellen wollen. Gleiches folgt auch aus der Konzeption des jetzigen § 419 Abs. 3 StPO, wonach die Ablehnung der Entscheidung im beschleunigten Verfahren nicht mehr zu einem Wegfall der Rechtshängigkeit bei Gericht führt, sondern zur Prüfung, ob das Hauptverfahren eröffnet werden soll. Dies bedeutet wiederum die Trennung der Eignungskriterien für das beschleunigte Verfahren in Sach- und Beweislage bzw. kurzfristige Verhandlungsmöglichkeit einerseits und Prüfung von Prozeßhindernissen und des hinreichenden Tatverdachts andererseits. Letztere hat der Tatrichter aber mit der Terminierung durchgeführt.

An dieser Auffassung ist der Senat auch nicht durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf in NStZ 1997, 613 gehindert, die von der Erforderlichkeit eines Eröffnungsbeschlusses und damit einer fehlenden Verfahrensvoraussetzung ausgeht. Denn diese Rechtsmeinung war für die Entscheidung des dortigen Falls nicht entscheidungserheblich, so daß die Voraussetzungen für eine Vorlage gemäß § 121 GVG nicht gegeben sind. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat nämlich übersehen, daß das dortige Verfahren, welches als beschleunigtes seinen Ausgang genommen hatte, mit einem Verfahren verbunden worden ist, in dem auf Anklage hin das Hauptverfahren eröffnet worden ist. In dieser Verbindung liegt aber konkludent die Eröffnung des Hauptverfahrens auch im ursprünglich als beschleunigtes geführten Verfahren. Auf der Grundlage dieser Überlegung hat der Bundesgerichtshof (Beschluß vom 17.12.1999 2 StR 376/99) die Vorlage des OLG Köln (Beschluß vom 29.6.1999 - Ss 195/99) zurückgegeben, weil auch dem Verfahren vor dem OLG Köln ein Beschluß über die Verbindung von normalem und beschleunigten Verfahren zugrunde lag. Demgemäß hat auch das Oberlandesgericht Hamburg seine Vorlage an den BGH (NStZ 1999, 266) mit Beschluß vom 23.2.2000 zurückgenommen, da zwar das Ausgangsverfahren nur in einem beschleunigten Verfahren bestanden hat, die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.12.1999 aber auch für die Frage der Entscheidungserheblichkeit der Düsseldorfer Entscheidung heranzuziehen ist.

In der Behandlung des Verfahrensmangels befindet sich der Senat daher in Übereinstimmung mit den Oberlandesgerichten Stuttgart (StV 1995, 479), Köln (aaO) und Hamburg (aaO).

Im vorliegenden Fall ist aber eine entsprechende Verfahrensrüge nicht erhoben worden.

2. In sachlich-rechtlicher Hinsicht erweist sich die Revision als unbegründet. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. BayObLGSt 1997, 95/96) ist zwar für die Festlegung des Mindestschuldumfangs grundsätzlich eine Bestimmung der Wirkstoffmenge erforderlich; diese ist aber im Anwendungsbereich des § 29 Abs. 5 BtMG entbehrlich, da die dort vorausgesetzte geringe Menge nur bis zu drei Konsumeinheiten reicht (vgl. BayObLGSt 1995, 22).

Da die Strafkammer die Anwendung des § 29 Abs. 5 BtMG nur deshalb ausgeschlossen hat, weil es sich bei dem Angeklagten nicht um einen bloßen Probierer handle, ist sie ersichtlich von geringen Mengen ausgegangen und brauchte daher die Wirkstoffmenge nicht besonders festzulegen. Im übrigen wird auf die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft bei dem Revisionsgericht vom 27.7.1999 Bezug genommen.

III.

Die Revision wird daher auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch einstimmig gefaßten Beschluß als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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