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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.11.1999
Aktenzeichen: 4St RR 219/99
Rechtsgebiete: AuslG, StPO


Vorschriften:

AuslG § 92 a Abs. 1 Nr. 2
AuslG § 92 Abs. 2 Nr. 2
AuslG § 3 Abs. 1 Satz 1
AuslG § 55 Abs. 1
AuslG § 1 Abs. 1 DV
AuslG § 4 Abs. 1 Nr. 5 DV
AuslG § 56 Abs. 3 Satz 1
AuslG § 92 Abs. 1 Nr. 1
AuslG § 36
AuslG § 28
AuslG § 10 Abs. 2
StPO § 354 Abs. 2
StPO § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2
StPO § 349 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BayObLG

Beschluß

23.11.1999

4St RR 219/99

Der 4. Strafsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Bayerischen Obersten Landesgericht Lancelle sowie der Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht Steiner und Kaiser am 23. November 1999 in dem Strafverfahren wegen Einschleusens von Ausländern nach Anhörung der Staatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Passau vom 27. Juli 1999 mit den Feststellungen aufgehoben.

II. Das Verfahren wird eingestellt, soweit dem Angeklagten zur Last liegt, in der Zeit zwischen dem 4. 10. 1993 und dem 30. 11. 1994 ausländische Arbeitnehmer außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs ihrer Grenzgängerkarten beschäftigt zu haben.

III. Die hierauf entfallenden Kosten und notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse.

IV. Im übrigen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Richter des Amtsgerichts Passau zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Passau sprach den Angeklagten am 27. 7. 1999 des Einschleusens von Ausländern nach § 92 a Abs. 1 Nr. 2 AuslG a. F. in 27 Fällen schuldig und verurteilte ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung des materiellen Rechts.

II.

Die (Sprung-)Revision ist zulässig (§ 335 Abs. 1, §§ 312, 341, 344, 345 StPO) und begründet.

Die Überprüfung des angegriffenen Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Ergebnis, daß die wiederholte Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs ihrer Grenzgängerkarten wegen Einschleusens von Ausländern strafbar ist (II. A). Allerdings sind die dem Angeklagten zur Last liegenden Straftaten teilweise verjährt (II. B). Im übrigen leidet das angegriffene Urteil an sachlich-rechtlichen Begründungsmängeln (II. C).

A.

1. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts beschäftigte die Firma N. GmbH, in der dem Angeklagten die alleinige Entscheidungskompetenz in allen personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten zukam, in der Zeit vom 4. 10. 1993 bis einschließlich 12. 12. 1995 mit Unterbrechungen unter anderem 11 tschechische Staatsangehörige. Diese waren jeweils im Besitz einer vom Landratsamt P. ausgestellten Grenzgängerkarte, deren räumlicher Geltungsbereich auf den Landkreis P., die Stadt P. und die Grenzzone beschränkt war. In Kenntnis dieses Umstandes wurden die tschechischen Arbeitnehmer, denen die Beschränkung des räumlichen Geltungsbereichs der Grenzgängerkarten bekannt war, auf Weisung des Angeklagten zur Überwindung personeller Engpässe auch auf Baustellen außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches der Grenzgängerkarten eingesetzt. Im einzelnen hat das Amtsgericht zu den Einsatzorten, Baustellen und Einsatzzeiten von 12 tschechischen Arbeitnehmern folgende Feststellungen getroffen:

H. J. 4. - 22. 10. 1993 Breitenbrunn

23. 10. 1993 Landsberg

25. - 29. 10. 1993 Breitenbrunn

2. - 16. 11. 1993 Windach

30. 11. 1993 Windach

30. - 31. 5. 1994 Pfarrkirchen

7. 9. - 9. 9. 1994 Salmannskirchen

14. 9. - 21. 9. 1994 Salmannskirchen

26. 9. - 19. 10. 1994 Salmannskirchen davon 8. und 17. 10. 1994 Arnstorf J. M. 23. 10. 1993 Landsberg

2. - 4. 11. 1993 München (M.)

16. u. 18. 13. 1993 München (M.)

22. - 26. 13. 1993 München B. Straße

29. 11. 1993 Fürth

30. - 31. 5. 1994 Pfarrkirchen

20. - 29. 6. 1994 Arnstorf

16. - 31. 8. 1994 Arnstorf

1. - 23. 9. 1994 Salmannskirchen

26. - 30. 9. 1994 Arnstorf

5. - 13. 10. 1994 Arnstorf

17. - 21. 30. 1994 Landau F.

26. - 28. 10. 1994 dto.

2. - 30. 11. 1994 dto. (17. 11./Arnstorf)

1. 12. 1994 Landau

7. - 12. 12. 1994 Landau M. J. 6. - 22. 10. 1993 Schwabmünchen

23. 10. 1993 Landsberg

25. - 5. 11. 1993 Schwabmünchen

8. - 12. 11. 1993 Windach

15. - 16. 11. 1993 Schwabmünchen

30. 11. 1993 Schwabmünchen

9. 12. 1993 Schwabmünchen

10. 11. 1995 Augsburg

20. 11. 1995 dto.

30. 11. 1995 dto.

1. - 12. 12 .1995 Reicheneibach M. T. 4. - 22. 10. 1993 Breitenbrunn

23. 10. 1993 Landsberg

25. - 29. 10. 1993 Breitenbrunn

2. - 16. 11. 1993 Windach

30. 11. 1993 Landsberg

9. 12. 1993 Schwabmünchen

30. - 31. 5. 1994 Pfarrkirchen

16. - 31. 8. 1994 Arnstorf

1. - 23. 9. 1994 Salmannskirchen

26. - 30. 9. 1994 Arnstorf

4. - 28. 10. 1994 Arnstorf

2. - 10. 11. 1994 dto.

17. 11. 1994 dto.

10. 1. 1995 Augsburg

20. 11. 1995 Augsburg

30. 11. 1995 dto.

1. - 12. 12. 1995 Reicheneibach S. 23. 10. 1993 Landsberg S. 2. 11. - 4. 11. 1993 München (M.)

8. - 10. 11. 1993 Landsberg

15. 11. 1993 Landsberg

16. 11. 1993 dto. München (M.)

18. 11. 1993 München (M.)

22. 11. - 26. 11. 1993 München B. Straße

29. 11. 1993 Fürth

30. - 31. 5. 1994 Pfarrkirchen

20. - 29. 6. 1994 Arnstorf

8. - 9. 9. 1994 Salmannskirchen

7. - 8. 11. 1994 Arnstorf

10. 11. 1994 dto.

12. 12. 1994 Salmannskirchen H. J. 23. 10. 1993 Landsberg

2. 11. - 4. 11. 1993 München (M.)

8. - 10. 11. 1993 Landsberg

15. 11. 1993 Landsberg

16. u. 18. 11. 1993 München (M.)

22. - 26. 11. 1993 München

29. 11. 1993 Fürth

30. - 31. 5. 1994 Pfarrkirchen

20. - 22. 6. 1994 Arnstorf

8. - 9. 9. 1994 Salmannskirchen

7. - 8. 11. 1994 Arnstorf

12. 12. 1994 Salmannskirchen

11. 12. 1995 Reicheneibach

12. 12. 1995 dto. G. R. 10. - 11. 10. 1994 Arnstorf U. 2. 11. - 22. 11. 1993 Gottfrieding J. - J. 1. 9. - 23. 9. 1994 Salmannskirchen

26. 9. - 30. 9. 1994 Arnsdorf

4. 10. - 28. 10. 1994 dto.

2. 11. - 30. 11. 1994 dto.

1. 12. - 2. 12. 1994 dto.

5. 12. 1994 dto.

4. 9. - 8. 9. 1995 Landau K. L. 27. - 28. 10. 1993 München B. Straße

2. - 4. 11. 1993 dto.

16. 11. 1993 dto. S. I. 6. - 22. 10. 1993 Schwabmünchen

23. 10. 1993 Landsberg

25. 10. - 5. 11 .1993 Schwabmünchen

8. - 12. 11. 1993 Windach

15. - 16. 11. 1993 Schwabmünchen

30. 11. 1993 dto. S. P. 11. - 14. 10. 1993 Landsberg

26. - 28. 10. 1993 dto. C. P. 26. 6. 1995 Triftern

27. 6. 1995 Triftern

4. 7. 1995 Landau

10. 7. 1995 München

19. 7. 1995 Landau

20. 7. 1995 Augsburg

24. 7. 1995 Augsburg

25. 7. 1995 Augsburg

28. 7. 1995 Raisbach

31. 7. 1995 Augsburg

2. 8. 1995 Augsburg

3. 8. 1995 Augsburg

11. 8. 1995 Winhöring

16. 8. 1995 Augsburg

17. 8. 1995 Augsburg

21. 8. - 24. 8. 1995 Augsburg

28. 8. - 31. 8. 1995 Augsburg

18. 9. - 19. 9. 1995 München

20. 9. 1995 Regensburg

25. 9. 1995 Regensburg

6. 10. 1995 Triftern

17. 10. 1995 Landshut

24. 10. 1995 Triftern

30. 10. 1995 Reicheneibach

13. 11. 1995 Augsburg

14. 11. 1995 Augsburg (EU S. 4/7)

2.1 Die Bestrafung wegen wiederholten Einschleusens von Ausländern setzt sowohl nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG vom 9. 7. 1990 (BGBl I S. 1354/1377) i. d. F. des Gesetzes zur Neuregelung des Asylverfahrens vom 26. 6. 1992 (BGBl I S. 1126/1143) wie auch nach § 92 a Abs. 1 Nr. 2 AuslG i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und anderer Gesetze (Verbrechensbekämpfungsgesetz) vom 28. 10. 1994 (BGBl I S. 3186/3189), in Kraft getreten am 1. 12. 1994 (BGBl I S. 3186/3197), unter anderem voraus, daß der Täter einem anderen zu der in § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG bezeichneten Handlung Hilfe leistet. Der Angeklagte kann sich deshalb nur dann in diesem Sinne strafbar gemacht haben, wenn sich die von ihm außerhalb des Geltungsbereiches ihrer Grenzgängerkarten eingesetzten ausländischen Arbeitnehmer dadurch des unerlaubten Aufenthalts schuldig gemacht haben. Das ist nach den Feststellungen der Fall.

Wegen unerlaubten Aufenthalts nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG macht sich strafbar, wer sich entgegen § 3 Abs. 1 Satz 1 AuslG ohne Aufenthaltsgenehmigung im Bundesgebiet aufhält und keine Duldung nach § 55 Abs. 1 AuslG besitzt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AuslG bedürfen Ausländer für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet einer Aufenthaltsgenehmigung, wobei nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AuslG das Bundesministerium des Innern zur Erleichterung des Aufenthalts von Ausländern Rechtsverordnungen erlassen kann. § 1 Abs. 1 DV AuslG sieht daher vor, daß Staatsangehörige der in der Anlage I zu dieser Verordnung aufgeführten Staaten bei Vorliegen der erforderlichen Personaldokumente bei einem Aufenthalt bis zu drei Monaten keiner Aufenthaltsgenehmigung bedürfen, solange sie keine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Das trifft für tschechische Staatsangehörige zu. Sind sie allerdings im Besitz einer Arbeitserlaubnis, so kann ihnen eine Grenzgängerkarte erteilt werden (§ 19 Abs. 1 Satz 1 DV AuslG).

In einem solchen Fall sieht § 4 Abs. 1 Nr. 5 DV AuslG vor, daß Inhaber von Grenzgängerkarten für den Aufenthalt im Geltungsbereich des Ausweises vom Erfordernis der Aufenthaltsgenehmigung befreit sind. Die Überschreitung des räumlichen Geltungsbereichs der Grenzgängerkarte durch deren Inhaber hat zur Folge, daß dieser insoweit vom Erfordernis der Aufenthaltsgenehmigung nicht befreit ist und sich deshalb bei vorsätzlichem Handeln wegen unerlaubten Aufenthalts schuldig macht. Hierzu kann der Angeklagte, der den Einsatz der tschechischen Arbeitnehmer außerhalb des Grenzbereichs in Kenntnis aller aufenthalts- und arbeitserlaubnisrechtlichen Umstände veranlaßt hat, Beihilfe geleistet haben (§ 27 Abs. 1 StGB).

2.2 Dieser Bewertung steht nicht entgegen, daß die Frage umstritten ist, ob der Aufenthalt eines Ausländers innerhalb des Bundesgebiets, aber außerhalb desjenigen Bereiches, in dem er sich erlaubterweise aufhält, gegen § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG verstößt (vgl. BGHSt 42, 291/292). Soweit es sich hierbei um die Fallgestaltung handelt, daß ein Ausländer lediglich die in § 56 Abs. 3 Satz 1 AuslG angesprochene räumliche Beschränkung der Duldung (§ 55 Abs. 1 AuslG) auf ein Bundesland überschreitet, hat der Bundesgerichtshof (aaO) entschieden, daß ein Ausländer, der im Besitz einer Duldung für das Gebiet eines Bundeslandes ist, beim Aufenthalt in einem anderen Bundesland nicht den Straftatbestand des § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG erfüllt. Er ist gemäß § 36 AuslG dann nur verpflichtet, dieses andere Bundesland zu verlassen, ohne daß dies in § 92 AuslG strafbewehrt ist.

Ähnlich liegt der vom OLG Karlsruhe (InfAuslR 1997, 458) entschiedene Fall, daß ein Ausländer gegen die mit einer Aufenthaltsbefugnis verbundene räumliche Beschränkung (§ 5 Nr. 4 i. V. m. § 30 AuslG) verstößt.

Die den genannten Entscheidungen zugrunde liegenden Fallgestaltungen sind mit dem Fall, daß ein Ausländer gegen den räumlichen Geltungsbereich einer Grenzgängerkarte verstößt, entgegen der Rechtsansicht der Staatsanwaltschaft beim Revisionsgericht und der Revision nicht vergleichbar.

Eine Duldung im Sinn des § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG i. V. m. § 55 Abs. 1 AuslG führt dazu, daß hierdurch die Verpflichtung eines Ausländers zur Ausreise aus dem Bundesgebiet gehemmt ist. Die Duldung bezieht sich somit auf das gesamte Bundesgebiet. Die im § 56 Abs. 3 Satz 1 AuslG zum Ausdruck gebrachte räumliche Beschränkung ist nicht Bestandteil der Definition der Duldung, sondern enthält bezüglich des räumlichen Geltungsbereichs nur eine Nebenbestimmung, von der unter Umständen abgewichen werden kann (BGHSt 42, 291/292/293). Dem schließt sich der Senat unter Aufgabe seiner früheren entgegengesetzten Rechtsprechung (BayObLGSt 1995, 12) an. Im Gegensatz hierzu liegt dem durch eine Grenzgängerkarte bewirkten legalen Aufenthalt eines Ausländers eine behördliche Erlaubnis zugrunde, sich ohne Aufenthaltsgenehmigung in einem von vorneherein beschränkten Teil des Bundesgebietes, nämlich in der Grenzzone (§ 19 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 DV AuslG i. V. m. mit Anlage IV), aufzuhalten. Die Grenzgängerkarte führt somit nicht zu einem grundsätzlichen, wenngleich räumlich beschränkten Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet. Sie befreit vielmehr vom Erfordernis der Aufenthaltsgenehmigung nur in engen örtlichen und zeitlichen Grenzen. Durch diese Regelungstechnik wird sichergestellt, daß ausländische Arbeitnehmer im Grenzgebiet unter arbeitsmarktpolitischen Grundsätzen flexibel eingesetzt werden können. Demgegenüber verleiht die Duldung ebenso wie eine Aufenthaltsbefugnis, die mit einer räumlichen Beschränkung verbunden ist, einen grundsätzlich auf das gesamte Bundesgebiet bezogenen Aufenthaltstitel. Beide Fallgestaltungen sind somit nicht vergleichbar.

Gleiches gilt im Ergebnis für den von der Revision herangezogenen Gesichtspunkt, der Inhaber einer Grenzgängerkarte habe mit deren Aushändigung eine Aufenthaltsgenehmigung in Form einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 28 AuslG erhalten.

Diese Bewertung ist bereits im Ansatz unrichtig. Der durch eine Grenzgängerkarte bewirkte aufenthaltsrechtliche Status ist dadurch gekennzeichnet, daß er gerade nicht auf einem der nach § 5 AuslG möglichen Aufenthaltstitel beruht, sondern daß mit der Ausstellung dieses Paßersatzes (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 DV AuslG) vom Erfordernis eines solchen Aufenthaltstitels abgesehen wird. Eine Aufenthaltsbewilligung nach § 5 Nr. 3 i. V. m. § 28 AuslG wird dadurch nicht erteilt. Die auf § 10 Abs. 2 AuslG beruhende und von der Revision herangezogene Arbeitsaufenthalteverordnung - AAV - vom 18. Dezember 1990 (BGBl I S. 2994), geändert durch Art. 35 des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung vom 24. März 1997 (BGBl I S. 594/709), die die Verleihung aufenthaltsrechtlicher Titel in Form der Aufenthaltsbewilligung und der Aufenthaltserlaubnis für unselbständige Erwerbstätige für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten Dauer vorsieht, betrifft gerade nicht den von der Grenzgängerkarte erfaßten Personenkreis, der im Vergleich hierzu eingeschränkten räumlichen und zeitlichen Aufenthalts- und Arbeitsmöglichkeiten unterliegt (vgl. zu letzterem § 6 der Anwerbestopausnahme-Verordnung - ASAV - vom 21. Dezember 1990 [BGBl I S. 3012/3013] i. d. F. der ASAV vom 17. September 1998 (BGBl I S. 2893).

B.

Die von Amts wegen vorzunehmende Prüfung, inwieweit Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist, ergibt folgendes:

Der Bestimmung des § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG a. F. lag ein Regelstrafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zugrunde. Die Verjährungsfrist betrug insoweit drei Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB). Durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. 10. 1994, das am 1. 12. 1994 in Kraft getreten ist, wurde die Strafvorschrift als § 92 a AuslG neu gefaßt und mit einem Regelstrafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren versehen. Seitdem beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Da der Lauf der Verjährungsfrist in Richtung gegen den Angeklagten erstmals am 28. 1. 1999 durch die staatsanwaltschaftliche Anordnung der Beschuldigtenvernehmung (Bl. 225) unterbrochen wurde (§ 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB), sind die im Tatzeitraum zwischen dem 4. 10. 1993 und dem 30. 11. 1994 begangenen Straftaten des Angeklagten nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG a. F. bereits verjährt. Insoweit ist das Verfahren einzustellen.

C.

Auch im übrigen kann der Schuldspruch des angegriffenen Urteils wegen sachlich-rechtlicher Begründungsmängel nicht bestehen bleiben.

Prüfungsgegenstand im Rahmen der Sachrüge ist grundsätzlich nur das Urteil. Erwägungen, die ihren Niederschlag nur in den Akten, nicht aber im Urteil gefunden haben, darf das Revisionsgericht nicht berücksichtigen (Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 337 Rn. 22 m. w. N.).

Den Urteilsfeststellungen ist aber nicht annäherungsweise zu entnehmen, aufgrund welcher Erwägungen das Amtsgericht zu der Auffassung gelangt ist, der Angeklagte habe sich in 27 rechtlich selbständigen Fällen des wiederholten Einschleusens von Ausländern schuldig gemacht. Aus den tabellarischen Feststellungen zu den vom Angeklagten beschäftigten ausländischen Arbeitnehmern ergibt sich insoweit nur, daß zu jeweils unterschiedlichen Zeiten insgesamt 12 (anders EU S. 3 Mitte) ausländische Arbeitnehmer an mindestens 18 unterschiedlichen Baustellen eingesetzt waren. Ob der Angeklagte hierbei bezüglich jeder Baustelle gesondert entschieden hat, die dort tätigen tschechischen Arbeiter einzusetzen oder ob er jeweils für bestimmte Zeiträume den Einsatz dieser Arbeitnehmer angeordnet hat, erschließt sich aus dem Urteil nicht. Damit ist auch nicht ersichtlich, welches Gewicht, bezogen auf die Zahl der eingesetzten Arbeiter, die Zahl der Arbeitstage und die Zahl der Baustellen das Gericht jeweils den von ihm zugrunde gelegten 27 selbständigen Handlungen zugeordnet hat. Deshalb erschließt sich auch der Schuldumfang der einzelnen Taten, der wiederum für die Bemessung der Einzelstrafen von Bedeutung ist, aus dem Urteil nicht. Damit stellt der Schuldspruch keine tragfähige Grundlage für einen Rechtsfolgenausspruch dar und kann deshalb auch nicht teilweise bestehen bleiben.

III.

Wegen der aufgezeigten Rechtsfehler (§ 337 StPO) wird das angefochtene Urteil auf die Revision des Angeklagten mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben (§ 353 StPO). Das Verfahren ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang einzustellen, soweit Verjährung eingetreten ist. Im übrigen wird die Sache, die weiterer Aufklärung bedarf, gemäß § 354 Abs. 2 StPO zu neuer Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Strafrichter des Amtsgerichts Passau zurückverwiesen, der auch über die Kosten der Revision zu befinden haben wird.

Soweit das Verfahren eingestellt wird, trägt die Staatskasse die Verfahrenskosten und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen (§ 467 Abs. 1 StPO). Da die teilweise Verjährung bereits vor Anklageerhebung eingetreten war, macht der Senat von der Möglichkeit des § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO keinen Gebrauch.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 349 Abs. 4 StPO durch einstimmig gefaßten Beschluß.

IV.

Für das weitere Verfahren wird bemerkt:

Sollte die erneute Hauptverhandlung etwa ergeben, daß bezüglich jeder Baustelle ein gesonderter Entschluß des Angeklagten vorlag, die jeweils dort benötigten tschechischen Arbeitnehmer einzusetzen, und wurden an einer Baustelle, beispielsweise sechs verschiedene tschechische Arbeitnehmer insgesamt eingesetzt, so hätte dies rechtlich zum Ergebnis, daß sich der Angeklagte insoweit des Einschleusens von Ausländern in sechs rechtlich zusammentreffenden Fällen schuldig gemacht hat.



Ende der Entscheidung

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