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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 10.07.2003
Aktenzeichen: 4Z Sch 12/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 1029 Abs. 1
ZPO § 1054 Abs. 2
Zu den inhaltlichen Mindestanforderungen an Schiedsvereinbarung und Schiedsspruch.
Gründe:

I.

In der Hauptversammlung vom 11.7.2001 beauftragten die vier damaligen Aktionäre der Antragstellerin (nämlich die im Aktivrubrum genannten Vorstände und die Antragsgegner) R die ausstehenden Einlagen der Antragsgegner rechnerisch zu ermitteln und im Fall von Streitigkeiten (über Verkehrswerte vorhandener Einrichtungsgegenstände) "wie auch bei sonstigen Differenzen" zu entscheiden; "an seinen Schiedsspruch sind alle Parteien gebunden"

(Seite 1 letzter Absatz des Sitzungsprotokolls, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird).

Mit dem Betreff "Auseinandersetzung ... AG - Schiedsspruch" und unter Bezugnahme auf das Protokoll vom 11.7.2001 sowie eine von ihm erstellte Abrechnung vom 10.7.2002 legte er mit inhaltlich übereinstimmenden Schreiben an die Antragsgegner vom 26.7.2002 fest, dass diese die oben in der Entscheidungsformel genannten Beträge auf das Bankkonto der Gesellschaft einzuzahlen haben. Auf den Inhalt dieser Schreiben und der Abrechnung vom 10.7.2002 wird ergänzend verwiesen.

Unter Vorlage anwaltlich beglaubigter Abschriften der Schreiben an die Antragsgegner vom 26.7.2002.beantragt die Antragstellerin, diese für vollstreckbar zu erklären.

Die Antragsgegner beantragen, den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zurückzuweisen bzw. das Verfahren auszusetzen. Gegen die Abrechnung des Schiedsrichters seien mit Schreiben der Antragsgegner vom 2. und 10.8.2002 Einwendungen vorgebracht worden. Hauptsächlich gehe es um fehlende Informationen. In den Schiedsspruch seien abredewidrig offene Vorgänge aufgenommen worden, er entspreche nicht der Schiedsvereinbarung. Zur Vermeidung einer doppelten Inanspruchnahme sei zumindest eine Verfahrensaussetzung geboten, denn die verbliebenen Aktionäre A und B machten in Klageverfahren identische Hauptforderungen geltend.

II.

Der zulässige Antrag ist begründet.

1. Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus § 1025 Abs. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 6 a der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz.

2. Die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung hat die Antragstellerin durch Vorlage der Schiedssprüche in beglaubigter Abschrift erfüllt (§ 1064 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

3. Die in der Antragserwiderung vorgetragenen Gesichtspunkte rechtfertigen weder eine Aussetzung des Verfahrens noch eine Zurückweisung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung.

a) Die im Protokoll vom 11.7.2001 enthaltene Schiedsvereinbarung genügt den Anforderungen aus §§ 1029 - 1031 ZPO. Die Schreiben des Schiedsrichters an die Antragsgegner vom 27.7.2002 genügen den gesetzlichen Anforderungen an einen Schiedsspruch (§ 1054 ZPO); er ist durch die Verweisung auf das Abrechnungswerk vom 10.7.2002 ausreichend begründet (§ 1054 Abs. 2 ZPO). Die Aktivlegitimation der Antragstellerin für den Antrag auf Vollstreckbarerklärung folgt aus der durch den Schiedsspruch konkretisierten Vereinbarungen vom 11.7.2001 (§ 328 Abs. 1 BGB); die in Ziffer 1 Abs. 2 des Protokolls angesprochenen "ausstehenden Einlagen" sollten nicht an die die Gesellschaft fortführenden Aktionäre als Einzelpersonen, sondern an die Gesellschaft gezahlt werden, was zusätzlich durch die Benennung des Girokontos der Gesellschaft verdeutlicht wird.

b) Die Voraussetzungen für eine Aussetzung des vorliegenden Verfahrens nach § 148 ZPO liegen nicht vor; einer doppelten Inanspruchnahme sind die Antragsgegner nicht schutzlos ausgesetzt (§ 1032 Abs. 1, § 767 ZPO, § 826 BGB).

c) Eine Prüfung des Schiedsspruchs durch das staatliche Gericht ist nur in den Grenzen der in § 1059 Abs. 2 ZPO normierten Aufhebungsgründe statthaft (§ 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Ein Aufhebungsgrund liegt nicht vor. Der Streitgegenstand - eine Zahlungsverpflichtung - ist schiedsfähig; er fällt unter die Bestimmungen der Schiedsvereinbarung; die Vollstreckung führt nicht zu einem Ergebnis, das der öffentlichen Ordnung widerspricht (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. c Nr. 2 lit. a und b ZPO). Der Schiedsrichter hat den Antragsgegnern vor Erlass des Schiedsspruchs ausreichend Gelegenheit gegeben, Angriffs- und verteidigungsmittel geltend zu machen. Bei Verteilung des 5-seitigen Abrechnungswerks vom 10.7.2002 (überschrieben: "Auseinandersetzung ... AG") hat der Schiedsrichter die Antragsgegner aufgefordert, etwa bestehende Einwendungen bis spätestens 24.7.2002 vorzutragen, und angekündigt, am 25.7.2002 durch Schiedsspruch zu entscheiden. Er hat damit den Antragsgegnern rechtliches Gehör eingeräumt (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. b ZPO). Die in den Schreiben der Antragsgegner vom 2./10.8.2002 - immer noch sehr pauschal gehaltenen - Einwendungen waren verfristet; weder diese Schreiben noch die Antragserwiderung vom 27.5.2003 zeigen Umstände auf, die die Antragsgegner daran gehindert haben, innerhalb der bis 24.7.2002 gesetzten Frist zumindest um Fristverlängerung nachzusuchen. Für eine Überprüfung des Schiedsspruchs auf sachliche oder materiell-rechtliche Fehler ist im Verfahren nach §§ 1062 - 1064 ZPO kein Raum (vgl. Zöller/Geimer ZPO 23. Aufl. § 1060 Rn. 13 m. w. N.).

4. Kosten: § 91 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO.

5. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 1064 Abs. 2 ZPO.

6. Streitwert: §§ 2, 3 ZPO.

7. Einer Zulassungsentscheidung nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO bedarf es nicht (§ 1065 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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