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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 08.06.2001
Aktenzeichen: 5 St RR 122/01
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 46
StGB § 242
StGB § 243
StPO § 318
Die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ist unwirksam, wenn die Feststellungen zur Tat so knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden
Tatbestand:

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten am 26.7.2000 wegen 17 sachlich zusammentreffender Fälle des Diebstahls im besonders schweren Fall in Tatmehrheit mit gemeinschaftlichem Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Auf die auf das Strafmaß beschränkte Berufung der Staatsanwaltschaft änderte das Landgericht am 1.2.2001 das Ersturteil im Rechtsfolgenausspruch dahin ab, dass die Strafaussetzung zur Bewährung entfallen ist.

Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hatte Erfolg.

Gründe:

Das Landgericht hat den im Berufungsverfahren zur Entscheidung gestellten Verfahrensgegenstand infolge irriger Annahme, die Berufungsbeschränkung sei wirksam, nicht erschöpfend behandelt und dadurch materielles Recht verletzt (§ 337 StPO).

1. Das Revisionsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufungsbeschränkung wirksam war (Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 318 Rn. 33). Daran fehlt es, wenn die Feststellungen zur Tat so knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (Kleinknecht/ Meyer-Goßner § 318 Rn. 16). Ein solcher Feststellungsmangel liegt u.a. vor, wenn nicht nachvollziehbar ist, aufgrund welcher Umstände oder Tatmodalitäten das Gericht zur Annahme eines die Strafbarkeit erhöhenden "besonders schweren Falles" einer bestimmten Deliktsart gelangt ist.

So liegt der Fall hier.

Das Landgericht hat bei allen 17 Diebstahlsdelikten des Angeklagten die Voraussetzungen eines besonders schweren Falles i.S. des § 243 StGB bejaht. Es ist hierbei infolge der Berufungsbeschränkung der Staatsanwaltschaft von den tatrichterlichen Feststellungen des Erstgerichts ausgegangen. Diese erweisen sich jedoch für die Prüfung, ob jeweils ein besonders schwerer Fall vorliegt, als nicht tragfähig.

Bei den unter Ziff. II 1 bis 3 des amtsgerichtlichen Urteils beschriebenen Taten ist schon nicht erkennbar, ob ein Regelbeispiel nach § 243 Abs. 1 Satz 2 StGB vorliegt. Nach den Urteilsfeststellungen erfolgten die Entwendungen aus Kanzlei- und Geschäftsräumen bzw. aus einem unverschlossenen Pkw. Tatmodalitäten i.S. des § 243 Abs. 1 Satz 2 StGB sind nicht festgestellt. Es sind aber auch keine Umstände geschildert, die die Annahme eines besonders schweren Falles auch ohne das Vorliegen eines Regelbeispiels nahe legen könnten, etwa ein besonders hoher Schaden, die Hartnäckigkeit und Stärke des verbrecherischen Willens oder die Gefährlichkeit der angewendeten Mittel. Beim Diebstahl aus einem Kellerabteil im Anwesen Wintersteinstraße 80 ist unklar, ob der Zugang mit Hilfe eines zuvor entwendeten Schlüssels ermöglicht oder durch einen - wie auch immer gearteten - Aufbruch bewerkstelligt wurde.

Soweit das Amtsgericht unter Ziff. II 4 a bis m des Urteils vom 26.7.2000 im Jahr 1999 verübte Kelleraufbrüche beschrieben hat, ist es ersichtlich von Regelbeispielen nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB, dem Einbrechen in umschlossene Räume, ausgegangen. Die einzelnen Straftaten sind aber nur tabellarisch nach Tatzeit, Tatort, Geschädigtem und erlangtem Gut dargestellt. Die konkrete Begehungsweise (Art der Schließvorrichtung, Art und Weise ihrer Öffnung, dabei entstandener Schaden) ist nicht wiedergegeben. Aus diesem Grund lässt sich nicht beurteilen, ob die von einem Regelbeispiel ausgehende Indizwirkung durch besondere Umstände, etwa einen geringen Schaden oder die zur Beschaffungskriminalität führende Drogensucht des Angeklagten, nicht wieder entkräftet wird. In den Fällen II 4 h und k des amtsgerichtlichen Urteils kommt hinzu, dass wegen der Geringwertigkeit der Beute (60 bzw. 20 DM) der zwingende Ausschluss der Strafschärfung nach § 243 Abs. 2 StGB durchaus in Betracht kommt ...

Ende der Entscheidung

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