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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 05.05.2000
Aktenzeichen: 5St RR 111/00
Rechtsgebiete: StPO, BGB


Vorschriften:

StPO § 337 Abs. 2
StPO § 353
StPO § 354 Abs. 2 Satz 1
StPO § 349 Abs. 4
BGB § 1610 Abs. 1
BGB § 1603 Abs. 2 Satz 1
BGB § 1603 Abs. 2 Satz 2
BGB § 1606 Abs. 3 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
5St RR 111/00

Bayerisches Oberstes Landesgericht

BESCHLUSS

Der 5. Strafsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Jaggy sowie der Richter Kehrstephan und Frisch

am 5. Mai 2000

in dem Strafverfahren

wegen Verletzung der Unterhaltspflicht

nach Anhörung der Staatsanwaltschaft

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 23. November 1999 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

II. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Landshut zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1. Das Amtsgericht Eggenfelden verurteilte den Angeklagten am 3.8.1999 wegen Verletzung der Unterhaltspflicht zu einer nicht zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Angeklagten verwarf das Landgericht Landshut mit Urteil vom 23.11.1999 als unbegründet.

2. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.

II.

Die Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.

1. Das Landgericht hat über die dem Angeklagten zur Last liegende Straftat nicht in dem gebotenen Umfang befunden. Es hat lediglich noch ergänzende Feststellungen getroffen, obwohl es den für den Schuldspruch relevanten Sachverhalt insgesamt hätte feststellen müssen, da die vom Angeklagten erklärte Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch unwirksam war (§ 337 Abs. 2 StPO).

Die Beschränkung der Berufung auf das Strafmaß setzt voraus, daß die vom Erstgericht zum Schuldspruch getroffenen Feststellungen den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat in den wesentlichen Zügen erkennen lassen und so eine ausreichende Grundlage für die Rechtsfolgenentscheidung bilden können (Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 318 Rn. 16). Diesen Anforderungen wird das Urteil des Amtsgerichts Eggenfelden vom 3.8.1999 nicht gerecht.

a) Die Urteilsgründe enthalten nicht die Tatsachen, aufgrund deren der Umfang der Unterhaltspflicht festgestellt werden könnte.

Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (§ 1610 Abs. 1 BGB), wobei für die Unterhaltsberechnung für Kinder Bedarfstabellen berücksichtigt werden können, die dann jedoch im Urteil angegeben werden müssen. Zu den für die Feststellung der Unterhaltspflicht maßgebenden Tatsachen gehören ferner auch die Umstände, die die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber minderjährigen Kindern erweitern (§ 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB) oder begrenzen (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB). Das Amtsgericht hätte deswegen auch Feststellungen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Mutter treffen müssen, ungeachtet der Tatsache, daß sie ihren Unterhaltsanteil in der Regel durch die Gewährung von Pflege und Erziehung erbringt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB).

b) Wird die Leistungsfähigkeit - wie hier - auch mit erzielbaren Einkünften begründet, sind zunächst die sich aus den beruflichen Fähigkeiten und sonstigen persönlichen Verhältnissen (Belastbarkeit, Mobilität) ergebenden Beschäftigungsmöglichkeiten für den betreffenden Zeitraum festzustellen. Auf dieser Grundlage muß dann nach den Gegebenheiten des Arbeitsmarktes dargetan werden, welche Beträge der Unterhaltsverpflichtete durch eine zumutbare Arbeit aufgrund der allgemeinen Erfahrungen über hierfür gezahlte Löhne monatlich mindestens hätte verdienen können (Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 170 Rn. 6 m. w. N.).

c) Bei lediglich eingeschränkter Leistungsfähigkeit des Angeklagten sind Ausführungen unerläßlich, welcher Betrag ihm letztlich belassen werden muß und welchen Betrag er jeweils mindestens hätte leisten können (BayObLG NStZ 1991, 39/40). Bei anderweitigen Verpflichtungen und Schulden bemißt sich - wiederum unter Angabe von konkreten Zahlen - die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach einem vernünftigen Tilgungsplan im Rahmen einer Interessenabwägung (BayObLGSt 1987, 71 f.).

2. Die wegen der aufgezeigten Mängel begründete Revision führt zur Aufhebung des Urteils mit den zugrunde liegenden Feststellungen (§ 353 StPO) und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts Landshut (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO), die auch über die Kosten der Revision zu befinden haben wird.

3. Die Entscheidung ergeht einstimmig (§ 349 Abs. 4 StPO).

Ende der Entscheidung

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