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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 15.05.2006
Aktenzeichen: 1 Ws 76/06
Rechtsgebiete: StGB, StPO, BbgPG


Vorschriften:

StGB § 78 c Abs. 1
StGB § 130 Abs. 2 Nr. 1 a
StGB § 130 Abs. 1 Nr. 1
StGB § 130 Abs. 1 Nr. 2
StGB § 130 Abs. 2 Ziff. 1 a
StGB § 185 f
StGB § 193
StPO § 172
StPO § 172 Abs. 3
BbgPG § 16 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

1 Ws 75/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht 1 Ws 76/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Anzeigesache

wegen Volksverhetzung u. a.,

hat der 1. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Landgericht ...

am 15. Mai 2006

beschlossen:

Tenor:

Die Anträge des Antragstellers zu 1. gegen den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg vom 20. Februar 2006 - 5500 Zs 9/06 - und des Antragstellers zu 3. gegen den Bescheid derselben Behörde vom 20. Februar 2006 - 5500 Zs 36/06 - werden als unzulässig, die Anträge der Antragsteller zu 2. und zu 4. gegen die nämlichen Bescheide werden als unbegründet verworfen.

Die Antragsteller zu 2. und 4. tragen die Kosten des Klageerzwingungsverfahrens und die ihnen in diesen erwachsenen notwendigen Auslagen.

Gründe:

I.

Die Antragsteller, Angehörige der Volksgruppe der ... bzw. deren Vertretungsorgane, werfen dem Beschuldigten Volksverhetzung und Beleidigung im Zusammenhang mit einer in Heft 10/2005 der vom in ... bei ... ansässigen "Bund Deutscher K..." herausgegebenen Verbandszeitschrift "Der K..." Anfang Oktober 2005 veröffentlichten Leserbriefzuschrift vor. Der vom Beschuldigten verfasste Leserbrief hat folgenden Inhalt:

"Mit Interesse habe ich den Artikel des Koll. W..., (Senat: "...- seit 600 Jahren in Deutschland", der Kriminalist 7/8 (Juli/August) 2005), selbst S...-Angehöriger, gelesen, kann diesen aber so nicht unwidersprochen lassen. Selbst in einer Zeit, wo der Minderheitenschutz über alles geht und die Erbsünden der Nazizeit noch auf den Folgegenerationen lasten, muss nicht alles einseitige und mit rosaroter Brille Geschriebene hingenommen werden.

Als Sachbearbeiter in einem Kommissariat für Eigentumsdelikte habe ich mich wiederholt mit der Kultur, mit der abgeschotteten und zum Teil konspirativen Lebensweise sowie der Kriminalität von ... beschäftigt. In Arbeitsgruppen sind wir dabei tief, nicht zuletzt durch Aussteiger, in die Lebensphilosophie von kriminellen Zigeunern eingedrungen. Uns wurde von ... erklärt, dass man sich als "Made im Speck" der bundesrepublikanischen Wohlfahrtsgesellschaft fühle. Die Legitimation für Diebstahl, Betrug und Sozialschmarotzerei nehme man sich ohne jedes schlechte Gewissen aus dem Umstand der Verfolgung im 3. Reich. Der Hinweis auf die Gräueltaten zum Nachteil von Juden, Homosexuellen, Christen und Andersdenkenden, die nicht kriminell geworden sind, wurden als nicht relevant abgetan.

Wie Herr W... feststellte, gibt es in Deutschland keine Zahlen über den Anteil krimineller S...- und R...angehöriger. Wenn es diese gäbe, hätte er wohl seinen Artikel so nicht abfassen können. Fest steht jedoch, dass diese Bevölkerungsgruppe seit Jahrzehnten, obwohl nur ca. 100.000, die Behörden vergleichsweise überproportional beschäftigt.

Wer begeht denn z. B. bundesweit die Trickdiebstähle, vornehmlich zum Nachteil altersbehinderter Greise? Wer gibt sich fälschlicherweise als Kriminalbeamter aus und entwendet die oft spärlichen Rentenrücklagen, die für Beerdigungskosten im Küchenschrank und im Wäschefach versteckt wurden? Wer hält Seh- und Gehbehinderten Tischdecken vor und lässt Mittäter ein? Was ist mit dem Wasserglas- oder Zetteltrick?

Ist es wirklich ein Vorurteil, wenn sich Bürger darüber beschweren, dass S...mit dem Mercedes vor dem Sozialamt vorfahren? Stimmt es nicht, dass kaum ein R... einer geregelten, sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgeht? Warum separiert sich diese Bevölkerungsgruppe so und heiratet z. B. fast ausschließlich, natürlich ohne Standesamt, untereinander? Warum werden die Väter von S...-Kindern vielfach beim Jugendamt als unbekannt angegeben? Ein Schelm, wer dabei denkt, damit der Staat dafür aufkommt?

Wer sich nicht integrieren will, aber von und nur neben dieser Gesellschaft lebt, hat auch keinen Anspruch auf Gemeinschaftsverständnis.

Diese Zeilen stellen keine Einzelmeinung dar, wie ich in Gesprächen mit vielen Kollegen erfahren habe. Sie sind auch keine Niederschrift von Vorurteilen, Pauschalierungen oder Schuldzuweisungen, wie vermutlich entgegengehalten wird, sondern tägliche kriminalistische Realität.

Mir nicht völlig unverständlich, wie ein leitender Angehöriger der Polizei, dem dies alles bekannt sein muss, so einseitig argumentieren kann. Natürlich exculpiert ihn zum Teil seine Herkunft und sein Werdegang verdient Bewunderung, aber bitteschön bei der Wahrheit bleiben."

Die Anträge der Anzeigenerstatter auf gerichtliche Entscheidung richten sich gegen die Bescheide der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg vom 20. Februar 2006, durch die diese den Anzeigenden mit näheren Ausführungen mitgeteilt hat, dass sie keinen Anlass sehe, in Abänderung der zugrunde liegenden Einstellungsbescheide der Staatsanwaltschaft Neuruppin vom 4. Januar 2006 - 321 Js 43173/05 - und vom 12. Januar 2006 - 321 Js 1346/06 - die Wiederaufnahme der Ermittlungen und Erhebung der öffentlichen Klage gegen den (früheren) Beschuldigten anzuordnen; der Beschuldige habe durch die inkriminierte Leserbriefzuschrift bereits nicht den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt bzw. sein Verhalten sei über § 193 StGB gerechtfertigt gewesen.

II.

Die Klageerzwingungsgesuche bleiben erfolglos.

1. Der Klageerzwingungsantrag der Antragsteller zu 1. und 3. ist unzulässig, denn diese sind nicht Verletzte im Sinne des § 172 StPO. Zur Antragstellung berechtigt ist nur, wer durch die schädigende Handlung - ihre Begehung vorausgesetzt - unmittelbar in seinen Rechten, Rechtsgütern oder rechtlich anerkannten Interessen beeinträchtigt ist (OLG Stuttgart NJW 2001, 840; OLG Düsseldorf VRS 98, 136; NStZ 1995, 49; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2001, 112; OLG Koblenz NJW 1985, 1409; OLG Hamm NJW 1972, 1874; OLG Köln NJW 1972, 1338). Hieran fehlt es zwar nicht schon deshalb, weil die Antragsteller zu 1. und 3. juristische Personen des Privatrechts sind. Auch solchen steht nämlich bei unmittelbarer Beeinträchtigung ihnen zuzuordnender Rechtsgüter das Recht der Klageerzwingung zu (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 48. Auflage, § 172 Rz. 10). Indes handeln die genannten Antragsteller allein in Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder und sind deshalb von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens lediglich mittelbar betroffen (vgl. OLG Karlsruhe NJW 1986, 1276).

2. Das zulässige, insofern den rechtlichen Vorgaben des § 172 Abs. 3 StPO gerecht werdende Klageerzwingungsbegehren der Antragsteller zu 2. und 4. erweist sich demgegenüber als unbegründet. Der Beschuldigte hat sich weder wegen Beleidigungsdelikten noch der Volksverhetzung strafbar gemacht.

a) Der vom Beschuldigten stammende, in der Zeitschrift "Der Kriminalist" veröffentlichte Leserbrief ist zwar in Diktion und Inhalt als Ärgernis und "Unverschämtheit" zu bezeichnen, begründet aber mangels Vorliegen der hierfür geltenden objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen keine Strafbarkeit wegen Volksverhetzung.

Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat hierzu in ihren Beschwerdebescheiden vom 20. Februar 2006 folgendes ausgeführt:

"Zwar ist vorliegend nicht allein ... die Tatvariante des § 130 Abs. 2 Nr. 1 a StGB als mögliche Grundlage einer Strafbarkeit des Beschuldigten in Betracht zu ziehen. Vielmehr ist Abs. 1 der Strafbestimmung auch dann anwendbar, wenn der Täter sich in Schriftform geäußert hat, und als lex specialis vorrangig zu prüfen (vgl. Hörnle NStZ 2002, 113, 116). Eine Strafbarkeit des Beschuldigten resultiert daraus aber nicht.

Dies gilt zunächst bezogen auf § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB, wonach strafbar ist, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt (für die Tatvariante der Aufforderung zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen enthält der Leserbrief des Beschuldigten keine konkrete Anknüpfung). Dabei ist unproblematisch, dass die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden S... und R... als Teil der inländischen Bevölkerung von der Strafbestimmung geschützt sind. Jedoch kann den in Rede stehenden Äußerungen des Beschuldigten in seinem Leserbrief ein tatbestandsmäßiges Aufstacheln zum Hass (noch) nicht entnommen werden. Hierunter wird gemein hin ein Verhalten verstanden, das objektiv geeignet und subjektiv bestimmt ist, eine gesteigerte, über bloße Verachtung und Ablehnung hinausgehende feindselige Haltung gegen den betreffenden Bevölkerungsteil zu erzeugen oder zu verstärken (BGHSt 40, 97, 102). Die Einwirkung des Täters muss auf die Erzeugung und Steigerung von Hassgefühlen Anderer angelegt sein, die als emotionale Grundlage für Aktionen gegen die betroffene Bevölkerungsgruppe in Betracht kommen. Nicht ausreichend sind bloße Missachtungskundgaben, die möglicherweise auch anderen Personen Anlass zur Abneigung und zu feindseligen Empfindungen geben könnte. So genügt namentlich die Darstellung von negativ zu wertenden Tatsachen wie etwa die Kriminalitätsbelastung einzelner Bevölkerungsgruppen nicht, sofern sie nicht durch einseitige Verzerrungen und wahrheitswidrige Verfälschungen auf eine Stimmungsmache abzielt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 53. Auflage, § 130 Rn. 8). Eine solche auf bloße Stimmungsmache abzielende Intention kann dem Beschuldigten indes nicht ohne weiteres unterstellt werden. Zwar mag (...) die Verwendung bestimmter Vergleiche und Klischees, die im Einzelnen geschmacklos erscheinen und insbesondere bei Überlebenden des Holocaust Erinnerungen an die rassistische NS-Propaganda des sog. 3. Reiches wecken könnten, hier indizielle Bedeutung haben. In der notwendigen Gesamtschau (Anlass des Leserbriefes, Kernaussage des Textes, Adressatenkreis) beschreibt der Leserbrief aber erkennbar in erster Linie die subjektiven Empfindungen und Eindrücke eines durch seine dienstliche Tätigkeit in einem Kommissariat für Eigentumsdelikte geprägten und in seiner Sichtweise offenbar hierauf stark fokussierten Polizeibeamten. In diesem Kontext sind die Äußerungen des Beschuldigten als Teil der durch Art. 5 GG geschützten Meinungsäußerungsfreiheit zu werten. Jedenfalls ist ein für die Verwirklichung der Tatvariante der Aufstachelung zum Hass notwendiges Ziel gerichtetes Handeln des Beschuldigten unter den gegebenen Umständen in subjektiver Hinsicht nicht zu belegen.

Ebenso wenig ist der Tatbestand des § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt. Voraussetzung hierfür wäre ein Angriff auf die Menschenwürde. Die Vorschrift knüpft an Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG an; geschützt ist danach der unverzichtbare Kernbereich der menschlichen Persönlichkeit, der auch im Verhältnis zum Grundrecht der Meinungsfreiheit nicht abwägungsfähig ist (vgl. BVerfG NJW 1995, 3303, 3304; NStZ 2003, 655, 656).

In dem Merkmal des Angriffs gegen die Menschenwürde liegt zugleich eine maßgebliche tatbestandliche Einschränkung (LK-von Bubnoff, StGB, 11. Auflage, § 130 Rn. 11 a). Der Strafbestimmung kommt insbesondere nicht die Funktion eines erweiterten Ehrenschutzes zu. Bloße Beleidigungen oder "einfache" Beschimpfungen reichen daher nicht aus, auch nicht jede ausgrenzende Diskriminierung. Vielmehr werden vom Tatbestand des § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB nur besonders massive Schmähungen, Deformierungen und Diskriminierungen erfasst, durch die den angegriffenen ihr ungeschmälertes Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeit in der staatlichen Gemeinschaft bestritten wird und sie als "unterwertige" Menschen gekennzeichnet werden (Tröndle/Fischer a. a. O., Rn. 12; LK-von Bubnoff, a. a. O.). Ein solcher Aussagegehalt kann dem Leserbrief des Beschuldigten in der Gesamtschau jedoch nicht beigemessen werden. Wenngleich darin - teils unverhohlen - teils indirekt in Form von rhetorischen Fragen - die Auffassung kolportiert, bei den S... und R... sei die Kriminalitätsbelastung besonders hoch und sog. parallelgesellschaftliche Tendenzen seien besonders ausgeprägt, hat der Beschuldigte den der Menschenwürde immanenten sozialen Geltungsanspruch der Angehörigen dieser Bevölkerungsgruppe insgesamt nicht in Frage gestellt.

Aus den genannten Gründen scheidet ebenfalls - wie im Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft dargelegt - eine Verbreitungshandlung nach § 130 Abs. 2 Ziff. 1 a StGB aus; der Strafbestimmung kommt insoweit ein weitergehender Anwendungsbereich nicht zu (sie schützt auch im Ausland lebende Bevölkerungsgruppen, knüpft aber hinsichtlich des volksverhetzenden Inhalts entsprechender Schriften an Abs. 1 an). "

Diesen zutreffenden Darlegungen schließt sich der Senat an. Sie entsprechen der Sach- und Rechtslage.

Ergänzend sei lediglich bemerkt, dass sich eine andere Wertung der dem Beschuldigten vorgeworfenen Tat auch nicht aus dessen Formulierung ergibt, ihm sei von S... erklärt worden, "dass man sich als ŽMade im SpeckŽ der bundesrepublikanischen Wohlfahrtsgesellschaft fühle". Der Leserbrief lässt insoweit jedenfalls nicht eindeutig erkennen, dass sein Verfasser diese - ihm von Dritten zugetragene - Äußerung zu Eigen macht, was für die Tatbestandsverwirklichung erforderlich wäre. Auch greift der Beschuldigte zwar in unerträglicher und beschämender Weise bestehende Vorurteile gegen die Volksgruppe der Antragsteller auf; er bedient sich dieser Stereotypen jedoch nicht nachweisbar zur Aufstachelung zum Hass gegen S... und R....

b) Auch die Voraussetzungen für eine Strafbarkeit wegen eines Beleidigungsdeliktes (§§ 185 f. StGB) liegen im Ergebnis nicht vor. Die Äußerungen des Beschuldigten in dem in einer Zeitschrift veröffentlichten Leserbrief erfolgten im Zusammenhang der politischen Meinungsäußerung und fallen deshalb in den Schutzbereich des Grundrechts der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG). Ob ein gemäß § 185 f StGB strafbares Verhalten vorliegt oder die Strafbarkeit entsprechend § 193 StGB ausgeschlossen ist, beurteilt sich deshalb nach einer insoweit gebotenen Güter- und Interessenabwägung im Einzelfall (BVerfGE 12, 125; 24, 282; NJW 1992, 2815; 2000, 200; BGHSt 18, 184; 36, 89; NStZ 1987, 554), welche die grundlegende Bedeutung der Meinungsäußerungsfreiheit für die Konstituierung eines demokratischen Gemeinwesens zu beachten hat (vgl. BVerfGE 7, 198; 12, 113; BVerfG NStZ 2001, 26). Ausgenommen vom Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG sind dabei grundsätzlich nur herabsetzende Äußerungen, bei denen die Diffamierung der betroffenen Person oder Bevölkerungsgruppe im Vordergrund steht (BVerfGE 82, 272; NJW 1991, 1475; 99, 204 f.; NStZ 2001, 26; 640 f.), die keinen sachlichen Zusammenhang zu ihrem Anlass erkennen lassen und eine allein persönlich diffamierende und herabsetzende Zielrichtung haben (BVerfG NJW 1991, 1529; BGH NJW 1987, 2227; OLG Frankfurt NJW 1977, 1354; Brandenburgisches Oberlandesgericht NJW 1996, 1002). Bei Beachtung dieser der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht entsprechenden Grundsätze, die von den Gerichten zur respektieren und daher auch dem vorliegenden Fall zugrunde zu legen sind, lässt sich ein strafbares Verhalten des Beschuldigten nicht feststellen. Denn die - ihrer Diktion und ihrem Inhalt nach allerdings völlig verfehlten - Ausführungen des Beschuldigten enthalten keine Formalbeleidigung und lassen sich auch noch nicht als Schmähkritik im oben genannten Sinn werten, die sich in der Herabsetzung von Personen oder Bevölkerungsgruppen erschöpfen und bei denen nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Der Senat verweist insoweit ergänzend auf die zutreffenden Ausführungen in dem Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Neuruppin vom 4. Januar 2006.

Der Senat braucht insoweit nicht mehr darüber zu entscheiden, ob die Verfolgung der dem Beschuldigten vorgeworfenen Straftat als Beleidigungsdelikt wegen Verjährung nach der presserechtlichen Vorschrift des § 16 Abs. 1 BbgPG ausgeschlossen ist, weil die - danach geltende, sechsmonatige - Verjährungsfrist mit der Auslieferung des Heftes 10/2005 der Verbandszeitschrift des BDK am 1. Oktober 2005 begonnen und deshalb mangels Unterbrechung gemäß § 78 c Abs. 1 StGB jedenfalls seit dem 31. März 2006 abgelaufen wäre.

Insbesondere kann offen bleiben, ob das Delikt angesichts der hier zu beurteilenden Äußerung in einem Leserbrief der kurzen presserechtlichen Verjährung unterliegt oder angesichts des Ausnahmecharakters dieser speziellen Verjährungsvorschriften aufgrund der Kundgabe einer Privatperson, die nicht in die Medienproduktion eingebunden ist, davon auszunehmen ist (vgl. hierzu BGHSt 44, 209, 215 ff).

3. Eine Entscheidung über die Verpflichtung zur Kostentragung bedarf es nur, soweit die Klageerzwingungsanträge zulässig sind. Sie ergibt sich aus §§ 174, 177 StPO.

Ende der Entscheidung

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