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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 06.02.2007
Aktenzeichen: 10 UF 173/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
BGB § 1565 Abs. 1 Satz 1
BGB § 1565 Abs. 1 Satz 2
BGB § 1566 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

10 UF 173/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 6.2.2007

verkündet am 6.2.2007

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 9. Januar 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Liceni-Kierstein und den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 16. August 2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts Strausberg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Gründe:

I.

Der am ...1964 geborene Antragsteller und die am ...1951 geborene Antragsgegnerin, die die chilenische Staatsangehörigkeit besitzt, haben am 26.1.2000 geheiratet.

Der Antragsgegner kaufte ein Haus auf dem Grundstück ... Chaussee ... in Z.... Ab Januar 2001 wurde das Haus von den Eheleuten gemeinsam renoviert. Mit Schriftsatz vom 19.6.2001 trug die Antragsgegnerin vor, der Antragsteller habe sie am 17.5.2001 verlassen und ihr untersagt, in das Haus in Z... zu ziehen. Entsprechend dem Antrag der Antragsgegnerin erließ das Amtsgericht durch Beschluss vom 20.6.2001 (2 F 459/01) ohne mündliche Verhandlung eine einstweilige Anordnung dahin, dass der Antragsgegnerin die obere Etage des genannten Hauses zur alleinigen Nutzung zugewiesen wurde. Im Verhandlungstermin vom 17.8.2001 schlossen die Parteien einen Vergleich, der insbesondere vorsah, dass der Antragsgegnerin die obere Etage des Hauses zur alleinigen Nutzung zusteht.

Mit Schriftsatz vom 19.8.2002 beantragte der Antragsteller unter Hinweis auf ein Getrenntleben seit Juni 2001 erstmals die Scheidung der Ehe (2 F 711/02). Unter dem 8.4.2003 nahm er den Scheidungsantrag zurück.

Das vorliegende Scheidungsverfahren hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 13.8.2003, beim Amtsgericht eingegangen am 14.8.2003, eingeleitet. Der Scheidungsantrag ist der Antragsgegnerin am 10.10.2003 zugestellt worden.

Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden und vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der DRV ... eine Rentenanwartschaft von monatlich 62,10 €, bezogen auf den 30.9.2003, auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin übertragen und im Übrigen den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit der Berufung. Sie trägt vor:

Es treffe zwar zu, dass der Antragsteller im August 2003, offensichtlich auf Druck seines Vaters, nach Westdeutschland gezogen sei. Dennoch habe er die eheliche Verbindung zu ihr seither aufrechterhalten. Bis zum heutigen Tag ständen die Parteien relativ eng in telefonischem Kontakt.

Noch im August 2003 habe der Antragsteller ihr per Fleurop einen Blumenkorb mit einer Postkarte geschickt, die folgenden Inhalt gehabt habe: "Auch wenn ich abwesend bin, bin ich bei dir". Ende November 2003 sei er für ein Wochenende zu Besuch gekommen. Im Dezember 2003 habe sie ihn vor die Alternative gestellt, wenn er Weihnachten und Neujahr nicht offiziell zu ihr käme, ginge sie nach Chile. Er habe sich offensichtlich gegenüber seinem Vater nicht durchsetzen können, ihr aber heimlich den Flug nach Chile gezahlt. Nach ihrer Rückkehr von dort im Frühjahr 2004 habe man weiter telefonischen Kontakt gehalten. Im Juli 2004 habe es einen Überraschungsbesuch des Antragstellers gegeben. Er sei eine knappe Woche geblieben. In diesen Tagen habe man noch zusammen einen Ausflug nach S... unternommen. In der Folgezeit habe es regelmäßige Anrufe des Antragstellers gegeben. In den ersten Dezembertagen des Jahres 2004 sei er vier Tage zu Besuch gekommen, bis sie wegen Herzbeschwerden ins Krankenhaus habe gehen müssen. Im Februar 2005 sei man für eine weitere Woche zusammen gewesen. In dieser Zeit sei man zusammen nach M... in die Eheberatung eines Theologen, des Zeugen Z..., gegangen.

Nachdem sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert habe und im Juni 2005 eine Betreuung eingerichtet worden sei, habe der Antragsteller öfter gefragt, ob er nicht kommen solle. Sie habe jedoch geäußert, dass er sie in ihrem jetzigen schlechten Gesundheitszustand nicht sehen solle. Deshalb habe sie im Frühjahr 2006 auch seinen Vorschlag, gemeinsam eine Reise nach M... zu unternehmen, abgelehnt.

Der Antragsteller habe ihr mehrfach gesagt, sie solle um die Ehe kämpfen, er könne es nicht, er sei zu schwach, sie aber sei stark.

Angesichts dessen sei davon auszugehen, dass die geäußerte Scheidungsabsicht des Antragstellers innerlich nicht bestehe.

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Scheidungsantrag abzuweisen. Der Antragsteller beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor:

Der Vortrag der Antragsgegnerin zu den weiter aufrechterhaltenen Kontakten sei unzutreffend. Dies gelte auch hinsichtlich der Behauptung, man habe gemeinsam eine Eheberatung aufgesucht.

Insbesondere sei unrichtig, dass er im August 2003 auf Druck seines Vaters nach Westdeutschland gezogen sei. Dies sei seine eigene Entscheidung gewesen. Er habe die Ehe als endgültig gescheitert angesehen. Es habe keinerlei innere Bindung zur Antragsgegnerin mehr bestanden.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat den Antragsteller als Partei und ferner die Zeugin M... und den Zeugen Z... vernommen. Wegen des Inhalts der Aussagen wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 9.1.2007 verwiesen.

II.

Die Berufung der Antragsgegnerin ist unbegründet. Zu Recht hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden.

1.

Die Scheidung unterliegt gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB dem deutschen Recht, auch wenn die Antragsgegnerin die chilenische Staatsangehörigkeit besitzt.

2.

Die Voraussetzungen für die Ehescheidung sind gegeben. Denn die Ehe der Parteien ist gescheitert, § 1565 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dabei bedarf es näherer Feststellungen zu der Frage, ob die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen, § 1565 Abs. 1 Satz 2 BGB, nicht. Denn gemäß § 1566 Abs. 2 BGB wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist. Die Parteien leben nämlich seit mehr als drei Jahren getrennt.

Die Antragsgegnerin hat in der Berufungsbegründung selbst eingeräumt, dass der Antragsteller im August 2003 nach Westdeutschland gezogen ist. Seither sind, bezogen auf die letzte mündliche Verhandlung vor dem Senat, auf die es ankommt (Palandt/Brudermüller, BGB, 66. Aufl., § 1566, Rz. 3), mehr als drei Jahre vergangen. Angesichts der getrennten Lebensbereiche beider Parteien seit August 2003 wären die Voraussetzungen des § 1566 Abs. 2 BGB nur dann nicht gegeben, wenn die räumliche Trennung nicht zugleich zu einer inneren Abwendung vom Partner geführt hätte (vgl. Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 4. Aufl., § 1565, Rz. 11, § 1566, Rz. 22). Dies kann aber nicht angenommen werden. Vielmehr ist bewiesen, dass der Antragsteller nach August 2003 die eheliche Verbindung mit der Antragsgegnerin nicht aufrechterhalten hat.

Der Antragsgegner hat, vom Senat als Partei vernommen (vgl. hierzu Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 613, Rz. 5 ff.), ausdrücklich bekundet, er habe sich im August 2003 von der Antragsgegnerin getrennt und sei, von zwei Begegnungen, in denen es um die Herausgabe von Gegenständen gegangen sei, abgesehen, mit der Antragsgegnerin bis heute nicht mehr zusammengetroffen; das letzte Telefonat der Parteien liege auch mehr als drei Jahre zurück. Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Aussage bestehen nicht. Die Angaben des Antragstellers waren in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Allein der Umstand, dass er zunächst nur einen Besuch in dem vormals ehelichen Haus in Z... angegeben hat, während seine Mutter, die Zeugin H... M..., bei ihrer Vernehmung von zwei Zusammentreffen, bei denen es um die Herausgabe von Gegenständen gegangen sei, berichtet hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Antragsteller hat eingeräumt, die zweite Begegnung vergessen zu haben. Dies ist mit Rücksicht auf die mehr als drei Jahre zurückliegenden Geschehnisse glaubhaft.

Die Zeugin H... M... hat die Angaben des Antragstellers bestätigt. Sie hat insbesondere ausgesagt, dass der Antragsteller, wenn die Antragsgegnerin im Haus anrufe und er ans Telefon gehe, den Hörer gleich wieder auflegt. Vor allem aber hat die Zeugin bekundet, die Antragsgegnerin habe ihr unmittelbar nach ihrer Anhörung vor dem Amtsgericht in einem Telefonat erklärt, sie habe dem Gericht gegenüber geäußert, mit dem Antragsgegner zusammen gewesen zu sein und auf den Vorhalt der Zeugin hin, dass dies eine Lüge sei, erklärt, dass sei ihr egal, sie bleibe dabei. Damit hat die Antragsgegnerin gegenüber der Zeugin eingeräumt, beim Amtsgericht zur Frage der Trennung unwahre Angaben gemacht zu haben. Die diesbezügliche Aussage der Zeugin ist glaubhaft. Sie hat über die Geschehnisse seit August 2003 umfassend und zusammenhängend berichtet. Dass sie etwa bewusst zu Lasten ihrer Schwiegertochter, der Antragsgegnerin, unwahre Angaben gemacht hat, kann nicht angenommen werden. Ihre Äußerungen über die Antragsgegnerin waren vielmehr auch von Sympathie geprägt. Die Zeugin hat nicht nur geäußert, dass sie ihre Schwiegertochter mag. Vielmehr hat sie ihr auch Geld für eine Reise nach Chile und regelmäßig zur Bestreitung des Lebensunterhalts gegeben. Die Handykarte der Antragsgegnerin lädt sie gelegentlich auf eigene Kosten auf. Auch steht die Zeugin der Antragsgegnerin, anders als der Antragsteller und sein Vater, ihr Ehemann, für Telefongespräche, in denen es um die Probleme der Antragsgegnerin geht, weiterhin zur Verfügung.

Schließlich steht zur Überzeugung des Senats auch fest, dass es entgegen der Behauptung der Antragsgegnerin keine gemeinsame Eheberatung mit dem Antragsteller beim Zeugen Z... gegeben hat. Diese Behauptung wird nicht nur vom Antragsteller in Abrede gestellt, der ausdrücklich behauptet hat, den Zeugen Z... nicht zu kennen und ihn nie gesehen zu haben. Vielmehr hat auch der Zeuge Z..., der am Ausgang des vorliegenden Verfahrens ersichtlich kein eigenes Interesse hat, glaubhaft angegeben, er kenne nur die Antragsgegnerin, die ihn wegen Eheproblemen aufgesucht habe, während eine Eheberatung in Gegenwart beider Parteien nicht stattgefunden habe, er den Antragsteller auch nie gesehen und mit ihm nie telefoniert habe.

3.

Mit Rücksicht darauf, dass die mehr als dreijährige Trennung der Parteien nicht allein auf Grund der Vernehmung des Antragstellers als Partei, sondern auch unter Einbeziehung der Aussagen der Zeugen H... M... und G... Z... nachgewiesen ist, kann von einer persönlichen Anhörung der Antragsgegnerin ausnahmsweise abgesehen werden (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 613, Rz. 4).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Eine Erklärung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils unterbleibt mit Rücksicht auf § 704 Abs. 2 ZPO (vgl. auch Zöller/ Stöber, a.a.O., § 704, Rz. 12).

Ende der Entscheidung

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