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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 10.07.2007
Aktenzeichen: 10 UF 51/07
Rechtsgebiete: BGB, BAföG


Vorschriften:

BGB § 1602 Abs. 1
BGB § 1610 Abs. 2
BAföG § 37
BAföG § 37 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

10 UF 51/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 10. Juli 2007

Verkündet am 10. Juli 2007

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung am 19. Juni 2007 durch

die Richterin am Oberlandesgericht Berger als Vorsitzende, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Liceni-Kierstein und den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Strausberg vom 30. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.210 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Ausbildungsunterhalt für die von Zeit 10/2005 bis 7/2006 in Anspruch.

Der Beklagte ist der Vater des am ....1980 geborenen S... S.... Dieser legte in 6/2000 das Abitur ab und leistete von 12/2000 bis 10/2001 seinen zivilen Ersatzdienst. Zum Wintersemester 2001/2002 nahm S... das Studium der Informationstechnik an der Technischen Universität B... auf, das er im Sommersemester 2002 abbrach. Ab 8/2002 absolvierte S... eine Berufsausbildung zum IT-Systemkaufmann, die er in 7/2005 mit Erfolg abschloss. Zum Wintersemester 2005/2006 begann S... mit dem Studium der Medieninformatik an der Technischen Fachhochschule B....

Da der Beklagte den von S... geforderten Ausbildungsunterhalt für das in 10/2005 begonnene Fachhochschulstudium ablehnte, hat der Kläger dem Studenten antragsgemäß eine Vorausleistung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Höhe des gegen den Vater errechneten Unterhaltsanspruchs bewilligt. Der Übergang des Unterhaltsanspruchs wurde dem Beklagten mitgeteilt. Gleichwohl zahlte er keinen Unterhalt. Gegen den vom Land B... erwirkten Mahnbescheid legte der Beklagte Widerspruch ein, der zu dem vorliegenden Verfahren führte.

Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von übergegangenem Ausbildungsunterhalt in Höhe von insgesamt 3.210 € nebst Zinsen für die Zeit von 10/2005 bis 7/2006 verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der erste Studienabbruch des Sohnes im Jahr 2002 sei innerhalb der ihm zuzubilligenden Orientierungsphase erfolgt. Dieser Studienabbruch hindere nicht die Annahme eines so genannten Abitur-Lehre-Studium-Falls. Der Beklagte schulde deshalb seinem Sohn den verlangten Weiterbildungsunterhalt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Beklagten, der nichts bezahlen will. Zur Begründung beruft er sich darauf, dass der Unterhaltsanspruch von S... mit Beendigung seiner Berufsausbildung zum IT-Systemkaufmann in 7/2005 weggefallen sei, zumal es an der zielgerichteten und planmäßigen Durchführung des ersten an der TU B... begonnenen Studiums gefehlt habe. Ferner bestreitet er die tatsächliche Zahlung des bewilligten Vorausleistungsbetrages durch das Land.

Der Beklagte beantragt,

das am 30. Januar 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Strausberg aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt die Berufungszurückweisung und verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.

Das Amtsgericht hat der Klage zu Recht im vollen Umfang stattgegeben. Der leistungsfähige Beklagte schuldet seinem Sohn auch für Zeit von 10/2005 bis 7/2006 einschließlich den geltend gemachten Ausbildungsunterhalt nach § 1610 Abs. 2 BGB in Form von Weiterbildungsunterhalt. Dieser Anspruch ist auf Grund der dem Studenten im Wege der Vorausleistung gewährten Ausbildungsförderung nach § 37 Abs. 1 BAföG auf das klagende Land übergangen.

1.

Nach § 37 Abs. 1 BAföG geht der bürgerlich-rechtliche Unterhaltsanspruch des Auszubildenden kraft Gesetzes auf das Land als Träger der Ausbildungsförderung über. Der gesetzliche Forderungsübergang findet jedoch erst in dem Augenblick statt, in dem die Aufwendungen tatsächlich geleistet werden. Nachdem der Kläger seine BAföG-Zahlungen an S... von 10/2005 bis 7/2006 durch entsprechende Kontoauszüge belegt hat, bestehen gegen die Annahme des gesetzlichen Anspruchsübergangs nach § 37 Abs. 1 BAföG keine Bedenken. Dieser ist vom Beklagten im Senatstermin auch nicht mehr in Frag gestellt worden. Sonstige Einwendungen im Hinblick auf den Übergang der Unterhaltsansprüche hat der Beklagte nicht geltend gemacht.

2.

Voraussetzung eines Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt ist, dass eine Unterhaltsbedürftigkeit des Auszubildenden nach § 1602 Abs. 1 BGB gegeben ist. BAföG-Leistungen sind als unterhaltsrechtliches Einkommen anzurechnen und mindern damit die Bedürftigkeit des Auszubildenden, soweit sie als Regelleistungen bezogen werden. Das gilt auch, wenn die Förderung nur darlehensweise erfolgt. Wird die BAföG-Leistung dagegen - wie hier - antragsgemäß als Vorausleistung gewährt, weil ein Elternteil den nach den Bestimmungen des BAföG errechneten Unterhaltsbetrag nicht zahlt (§ 36 Abs. 1 BAföG), so ist sie kein unterhaltsrechtliches Einkommen und auch nicht auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen. Vorausleistungen werden nur subsidiär gewährt und können nach ihrem Übergang gemäß § 37 BAföG von dem Unterhaltspflichtigen zurückgefordert werden (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1985, 916 f).

3.

Entgegen seiner Auffassung ist der Beklagte dem Grunde nach verpflichtet, seinem Sohn Ausbildungsunterhalt für das in der Zeit zwischen 10/2005 und 7/2006 von ihm betriebene Fachhochschulstudium zu leisten.

a)

Der Beklagte geht zu Recht selbst davon aus, dass der Ausbildungsunterhaltsanspruch seines Sohnes durch den Wechsel vom Studium zu einer beruflichen Ausbildung im Jahr 2002 nicht in Frage gestellt wurde. Dieser Ausbildungswechsel erfolgte noch innerhalb der Frist, die einem Auszubildenden im Regelfall als angemessene Orientierungsphase zuzugestehen ist. Eine solche Verzögerung lässt daher die Verpflichtung der Eltern, dem Kind eine angemessene Ausbildung zu ermöglichen, nicht entfallen.

Das Studium der Informationstechnik an der Technischenuniversität B... wurde von S... zum Wintersemester 2001/2002, also am 1.10.2001, aufgenommen und noch während des Sommersemesters 2002 abgebrochen. Unstreitig hat der Sohn des Beklagten mit seiner berufliche IT-Ausbildung bereits am 1.8.2002 begonnen. Er hat also 10 Monate nach Studienbeginn den Ausbildungswechsel vollzogen. Eine Orientierungsphase von bis zu einem Jahr kann regelmäßig nicht als unangemessen lang angesehen werden (vgl. hierzu Eschenbruch/Wohlgemuth, Der Unterhaltsprozess, 4. Aufl., Rn. 3256; Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Auflage, § 2 Rn. 71).

Auf die genauen Gründe des Abbruchs, die der Kläger mit nicht ausreichenden Mathematikkenntnissen von S... angibt, kommt es in diesem Zusammenhang für die Entscheidung nicht an. Denn jedem jungen Menschen ist zuzubilligen, dass er sich über seine Fähigkeiten irrt oder falsche Vorstellungen über den gewählten Beruf hat. Aus diesem Grund steht ihm eine angemessene Orientierungsphase zu, bis zu deren Ablauf er seine Ausbildungspläne ändern kann, ohne seinen Unterhaltsanspruch einzubüßen.

Folglich umfasste der Anspruch von S... auf Ausbildungsunterhalt auch die Zeit seiner praktischen Berufsausbildung von 8/2002 bis 7/2005.

b)

Der Umstand, dass S... eine in 7/2005 erfolgreich zu Ende geführte, in sich geschlossene berufsqualifizierende Ausbildung zum IT-Systemkaufmann besitzt, steht der grundsätzlichen Unterhaltsverpflichtung des Beklagten für das daran angeschlossene Fachhochschulstudium nicht entgegen. Das im Wintersemester 2005/2006 vom Sohn des Beklagten an der technischen Fachhochschule aufgenommene Studium der Medieninformatik stellt eine Weiterbildungsmaßnahme dar. Sie ist Teil einer einheitlichen Ausbildung und auf Grund wirtschaftlicher Zumutbarkeit vom Beklagten zu finanzieren.

aa)

Haben Eltern ihrem Kind eine Ausbildung zukommen lassen, sind sie nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) grundsätzlich ihrer Unterhaltspflicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Ein weitergehender Anspruch auf Ausbildungsunterhalt kommt ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die weitere Ausbildung als eine bloße Weiterbildung anzusehen ist und von vornherein angestrebt war (vgl. hierzu Wendl/Scholz, a.a.O., § 2, Rn. 78). Diesen Grundsatz hat der BGH für die Fälle modifiziert, in denen ein Kind nach Erlangung der Hochschulreife auf herkömmlichem schulischen Weg (Abitur) eine praktische Ausbildung (Lehre) absolviert und sich erst danach zu einem Studium entschließt (so genannte Abitur-Lehre-Studium-Fälle). Grund für die Modifizierung war, dass ein zunehmend geändertes Verhalten der Studienberechtigten festzustellen ist, die sich durch eine praktische Berufsausbildung zunächst eine sichere Lebensgrundlage schaffen, ohne damit ein anschließendes Studium von vornherein auszuschließen zu wollen (vgl. hierzu FamRZ 2006, 1100 und FamRZ 1995, 416 f). Dabei ist es wegen des aus § 1610 Abs. 2 BGB abzuleitenden Merkmals der Einheitlichkeit des Ausbildungsgangs und mit Rücksicht darauf, dass Eltern ihren Kindern grundsätzlich nur eine angemessene Berufsausbildung (und nicht mehrere) zu gewähren haben, allerdings erforderlich, dass die einzelnen Ausbildungsabschnitte in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen. Ferner müssen die praktische Ausbildung und das Studium derselben Berufssparte angehören oder jedenfalls so zusammenhängen, dass das eine für das andere eine fachliche Ergänzung, Weiterführung oder Vertiefung bedeutet oder dass die praktische Ausbildung eine sinnvolle Vorbereitung auf das Studium darstellt (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1993, 1057 und FamRZ 1989, 842). Ein von vornherein bestehender Gesamtplan wird dabei nicht verlangt. Es reicht aus, wenn der Wille zur Weiterbildung und Studienaufnahme erst während oder auch nach Beendigung der Lehre gefasst wird (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2006, 1100 und FamRZ 1990, 149).

Diese Voraussetzungen sind entgegen der Auffassung des Beklagten hier erfüllt.

Den sachlichen Zusammenhang zwischen der IT-Berufsausbildung und dem Studiengang der Medieninformatik bestreitet der Beklagte selbst nicht. Beide Ausbildungsabschnitte haben insbesondere keine wesentlich andersartige Wissensvermittlung zum Gegenstand. Zudem ist aufgrund der vielfältigen Berührungspunkte - wie sie sich u. a. aus dem vorgelegten Studienführer der Fachhochschule ergeben - die Ausbildung von S... zum IT-Systemkaufmann als eine sinnvolle und nützliche Vorbereitung auf das Studium der Medieninformatik zu beurteilen (vgl. in diesem Zusammenhang BGH, FamRZ 1992, 170/172). Beide Ausbildungsabschnitte stehen daher in dem erforderlichen engen sachlichen Zusammenhang.

Ein enger zeitlicher Zusammenhang ist ebenfalls zu bejahen. Die am 31.7.2005 abgeschlossene praktische Berufsausbildung und das am 1.10.2005 begonnene Studium der Medieninformatik sind zeitlich dicht aufeinander gefolgt.

Da ein von vornherein bestehender Gesamtplan nicht erforderlich ist, genügte es, dass der Sohn des Beklagten seine Entscheidungen sukzessive mit dem Erreichen der jeweiligen Ausbildungsstufe getroffen hat und dementsprechend der Studienentschluss von S... erst während oder sogar nach Beendigung der Berufsausbildung gefasst worden ist.

bb)

An der rechtlichen Qualifizierung des Fachhochstudiums als Weiterbildungsmaßnahme, die den Anspruch auf Ausbildungsunterhalt fortbestehen lässt, ändert auch der Umstand nichts, dass S... im Jahr 2002 sein Studium der Informationstechnik an der Technischen Universität B... abgebrochen und sodann eine praktische Berufsausbildung durchlaufen und erfolgreich beendet hat. Mit diesem Ausbildungswechsel hat sich der Sohn des Beklagten nicht endgültig festgelegt, es bei einer praktischen Berufsausbildung bewenden lassen zu wollen und auf ein späteres weiterführendes Studium zu verzichten.

Hätte er innerhalb des beruflichen Ausbildungsweges beispielsweise von einer Banklehre zur IT-Ausbildung gewechselt und sodann seine abgeschlossene praktische Ausbildung durch ein Studium weitergeführt, bestünden keine Zweifel am Vorliegen eines Abitur-Lehre-Studium-Falls im Sinne der Rechtsprechung des BGH. Es ist kein sachlicher Grund vorhanden, S... im Streitfall deshalb schlechter zu stellen, weil die geänderten Ausbildungspläne nicht den Wechsel von einer Lehre zu einer anderen zum Gegenstand hatten, sondern der Ausbildungswechsel sich von einem Universitätsstudium zu einer praxisorientierten Berufsausbildung vollzog. Selbst wenn S... bei Beginn der Berufsausbildung noch davon ausgegangen sein sollte, es bei der Ausbildung zum IT-Systemkaufmann bewenden lassen und im Verlauf seines beruflichen Lebens als IT-Systemkaufmann arbeiten zu wollen, macht das die spätere Änderung dieser Lebensplanung durch Aufnahme des Studiums der Medieninformatik unterhaltsrechtlich nicht unbeachtlich.

Der Beklagte wird im Hinblick auf seine schutzwürdigen Belange auch nicht dadurch unangemessen stärker belastet, weil der Sohn vom Hochschulstudium zu einer praktischen Berufsausbildung gewechselt hat und der Wechsel nicht nur von einer Lehre zu einer anderen erfolgte.

cc)

Die vorgelegte Studiendokumentation aus dem Sommersemester 2006 macht deutlich, dass das Studium der Medieninformatik den Begabungen und den Fähigkeiten von S... entspricht. Sie weist fast durchgehend gute bis sehr gute Noten auf. Überdies macht sie deutlich, dass S... in dem streitbefangenen Unterhaltszeitraum seiner Ausbildungsobliegenheit, also seiner Verpflichtung, das begonnene Fachhochschulstudium mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit zu betreiben, nachgekommen ist. Darauf, ob S... seiner Ausbildungsverpflichtung auch nach dem streitbefangenen Unterhaltszeitraum von 10/2005 bis 7/2006 weiter genügte, kommt es für die Entscheidung nicht an.

dd)

Dass der von S... gewählte Ausbildungsgang dem Beklagten wirtschaftlich zumutbar ist, hat dieser selbst zu keiner Zeit in Frage gestellt. Der Umstand, dass der Beklagte unstreitig während des ersten Studiums und der daran anschließenden IT-Berufsausbildung Unterhalt geleistet hat, ändert an dieser Beurteilung nichts.

4.

Dem Beklagten ist auch nicht darin zu folgen, dass sein Sohn im Zusammenhang mit seinem Studienabbruch im Jahr 2002 und dem Wechsel zu der praktischen Berufsausbildung zum Ausdruck gebracht habe, dass er diese nicht durch ein erneutes Studium weiterführen werde.

a)

Eine ausdrückliche und verbindliche Zusage des Sohnes - worauf sich der Beklagte im Senatstermin erstmals berufen hat -, nach Beendigung der Berufsausbildung kein Studium aufzunehmen, lässt sich weder dem schriftsätzlichen Vorbringen erster und zweiter Instanz entnehmen noch den zur Akte gereichten Unterlagen.

Es ist bereits nicht substantiiert dargelegten worden, wann und unter welchen Umständen sowie mit welchem genauen Inhalt S... eine Erklärung zu seinem zukünftigen Ausbildungsverhalten abgeben haben soll. Der Beklagte hat sich im Verlauf dieses Verfahren auch immer nur darauf berufen, seine Unterhaltsverpflichtung sei auf Grund der abgeschlossenen IT-Berufsausbildung von S... erloschen. Mit Schriftsatz vom 11.8.2006 wurde darauf hingewiesen, der Sohn des Beklagten habe auch bei Aufnahme dieser Berufsausbildung "zu keinem Zeitpunkt deutlich gemacht, dass er hier dann die Ausbildung derartig anstrebt, zunächst eine betriebliche Ausbildung zu durchlaufen und im Anschluss daran zu studieren". Auch in dem vorprozessualen Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 7.2.2006 wird nicht auf eine erteilte Zusage, es bei der praktischen Ausbildung bewenden lassen zu wollen, Bezug genommen, obwohl dies bei Abgabe einer solchen Erklärung nahe gelegen hätte. Es wurde vielmehr nur der Standpunkt eingenommen, der Unterhaltsanspruch sei "verwirkt", weil S... über eine abgeschlossene Ausbildung zum IT-Systemkaufmann verfüge. Im Anschluss daran heißt es lediglich: "Soweit Sie nunmehr wiederum eine Ausbildung an der TFH B... beginnen, ist dies Ihr eigenes "Vergnügen". Unser Mandant ist nicht mehr verpflichtet, eine weitere Ausbildung zu finanzieren".

Auch mit Schriftsatz vom 12.1.2007 wurde vom Beklagten nur nochmals auf das Ende seiner Unterhaltsverpflichtung nach Abschluss der IT-Berufsausbildung verwiesen bzw. vorgetragen, dass sein Sohn ihn "in keinem Fall dahingehend informierte, dass sich nach seiner Ausbildung ein Studium wieder anschließen solle". Im Anschluss daran heißt es, dass S... dem Beklagten im Jahre 2002 mitgeteilt hatte, "dass die Gründe seines Studienabbruches darin zu sehen sind, dass ihm die "höhere Mathematik unerwartet zu Lasten fiel" ". Vom Beklagten ist sodann aber selbst nur die Schlussfolgerung gezogen worden, sein Sohn habe hiermit "nicht deutlich (gemacht), dass er nach Aufnahme seiner Ausbildung zum IT-Systemkaufmann unmittelbar daran ein Aufbaustudium absolvieren möchte. Damit musste auch der Beklagte nicht rechnen".

Schließlich ergibt sich auch aus dem schriftsätzlichen Vorbringen des Beklagten in der Berufungsinstanz nicht die hinreichend substantiierte Darlegung einer ausdrücklichen Ankündigung von S..., kein Studium nach Abschluss der Berufsausbildung aufnehmen zu wollen.

Eigene Schreiben seines Sohnes oder andere Unterlagen, in denen eine verbindliche Zusage zum Ausdruck gekommen wäre, es bei der Berufsausbildung bewenden lassen zu wollen, sind nicht vorgelegt worden.

b)

Dem Abbruch des Studiums der Informationstechnik an der Technischen Universität und dem anschließenden Beginn der IT-Berufsausbildung im Jahr 2002 lässt sich auch nicht die (konkludente) Erklärungswirkung einer in die Zukunft gerichteten endgültigen Aufgabe jeder Studienabsicht beimessen.

Der Studienabbruch im Sommersemester 2002 war für sich genommen ein rein tatsächlicher Vorgang. Dass zwischen Vater und Sohn in diesem Zusammenhang konkrete Absprachen im Hinblick auf die zukünftigen Ausbildungspläne von S... getroffen worden wären, hat der Beklagte - wie bereits ausgeführt - nicht dargelegt. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat sein Sohn durch den Studienabbruch im Sommersemester 2002 auch nicht konkludent zum Ausdruck gebracht, dass er eine spätere Weiterführung seiner Berufsausbildung durch ein neues Studium von vornherein und endgültig ausschließen wolle. Insbesondere lässt sich aus dem Abbruch des Studiums an der Technischen Universität B... im Jahr 2002 nicht die Vorstellung von S... entnehmen, auf die Fortsetzung der praktischen Ausbildung durch ein darauf aufbauendes Studium nicht nur in Form eines Universitätsstudium, sondern auch in Form eines stärker berufsorientierten Fachhochschulstudiums verzichten zu wollen. Es entspricht gerade der Eigenart des Bildungswegs Abitur-Lehre-Studium, dass die praktische Ausbildung zunächst aufgenommen wird, ohne dass sich der Studienberechtigte bereits endgültig schlüssig ist oder schlüssig sein muss, ob er es bei dieser Ausbildung bewenden lassen soll oder nach deren Abschluss noch ein (Aufbau-) Studium anschließt (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2006, 1100 und FamRZ 1989, 853). Dem Studienabbruch im Sommersemester 2002 lässt sich allenfalls der Erklärungswert beimessen, dass S... das Studium der Informationstechnik an der Technischen Universität nicht fortsetzen wollte. Ein weitergehender Erklärungsinhalt kann dem Verhalten von S... im Rahmen des Ausbildungswechsels im Sommersemester 2002 nach seinem objektiven Erklärungswert nicht beigemessen werden.

S... ist auch nicht verpflichtet gewesen, bei Aufnahme der praktischen Berufsausbildung seinen Willen über ein anschließendes Studium zum Ausdruck zu bringen oder sich ein solches sogar ausdrücklich vorzubehalten. Denn nach der Rechtsprechung des BGH reicht es in einem Abitur-Lehre-Studium-Fall - um den es sich entgegen der Auffassung des Beklagten vorliegend handelt - aus, wenn der Wille zur Studienaufnahme erst während oder auch nach Beendigung der Lehre gefasst wird (vgl. hierzu etwa BGH, FamRZ 2006, 1100 und FamRZ 1990, 149).

5.

Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die vom Amtsgericht bejahten Voraussetzungen hinsichtlich der Anspruchshöhe sowie des Zinsverlangens und für die rückwirkende Inanspruchnahme des Beklagten auf Ausbildungsunterhalt vorliegen. Es bedarf daher hierzu keiner weiteren Ausführungen.

Die Nebenentscheidung folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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