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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 26.07.2001
Aktenzeichen: 10 WF 112/00
Rechtsgebiete: RPflG, ZPO, VAÜG


Vorschriften:

RPflG § 11 Abs. 1
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 120 Abs. 4 Satz 3
ZPO § 120 Abs. 4 Satz 1
ZPO § 628
ZPO § 624 Abs. 2
ZPO § 127 Abs. 4
VAÜG § 2 Abs. 1 Satz 2
VAÜG § 2 Abs. 3
VAÜG § 2 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluß

10 WF 112/00 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Berger und den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr

am 26. Juli 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 28. Juli 2000 wird der Beschluß des Amtsgerichts Bernau vom 13. Juli 2000 aufgehoben.

Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet. Der angefochtene Beschluß, mit dem in Abänderung des Prozeßkostenhilfebewilligungsbeschlusses vom 27.4.1993 monatliche Raten von 60 DM festgesetzt werden wurden, durfte nicht ergehen, weil die Frist des § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO bereits bei Einleitung des Überprüfungsverfahrens am 14.4.2000 (vgl. insoweit Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 120, Rz. 26) abgelaufen und daher eine Änderung zum Nachteil der Antragstellerin ausgeschlossen war.

Gemäß § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO kann das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozeßkostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Eine Änderung zum Nachteil der Partei ist nach § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind. Dies ist vorliegend der Fall. Eine rechtskräftige Entscheidung im Sinne dieser Vorschrift stellt das Urteil des Amtsgerichts vom 12.1.1996 dar, das seit dem 27.2.1996 rechtskräftig ist. Das Verfahren zur Überprüfung der fortbestehenden Bedürftigkeit der Antragstellerin ist erst mehr als vier Jahre später, nämlich durch Schreiben des Rechtspflegers vom 14.4.2000, eingeleitet und durch Beschluß vom 13.7.2000 beendet worden.

Allerdings beginnt die Frist des § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Hauptsache (OLG Koblenz, Rpfleger 1994, 259; OLG München, Rpfleger 1994, 218, 219; Zöller/Philippi, a.a.O., § 120, Rz. 26; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 59. Aufl., § 120, Rz. 30), wobei als Hauptsache nicht allein das Scheidungsverfahren, sondern der gesamte Scheidungsverbund anzusehen ist. Jedenfalls bei einem nur aus Scheidung und Versorgungsausgleich bestehenden Verbund wird die Frist grundsätzlich erst dann in Lauf gesetzt, wenn über die Folgesache rechtskräftig entschieden ist und zwar auch dann, wenn die Folgesache ausnahmsweise gemäß § 628 ZPO abgetrennt worden ist. Denn die Folgesache über den Versorgungsausgleich ist gerade prozeßkostenhilferechlich in besonderer Weise mit der Scheidungssache verbunden. Die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe für die Scheidungssache erstreckt sich auch auf diese Folgesache, soweit sie nicht ausdrücklich ausgenommen wird, § 624 Abs. 2 ZPO. Einer besonderen, ausdrücklichen Bewilligung bedarf es nicht. Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache i. S. v. § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO liegt daher grundsätzlich erst vor, wenn auch das zweite Teilstück dieser Einheit rechtskräftig geworden ist (vgl. Senat, Beschluß vom 5.7.2001, 10 WF 9/01).

Anders ist es aber, wenn, wie hier, der Versorgungsausgleich gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG ausgesetzt worden ist (s.a. OLG Naumburg, FamRZ 2001, 498 f). In diesem Fall kann das Verfahren nur nach der Einkommensangleichung wiederaufgenommen werden, § 2 Abs. 3 VAÜG, oder dann, wenn aufgrund des Versorgungsausgleichs Leistungen zu erbringen oder zu kürzen wären und ein Beteiligter die Aufnahme beantragt, § 2 Abs. 2 VAÜG. Die Wiederaufnahme des Versorgungsausgleichs und der endgültige Abschluß des Verfahrens erfolgen damit regelmäßig zu einem Zeitpunkt, der bei Beendigung des Scheidungsverbunds nicht absehbar ist und von den Parteien nicht beeinflußt werden kann. In Fällen dieser Art muß der Lauf der Frist des § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO bereits mit rechtskräftiger Entscheidung über den Scheidungsantrag und etwaige Folgesachen bzw. sonstiger Beendigung des Verfahrens beginnen. Andernfalls müßte eine Partei unter Umständen noch nach Jahrzehnten damit rechnen, daß eine Änderung der Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen zu ihrem Nachteil ergeht. Das widerspräche dem Vertrauensschutz der hilfsbedürftigen Partei, dem die Sperrfrist von vier Jahren dient (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 120, Rz. 26). An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts dadurch, daß das Amtsgericht die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens über den Versorgungsausgleich unzutreffend bejaht hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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