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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 11.07.2006
Aktenzeichen: 10 WF 123/06
Rechtsgebiete: FGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

FGG § 14
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
BGB § 1666
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 WF 123/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

betreffend das Kind J... H..., geboren am 11. Juni 1998,

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgericht auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 23. Januar 2006 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Prenzlau vom 9. Januar 2006 durch den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr als Einzelrichter

am 11. Juli 2006

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird, soweit es die Zurückweisung des Antrages auf Prozesskostenhilfe für den einstweiligen Rechtsschutz betrifft, aufgehoben und im Übrigen dahin abgeändert, dass dem Antragsteller ratenfreie Prozesskostenhilfe sowohl für die Hauptsache als auch das einstweilige Anordnungsverfahren bewilligt wird.

Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gemäß §§ 14 FGG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der Beschluss des Amtsgerichts, durch den Prozesskostenhilfe für das einstweilige Anordnungsverfahren versagt worden ist, ist aufzuheben. Dieser Beschluss ist wirkungslos. Denn bereits durch Beschluss vom 27.10.2005 hatte das Amtsgericht dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für das Verfahren im ersten Rechtszug bewilligt. Diese Bewilligung umfasst bei verständiger Würdigung auch das einstweilige Anordnungsverfahren. Für einen nachfolgenden Beschluss, durch den der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gerade für das einstweilige Anordnungsverfahren zurückgewiesen wird, ist daher kein Raum. Entfaltet der angefochtene Beschluss danach keine Wirkung, ist er aus Gründen der Rechtsklarheit aber aufzuheben. Im Übrigen bedarf es, soweit das Amtsgericht im angefochtenen Beschluss mit Rücksicht auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 5.12.2005 die Bewilligung ratenfreier Prozesskostenhilfe für die Hauptsache angeordnet hat, der Abänderung. Wenn der Beschluss vom 27.10.2005 dahin zu verstehen ist, dass auch für das einstweilige Anordnungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, dann müssen mit Rücksicht auf das Vorbringen des Antragstellers im Schriftsatz vom 5.12.2005 die Raten nicht nur im Hinblick auf das Hauptsacheverfahren, sondern auch bezüglich des einstweiligen Anordnungsverfahrens entfallen.

Durch Anwaltschriftsatz vom 10.10.2005 hat der Antragsteller beantragt, der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das gemeinsame Kind zu entziehen und auf ihn zu übertragen. Zugleich hat er Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren beantragt. Ebenfalls am 10.10.2005 hat der Antragsteller persönlich auf der Rechtsantragsstelle des Amtsgerichts den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahin beantragt, dass ihm bis zur Entscheidung über die Hauptsache das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen werde. Auch insoweit hat er zugleich beantragt, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen, was mit Rücksicht darauf, dass es sich um ein gesondertes Verfahren handelt, auch erforderlich war (vgl. Verfahrenshandbuch Familiensachen -FamVerf -/Gutjahr, § 1, Rz. 217; Handbuch des Fachanwalts Familienrecht - FA - FamR -/Oelkers, 5. Aufl., 16. Kap., Rz. 175). Durch Beschluss vom 13.10.2005 hat das Amtsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Alsdann hat der Antragsteller durch Schriftsatz vom 21.10.2005 mitgeteilt, sein Antrag auf Entzug des Sorgerechts habe sich, nachdem man sich darauf geeinigt habe, dass das gemeinsame Kind künftig bei ihm lebe, erledigt. Er hat jedoch noch um eine Entscheidung über seine Prozesskostenhilfeanträge im Hauptsache- und im Eilverfahren gebeten. Durch Beschluss vom 27.10.2005 hat das Amtsgericht dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für das Verfahren im ersten Rechtszug unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten bewilligt. Diese Bewilligung ist bei verständiger Würdigung dahin zu verstehen, dass sie nicht nur das Hauptsacheverfahren, sondern auch das einstweilige Anordnungsverfahren erfasst.

Für die Auslegung des Beschlusses vom 27.10.2005 dahin, dass die Prozesskostenhilfebewilligung auch das einstweilige Anordnungsverfahren erfasst, spricht zunächst der Umstand, dass mit Schriftsatz vom 21.10.2005 ausdrücklich eine Entscheidung über die Prozesskostenhilfeanträge sowohl im Hauptsache- als auch im Eilverfahren erbeten worden ist. Wenn dann das Amtsgericht Prozesskostenhilfe "für das Verfahren im ersten Rechtszug" bewilligt, kann dies vom Antragsteller nur dahin verstanden werden, dass das gesamte erstinstanzliche Verfahren, also unter Einschluss des einstweiligen Anordnungsverfahrens, gemeint ist. Dies gilt umso mehr, als das Amtsgericht ebenfalls am 27.10.2005 durch Beschluss den Geschäftswert für den Hauptsacheantrag auf 3.000 € und für das einstweilige Anordnungsverfahren auf 1.000 € festgesetzt hat. Wenn das Amtsgericht eine solche Differenzierung zwischen Hauptsache- und einstweiligem Anordnungsverfahren in dem Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss nicht vorgenommen hat, ist davon auszugehen, dass die Bewilligung sich auf das gesamte Verfahren des ersten Rechtszugs unter Einschluss des einstweiligen Anordnungsverfahrens erstreckt.

Dieser Würdigung steht nicht entgegen, dass das Amtsgericht durch den angefochtenen Beschluss Prozesskostenhilfe für das Verfahren betreffend den einstweiligen Rechtsschutz im Hinblick auf mangelnde Erfolgsaussicht zurückgewiesen hat. Zwar erscheint dies folgerichtig, da das Amtsgericht, wie bereits ausgeführt, durch Beschluss vom 13.10.2005 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen hat. Den Gründen jenes Beschlusses ist jedoch zu entnehmen, dass das Amtsgericht nicht nur von einem fehlenden Regelungsbedürfnis ausgegangen ist, sondern darüber hinaus auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1666 BGB verneint hat. Vor diesem Hintergrund hätte das Amtsgericht auch die Erfolgsaussicht des Antragstellers im Hinblick auf das Hauptsacheverfahren anzweifeln können. Dennoch ist es durch Beschluss vom 27.10.2005 zur Prozesskostenhilfebewilligung gekommen. Auch im Hinblick auf die Erfolgsaussicht musste der Antragsteller daher nicht davon ausgehen, dass das einstweilige Anordnungsverfahren von der Prozesskostenhilfebewilligung nicht erfasst ist.

Mit Rücksicht auf die Nichtabhilfeentscheidung vom 11.5.2006 wird das Amtsgericht vorsorglich darauf hingewiesen, dass dann, wenn - wie hier - mit der Beschwerde neues Vorbringen verbunden ist, in der Nichtabhilfeentscheidung eine Auseinandersetzung hiermit zu erfolgen hat (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 572, Rz. 7, 11).

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