Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 05.08.2008
Aktenzeichen: 11 U 41/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 368
BGB § 433 Abs. 2
ZPO § 286
ZPO § 416
ZPO § 448
ZPO § 531 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 22. Dezember 2006 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 12 O 354/04, wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

I.

Der Kläger verlangt Restkaufpreiszahlung für ein Hausgrundstück.

Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung Bezug genommen. Ergänzend wird auf das am 08.06.2004 verkündete Senatsurteil (Az.: 11 U 64/03) und den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20.01.2005 (Az.: V ZR 137/04) verwiesen. In jenem Verfahren ist die Beklagte rechtskräftig verurteilt worden, 50.000 € als erstrangigen Teilbetrag an den Kläger zu zahlen, da ihm in dieser Höhe ein Kaufpreisanspruch gegen die Beklagte zustehe.

Ergänzend ist zum Tatbestand des Landgerichtlichen Urteils zu bemerken:

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2006 (Blatt 597 ff., 602 der Akten) ausgeführt, der Zeuge R. habe unter anderem veranlasst, dass sie wegen der Neubeschaffung der verschwundenen Quittung über den gezahlten Grundstückskaufpreis Kontakt mit dem Kläger aufnehmen solle. Sie habe deswegen am 26. Oktober 2001 gegen 11:15 Uhr in Gegenwart R.s bei dem Kläger angerufen und um eine Ersatzquittung gebeten, woraufhin exakt um 11:45 Uhr das zweite Telefaxschreiben mit der Bestätigung, dass der Kaufpreis gezahlt worden sei, bei ihr eingegangen sei. Diese Behauptung hat die Beklagte in das Wissen des Zeugen R. gestellt.

Das Landgericht hat die Beklagte mit dem ihr am 29.12.2006 zugestellten Urteil im vorliegenden Rechtsstreit nach erneuter Beweisaufnahme verurteilt, an den Kläger 114.215,03 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Kammer hat im Wesentlichen ausgeführt:

Ein Anspruch des Klägers auf Kaufpreiszahlung folge aus dem zwischen den Parteien geschlossenen notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag in Verbindung mit § 433 Absatz 2 BGB. Der von der Beklagten erhobene Erfüllungseinwand sei nicht zur Überzeugung des Gerichtes bewiesen. Entgegen der Ansicht des Klägers entfalte das vorangegangene Teilurteil keine Bindungswirkung im vorliegenden Verfahren. Den Beweis für die Zahlung des Grundstückskaufpreises habe die Beklagte nicht durch den "Antritt" unmittelbarer Zeugen geführt. Bei der gegenüber dem Notar abgegebenen Zahlungsbestätigung vom 1. Oktober 2001 handele es sich nicht um eine Quittung im Sinne von § 368 BGB, denn sie sei nicht zu Beweiszwecken ausgestellt worden. Zwar komme dieser Tatsachenerklärung Indizwirkung zu. Diese sei jedoch durch konkrete Gegenindizien entkräftet worden. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung erscheine es als nahe liegend, dass der Grundstückskaufvertrag auf Veranlassung des Klägers geschlossen worden sei, um das Objekt vor dem Zugriff seiner Gläubiger zu sichern. Auf Grund eines fälligen Umfinanzierungskredits habe auch weiterhin eine prekäre finanzielle Situation des Klägers bestanden. Nachvollziehbar erscheine das Motiv des Klägers, den Notar deshalb um Rücknahme des Antrags auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu bitten, weil er sich mit der Beklagten zu diesem Zeitpunkt zerstritten habe. Nicht auszuschließen sei deshalb der Vortrag des Klägers, die Zahlungsanzeige sei auf Drängen der Beklagten erfolgt, mit der er sich eine gemeinsame Zukunft erhofft habe. Die Vorgänge bei der Abwicklung des Kaufvertrages und der Eigentumsübertragung ließen sich also auch auf zwischenmenschliche Konflikte zurückführen. Wegen der weiteren Abwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen. Zudem hat das Landgericht noch ausgeführt, auf die Vernehmung des Zeugen R., der zum Beweis der Tatsache benannt worden sei, dass die Beklagte am 26. Oktober 2006 in Anwesenheit des Zeugen beim Kläger angerufen habe und dieser ihr dann das an den Notar gerichtete Schreiben vom 1. Oktober 2001 gefaxt habe, könne verzichtet werden. Zum einen sei der Zeuge kein geeignetes Beweismittel. Er selbst habe mit dem Kläger nicht telefoniert, könne also nicht unmittelbar bekunden, mit wem das Gespräch geführt worden sei. Außerdem könne er nicht aus eigener Wahrnehmung wiedergeben, dass das angeblich von der Beklagten erhaltene Schreiben tatsächlich vom Kläger gefaxt worden sei. Absendernummer und Uhrzeit auf der Faxkopie seien austauschbar. Darüber hinaus würde es sich bei der Unterstellung der Richtigkeit der Behauptung der Beklagten auch bei diesem Fax nicht um eine Quittung handeln, da es nicht zu Beweiszwecken erstellt worden sei. Es handele sich nach den Angaben der Beklagten gerade nicht um die für sie am 19. September 2001 ausgestellte Quittung, sondern - für sie auch erkennbar - um das an den Notar gerichtete Schreiben, mit dem die weitere Abwicklung des Grundstückskaufvertrages zu veranlassen gewesen sei.

Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte mit den beim Brandenburgischen Oberlandesgericht am 29.01.2007 eingegangenen Schriftsätzen ihrer Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt und das Rechtsmittel mit den am 02.04.2007 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis dahin verlängert worden war.

Sie macht im Wesentlichen geltend:

In erster Linie sei als allgemeiner Verfahrensfehler die mangelhafte Zusammenstellung des Sachverhaltes durch das Landgericht zu rügen.

Sie akzeptiere die Erklärungen des Klägers und das daraufhin ergangene Urteil aus dem Prozessurteil nicht und behalte sich vor, eine Wiederaufnahme des Prozesses wegen der Teilforderung von 50.000 € zu betreiben.

Im Übrigen seien weitere - spezielle - Verfahrensfehler zu beanstanden:

Das Landgericht habe die Vorgehensweise der Parteien, zu Urkunden rückwirkend Sachverhalte zu erdenken und diesen vor Gericht erörtern zu lassen, nicht verhindert und damit objektiv seine Hinweis- und Aufklärungspflicht verletzt, weil es die Parteien nicht angehalten habe, beiderseits zum tatsächlichen Ablauf vorzutragen. Zudem habe das Landgericht den Kläger nicht auf seine Verpflichtung zu vollständigem und richtigem Vortrag aller Tatsachen angehalten.

Unzutreffend seien die Feststellungen des Landgerichts auf Seite 12 des Urteils, in denen ausgeführt werde, die Absendernummer und Uhrzeit auf der Faxkopie vom 26. Oktober 2006 seien austauschbar. Die fehlerhafte Auseinandersetzung des Landgerichts mit dem Stand der Kommunikationstechnik werde ebenfalls als Verfahrens- und Rechtsfehler gerügt. Im Zusammenhang mit ihrer Behauptung, sie habe 329.000 DM in bar zu Hause versteckt gehabt, habe das Landgericht den Grundsatz der Plausibilität übergangen.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien der Abschluss des Kaufvertrages und die Verschaffung des Eigentums als Prozesse im Sinne von Geschehensabläufen Gegenstand des Rechtsstreits und gerade nicht unstreitig. Unstreitig sei nur, dass die Parteien am 15.02.2001 den Kaufvertragstext hätten beurkunden lassen, und dass am 21.12.2001 die Eigentumsumschreibung im Grundbuch auf sie erfolgt sei. Das von dem Kläger an den Notar gerichtete Faxschreiben vom 1. Oktober 2001 habe durchaus auch - aber nicht nur - den vom Landgericht angenommenen Zweck, die der Überwachung durch den Notar unterliegende Umschreibung des Eigentums im Grundbuch zu bewirken, dies aber durch Übermittlung einer Tatsachenerklärung. Entscheidend sei die Frage, weshalb der Kläger eine solche Erklärung abgegeben habe. Das Landgericht hätte mindestens zwei Möglichkeiten bei der Auslegung in Erwägung ziehen müssen. Die eine wäre gewesen, dass der Kläger dem Notar vorher mündlich oder fernmündlich mitgeteilt haben könnte, dass er am 18. September 2001 den Betrag von 329.000 DM in bar erhalten habe. Es bestehe die reale Möglichkeit, dass der Kläger dem Notar mit dem Fax vom 1. Oktober 2001 die Wahrheit mitgeteilt habe, nämlich dass er den Kaufpreis erhalten habe. Die andere Möglichkeit wäre, dass beide Parteien mit dem Notar am 15. Februar 2001 gemeinsam einen betrügerischen Plan ausgeheckt und mit raffinierten Formulierungen kaschiert hätten, wonach eine wirkliche Zahlung des Kaufpreises laut Vertrag nur schriftlich hätte vorgetäuscht werden sollen und dass der Notar diese vereinbarte Täuschungshandlung habe anfordern wollen. Nach normalem Sprachgefühl seien die Aufforderung des Notars und die Abgabe der geforderten Erklärung des Klägers im ersten Sinne zu verstehen. Das Auslegungsmodell des Klägers, er habe den Kaufvertrag abgeschlossen und die Erklärung abgegeben, um die Sicherung eines von Gläubigern bedrohten Grundstücks zu betreiben sei ebenso unbewiesen wie sinnentleert. Er selbst habe zuvor den Übertragungsvorgang gestoppt und argumentiere heute noch damit, dass er gar keine aktuelle Sicherung vor Gläubigern und kein Bargeld mehr nötig gehabt habe. Es sei ein grundsätzlicher Fehler des Landgerichts, dem Vortrag des Klägers zu folgen, wonach er bei Abschluss des Kaufvertrages getäuscht und bei Abgabe der Erklärung vom 1. Oktober 2001 gelogen haben wolle, statt davon auszugehen, dass die plausible und logische Erklärung vom 1. Oktober 2001 der Wahrheit entsprochen habe.

Auch die Tatsache, dass der Kläger den Grundschuldbrief über 150.000 DM, den er erklärtermaßen als Sicherheit für die Zahlung des Kaufpreises und später als "Erpressungspotenzial" für die Erzwingung einer Zahlung in dieser Höhe zurückgehalten habe, ihr am 28. Mai 2002 ausgehändigt habe, spreche eindeutig dafür, dass der Kläger den Brief aus dem nahe liegenden Grund übergeben habe, weil er kein Zurückbehaltungsrecht mehr habe geltend machen können. Der Kläger müsse zunächst vortragen, wer ihn durch falsche Beratung zu diesem Verhalten gebracht haben solle oder wer ihn später dahingehend beraten habe, bevor sie sich mit seinem Vortrag befassen könne.

Das Landgericht habe ferner übersehen, dass die zweite Erklärung vom 26. Oktober 2001 nur den Zweck einer Bestätigung der Zahlung gegenüber der Beklagten gehabt, also eine Quittung dargestellt habe. Der Kläger habe durch erneuten Ausdruck des in seinem Computer gespeicherten Textes vom 1. Oktober 2001 eine Tatsachenerklärung neu hergestellt. Diese habe er ausgedruckt und noch einmal unterschrieben. Der Umstand, dass der Kläger den Text nochmals unterschrieben habe, ergebe sich daraus, dass die Unterschrift auf dem Faxschreiben vom 26. Oktober 2001 von der auf dem Schreiben vom 1. Oktober 2001 abweiche. Die neue Urkunde habe der Kläger schließlich ausweislich des von seinem Gerät ausgedruckten Sendeberichts am 26. Oktober 2001 um 11.45 Uhr an sie gefaxt. Diese neu erschaffene Erklärung habe nur noch den Zweck gehabt, ihr den Empfang des Geldes zu bestätigen. Der Kläger habe nicht erklärt, was er sonst noch mit Übersendung des Faxschreibens bezweckt haben könnte. Dieser bestreite lediglich, und erkläre, sich an diesen Vorgang überhaupt nicht mehr erinnern zu können.

Der Zeuge R. sei zu Unrecht nicht vernommen worden. Das einzige was der Kläger bewirkt habe, sei sich zu vergewissern, dass R., der sich zum besagten Zeitpunkt in ihrem Hause aufgehalten habe, den Vorgang aus seiner Erinnerung verdrängt habe. R. habe sich dann mit dem Kläger und Rahm die alle im Ergebnis von ihr "abgewiesen" worden seien, zu einem Stalking-"Verbund" zusammengefunden. Dies sei nicht vom Landgericht beachtet worden.

Rechtsanwalt D. hat in seiner Berufungsbegründung vom 2. April 2007 im Wesentlichen den Aspekt der Übersendung des Faxes vom 26. Oktober 2001 beleuchtet. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Verfahrens an das Landgericht zurückzuverweisen.

Hilfsweise regt sie an, die Revision zuzulassen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend führt er noch aus:

Dem Schreiben vom 26. Januar 2001 könne trotz aller technischer Überlegungen der Beklagten nicht der Charakter einer Quittung beigemessen werden. Da der Kaufpreis tatsächlich nicht gezahlt worden sei, habe für ihn keine Veranlassung bestanden, der Beklagten eine Quittung auszustellen. Im Übrigen sei das Vorbringen der Beklagten nicht nachvollziehbar. Wenn er die vermeintliche, richtige Quittung unter Zurücklassung seiner Pistole aus dem Safe der Beklagten gestohlen haben solle, frage sich, weshalb er dann wenige Tage später eine erneute Quittung habe erteilen sollen. Hierfür gebe es keine plausible Begründung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung des Zeugen R.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 03.06.2008 (Bl. 891 ff d.A.) und den Berichterstattervermerk zur Vernehmung dieses Zeugen (Bl. 902 d.A.) verwiesen.

Die Akten 17 O 108/02 Landgericht Frankfurt (Oder) und 17 O 19/03 Landgericht Frankfurt (Oder) lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe: II.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO).

Der Antrag von Rechtsanwalt D. auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist wirkte insgesamt zu Gunsten der Beklagten, sodass auch die Berufungsbegründung der Rechtsanwälte K., die selbst keinen Verlängerungsantrag gestellt haben, rechtzeitig erfolgt ist. Im Übrigen hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, Rechtsanwalt D. sei auch allein berechtigt sie zu vertreten.

2. In der Sache bleibt dem Rechtsmittel der Erfolg versagt.

Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Kläger einen Anspruch auf die im vorliegenden Verfahren geltend gemachte Kaufpreisforderung aus dem zwischen den Parteien geschlossenen notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag in Verbindung mit § 433 Abs. II BGB hat.

Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht dies damit begründet, dass die Beklagte - auch im vorliegenden Rechtsstreit - den von ihr erhobenen Erfüllungseinwand nicht bewiesen habe.

Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat zunächst auf die Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung (Seite 7, vorletzter Absatz bis Seite 12, zweiter Absatz) Bezug und schließt sich ihnen an. Dabei ist klarzustellen, dass es auf S. 9 des angefochtenen Urteils unter c) statt "die Indizwirkung der Zahlungsaufforderung" "die Indizwirkung der Zahlungsbestätigung" heißen muss.

Das Landgericht hat insoweit Verfahrensfehler- und auch im Übrigen rechtsfehlerfrei auf Grund des beiderseitigen Parteivortrags unter Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme die entscheidungserheblichen Feststellungen getroffen:

Die von der Beklagten behauptete Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) lässt sich auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht feststellen. Im Ergebnis der Beweisaufnahme verbleiben unter Würdigung der von der Beklagten vorgebrachten Indiztatsachen und der Zeugenvernehmungen erhebliche Zweifel des Senates an der Richtigkeit ihrer Zahlungsbehauptung.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts hätte allerdings nicht auf die Vernehmung des Zeugen R. verzichtet werden dürfen. Die vom Senat insoweit nachgeholte Beweisaufnahme rechtfertigt jedoch unter Gesamtwürdigung aller Umstände einschließlich des Berufungsvorbringens der Beklagten kein anderes, ihr günstigeres Ergebnis.

Die Beklagte hat ihre Behauptung, sie habe am 26. Oktober 2001 gegen 11.15 Uhr in Gegenwart R.s bei dem Kläger angerufen und um eine Ersatzquittung gebeten, worauf um 11.45 Uhr ein Telefaxschreiben mit der Bestätigung, dass der Kaufpreis gezahlt worden sei, bei ihr eingegangen sei, in das Wissen dieses Zeugen gestellt. Wenn die Beklagte diese Behauptung insgesamt hätte beweisen können, wäre das Fax vom 26. Oktober 2001 rechtlich als Quittung im Sinne von § 368 BGB zu qualifizieren gewesen, die dann als ordnungsgemäße Quittung die formelle Beweiskraft des § 416 ZPO besessen hätte (vgl. hierzu Palandt-Grüneberg, BGB, 67. Aufl., § 368 Rn 4 m.w.Nachw.).

Der Zeuge R. hat indes bei seiner Vernehmung durch den Senat die Behauptung der Beklagten gerade nicht bestätigt, wie sich aus der Sitzungsniederschrift vom 03.06.2008 und dem Berichterstattervermerk ergibt. Der Zeuge hat im Wesentlichen bekundet, er habe am 26.10.2001 nicht am Faxgerät der Beklagten gestanden. Er habe deshalb nicht mitbekommen, ob etwas aus dem Gerät gekommen sei. Dies könne der Fall sein, er wisse es aber nicht. Auch habe er keine Telefonate mitgekriegt, die "um ein Fax herum" geführt worden seien. Die Beweisaufnahme war daher nicht im Sinne der Behauptungen der Beklagten ergiebig. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann nicht deshalb davon ausgegangen werden, die Beklagte habe den ihr obliegenden Beweis geführt, weil der Zeuge die in sein Wissen gestellten Tatsachen nicht auszuschließen vermochte. Unter den obwaltenden Umständen kann dieser Schluss nicht gezogen werden: Es ist danach gerade nicht erwiesen, dass der Kläger der Beklagten eine ( Ersatz-) Quittung (§ 368 BGB) übermittelt hat. Auch die übrigen Umstände, insbesondere der Wortlaut und das äußere Erscheinungsbild des Faxschreibens, das die Beklagte vom Kläger erhalten haben will, lassen nicht mit der gebotenen Sicherheit erkennen, dass der Kläger das Fax mit dem Willen, der Beklagten eine Quittung auszustellen, übersandt hat. Im Ergebnis hat es daher bei den Ausführungen des Landgerichts (Seite 12 letzter Absatz des angefochtenen Urteils) zu verbleiben: Selbst wenn der Kläger der Beklagten das Schreiben gefaxt haben sollte - was (ohne dass es darauf entscheidend ankäme) bei Würdigung aller Umstände nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann -, würde dies nur den Beweis dafür erbringen, dass er das an den Notar gerichtete Schreiben auch der Beklagten mitgeteilt hat, wofür es mehrere Gründe geben könnte, die gerade nicht in der Motivation des Klägers bestanden haben müssen, der Beklagten eine (Ersatz-) Quittung zu verschaffen. Vielmehr könnten - wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat - auch die zwischenmenschlichen Beziehungen der Parteien Anlass hierfür gewesen sein.

Deshalb kommt es auf die mit Schriftsatz der Beklagten vom 30.07.2008, auf den wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen wird, beantragte ergänzende Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber, "dass das im Original bei den Beiakten 11 U 64/03 (Bl 242 dieser Beiakten), in einer gut lesbaren Kopie des Senats bei dem Kläger befindliche und vorzulegende Fax vom 26.10.01 mit Absenderkennung des Klägers an die Faxnummer der Beklagten keine manipulierte Absenderangabe und keine Empfängernummer enthält", nicht an.

Auch soweit die Beklagte für den Fall des "Versagens des Zeugen R. zum Beweisthema" die Vorlage des Einzelgesprächsnachweises der T., den sie unter dem 12.11.01. erhalten habe, angekündigt (vgl. Seite 6 des Schriftsatzes Rechtsanwalt D. vom 19.05.2008 = Bl. 878 der Gerichtsakten) und aus dem Einzelgesprächsnachweis der T. die Zeiten mitgeteilt hat, zu denen sie von ihrem Telefon aus mit dem Kläger in seinem Büro telefoniert haben will, rechtfertigt dies keine zu Gunsten der Beklagten abweichende Entscheidung.

Die Klägerin hat im vorbezeichneten Schriftsatz ausgeführt, sie habe von ihrem Telefon aus mit dem Kläger in seinem Büro telefoniert und erst eine nochmalige Bestätigung erbeten, dass sie den Kaufpreis an ihn gezahlt habe. Dann habe sie anschließend die Bestätigung per Fax erhalten und in einem neuen Telefonat den Empfang des Faxes bestätigt.

Hierzu hat sie folgende Daten und Zeiten vorgetragen:

Tel.: 26.10.01 8:06 Uhr Dauer: 19:20 Min.

Fax: 26.10.01 11:45 Uhr

Tel.:2 6.10.01 11:52 Uhr Dauer: 00:27 Min.

Tel.: 26.10.01 11:58 Uhr Dauer: 01:45 Min.

Es kann dahingestellt bleiben, ob dieses erstmals in zweiter Instanz in solch konkreter Form geltend gemachte Verteidigungsmittel der Beklagten im Hinblick auf § 531 Abs. 2 ZPO überhaupt zuzulassen ist, woran bereits deshalb Zweifel bestehen, da die Beklagte Gründe für eine Zulassung im Sinne dieser Norm nicht dargetan hat.

Auch bedarf es keiner Auseinandersetzung des Senates mit dem Umstand, dass der neue Vortrag mit dem bisherigen Vorbringen der Beklagten zu den zeitlichen Abläufen nicht im Einklang steht: Insoweit ist zu bemerken, dass die Beklagte bislang - unter Korrektur ihres Vorbringens aus dem Schriftsatz vom 03.03.2005 (dort Seite 20 = Bl. 309 der Gerichtsakten), wonach der Zeuge L. bei dem Telefonat zugegen gewesen sein soll - vorgetragen hat, am 26.10.2001 gegen 11:15 Uhr bei dem Kläger angerufen zu haben, um diesen um eine Ersatzquittung zu bitten (Schriftsatz der Beklagten vom 12.12.2006, Seite 6 = Bl. 602 der Gerichtsakten). Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits hat sie vorgetragen, um 10:59 Uhr telefonisch diese Bitte geäußert zu haben (vgl. Zeittafel der Beklagten auf Seite 2 ihres Schriftsatzes vom 07.09.2007 = Bl. 760 der Gerichtsakten). Diese Widersprüche in ihrem Vortrag vermochte die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 03.06.2008 nicht auszuräumen, obwohl ihr hierzu Gelegenheit gegeben wurde.

Letztlich kommt es aber auf die vorstehend erörterten Punkte (evtl. verspätetes und widersprüchliches Vorbringen der Beklagten) nicht entscheidend an, da die zeitlichen Angaben, wann Telefonate stattgefunden haben bzw. Telefaxe eingegangen sein sollen, für sich allein nicht geeignet sind, die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe ihr eine Ersatzquittung übermitteln wollen, zu belegen.

Die Voraussetzungen für eine eidliche Parteieinvernahme der Beklagten nach § 448 ZPO, die diese in diesem Zusammenhang als Beweismittel angeboten hat und der der Kläger widerspricht, liegen nicht vor.

Die Beklagte vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, ihre eidliche Parteieinvernahme sei vor dem Hintergrund unwahrer klägerischer Erklärungen geboten. Zur Begründung listet sie - aus ihrer Sicht - Widersprüche im Vortrag des Klägers auf. U.a. weist sie darauf hin, dass der Kläger im Senatstermin vom 02.12.2003 wahrheitswidrig geleugnet habe, am 26.10.2001 per Telefax an sie die Erklärung übermittelt zu haben, der Kaufpreis sei bezahlt. Er habe in diesem Termin behauptet, sie müsse in sein Büro eingedrungen sein und sich das dort vorgefundene Original der an den Notar gerichteten Erklärung vom 01.10.01 noch einmal aus seinem Büro heraus an sich selbst per Fax übermittelt haben. Hiervon habe der Kläger auf den Hinweis des Senates, er möge mit seinen Behauptungen vorsichtig sein, noch in diesem Termin Abstand genommen. Im Termin habe der Senat entdeckt, dass die Unterschriften auf den Telekopien vom 01.10.01 an den Notar und vom 26.10.01 an sie unterschiedlich seien, die Sendevorlagen also unterschiedliche Papierurkunden gewesen seien. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten in diesem Zusammenhang wird auf ihren Schriftsatz vom 19.05.2008 (Seite 7 bis 12 = Bl. 879 - 884 der Gerichtsakten) verwiesen.

Die Beklagte vermag mit dieser Auffassung nicht durchzudringen.

Nach § 448 ZPO kann das Gericht auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast die Vernehmung einer oder beider Parteien über die Tatsache anordnen, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder der Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen. Erforderlich ist, dass bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der umstrittenen Behauptung erbracht ist, und dass das Gericht durch die Parteivernehmung die Ausräumung seiner restlichen Zweifel erwartet (BGH, Urteil vom 08.11.1993, Az.: II ZR 26/93 m.w.Nachw). Diese Voraussetzungen liegen nach dem Ergebnis der Beweiswürdigung gerade nicht vor. Wie ausgeführt verbleiben unter Würdigung der von der Beklagten vorgebrachten Indiztatsachen und der Zeugenvernehmungen erhebliche Zweifel des Senates an der Richtigkeit ihrer Zahlungsbehauptung, zumal die Beklagte nicht zu beweisen vermocht hat, dass der Kläger ihr am 19.09.2001 eine schriftliche Quittung über die angeblich am Abend des 18.09.2001 erfolgte Zahlung erteilt haben soll.

Auch das weitere Vorbringen der Beklagten ist nicht geeignet, die Würdigung des Landgerichts in Frage zu stellen. Ergänzend ist zu den Ausführungen des Landgerichts noch zu bemerken:

Zutreffend sind die Ausführungen des Landgerichts, dass es nach allgemeiner Lebenserfahrung als nahe liegend erscheint, dass der Grundstückskaufvertrag auf Veranlassung des Klägers geschlossen wurde, um dieses Objekt vor dem Zugriff seiner Gläubiger zu sichern.

Die Beklagte vertritt nach wie vor die Auffassung, dass bei dieser Betrachtungsweise verkannt werde, dass eine Erfüllung der Schulden des Klägers bei der H.-Bank ohne den Grundstücksverkauf ...-Straße 23 erfolgt sei. Der Kläger habe ein Grundstück in R. an So. verkauft und aus diesem Erlös die Forderungen der genannten Bank beglichen. Demgemäß habe für den Kläger kein Anlass dafür bestanden, das Grundstück ...-Straße auf sie zu übertragen. Sie habe mehrfach - auch im Vorprozess - auf die gute finanzielle Situation des Klägers verwiesen. Vor diesem Hintergrund bestreitet sie weiterhin, dass der Kläger ihr sein Grundstück nur deshalb verkauft habe, um es dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen. Der Kläger habe selbst eingeräumt, bereits im Jahre 1999 das Grundstück ...-Straße 23 wegen einer damals geplanten Veräußerung durch Löschung einer eingetragenen Grundschuld über 200.000,00 DM lastenfrei gestellt zu haben [so bereits im Vorprozess 17 O 19/03 Landgerichts Frankfurt (Oder) (= 11 U 64/03 Senat), Schriftsatz vom 26.02.2004 = Bl. 292/293 dieser Beiakte]. Dem Schreiben der H.-Bank vom 13.02.2001 [Anlage 11 zur Klageerwiderung vom 17.03.2004 (= Bl.79 der Gerichtsakten)] könne deshalb nicht der Anlass für den Verkauf des Grundstücks gewesen sein. Zudem hat sie auf den sich aus ihrer Sicht ändernden Sachvortrag des Klägers zu diesem Punkt seit dem Vorprozess 17 O 19/03 Landgerichts Frankfurt (Oder) hingewiesen. Insoweit verweist sie auf die Klageschrift des Vorprozesse vom 17.01.2003 (S.2/3 = Bl. 2/3 dieser Beiakte). Dort hat der Kläger ausgeführt:

"... Da die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt zwei eigene Immobilien veräußert hatte, bot sie dem Kläger an, sein Haus in Z., ...-Straße 23 zu erwerben, dem Kläger mit dem Erlös eine Reserve für die damaligen Zahlungsverpflichtungen bereitzustellen und das auf dem Grundstück lastende Restdarlehn an die Bank zurückzuzahlen. Das Haus ...str. 23 sollte dabei als gemeinsame Alterssicherung dienen.

Aus diesem Grunde wurde der dann vereinbarte Kaufpreis geringer als der tatsächliche Verkehrswert, jedoch ausreichend für die notwendige Liquiditätsreserve vereinbart. ..."

Weiter macht die Beklagte auf den Vortrag des Klägers in seiner Berufungserwiderungsschrift vom 26.09.2003 im genannten Vorprozess (dort S. 8/9 = Bl 191/192 dieser Beiakte) aufmerksam, in dem es u.a. heißt:

"... Auf Anraten des Steuerberaters erfolgte dann am 31.01.01 eine Beratung in der Kanzlei von Rechtsanwalt H. in B.. Bei diesem Termin war die Beklagte anwesend. Im Ergebnis der Beratung kam man übereinstimmend zu dem Schluss, dass die einzige Möglichkeit in der Übertragung der Immobilie an eine vertrauenswürdige Person bestehe. Dabei sollte ausdrücklich darauf geachtet werden, dass der Verkauf zu einem als Verkauf zu akzeptierenden und vertretbaren Preis erfolgen musste und der Kaufpreis - auch in Bezug auf den Nachweis gegenüber den Gläubigern - nachweislich geflossen sein muß. Keinesfalls sollte wegen der Anfechtbarkeit eine Schenkung oder nur ein Scheinverkauf stattfinden. ..."

Die Beklagte macht zudem geltend, dass sie aktiv am Fortgang der Erfüllung des Grundstückskaufvertrages gewesen sei, während der Kläger im Gegensatz dazu nach seinen eigenen Ausführungen den Notar Sch. veranlasst habe, den Grundstückskaufvertrag ruhen zu lassen. Diese Umstände sprächen dafür, dass sie den Kaufpreis tatsächlich an den Kläger gezahlt habe.

Dieser Auffassung der Beklagten vermag der Senat nach erneuter Überprüfung im vorliegenden Rechtsstreit weiterhin nicht zu folgen:

Im Schreiben vom 13.02.2001 kündigt die H.-Bank an, bei Nichtzahlung von 487.299,39DM bis zum 15.03.2001 einen dieser Forderung zugrunde liegenden Kredit zu kündigen und die Zustellung einer weiteren Grundschuldbestellungsurkunde über 1.000.000,00 DM zu veranlassen. Schon die zeitliche Nähe zu dem Notartermin am 15.02.2001 lässt einen Zusammenhang als wahrscheinlich erscheinen. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf an, dass der Kläger nach ihrem Vorbringen zunächst einen Notartermin für die Beurkundung auf den 13.02.2001 vereinbart haben soll, der dann später auf den 15.02.2001 verlegt wurde. Es ist nicht maßgeblich, dass dem Kläger - diesem Vortrag der Beklagten folgend - bei der ersten Terminsvereinbarung das Bankschreiben noch nicht zugegangen sein konnte. Entscheidend ist, dass das Schreiben der Bank hinreichend den Vortrag des Klägers belegt, dass er sich Ende 2000/Anfang 2001 in einer finanziell prekären Situation befand, was ihm allerdings nicht erst mit dem Zugang dieses Schreibens, sondern bereits zu einem früheren Zeitpunkt klar gewesen sein dürfte. Vor diesem Hintergrund ist sein Vortrag, er habe vor der Frage gestanden, wie er dieser Situation habe begegnen können, ohne sein persönliches Vermögen, insbesondere das streitgegenständliche Hausgrundstück zu verlieren ebenso plausibel wie sein weiteres Vorbringen, es sei deshalb die Übertragung der Immobilie an eine vertrauenswürdige Person geplant gewesen. Dieses Ergebnis wird durch den Vortrag der Beklagten, der Kläger habe seine Schulden bei der H.-Bank mit dem Erlös eines anderen Grundstückverkaufes getilgt, letztlich nicht in Frage gestellt, sondern eher bestätigt.

Im Übrigen steht auch das von der Beklagten hervorgehobene "Ruhenlassen" des Grundstückskaufvertrages durch den Kläger dem nicht entgegen, da das Verfahren - wie schließlich auch geschehen - im Bedarfsfall hätte fortgeführt werden können. Es spricht viel dafür, dass der Kläger bereits hierdurch das von ihm gewünschte Ziel der Sicherstellung des Grundstücks vor dem Zugriff von Gläubigern erreicht hatte, ohne dass es noch der Fortführung des Vertrages bedurft hätte.

Vor diesem Gesamthintergrund war der Bitte der Beklagten, den Steuerberater Kl. und den Rechtsanwalt H. als Zeugen darüber zu vernehmen, dass sie dem Kläger zwar die aus Zeiten des Nationalsozialismus bei der Emigration jüdischer Mitbürger und aus Zeiten des Sozialismus bei Republikflucht von Grundeigentümern geläufige Vorgehensweise einer Veräußerung zu vertretbaren Preisen empfohlen haben, aber nicht die betrügerische Manipulation mit der unwahren Behauptung einer Kaufpreiszahlung, nicht zu entsprechen. Diese Behauptung ist nicht geeignet, die vorstehenden Wertungen in Frage zu stellen.

Die Beklagte vermag auch mit ihrem weiteren Angriff, es ergebe sich nicht ansatzweise aus dem Prozessstoff, dass der Kläger den Grundschuldbrief möglicherweise auf Grund einer anwaltlichen Fehlberatung an sie herausgegeben habe, nicht durchzudringen. Entgegen ihrer Auffassung kann dem Umstand, dass der Kläger insoweit kein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt hat, nur die vom Landgericht zutreffend angenommene abgeschwächte Indizwirkung für ihre Erfüllungsbehauptung beigemessen werden.

Der Prozessstoff enthält gerade deutliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nach Anhängigkeit der Herausgabeklage in Verkennung der Rechtslage den Grundschuldbrief an die Beklagte ausgehändigt hat und dies auf eine anwaltliche Fehlberatung zurückzuführen ist.

So hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers noch in der Klageschrift des Vorprozesses 17 O 19/03 Landgericht Frankfurt (Oder) vom 17.01.2003 (S.4 = Bl. 4 dieser Beiakte) vorgetragen, er habe die Forderung auf Herausgabe des Grundschuldbriefes "auf Grund der vertraglichen Verpflichtung anerkennen müssen". Insoweit konsequent führt er im genannten Verfahren im Schriftsatz vom 26.09.2003 (S.3; vgl. Anlage 13 zur Klageerwiderung = Bl. 88 der Gerichtsakten) weiter aus: "Aus Sicht des Klägers hatte dieser keine rechtliche Möglichkeit, die Herausgabe des Grundschuldbriefes zu verweigern. Den von der Beklagten angestrengten Prozess hätte der Kläger verloren. ...". Die Auffassung der unbedingten Herausgabepflicht hat er noch bis in die Berufungsinstanz des Vorprozesses vertreten (vgl. auch Senat, Urteil vom 08.06.2004, Az.: 11 U 64/03Seite 7, 1. Absatz). Der Senat weist nochmals darauf hin, dass nach seinen Erfahrungen derartige Fehleinschätzungen bei der Beurteilung von Haupt- und Nebenpflichten und dem Erkennen möglicher Zurückbehaltungsrechte auch in gravierenden Fällen immer wieder vorkommen.

Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger selbst davon ausging, ihm stehe mit der Grundschuld ein gewisses Druckmittel zur Seite. Wie die vorstehenden Ausführungen belegen, gingen der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter ersichtlich davon aus, dass ihre ursprünglichen Überlegungen rechtlich nicht durchsetzbar waren.

Diese Umstände sind bei der nach § 286 ZPO gebotenen Gesamtwürdigung vom Senat zu berücksichtigen und von nicht unerheblicher Bedeutung.

Zutreffend ist das Landgericht ferner davon ausgegangen, dass es einer Vernehmung der Zeugen Sch. und N. nicht bedurfte. Auch insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des Landgerichts (S. 13 1. Absatz) an.

Der Schriftsatz der Beklagten vom 30.07.2008 erfordert nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, was der Senat geprüft hat. Insbesondere ist - wie ausgeführt - die beantragte Beweiserhebung nicht geboten.

Im Übrigen nimmt der Senat auf den Beschluss vom heutigen Tage Bezug, mit dem die Aussetzungsanträge der Beklagten abgelehnt worden sind.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da ihre Entscheidung von keiner Beantwortung einer höchstrichterlich bisher noch unentschiedenen Frage abhängt. Sie gibt auch keine Veranlassung, in den berührten Rechtsgebieten neue Leitsätze aufzustellen, Gesetzeslücken zu füllen oder von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abzuweichen.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer der Beklagten: 114.215,03 €

Ende der Entscheidung

Zurück