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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 27.02.2007
Aktenzeichen: 11 U 62/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, InsO


Vorschriften:

ZPO § 132
ZPO § 156 Abs. 2
ZPO § 286
ZPO § 287 Abs. 2
BGB § 177 Abs. 1
BGB § 433 Abs. 2
InsO § 103
InsO § 103 Abs. 1
InsO §§ 208 ff
InsO § 209 Abs. 2 Nr. 1
InsO § 209 Abs. 1 Nr. 2
InsO § 209 Abs. 1 Nr. 3
InsO § 210
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 62/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 27.02.2007

Verkündet am 27.02.2007

in dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2006 durch

den Richter am Oberlandesgericht Hütter, den Richter am Oberlandesgericht Pliester und die Richterin am Landgericht Fischer-Dankworth

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 5. April 2006 verkündete Urteil des Landgerichts Cottbus - Az.: 3 O 164/05 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer des Beklagten: 10.017,08 €

Gründe:

I.

Die Klägerin verfolgt gegenüber dem Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma ... GmbH (im Folgenden Gemeinschuldnerin genannt) den Ausgleich offener Rechnungen für gelieferte Baustoffe.

Der Beklagte wehrt sich gegen die geltend gemachten Forderungen unter Berufung darauf, dass er einzelne Leistungen nicht bestellt und die Klägerin für die in der Anlage K 2 unter I abgerechnete Leistung ein "Aliud" geliefert habe. Im Übrigen hat er die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen erklärt, die ihm aus der Falschlieferung erwachsen seien. Des Weiteren wendet er die Unzulänglichkeit der Insolvenzmasse auch zur Begleichung der Neumasseverbindlichkeiten (Insolvenz in der Insolvenz) ein.

Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und im Wesentlichen ausgeführt:

1.

Die Leistungsklage sei zulässig, da die vom Beklagten behauptete Unzulänglichkeit der Masse zur Begleichung der Neumasseverbindlichkeiten verspätet vorgetragen und daher nicht zu berücksichtigen sei. Der Beklagte habe aus grober Nachlässigkeit versäumt, die entsprechenden Tatsachen rechtzeitig gemäß § 132 ZPO vorzutragen. Die Zulassung des neuen Vorbringens würde zu einer absoluten Verzögerung führen, da die Klägerin sämtlichen Vortrag zur Unzulänglichkeit der Neumasseverbindlichkeit bestritten habe. Eine eventuell notwendig werdende Beweisaufnahme habe nicht durch prozessleitende Maßnahmen vom 21. Februar (Eingang des Schriftsatzes) auf den 22. Februar 2006 (Termin zur mündlichen Verhandlung) vorbereitet werden können.

2.

Der Klägerin stehe gegenüber dem Beklagten der geltend gemachte Anspruch in überwiegendem Umfang gemäß § 433 Abs. 2 BGB zu.

So seien die in der Anlage K 2 mit A - H gekennzeichneten Forderungen zwischen den Parteien unstreitig.

Entgegen der Auffassung des Beklagten habe die Klägerin hinsichtlich der mit I gekennzeichneten Forderung kein "Aliud", sondern eine mangelbehaftete Sache geliefert. Die vom Beklagten erklärte Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen sei erfolglos. Insbesondere könne sich der Beklagte nicht auf Verzug berufen, denn zwischen den Parteien sei kein Fixtermin für die Lieferung vereinbart worden. Der Beklagte könne einen Schadensersatzanspruch aber auch nicht auf die ebenfalls nicht ordnungsgemäße zweite Lieferung der Dachziegel stützen. Der ursprünglich bestehende Nachbesserungsanspruch sei aufgrund der von den Mitarbeitern der Gemeinschuldnerin durchgeführten Nachbesserung untergegangen. Eine zuvor gegenüber der Klägerin erfolgte ausdrückliche Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung sei nicht vorgetragen.

Die Klägerin könne den Ausgleich der in der Anlage K 2 mit J - R gekennzeichneten Forderungen verlangen. Diesen Rechnungen lägen unstreitig Kaufverträge zugrunde und die in Rechnung gestellten Sachen seien auch geliefert worden. Der Einwand des Beklagten, dass Leistungen, die mit Rechnungen P und R geltend gemacht wurden, nicht bestellt worden seien, sei unerheblich, da der dahingehende Vortrag des Beklagten als verspätet zurückzuweisen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des dem Beklagten am 25. April 2006 zugestellten Urteils wird auf die bei den Akten befindliche Urschrift (Bl. 111 ff) Bezug genommen. Mit einem am 3. Mai 2006 eingegangenen Schriftsatz hat der Beklagte Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26. Juli 2006 mit einem am 24. Juli 2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Der Beklagte macht in Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

1.

Die Klage hätte bereits in Höhe von 56,04 € abgewiesen werden müssen, weil die Klägerin die Klagerücknahme in dieser Höhe erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in ihrem nachgelassenen Schriftsatz erklärt und es an seiner Zustimmung bzw. an einem für die Zustimmungsfiktion notwendigen Hinweises des Gerichtes gefehlt habe.

2.

Das Landgericht habe zu Unrecht die Zulässigkeit der Leistungsklage bejaht. Altmasseverbindlichkeiten, zu denen auch die Rechnung Nr. 45845181 vom 7. September 2004 über 4.711,92 €/brutto (Rechnung I der Anlage K 2) gehöre, könnten nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit nicht mehr mit der Leistungsklage verfolgt werden. Für eine Leistungsklage fehle das Rechtsschutzbedürfnis, denn nach § 210 InsO sei die Vollstreckung wegen einer Masseverbindlichkeit unzulässig. Die mit der Rechnung I geltend gemachte Forderung stelle deshalb eine Altmasseverbindlichkeit dar, weil der Lieferauftrag bereits vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit erteilt worden sei.

Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht im Übrigen seinen weiteren Einwand unberücksichtigt gelassen, dass auch für Neumassegläubiger die Masse unzulänglich sei. Eine erneute Masseunzulänglichkeit mache die Leistungsklage auch für Neumassegläubiger unzulässig, ohne dass ein nochmaliges förmliches Anzeigeverfahren nach §§ 208 ff InsO erforderlich sei. Dies hätte das Landgericht von Amts wegen berücksichtigen müssen. Er habe die Neumasseunzulänglichkeit hinreichend dargelegt und bewiesen, so dass das Gericht gemäß § 287 Abs. 2 ZPO die Masseunzulänglichkeit habe feststellen können, ohne dass es eines Vollbeweises bedurft hätte.

Die am Tag vor der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen hätten einen zeitnahen Status abgebildet, der die Masseunzulänglichkeit erkennbar gemacht habe. Entgegen der Darstellung des Landgerichts habe er auch nicht allein zur Barmasse vorgetragen, denn der Halbjahresbericht habe neben der Bestandsposition "Barmasse" auch das "noch nicht verwertete Vermögen" dargestellt.

Das Landgericht habe seinen substanziierten Vortrag und die vorgelegten Urkunden nicht übergehen dürfen. Zwar könnten bloße Kopien nicht den Beweis einer Urkunde erbringen. Die Klägerin habe aber deren Übereinstimmung mit den vorzulegenden Originalauszügen nicht bestritten; dies gelte auch im Hinblick auf die Übereinstimmung des Halbjahresberichtes mit dem Bericht, der dem Insolvenzgericht vorgelegt worden sei. Diese Urkunden hätten daher der freien Beweiswürdigung des Landgerichts gemäß § 286 ZPO unterlegen.

Ein richterlicher Hinweis auf bestehende Bedenken gegen die Verwertbarkeit des Vortrages und der vorgelegten Urkunden sei erstinstanzlich nicht erteilt worden. Im Übrigen gehe die Verspätung auch nicht zu seinen Lasten, denn er habe die gegenüber den Neumassegläubigern bestehende Masseunzulänglichkeit erst durch den Halbjahresbericht vom 10. Februar 2006 nachweisen können. Die Masseunzulänglichkeit im August 2004 sei von Amts wegen zu beachten gewesen.

Aufgrund der Notwendigkeit, die Klage zumindest teilweise umstellen zu müssen, hätte das Landgericht die mündliche Verhandlung nach § 156 Abs. 2 Ziffer ZPO wiedereröffnen müssen, nachdem die Klägerin mit Schriftsatz vom 15. März 2006 als Hilfsantrag einen Feststellungsantrag formuliert habe. Mithin wäre eine Verzögerung des Rechtsstreits auch bei rechtzeitigem Vortrag eingetreten.

2.

Die Forderung der Klägerin sei unbegründet. Entgegen der landgerichtlichen Auffassung seien die in der Anlage K 2 unter den Positionen A - H enthaltenen Forderungen nicht unstreitig. Er habe eine Überzahlung in Höhe von 406,50 € gerügt.

Den Forderungen, die in der Anlage K 2 mit P und R gekennzeichnet seien, lägen keine Bestellungen zugrunde, die er veranlasst habe. Insbesondere stamme die Unterschrift unter den Bestellungen nicht von dem als Zeugen benannten Gerald Kammer. Auch insoweit habe das Landgericht zu Unrecht seinen Vortrag als verspätet zurückgewiesen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 5. April 2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Cottbus - 3 O 164/05 - die Klage abzuweisen.

Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2006 ihren Klageantrag in Höhe von 55,68 € (streitige Palettenpositionen aus den Rechnungen L, M, P, S der Anlage K 2) mit Zustimmung des Beklagten teilweise zurückgenommen hat, beantragt sie nunmehr,

die Berufung zurückzuweisen.

und hilfsweise,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Cottbus - 3 O 164/05 - vom 5. April 2006 festzustellen, dass ihr im Insolvenzverfahren über das Vermögen der ... GmbH gegen die Insolvenzmasse eine Forderung in Höhe von 9.625,14 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 335,90 € zustehen.

Die Klägerin verteidigt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die angefochtene Entscheidung. Sie macht im Wesentlichen noch geltend:

Die mit Rechnung Nr. 45845181 vom 7. September 2004 über 4.711,92 € (Pos. I der Anlage K 2) geltend gemachte Forderung sei eine Neumasseverbindlichkeit. Der die Kaufpreisforderung begründende Tatbestand liege zeitlich nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit, denn die Lieferung sei erst am 7. September 2004 erfolgt.

Auch die übrigen Forderungen seien Neumasseforderungen.

Der Beklagte habe mit Vorlage des Halbjahresberichtes vom 10. Februar 2006 seiner Darlegungspflicht zur Neumasseunzulänglichkeit nicht genügt: Dem Bericht lasse sich eine Zahlungsunfähigkeit des für Neumasseverbindlichkeiten gebildeten abgesonderten Massebestandteils im Einzelnen nicht entnehmen, was jedoch erforderlich sei.

II.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1.

Die von der Klägerin erhobene Leistungsklage zur Geltendmachung ihrer Ansprüche ist zulässig.

Die streitgegenständlichen Forderungen sind ausschließlich Neumasseverbindlichkeiten, auf die sich das durch § 210 InsO in Verbindung mit § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO begründete Zwangsvollstreckungsverbot, das zur Unzulässigkeit einer Leistungsklage führen würde, nicht erstreckt.

Gemäß § 210 InsO begründet eine durch den Insolvenzverwalter dem Insolvenzgericht angezeigte Masseunzulänglichkeit ein Zwangsvollstreckungsverbot für Altmasseverbindlichkeiten nach § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Das Vollstreckungsverbot richtet sich aber nicht nur gegen im Zeitpunkt der Anzeige der Masseunzulänglichkeit bereits vorhandene titulierte Ansprüche der Massegläubiger i S.d. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Verfügen diese zu diesem Zeitpunkt noch nicht über einen Vollstreckungstitel, so können sie einen solchen im Erkenntnisverfahren auch nicht mehr erlangen. Leistungsklagen von Altmassegläubigern gegen den Insolvenzverwalter sind wegen der nicht mehr vorhandenen Vollstreckungsmöglichkeit mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig BGH NZI 2001, 539). Daher ist in einem solchen Fall der Altmassegläubiger darauf beschränkt, Feststellungsklage zu erheben, wenn der Grund und die Höhe des von ihm geltend gemachten Anspruchs streitig sind. Eine im Zeitpunkt der Unzulässigkeitsanzeige anhängige Leistungsklage ist deshalb auf einen Feststellungsantrag umzustellen (vgl. Hefermehl, MünchKomm, InsO, § 210 Rn. 18 f.).

Dagegen erstreckt sich das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO nicht auf Neumasseverbindlichkeiten. Dies sind solche Verbindlichkeiten, die vom Verwalter nach der dem Gericht erstatteten Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet worden sind, § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO (Kübler, Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 977). Eine Ausdehnung des Vollstreckungsverbots des § 210 InsO auf Neumassegläubiger, die nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit mit dem Verwalter kontrahiert haben, hat der Gesetzgeber ausdrücklich abgelehnt. Er befürchtete, der Insolvenzverwalter würde unter diesen Voraussetzungen keinen Vertragspartner finden, der noch bereit wäre, mit ihm zu kontrahieren (vgl. Hefermehl, a.a.O., Rn. 19). Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit ist hierbei für das Gericht bindend und einer Überprüfung nicht zugänglich (BGH ZIP 2003, 914; BAG ZIP 2002, 628).

a.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die Forderung aus der Rechnung 45845181 (Pos. I der Anlage K 2) keine Altmasseverbindlichkeit sondern eine Neumasseverbindlichkeit, die vom Zwangsvollstreckungsverbot des § 210 InsO nicht erfasst ist. Es handelt sich hierbei nicht deshalb um eine Altmasseverbindlichkeit, weil der Vertragsabschluss vom 26. Juli 2004 zeitlich vor der am 26. August 2004 erstatteten Anzeige der Masseunzulänglichkeit liegt. Bei gegenseitigen noch nicht erfüllten Verträgen hat der Insolvenzverwalter nämlich grundsätzlich - wie nach bisherigem Recht - ein Wahlrecht und kann Erfüllung verlangen, § 103 Abs. 1 InsO. Wenn der Insolvenzverwalter von seinem Wahlrecht nach erfolgter Anzeige bei Gericht Gebrauch gemacht und Erfüllung verlangt hat, gelten bei Massearmut die sich daraus ergebenden Verbindlichkeiten als Neumasseverbindlichkeiten, § 209 Abs. 2 Nr. 1 InsO (Kübler, Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 977; Hefermehl a.a.O., Rn. 29).

Dies ist hier der Fall. Der Beklagte hat nach Erstattung der Anzeige am 26. August 2004 sein Wahlrecht nach § 103 InsO konkludent ausgeübt, indem er die Lieferung der Klägerin am 7. September 2004 entgegengenommen und im Bauvorhaben seines Kunden verwendet hat. Mithin stellt die Zahlungsverbindlichkeit aus dieser Rechnung eine Neumasseverbindlichkeit dar.

Auch die weiteren Forderungen der in der Anlage K 2 mit J - S gekennzeichneten Rechnungen stellen Neumasseverbindlichkeiten dar. Der Beklagte hat die Angebote der Klägerin erst nach dem 26. August 2004 (Anzeige der Masseunzulänglichkeit) angenommen, so dass seine Zahlungspflicht frühestens in diesem Moment begründet wurde, § 433 Abs. 2 BGB.

b.

Der Einwand des Beklagten, die Leistungsklage sei wegen Eintritts einer erneuten Masseunzulänglichkeit mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden, greift nicht durch.

Die erneute Masseunzulänglichkeit (Insolvenz in der Insolvenz), die dann eintritt, wenn die Insolvenzmasse nicht in der Lage ist, Ansprüche auch der Neumassegläubiger nach § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO vollständig zu befriedigen, begründet zwar kein Vollstreckungsverbot nach § 210 ZPO, führt aber gleichwohl zu Einschränkungen bei der Durchsetzbarkeit von Forderungen: Da in einem solchen Fall Neumassegläubiger nur eine quotale Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen können und zwischen ihnen nunmehr auch der Grundsatz der Gleichbehandlung herrscht, darf der einzelne Gläubiger sich nicht durch Vollstreckungsmaßnahmen eine Vorzugsstellung verschaffen. Daher ist auch in diesem Fall die Leistungsklage mangels Rechtschutzbedürfnis unzulässig. Wenn feststeht, dass nur noch eine quotale Befriedigung erfolgen kann, verlieren auch die Neumassegläubiger das Recht, den Insolvenzverwalter auf uneingeschränkte Leistung zu verklagen und sie sind auf die Feststellungsklage verwiesen (Hefermehl a.a.O., § 210 Rn. 20, 23; BGH ZIP 2003, 914).

In einem solchen Fall muss der Insolvenzverwalter jedoch im Rechtsstreit eine erneute Masseunzulänglichkeit darlegen und gegebenenfalls nachweisen. Die Beurteilung der Voraussetzungen der Masseunzulänglichkeit hat das Prozessgericht gemäß § 287 Abs. 2 ZPO vorzunehmen (BGHZ 147, 28). Der Beklagte hätte daher mindestens die drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 208 Abs. 2 InsO in Verbindung mit § 18 Abs. 2 InsO) des für die Neumasseverbindlichkeiten abgesonderten Massebestandteils im Einzelnen für das Jahr 2006 darlegen müssen, wenn er sich mit Erfolg auf die Unzulässigkeit der Leistungsklage hätte berufen wollen (vgl. BGH a.a.O.). Dies ist nicht geschehen. Soweit der Beklagte erstinstanzlich unter Vorlage des Halbjahresberichtes vom 10. Februar 2006 (Bl. 75) vorgetragen hat, die vorhandene Vermögensmasse reiche zur Befriedigung der Neumasseverbindlichkeiten nicht mehr aus, ist dieser Vortrag überholt. Zweitinstanzlich hat er im Schriftsatz vom 28. November 2006 (Bl. 205 ff. d. A.) unter Vorlage des nunmehr aktuellen Halbjahresberichtes vom 26. September 2006 dargelegt, dass Masseverbindlichkeiten in Höhe von 89.399,48 € ein noch nicht verwertbares Vermögen in Höhe von 62.007,12 € zzgl. einer Barmasse in Höhe von 38.884,76 € gegenüberstehe, woraus sich ein Überschuss in Höhe von 11.492,40 € zugunsten der Insolvenzmasse ergebe. Dazu trägt der Beklagte im Weiteren vor, er halte sowohl eine Realisierung der Neumasseverbindlichkeiten als auch eine quotale Befriedigung der Insolvenzgläubiger für möglich. Da es für die Frage der Zulässigkeit der Leistungsklage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt, ist bei der Beurteilung der Voraussetzungen einer erneuten Masseunzulänglichkeit das vom Beklagten in seinem Schriftsatz vom 28. November 2006 Vorgetragene zu berücksichtigen. Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 20. Februar 2007 führt zu keiner anderen Bewertung.

2.

Die Berufung ist auch insoweit unbegründet, als sich der Beklagte gegen den vom Landgericht zugesprochenen Betrag im Einzelnen wendet.

a) Der Einwand des Beklagten, die Positionen A - H (Anlage K 2) seien entgegen der landgerichtlichen Annahme streitig gewesen und die Klägerin sei in Höhe von 406,50 € überzahlt, greift nicht durch. Diese Forderung ist nicht mehr Streitgegenstand. Erstinstanzlich hat die Klägerin nach erfolgter Verrechnung der Rechnungen E - H mit den in den Positionen A - D angeführten Zahlungen nur noch den Differenzbetrag in Höhe von 56,04 € geltend gemacht. Das Landgericht hat jedoch die Klage in diesem Punkt als unbegründet abgewiesen, so dass die Berufung des Beklagten insoweit ins Leere geht.

b) Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass dem Beklagten mit seinem Einwand, er habe die den Forderungen in den Positionen P und R (Anlage K 2) zugrunde liegenden Leistungen nicht bestellt, der Erfolg versagt bleibt. Allein der Vortrag, die Waren nicht bestellt zu haben, führt nicht dazu, einen Anspruch der Klägerin zu verneinen. Im Ergebnis ist bei Würdigung der Gesamtumstände davon auszugehen, dass die Parteien einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen haben, auf den die Klägerin die von ihr geltend gemachte Kaufpreisforderung mit Erfolg stützen kann. Der Beklagte hat weder die Anlieferung noch die Annahme der abgerechneten Waren bestritten und somit spätestens im Zeitpunkt der Leistungsannahme ein möglicherweise vollmachtloses Handeln bei Abgabe der Bestellungen am 23. September und 11. Oktober 2004 konkludent genehmigt, § 177 Abs. 1 BGB. Aus diesem Grund kommt es auf die Beantwortung der Fragen, wer die Bestellungen ausgelöst hat und ob die unter den Auftragsbestätigungen der Klägerin enthaltenen Bestätigungsvermerke mit der Unterschrift "K..." tatsächlich vom Bevollmächtigten des Beklagten, Herrn K..., stammen, nicht an. Eine Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen K... war daher entbehrlich.

c) Nach nunmehr in der Berufungsinstanz erfolgter wirksamer Klagerücknahme hinsichtlich der Positionen L, M, P und S (Anlage K 2), soweit die Klägerin darin Euro-Paletten abgerechnet hat, geht die dagegen eingelegte Berufung ebenfalls ins Leere.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 S. 1 ZPO: Der Senat hat dem Beklagten die gesamten Prozesskosten auferlegt, da die Zuvielforderung der Klägerin verhältnismäßig geringfügig war und keine höheren Kosten veranlasst hat. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Die Rechtsbeschwerde hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht. Der Senat weicht nicht von höchstrichterlicher oder anderer obergerichtlicher Rechtsprechung ab. Die Entscheidung beruht im Wesentlichen auf der Würdigung von Einzelfallgesichtspunkten.

Ende der Entscheidung

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